Arno Wyzniewski
Schauspieler
* 9. Oktober 1938 in Berlin; † 14. Oktober 1997 in Berlin
Biografie

...NICHTS ALS SÜNDE
(R: Hanus Burger, 1965) Fotograf: Herbert Kroiss
Der Schauspieler Arno Wyzniewski ist prädestiniert für die leisen, sensiblen Rollen. Der große, schlanke Darsteller spielt nachdenklich, mit Anmut. Zwar erhält er nie die ganz große Hauptrolle, aber trotzdem bleibt er mit seiner Darstellung als Sepp Gomulka in DIE ABENTEUER DES WERNER HOLT (1964) oder in der Rolle des Friedrich des Großen in dem erfolgreichen TV-Serie Sachsens Glanz und Preußens Gloria (1985) in Erinnerung.
Arno Wyzniewski wird am 9. Oktober 1938 in Berlin geboren. Seine Eltern sind Arbeiter, er wächst in einem einfachen Haushalt auf. Bereits als kleiner Junge und Jugendlicher arbeitet er für den Rundfunk, übernimmt Synchronarbeiten beim Kinder- und Pionierfunk. Nach seiner Schulausbildung, die er mit dem Abitur abschließt, will er eigentlich nach eigenen Bekundungen Schiffsbauingenieur werden, aber auf Drängen seiner Mutter bewirbt er sich 1956 an der Schauspielschule in Berlin-Schöneweide. Er spricht vor und wird angenommen.
Nach seinem Studium erhält der junge Schauspieler Engagements am Hans Otto-Theater in Potsdam, später in Berlin. Von 1965 bis 1976 spielt er an der Volkbühne in Berlin. Seit 1977 gehört er dem Berliner Ensemble an und spielt dort unter anderem den Kardinal Inquisitor in Brechts „Galileo Galilei“ (1978), den Peachum in der „Dreigroschenoper“ (1981) oder den Mephistopheles in Goethes „Urfaust“ (1984).
Seit den 1960er Jahren arbeitet Arno Wyzniewski für das DEFA-Studio für Spielfilme. Seine erste Rolle erhält er in dem Slatan Dudow-Film VERWIRRUNG DER LIEBE (1959), in dem viele der später bekannten DDR-Schauspieler wie Angelica Domröse und Annekathrin Bürger zum ersten Mal ein großes Publikum erreichen. Wichtig wird die Rolle des jungen Thomas Ostermann in ACH, DU FRÖHLICHE... (1962) von Günter Reisch. Nach dem Theaterstück „Und das am Heiligabend“ von Vratislav Blazek wird von einem harmlosen Familienweihnachtsfest erzählt. Aber der mögliche Schwiegersohn Thomas Ostermann entspricht nicht den Vorstellung des Vaters: Er durfte nicht studieren, blickt kritisch auf die Welt, widerspricht der väterlichen Autorität. Durch Arno Wyzniewskis genaue Darstellung wird der junge Mann, der sich gegen selbstgefällige Scheinheiligkeit wehrt, zu einer authentischen Figur, hebt den Film aus dem Gros der üblichen DEFA-Filme der Zeit heraus. 20 Jahre später gibt es, wieder von Regisseur Günter Reisch in Szene gesetzt, mit WIE DIE ALTEN SUNGEN (1986) eine Fortsetzung der Geschichte. Aus Thomas Ostermann, damals jugendlicher Rebell und Kritiker der älteren Generation, ist nun selbst Familienvater geworden. Auch er hat seine Schwierigkeiten mit den jüngeren, blickt gesetzter auf die Welt.

Arno Wyzniewski in DIE GLATZKOPFBANDE (R: Richard Groschopp, 1962) Fotograf: Alexander Schittko

Arno Wyzniewski und Klaus-Peter Thiele in DIE ABENTEUER DES WERNER HOLT (R: Joachim Kunert, 1964) Fotografin: Waltraut Pathenheimer
Mitte der 1960er Jahre verkörpert Arno Wyzniewski den Typ des nachdenklichen, grüblerischen Jugendlichen. Seine Gestalt – groß, schlank, feingliedrig – und seine Physiognomie – kantig, hager, großäugig – unterstützen den Typ, der auch von seiner sonoren Stimme getragen wird. Sensible Anmut auf der einen und weltanschaulicher Trotz auf der anderen Seite stehen ihm mehrfach ins Gesicht geschrieben. Einen dieser Jugendlichen gibt er in DIE GLATZKOPFBANDE (1962) von Richard Groschopp. Hier ist er Teil einer Gruppe, die einen Zeltplatz tyrannisieren. Zeitgleich arbeitet der Schauspieler mit Kurt Maetzig zusammen: In AN FRANZÖSISCHEN KAMINEN (1962) spielt er neben Angelica Domröse den Schlosser und Bundeswehrsoldaten Klaus Wetzlaff, der sich nach einigen Verwirrungen gegen seinen Vorgesetzten wendet und Naziverbrechen in Frankreich nicht unter den Tisch kehren will. Eine Rolle, mit der der Darsteller vielen Zuschauern in Erinnerung bleibt ist jene des jungen Sepp Gomulka in DIE ABENTEUER DES WERNER HOLT (1964) von Hans-Joachim Kunert. Nach dem gleichnamigen Roman von Dieter Noll wird die Geschichte von Jugendfreunden erzählt, die in den Zweiten Weltkrieg ziehen müssen, anfangs euphorisch wählen sie ernüchtert unterschiedliche Wege, um zu überleben. Arno Wyzniewski verkörpert den sensiblen Zweifler und Einzelgänger, der lieber zum „Feind“ überläuft, als sich dem deutschen Wahn bis in den Tod hinzugeben.
Neben dieser prägenden Rolle ist Arno Wyzniewski auch in anderen Genres zu hause. Er spielt in dem Musical ...NICHTS ALS SÜNDE (1965) von Hanus Burger den Herzog Orsini, ist in dem Märchenfilm KÖNIG DROSSELBART (1965) von Walter Beck zu sehen und agiert in dem Kinderfilm DIE REISE NACH SUNDEVIT (1965/66) von Heiner Carow als Oberwachtmeister Schröder. Selten schöpft die DEFA die Fähigkeiten des Schauspielers aus, gibt ihm nur gelegentlich Hauptrollen. In der William Shakespeare-Adaption VIEL LÄRM UM NICHTS (1964) von Martin Hellberg ist er Mitglied eines exzellenten Ensembles. Rolf Ludwig spielt den scharfzüngigen Benedikt, Willi Schwabe ist als Pater Franziskus, Martin Flörchinger als Vater Leonato, Gerhard Bienert als Polizeimeister Holzapfel und Arno Wyzniewski selbst ist als hochsensibler Claudio zu sehen. Alle überzeugen durch ihre sprachliche Präzision und durch ihr Unterspielen der Szenen. Sein komödiantisches Talent kann Wyzniewski in dem Frank Vogel-Lustspiel DIE GÄNSE VON BÜTZOW (1985) nach der gleichnamigen Komödie von Wilhelm Raabe beweisen.
Trailer WIE DIE ALTEN SUNGEN (R: Günter Reisch, 1986)
Zum Tätigkeitsbereich von Arno Wyzniewski gehören auch Darstellungen beim Fernsehen. Wie fast alle DDR-Schauspieler tritt er in der Reihe Polizeiruf 110 auf. In den 1980er Jahren entdeckt das Fernsehen der DDR Preußen für sich. Sachsens Glanz und Preußens Gloria (1985) wird ein überdurchschnittlicher TV-Erfolg - in Ost- und später auch in Westdeutschland. Den Zuschauern wird neben den prächtigen Bildern und einer gekonnten Rekonstruktion der historischen Ereignisse auch eine Riege von Starschauspielern geboten. In Erinnerung bleiben großartige darstellerische Leistungen: Rolf Hoppe als dekadenter Sachsenkönig, mehr der Muse als dem Militär zugewandt, verkörperte das absolute Gegenteil zu Arno Wyzniewski als drahtiger Preußenkönig Friedrich der Große. Auch in der Hans Fallada-Adaption Kleiner Mann - was nun? (1967) unter der Regie von Hans-Joachim Kasprzik überzeugt der Darsteller als Angestellter Pinneberg. In dem Zweiteiler Späte Ankunft (1989) von Vera Loebner, der zum Gleichnis auf die letzten Jahre der DDR wird, spielt er an der Seite von Kurt Böwe den Baron von Thadden. Aristokraten verkörpert er mehrmals, so auch in Die Galgenbrücke, die Geschichte einer Liebesbeziehung zwischen einem Pastor und einer jungen Baronin in einem Dorf am Ende des 19. Jahrhunderts. Als Amtmann Zeys ist er in dem Fernsehfilm Ich, Thomas Müntzer, Sichel Gottes (1989) von Kurt Veth zu sehen.
Nach dem Zusammenbruch der DDR hat Arno Wyzniewski keine Schwierigkeiten, seine Karriere weiter zu verfolgen. Auf der großen Leinwand spielt er im letzten DEFA-Film NOVALIS - DIE BLAUE BLUME (1993) von Herwig Kipping den August Just. Er agiert in Fernsehspielen, unter anderem in Die Ritter der Tafelrunde (1990) oder Olli in der Unterwelt (1994). Wie viele deutsche Schauspieler hat er auch seinen Auftritt im Tatort; 1996 spielt er an der Seite vom Kommissar Winfried Glatzeder im Teil Der Phönix Deal mit.
Arno Wyzniewski stirbt am 14. September 1997 im Alter von 59 Jahren. Bis kurz vor seinem Tod steht er vor der Kamera für den TV-Film Der Coup.
Verfasst von Ines Walk. (Stand: März 2006)

Arno Wyzniewski in DIE GÄNSE VON BÜTZOW (R: Frank Vogel, 1985) Fotograf: Dieter Lück

Arno Wyzniewski in WIE DIE ALTEN SUNGEN... (R: Günter Reisch, 1986) Fotografen: Jörg Erkens, Dietram Kleist
DEFA-Filmografie
- NOUS LES GOSSES / Rasselbande (1941) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Louis Daquin
- DE POKKERS UNGER / Verflixte Rangen (1949) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Astrid Henning-Jensen, Bjarne Henning-Jensen
- Der weiße Hase (1953) - Synchronisation (Sprecher) | Regie:
- DET STORA ÄVENTYRET / Erlebnisse am See (1953) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Arne Sucksdorff
- DO BIGHA ZAMIN / Shambu - Zwei Hektar Land (1953) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Bimal Roy
- EN ES A NAGYAPAM / Ich und mein Großvater (1954) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Viktor Gertler
- KORTIK / Der geheimnisvolle Dolch (1954) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Michail Schwejzer, Wladimir Wengerow
- OPOWIESC ATLANTYCKA / Atlantische Erzählung (1954) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Wanda Jakubowska
- CESTA DO PRAVEKU / Reise in die Urzeit (1955) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Karel Zeman
- Der Augenzeuge 1959/B 100 (1959) - Person, primär
- IL MAGISTRATO/EL MAGISTRADO / Der Richter (1959) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Luigi Zampa
- Verwirrung der Liebe (1959) - Darsteller | Regie: Slatan Dudow
- Fünf Patronenhülsen (1960) - Darsteller | Regie: Frank Beyer
- Seilergasse 8 (1960) - Darsteller | Regie: Joachim (auch: Hans-Joachim) Kunert
- Das Protokoll (1961) - Darsteller | Regie: Götz Oelschlägel
- Schneewittchen (1961) - Darsteller | Regie: Gottfried Kolditz
- Ach, du fröhliche ... (1962) - Darsteller | Regie: Günter Reisch
- An französischen Kaminen (1962) - Darsteller | Regie: Kurt Maetzig
- Die Glatzkopfbande (1962) - Darsteller | Regie: Richard Groschopp
- SOROK DEWJAT DNEJ / 49 Tage (1962) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Genrich Gabaj
- Das zweite Gleis (1962) - Darsteller | Regie: Joachim (auch: Hans-Joachim) Kunert
- SEREBRJANYI TRENER / Der silberne Trainer (1963) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Viktor Iwtschenko
- ULIZA KOSMONAWTOW / Strasse der Kosmonauten (1963) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Marianne Roschal
- Die Abenteuer des Werner Holt (1964) - Darsteller | Regie: Joachim (auch: Hans-Joachim) Kunert
- Chronik eines Mordes (1964) - Darsteller | Regie: Joachim Hasler
- Viel Lärm um nichts (1964) - Darsteller | Regie: Martin Hellberg
- ... nichts als Sünde (1965) - Darsteller | Regie: Hanus Burger
- Denk bloß nicht, ich heule (1965) - Darsteller | Regie: Frank Vogel
- König Drosselbart (1965) - Darsteller | Regie: Walter Beck
- Die Reise nach Sundevit (1965 - 1966) - Darsteller | Regie: Heiner Carow
- Flucht ins Schweigen (1966) - Darsteller | Regie: Siegfried Hartmann
- Das siebente Jahr (1968) - Darsteller | Regie: Frank Vogel
- Der Augenzeuge 1969/42 (1969) - Person, primär
- Goya (1971) - Darsteller | Regie: Konrad Wolf
- Liebeserklärung an G.T. (1971) - Darsteller | Regie: Horst Seemann
- U GORI RASTE SELEN BOR / Am Berg wächst eine grüne Fichte (1971) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Antun Vrdoljak
- DDR-Magazin 1972/24 (1972) - Person, primär | Regie: Hans Müller
- Reife Kirschen (1972) - Darsteller | Regie: Horst Seemann
- Aus dem Leben eines Taugenichts (1973) - Darsteller | Regie: Celino Bleiweiß
- Die Hosen des Ritters von Bredow (1973) - Darsteller | Regie: Konrad Petzold
- Johannes Kepler (1974) - Darsteller | Regie: Frank Vogel
- JEDINSTWENNAJA DOROGA / Chauffeure in Ketten (1975) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Vladimir Pavlovic
- Mein blauer Vogel fliegt (1975) - Darsteller | Regie: Celino Bleiweiß
- Kinder des grauen Wolfes (1978) - Sprecher | Regie: Konrad Weiß
- BEZ MILOSCI / Ohne Liebe (1980) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Barbara Sass
- Dein unbekannter Bruder (1981) - Darsteller | Regie: Ulrich Weiß
- Das Luftschiff (1982) - Darsteller | Regie: Rainer Simon
- Risikogeburt (1982) - Sprecher | Regie: Irina Gregor (auch: Veldre, Madanz, Lepke)
- Der Sieg, Teil 1. / 2. (1984) - Synchronisation (Sprecher) | Regie: Jewgeni Matwejew
- Die Gänse von Bützow (1985) - Darsteller | Regie: Frank Vogel
- Wie die Alten sungen ... (1986) - Darsteller | Regie: Günter Reisch
- denn alles bewegt sich, mein Freund (1987) - Person, primär | Regie: Donat Schober
- Es kommt alles aus mir selbst (1990) - Sprecher | Regie: Walter Heynowski
- Miraculi (1991) - Darsteller | Regie: Ulrich Weiß
- Die Spur des Bernsteinzimmers (1991 - 1992) - Darsteller | Regie: Roland Gräf
- Novalis - Die blaue Blume (1993) - Darsteller | Regie: Herwig Kipping
Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.