Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Frank Vogel

Filmregisseur

* 30. Dezember 1929 in Limbach; † 16. Januar 1999 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Denk bloß nicht, ich heule"

Frank Vogel

bei den Dreharbeiten zu DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (R: Frank Vogel, 1964) Fotograf: Jörg Erkens

Der Regisseur Frank Vogel gehört zu den unbekannteren Regisseuren der ehemaligen DDR. Zwischen 1958 und 1985 hat er elf Spielfilme für die DEFA gedreht. Seine Karriere beginnt er als linientreuer Filmemacher, der positiv vom Leben im Osten Deutschlands erzählt. 1965 wird sein Film DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (1965) durch das 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verboten. Der Regisseur hat sich nie wirklich von dieser Erfahrung erholt.

Frank Vogel ist am 30. Dezember 1929 in Limbach geboren. Sein Vater stirbt nach dem Zweiten Weltkrieg an den Folgen der Lagerhaft im Konzentrationslager Buchenwald. Nach seinem Schulabschluss studiert er Germanistik, Journalismus und Geschichte von 1949 bis 1951 an der Leipziger Universität unter anderem bei Ernst Bloch und Hans Meyer, danach folgt eine kurze Stippvisite am Theaterinstitut in Weimar. Im Herbst 1952, geht er nach Moskau an die dortige Filmhochschule (WGIK) und studiert dort vier Jahre Regie. Als er in die DDR zurückkehrt, beginnt er beim jungen Regisseur Konrad Wolf als Regieassistent zu arbeiten und ist unter anderem an dem Film GENESUNG (1955) beteiligt. Für ALTER KAHN UND JUNGE LIEBE (1956) unter der Regie von Hans Heinrich schreibt er am Szenarium.

Seit 1958 arbeitet er als Regisseur. Sein Debütfilm für die DEFA wird KLOTZ AM BEIN (1958) und ist zugleich auch seine Diplomarbeit. Erzählt wird die Geschichte einer jungen Familie, die kein eigenes Heim besitzt und noch bei den Eltern wohnt. Als sie ein Haus erben, dass völlig heruntergewirtschaftet ist, gibt es Schwierigkeiten. Das Lustspiel schildert das Leben in der DDR überaus positiv. 1959 erhält der junge Regisseur eine Anstellung beim DEFA-Spielfilmstudio. Es folgt der Spielfilm DIE ENTSCHEIDUNG DES DR. AHRENDT (1959). Dieser handelt vom Werkleiter und Ingenieur Dr. Heinrich Ahrendt, der lange braucht seine bürgerlichen Vorurteile abzubauen, um mit den Arbeitern gemeinsam an einer Verbesserungen und Modernisierungen des Betriebs zu arbeiten. Auch hier stehen die positiven Momenten des sozialistischen Alltags im Vordergrund.

Filmstill zu "Die Entscheidung des Dr. Ahrendt"

Frank Vogel bei den Dreharbeiten zu DIE ENTSCHEIDUNG DES DR. AHRENDT (R: Frank Vogel, 1959) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Denk bloß nicht, ich heule"

DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (R: Frank Vogel, 1965) Fotograf: Jörg Erkens

In der Science-Fiction-Komödie DER MANN MIT DEM OBJEKTIV (1961) bebildern Frank Vogel und Paul Wiens – in einer angenehm lockeren und ironischen Inszenierung – eine utopische Gegenwartsgeschichte. Durch ein technisches Missgeschick wird der Bewohner eines anderen Sterns, der Raketenpilot Os aus dem Jahr 2222, in eine DDR-Kleinstadt verschlagen. Er ist nackt, als einziges Utensil besitzt er einen kleinen Gegenstand, einen Lügendetektor, mit dem er die Gedanken anderer lesen kann.  Rolf Ludwig spielt mit Charme, Leichtigkeit und einer gehörigen Portion Naivität einen liebenswerten Außerirdischen, der mit seinem Doppelgänger, einem Provinzschauspieler, konfrontiert wird und dem die Alltagslügen der Zeitgenossen komisch vorkommen. Ironisch kommentiert der Film menschliche Verhaltensweisen, enttarnt selbstverständlich gewordene Alltagslügen.

Nochmals arbeitet Frank Vogel mit dem Schriftsteller und Drehbuchautor Paul Wiens zusammen. Nach dem Bau der Mauer im August 1961 entsteht der Film ... UND DEINE LIEBE AUCH (1962). Zwei Brüder, der eine Taxifahrer in West-Berlin, der andere Elektromonteur in einem volkseigenen Betrieb (gespielt von  Armin Mueller-Stahl und  Ulrich Thein) werben um das gleiche Mädchen, das sich ihrerseits nicht rasch entscheiden kann. In der Nacht des Mauerbaus steht einer diesseits, der andere jenseits der Mauer. Schwangerschaft und Fluchtversuch lassen das Mädchen reifen, härten sie ab. Ihre Entscheidung stimmt mit der politischen „Richtigkeit“ der Mauer überein. Der politisch-propagandistische Liebesfilm ist der erste DEFA-Film, der den Mauerbau thematisiert. Trotz der erkennbaren Linientreue, der didaktischen Spielhandlung und der pathetischen Dialoge besticht das Werk vor allem durch das feinfühlige genaue Einfangen der besonderen Atmosphäre, die im Sommer 1961 in Berlin herrscht und hat damit zeithistorischen Wert. Der Kameramann Günter Ost beobachtet sensibel und humorvoll das alltägliche Leben auf den Straßen und Plätzen. Die dokumentarischen Aufnahmen – die später in die Handlung eingeflochten werden – und die Improvisation der Schauspieler verleihen dem Film einen besonderen Reiz. In seinem nächsten Film JULIA LEBT (1963) schildert Frank Vogel wieder eine Liebesgeschichte. Diesmal schwankt der Grenzsoldat Gunter Rist zwischen einer bürgerlichen Professorentochter und einer modern scheinenden Krankenschwester. Weder mit der einen noch mit der anderen wird er zusammenleben, da er an der Grenze erschossen wird.

 Filmstill zu "Der Mann mit dem Objektiv"

Horst Hardt und Frank Vogel bei den Dreharbeiten zu DER MANN MIT DEM OBJEKTIV (R: Frank Vogel, 1961) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Filmstill zu "Julia lebt"

JULIA LEBT (R: Frank Vogel, 1963) Fotograf: Werner Bergmann

Sein Film DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (1965) mit  Peter Reusse in der Hauptrolle wird von den verantwortlichen Funktionären auf dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED verboten. Erzählt wird die Geschichte des Oberschüler Peter Naumann, der in einem Aufsatz offen verkündet, dass er die „Republik nicht braucht“. Er wird von der Schule geworfen, streunt durch die Gegend und weiß nicht wohin mit sich. Verständnis für seine Auflehnung gegen die staatliche Heuchelei findet er nirgends, außer bei seiner Freundin. Er zieht zu ihr aufs Land, doch seine Zukunft bleibt ungewiss. In dem Film wird der „real existierende Sozialismus“ so gezeigt, wie er tatsächlich in der DDR existiert: die Probleme der Nachkriegsjugend und die Schwierigkeiten unangepasster Jugendlicher in der Gesellschaftsordnung einer Diktatur werden deutlich gemacht. Allzu deutlich. Die Darstellung von Gewalttendenzen innerhalb der DDR-Jugend sorgt besonders für Empörung. Der Film wird zwar noch einem Probepublikum vorgeführt, muss aber zahlreiche Diskussionen, Umschnitte und Nacharbeiten über sich ergehen lassen. Schließlich wird er doch als eines der Paradebeispiele für Pessimismus, Skeptizismus und Revisionismus – für den Sozialismus schädliche Tendenzen und Auffassungen – stark verurteilt. Er wird für 25 Jahre in die Tresore verbannt und kommt erst 1990 rekonstruiert zur Uraufführung. Frank Vogel arbeitet weiter bei der DEFA, kann sich aber von dieser Zäsur in seiner künstlerischen und persönlichen Entwicklung nie wirklich erholen.

An dem Episodenfilm GESCHICHTEN JENER NACHT (1967), der vier Episoden über den Tag des Mauerbaus beschreibt, ist er als Regisseur beteiligt. Die Episode MATERNA widmet er zwei jungen Menschen: ein 18-jähriges Mädchen will ihren republikflüchtigen Eltern nicht in den Westen folgen, ein Maurer bezieht – obwohl er nie wieder ein Gewehr in die Hand nehmen will – Posten an der Grenze. Alle der vier Episoden münden in eine Begründung des Mauerbaus. In DAS SIEBENTE JAHR (1968) erzählt der Regisseur von der problematischen Ehe zwischen einer Herzchirurgin und einem Schauspieler. Überaus sensibel beobachtet der Regisseur die Ehekrise, zeigt die Schwierigkeiten auf, die Beruf und Familie mit sich bringen. Der Film ist sehr persönlich gehalten. Frank Vogel kann aus eigener Erfahrung erzählen, denn seine Ehefrau ist selbst Chirurgin. Der Film gilt bei vielen Kritikern als das beste Werk des Regisseurs. Denn er gerinnt zu einem konfliktreichen Psychogramm von Menschen, deren Wunsch es ist, sich in der Gesellschaft zu verwirklichen, die aber dabei häufig an eigene oder soziale Grenzen stoßen.

Trailer zu ... UND DEINE LIEBE AUCH (R: Frank Vogel, 1962)

Immer längere Zeit benötigt der Regisseur für die Durchsetzung seiner Filmprojekte. Zwischenzeitlich arbeitet er auch beim Fernsehen, legt zwei TV-Filme vor. Für die DEFA entstehen noch zwei Produktionen, wobei sich der Regisseur auf die Verfilmung historischer Stoffe verlegt. Er inszeniert die Filmbiografie JOHANNES KEPLER (1974). Die Episode spielt um 1620, als der Astronom und Mathematiker versucht, seine Mutter vor dem Scheiterhaufen zu retten, da sie als Hexe angeklagt ist. Der Film gerät zu einem chiffrierten Gleichnis, das die eigenen Erfahrungen während des 11. Plenums aufbereiten will, aber den Konflikt nicht wirklich aufarbeiten kann. Der Berlin-Krimi EINE HANDVOLL HOFFNUNG (1977) schildert die Geschichte um die 21-jährige Telefonistin Anneliese Weyher nach wahren Begebenheiten um die Gladow-Bande in den späten 1940er Jahren. Sie muss im Nachkriegs-Berlin erst zu sich selbst finden, gerät in die Handlungen einer brutalen jugendlichen Bande. Im letzten Film des Regisseurs, in der Komödie DIE GÄNSE VON BÜTZOW (1985), werden dringende revolutionäre Veränderungen in der mecklenburgischen Kleinstadt Ende des 18. Jahrhunderts eingefordert. Aufgebrachte Bürger revoltieren für die Freiheit ihrer Gänse.

Danach zieht sich Frank Vogel aus der Öffentlichkeit zurück. 1990 wird er wie alle seine Kollegen aus seinem Regie-Vertrag bei der DEFA entlassen. Anfang der 1990er Jahre steht er nochmals im Rampenlicht, als sein verbotener Film DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (1965) restauriert zur Uraufführung kommt. Frank Vogel stirbt nach längerer Krankheit am 16. Januar 1999 in Berlin.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: September 2006)

Filmstill zu "Eine handvoll Hoffnung"

EINE HANDVOLL HOFFNUNG (R: Frank Vogel, 1977) Fotograf: Dietram Kleist

Filmstill zu "Die Gänse von Bützow"

DIE GÄNSE VON BÜTZOW (R: Frank Vogel, 1985) Fotograf: Dieter Lück

Literatur

  • Ralf Schenk: Und die Erde dreht sich dazu linksherum - Filmregisseur Frank Vogel wird heute 65 Jahre alt, in: Neues Deutschland 30.12.1994.
  • Ralf Schenk: Frank Vogel [Nachruf], in: film-dienst 04/1999.
  • Horst Knietzsch: Sensibel für Ernstes und Heiteres. Zum Tode des DEFA-Regisseurs Frank Vogel, in: Neues Deutschland 20.01.1999.
  • o.A.: Und Deine Liebe auch: Frank Vogel gestorben, in: Berliner Morgenpost 21.01.1999.
  • jal.: An der Grenze. Zum Tode des DEFA-Regisseurs Frank Vogel, in: Der Tagesspiegel 21.01.1999.
  • Regine Sylvester: Leben muß man. Aber wie? Zum Tode des DEFA-Regisseurs Frank Vogel, in: Neues Deutschland 21.01.1999.

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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