Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Gojko Mitić

Schauspieler

* 13. Juni 1940 in Strojkovce, Serbien

Biografie

Dreharbeiten zu "Chingachgook - die große Schlange"

Gojko Mitić

während der Dreharbeiten zu CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Über Nacht wird der Serbe Gojko Mitić mit seiner ersten Rolle als Indianer-Häuptling Tokei-ihto berühmt und kann seine Popularität als „Chef-Indianer der DDR“ in weiteren DEFA-Indianerfilmen noch steigern. In seinen Figuren spiegelt sich die Sehnsucht nach einem romantischen Antikapitalismus mit einem positiven Helden, der rein, edel und selbstlos für die Unterdrückten eintritt. Spannung, Action und exotische Drehplätze waren ebenfalls ein nationaler wie internationaler Erfolgsgarant und so ist es nicht verwunderlich, dass Gojko Mitić zu einem der wenigen Stars in der DDR wird.

Gojko Mitić wird am 13. Juni 1940 in Leskovac im südlichen Serbien geboren. Sein Vater ist Bauer, der im Zweiten Weltkrieg als Partisan gegen den Nationalsozialismus kämpft. Gojko Mitić und sein Bruder Dragan wachsen bei den Großeltern auf. Hier beginnt seine Schulausbildung, zu der auch Deutschunterricht gehört. Schon früh erweist er sich als sportlich talentiert, beginnt nach der Schule ein Studium an Belgrader Hochschule für Körperkultur und Sport mit dem Ziel, als Sportlehrer tätig zu werden. Hier kommt er erstmals mit dem Film in Kontakt, denn an seiner Sporthochschule werden viele Studenten als Komparsen für internationale Produktionen gecastet. Gojko Mitić sieht gut aus, ist körperlich fit und wird ab 1961 als Stuntman und Double eingesetzt.

Die Produktionsfirma Rialto-Film aus Westberlin dreht in Jugoslawien die erfolgreichen Karl May-Filme. Gojko Mitić, der mittlerweile auch Schauspielunterricht genommen hat, verkörpert erste kleinere Rollen in den von Artur Brauner produzierten Filmen OLD SHATTERHAND sowie in WINNETOU II. Produzent Horst Wendlandt fällt der junge attraktive und athletische Mann auf. In UNTER GEIERN (1965) erhält Gojko Mitic seine erste größere Rolle als Häuptlingssohn Wokadeh und taucht unter dem Namen Georg Mitic im Abspann auf.

Die Karl-May-Verfilmungen sind Kassenknüller im westdeutschen Kino, auch die ostdeutsche DEFA will mit ähnlichen Genrefilmen überzeugen und das Publikum in die Kinos locken. Sie findet in den Dakota-Büchern von Liselotte Welskopf-Henrich genügend Potenzial. Für den ersten ostdeutschen Indianerfilm DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (1965) wird Gojko Mitić als Hauptdarsteller engagiert. Er spielt Tokei-ihto, den Kriegshäuptling der Bärenbande vom Stamme der Oglala, der sich gegen die Weißen behaupten muss. Mit dem Film, der damals mit über acht Millionen Zuschauern zum sensationellen Erfolg an den Kinokassen wird, beginnt die Karriere des Gojko Mitić, der bis 1975 jedes Jahr einen Indianerfilm dreht. Damit wird der Schauspieler zu einem der wenigen Star im ostdeutschen Kino und hat sich den Titel „DEFA-Chefindianer“ mehr als verdient.

Trailer zu DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (R: Josef Mach, 1965)

Ob Tokei-ihto (DIE SÖHNE DER GRÖSSEN BÄRIN), Chingachgook ( CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE), Weitspähender Falke ( SPUR DES FALKEN und WEISSE WÖLFE), Shave Head ( TÖDLICHER IRRTUM), Ulzana ( APACHEN und  ULZANA), Harter Felsen ( BLUTSBRÜDER),  TECUMSEH,  OSCEOLA oder  SEVERINO: Gojko Mitić ist der aufrechte Indianer, der selbstlos und mutig für seinen Stamm und dessen Rechte kämpft. Er ist der positive und gerechte Held, entschlossen, furchtlos und hartnäckig. Der Erfolg der Indianerfilme und seines Hauptdarstellers nährt sich aus diesem reinen und unschuldigen Image. Unterstützt wird es durch die Authentizität, die sich in der fast anthropologisch korrekten Rekonstruktion indianischen Lebens zeigt. Zudem verzichtet Gojko Mitić in Action-Szenen auf Doubles und führt alle Stunts selbst aus; er wird so zum Held zahlreicher ostdeutscher Jugendlicher. Die Indianerfilme werden auch dank Gojko Mitić zum nationalen wie internationalen Erfolg. Bei den alljährlich stattfindenden „Sommerfilmtagen“ wird der Schauspieler von seinen Fans gefeiert. Auch in Osteuropa, Asien und Arabien finden die Filme Anklang. Im Herbst 2001 begleitet der Hamburger Musiker und Dokumentarfilmer Ramon Kramer Gojko Mitić auf seiner ersten Reise an die Originalschauplätze seiner Filme nach Amerika. Daraus entstand der Kurzfilm DER BERUFSINDIANER - GOJKO MITIC IN DER PRÄRIE, in dem einmal mehr Vorstellung und Wirklichkeit aufeinander treffen.

Filmstill zu "Die Söhne der großen Bärin"

Gojko Mitić in DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (R: Josef Mach, 1965) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Chingachgook - die große Schlange"

Gojko Mitić in CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Um dem Klischee des Indianers etwas entgegenzusetzen, nimmt Gojko Mitić auch andere Rollen an. In SIGNALE – EIN WELTRAUMABENTEUER (1970) unter der Regie von  Gottfried Kolditz spielt er einen Kosmonauten in einer internationalen Mannschaft, die sich auf die Suche nach verschollenen Kollegen macht. In der Komödie
DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) beweist er Ironie und verkörpert einen Indianer, der in einem Traum erscheint. Die Rolle des Indianers übernimmt er auch fernab vom eigentlichen Genre. Im dem Kinderfilm DER LANGE RITT ZUR SCHULE (1981) spielt er den indianischen Blutsbruder Roter Milan, der dem Jungen Alex in seinen Tagträumen erscheint. Eine ähnliche Rolle verkörpert er in DAS HERZ DES PIRATEN (1986/87). Hier erscheint er als fiktiver Pirat William der kleinen Jessi, der zugleich als realer Kunstreiter ihr richtiger Vater ist. Im letzten DEFA-Kinderfilm ZIRRI - DAS WOLKENSCHAF (1992/93) spielt er ebenfalls mit.

Im Fernsehen kann sich Gojko Mitić auch als Charakterdarsteller beweisen. In dem Mehrteiler DAS GEHEIMNIS DER ANDEN (1972) spielt er den brasilianischen Gaucho Felipe und in der mehrteiligen Fernsehproduktion VISA FÜR OCANTROS (1974) Monteur Maha. Den Partisanen Muratow verkörpert er in János Veiczis antifaschistischen Film ICH WILL EUCH SEHEN (1977). In der Kundschafterserie ARCHIV DES TODES (1980) stellt er den Agenten Boris dar. Den Partisanen Pablo Calvo verkörpert in er der 13-teiligen Historienserie FRONT OHNE GNADE (1984). In DIE LIEBE UND DIE KÖNIGIN (1977) nach Victor Hugo beweist Gojko Mitić, dass er auch in historischen Stoffen als Charakterschauspieler überzeugen kann. Er gibt neben Inge Keller den korrupten und machthungrigen Fabiano Fabiani. Er überzeugt als Sportlehrer in ZWEITE LIEBE EHRENAMTLICH (1977). Gojko Mitić tritt als Gast in beliebten Unterhaltungsserien auf, unter anderem bei Maxe Baumann an der Seite von Gerd. E. Schäfer und BEREITSCHAFT DR. FEDERAU mit Uta Schorn.

Filmstill zu "Das Herz des Piraten"

Gojko Mitić in DAS HERZ DES PIRATEN (R: Jürgen Brauer, 1986 - 1987) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Ich will euch sehen"

Gojko Mitić in ICH WILL EUCH SEHEN (R: János Veiczi, 1977) Fotograf: Michael Göthe

Nach dem Fall der Berliner Mauer hat Gojko Mitić es zunächst schwer, sich im gesamtdeutschen Filmgeschäft zu behaupten. Kleinere Rollen spielt er in DER KINOERZÄHLER (1993) von Bernhard Sinkel und BURNING LIFE (1994) von Peter Welz. Er ist sich für tägliche Soap-Ware nicht zu schade und kann mit seiner Rolle des Roberto Fiorani in der ARD-Vorabend-Serie VERBOTENE LIEBE (1995-1997) wieder für Aufmerksamkeit und Popularität sorgen. Regisseur Bernd Böhlich engagiert ihn 1995 für eine Hauptrolle neben Gudrun Landgrebe in dem TV-Film HERBERGE FÜR EINEN FRÜHLING. Damit ist Gojko Mitić im gesamtdeutschen Fernsehen angekommen. Er ist in diversen Serien präsent, etwa IN ALLER FREUNDSCHAFT, NOTRUF HAFENKANTE, FORSTHAUS FALKENAU und EIN STARKES TEAM. In der Krimiserie SOKO LEIPZIG spielt er in der Folge „Der Fall Gojko Mitic“ sich selbst. Als Gojko Mitić wird er mit blutverschmierten Händen neben einer Leiche gefunden. Ist das ostdeutsche Idol zum Mörder geworden?

Auch fernab von Film und Fernsehen baut sich der Schauspieler eine Karriere auf. Ab 1975 steht der Schauspieler regelmäßig auf der Bühne des Bergtheaters Thale im Harz. Er verkörpert unter anderem die edlen Helden Spartacus, Truffaldino, Renaldo Renaldini, Robin Hood und D'Artagnan. Einige der Aufführungen werden auch fürs Fernsehen aufbereitet. Der Schauspieler führt auch erstmals Regie. Zudem ist Gojko Mitić als Sänger unterwegs und veröffentlicht Langspielplatten wie „Löscht das Feuer“. Er moderiert Unterhaltungsshows wie „Ein Kessel Buntes“ oder „Gong“ und inszeniert in den 1980er Jahren mehrere Abenteuer der Puppenserie JAN UND TINI AUF REISEN fürs Kinderfernsehen der DDR.

Ab 1992 spielt Gojko Mitić bei den Segeberger Karl-May-Spielen jeden Sommer den Winnetou. Am 10. September 2006 gibt er nach 1024 Aufführungen seine letzte Vorstellung. Von 2007 bis 2009 verkörpert er Häuptling Bromden aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Hier steht er auch 2009 als Alexis Sorbas auf der Bühne. 2013 kehrt er als alter Apachenhäuptling Intschu-tschuna zu den Karl-May-Spielen nach Bad Segeberg zurück.

Gojko Mitić lebt in Berlin-Köpenick. Mehrere Jahre lebte er mit der Schauspielerin Renate Blume zusammen. Er hat eine Tochter.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: September 2013)

Trailer zu CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967)

Literatur

Eigene Texte:

  • Gojko Mitic: Erinnerungen, Ullstein, Frankfurt/Main, Berlin, 1996.

Fremde Texte:

  • Ehrentraud Novotný: Gojko Mitic, Henschel Berlin, 1976.
  • Christiane Al-Janab: Am liebsten wäre ich Kosmonaut - Porträt, in: Filmspiegel 26/1984.
  • Stefan Kolditz: Gojko Mitic, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera. Fünfzig Schauspieler in Babelsberg, Henschel Berlin, 1995.
  • Norbert Wehrstedt: Indianerwestern made in GDR, in: Ingelore König, Dieter Wiedemann, Lothar Wolf (Hrsg.): Zwischen Marx und Muck, Henschel Berlin, 1996.
  • Frank-Burkhard Habel: Gojko Mitic, Mustangs, Marterpfähle, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin, 1997.
  • Benno Schirrmeister: Winnetou zertritt keine Schnecken - Interview, in: Die Tageszeitung, 09.09.2006.
  • Martin Wolf: Winnetou-Darsteller Mitic - Apache in der Patsche, in: Der Spiegel, 06.07.2006.
  • Christoph Wöhrle: Was macht eigentlich … Gojko Mitic? - Interview, in: Der Stern, 02.08.2009.
  • Kerstin Decker: Indianer aller Länder - Gojko Mitic, in: Der Tagesspiegel, 12.06.2010.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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