Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Richard Groschopp

Kameramann, Regisseur

* 19. Februar 1906 in Cölleda; † 8. Juli 1996 in Kleinmachnow

Biografie

Filmstill zu "Chingachgook - die große Schlange"

Richard Groschopp

bei den Dreharbeiten zu CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotograf: Waltraut Pathenheimer

Der Regisseur und Kameramann Richard Groschopp gilt als einer der gestandenen DEFA-Künstler. Er beginnt als Amateurfilmer, dreht in den 1940er Jahren zahlreiche Industrie- und Werbefilme. Seine DEFA-Spielfilme sind Unterhaltungsware. Mit den zwei unterschiedlichen Produktionen DIE GLATZKOPFBANDE (1962) und CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (1967) inszeniert er große Publikumserfolge. Noch bekannter ist er als einer der Väter der satirischen Kurzfilmreihe „Stacheltier“.

Richard Groschopp wird am 19.02.1906 in Kölleda, Thüringen geboren. Sein Vater ist Schützenhauswirt. Die Familie zieht später nach Erfurt, ab 1914 geht er in Greiz zur Schule. Hier zeigt sich bereits seine künstlerische Begabung, er spielt Theater, nimmt Geigenunterricht. Nach seiner Schulausbildung erlernt er den Beruf des Konditors. Seine Gesellenprüfung legt er in Kiel ab. Nebenbei ist er immer auch künstlerisch aktiv, schreibt Kurzgeschichten, spielt Geige. 1927 geht er nach Dresden und arbeitet dort in einer Konditorei. Hier wird er auch 1936 seinen Meisterbrief erhalten.

Ab 1929 beschäftigt er sich mit dem Film. Zunächst dreht er mit seiner eigenen Schmalfilmausrüstung kleinere Episoden. Als Mitglied des Bundes der Filmamateure veröffentlicht er Artikel in der Zeitschrift „Film für Alle“. Auf Festivals gewinnen seine Filme zahlreiche Preise. Der Trickfilm EINE KLEINE KÖNIGSTRAGÖDIE (1934), der einen Kampf auf dem Schachbrett, schwarzer gegen weißen König schildert, und der Kurzfilm BOMMERLI (1936) werden später auf 35 mm-Normalfilm wiederholt. In der Folge erhält er eine Anstellung beim Werbefilmproduzent Fritz Boehner als Kameramann und Regisseur, ist als Kameramann bei den Dreharbeiten zu OLYMPIA (1938) unter der Leitung von Leni Riefenstahl dabei. Er führt die Kamera unter anderem beim Fechten und im Olympischen Dorf.

Filmstill zu "52 Wochen sind ein Jahr"

Richard Groschopp an der Kamera bei den Dreharbeiten zu 52 WOCHEN SIND EIN JAHR (R: Richard Groschopp, 1955) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Chingachgook - die große Schlange"

Richard Groschopp bei den Dreharbeiten zu CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Richard Groschopp dreht bis 1944 zahlreiche Arbeiten für die Industrie, Werbe- und Kulturfilme entstehen. Der Kameramann wird vom Wehrdienst freigestellt, da er kriegswichtige Lehrfilme für Flak-Schützen und die Marine dreht. Während des Bombardements von Dresden im Februar 1945 überlebt die Familie, geht kurz darauf nach Oberfranken. Ein Jahr später kehrt Richard Groschopp zurück, um die Arbeit der Boehner-Film neu zu organisieren. Er beginnt als Regisseur, Kameramann und Cutter zu arbeiten, produziert für die Wochenschau „Der Augenzeuge“, dreht Propaganda-, Industrie- und Werbefilme. Einige der ersten Nachkriegs-Dokumentarfilme aus Sachsen entstanden unter seiner Regie. Im September 1946 wird die Boehner-Film volkseigen und in DEFA-Produktion Sachsen umbenannt.

1950 folgt Richard Groschopp einem Ruf nach Potsdam-Babelsberg, arbeitet nunmehr im DEFA-Studio für Spielfilme. In seiner ersten Produktion FAMILIE BENTHIN (1950) dreht er unter der Leitung von  Slatan Dudow und  Kurt Maetzig einige Szenen. Mit dem Lustspiel MODELL BIANKA (1951), der sich im Milieu der volkseigenen Kleiderbetriebe bewegt, legt er seinen ersten eigenen Spielfilm vor. Erzählt wird die Geschichte eines Kleidermodells, wobei zwei Betriebe - die Berolina und die Saxonia - für sich in Anspruch nehmen, es entworfen zu haben. Nach einigen Verwirrungen bringen sie das Modell gemeinsam auf den Markt. Zudem arbeitet er als Drehbuchautor für seine Kollegen, unter anderem schreibt er für  Martin Hellberg und dessen Sabotage-Film GEHEIMAKTE SOLVAY (1952). Mit 52 WOCHEN SIND EIN JAHR (1955) plädiert das Filmteam ganz im Zeichen der Zeit für die genossenschaftliche Umgestaltung auf dem Lande.

Anfang 1953 legt Richard Groschopp das Konzept für eine Kabarett-Serie vor. Der erste „Stacheltier“-Film wird im Mai 1953 aufgeführt. In der Folge wird unter der Leitung von Dr. Georg Honigmann eine eigene Produktionsgruppe gegründet, die satirisch Problemlagen in der DDR aufbereitet und sich propagandistisch gegen die kapitalistischen Widersacher im anderen Teil Deutschlands richtet. Richard Groschopp inszeniert bis 1958 zirka 50 „Stacheltier“-Filme. Er gilt als einer der Väter der satirischen Kurzfilmreihe, von der in 12 Jahren, zwischen 1953 und 1965, rund 275 Folgen produziert werden.

Filmstill zu "Das Stacheltier - So siehst Du aus"

Dorothea Thiesing und Annemarie Golding in DAS STACHELTIER - SO SIEHST DU AUS (R: Richard Groschopp, 1955) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Modell Bianka"

Hans Neie und Edith Hancke in MODELL BIANKA (R: Richard Groschopp, 1951) Fotograf: Heinz Czerwonski

Mit SIE KANNTEN SICH ALLE (1958) konzentriert sich der Regisseur wieder auf die Spielfilm-Produktion. Er schildert einen Sabotageakt in einem sächsischen Autowerk. Auch in der Folge verfilmt Richard Groschopp Gegenwartsstoffe, die sich im Unterhaltungs- und Abenteuerbereich bewegen. WARE FÜR KATALONIEN (1958/59) spielt in Berlin. Unterleutnant Schellenberg kommt einer Schieberbande auf die Schliche, die optische Geräte aus der DDR in den Westen schmuggelt. Der Kriminalfilm überzeugt durch seine gut gebaute Story, ist mit Hartmut Reck sowie  Eva-Maria Hagen ansprechend besetzt. BEVOR DER BLITZ EINSCHLÄGT (1959) berichtet von der Wandlung eines jungen Reporters, der mit einem Artikel einen Skandal ausgelöst hat und bei einem Arbeitsaufenthalt im Werk die Fakten richtigstellen soll. In FREISPRUCH MANGELS BEWEISES (1962) wird die Geschichte um den Münchener Publizisten Alexander Steinhorst geschildert, der, nachdem er einige Enthüllungen über die CSU-Wahlfonds veröffentlicht hat, gesellschaftlich ruiniert wird. Einen Publikumserfolg erringt Richard Groschopp mit der Komödie DIE LIEBE UND DER CO-PILOT (1960), in der sich ein Co-Pilot als Don Juan erweist und durch seine Crew-Mitglieder zu einem besseren Menschen erzogen wird.

Sein Film DIE GLATZKOPFBANDE (1962) sorgt für Diskussionsstoff. Der junge Schauspieler  Ulrich Thein gibt hier den Kriminalkommissar Czernik, der einer Gruppe von glatzköpfigen, jugendlichen Randalierern an der Ostsee das Handwerk legt. Der Film ist nach authentischen Ereignissen gestaltet, thematisiert Jugendkriminalität, eskalierende Gruppendynamik und Westeinflüsse. DIE GLATZKOPFBANDE (1962) löst wegen der überproportionalen Brutalität der Jugendlichen scharfe Pro- und Kontra-Debatten aus, ist heute ein zeitgeschichtliches Dokument von Wert. Bald wird der Film, trotz seines Erfolges beim Publikum, aus dem Programm der Kinos genommen. Der Nachfolgefilm ENTLASSEN AUF BEWÄHRUNG (1965) schildert die Bemühungen eines Mitglieds der Bande, auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen, wieder in den Alltag integriert zu werden. An seinen Vorgänger kann dieser Film im Blick auf die Publikumsresonanz und die Brisanz der Themenstellung leider nicht heranreichen.

Filmstill zu "Die Glatzkopfbande"

Günter Maier, Thomas Weisgerber und Jürgen Pörschmann in DIE GLATZKOPFBANDE (R: Richard Groschopp, 1962) Fotograf: Alexander Schittko

Filmstill zu "Entlassen auf Bewährung"

Angelica Domröse in ENTLASSEN AUF BEWÄHRUNG (R: Richard Groschopp, 1965) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Mit CHINGACHGOCK - DIE GROSSE SCHLANGE (1967) legt Richard Groschopp seinen letzten und erfolgreichsten Kinofilm vor. Nach der literarischen Vorlage von J. F. Cooper „Der Wildtöter“ schildert der Film den Kampf des letzten Mohikaner erst gegen die Huronen, die seine Braut entführt haben und später gegen die Engländer und Franzosen, die sich um das Land der Indianer streiten. Sorgfältig ist der Film inszeniert, mit bewährtem Gespür für Spannung und Exotik gedreht, realistisch, fast ethnographisch ist das Leben der Indianer dargestellt. Der Film wird der Publikumserfolg des Jahres, etabliert den Schauspieler  Gojko Mitić in seinem zweiten Indianerfilm endgültig zum Star.

Danach arbeitet Richard Groschopp für das Fernsehen der DDR. Er hat bereits eine Film-Biographie zu CARL VON OSSIETZKY (1963) gedreht. Es entsteht der semidokumentarische Kriegsfilm GEHEIMKOMMANDO CIUPAGA (1968), der vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs den Kampf polnischer Partisanen erzählt. In dem Kriminalfilm ANGEBOT AUS SCHENECTADY (1971) werden die dunklen Punkte in der Vergangenheit eines anerkannten Wissenschaftlers aufgedeckt. In seinem letzten Film DIE FILMEMACHER (1971) werden Westberliner Filmemacher als Agenten durch den Staatssicherheitsdienst enttarnt.

Neben seiner eigenen Arbeit engagiert sich Richard Groschopp für den Amateurfilm. Er ist Präsident des Nationalen Zentrums für Amateurfilme der DDR. Von 1956 bis 1960 arbeitet er als Chefredakteur der Zeitschrift „Film für Alle“. Er veröffentlicht Schriften zum Film, die zu Standardwerken werden, unter anderem „Filmentwurf und Filmgestaltung“. Von 1959 bis 1962 leitet er zudem den Fachbereich Regie an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. Sein Kollege  Lothar Warneke dreht 1993 ein Filmporträt über den Kameramann und Regisseur ZWEI SCHICKSALE ODER EINE KLEINE KÖNIGSTRAGÖDIE.

Richard Groschopp ist mit der Publizistin Ursula Madrasch-Groschopp verheiratet. Er stirbt am 8. Juli 1996 in Kleinmachnow bei Berlin.

Zusammengestellt von Ines Walk.

Trailer zu CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967)

Auszeichnungen

  • 1933: DIE WUNDERSAMEN ABENTEUER DES KLEINEN MUTZ - Amateurfilm-Wettbewerb London: Silbermedaille
  • 1935: EINE KLEINE KÖNIGSTRAGÖDIE - 1. Nationaler Deutscher Amateurfilm-Wettbewerb: Erster Preis der Gesamtwertung
  • 1935: EINE KLEINE KÖNIGSTRAGÖDIE - Wanderpreis (Bester deutscher Amateurfilm) der Reichsvereinigung Deutscher Lichtspielstellen, Kultur- und Werbefilm-Hersteller e.V.
  • 1935: EINE KLEINE KÖNIGSTRAGÖDIE - Ehrenpreis der Zeitschrift Film für Alle für den besten Film mit ausgeprägt filmischer Eigenart
  • 1936: BOMMERLI - Nationaler Deutscher Amateurfilm-Wettbewerb: 1. Preis
  • 1936: RITTERLICHER KAMPFSPORT - Nationaler Deutscher Amateurfilm-Wettbewerb: Sonderwettbewerb für Sportfilme: 1. Preis
  • 1936: BOMMERLI - 1. Preis (Kategorie Spielfilm) auf dem V. Internationaler Amateurfilm-Wettbewerb in Berlin
  • 1936: BOMMERLI - 2. Preis (Schmalfilm-Wettbewerb) auf dem Internationalen Filmfest in Venedig
  • 1954: Heinrich Greif Preis III. Klasse für" Stacheltier"-Serie mit Georg Honigmann
  • 1959: WARE FÜR KATALONIEN - Kunstpreis der DDR
  • 1964: Carl von Ossietzky-Medaille
  • 1971: Heinrich Greiff Preis II. Klasse für DEFA-Abenteuerfilme im Kollektiv
  • 1972: Verdienstmedaille der DDR
  • 1975: Verdienstmedaille der NVA in Silber
  • 1986: Medaille für Verdienste im künstlerischen Volksschaffen der DDR

Literatur

Eigene Texte:

  • Richard Groschopp: Filmentwurf und Filmgestaltung. Gesetze und Beispiele, Halle (Saale), Knapp 1948, (Filmbücher für alle 3).
  • Maryan von Hotschewar: Das Schmalfilm-Lehrbuch, bearbeitet von Richard Groschopp, Halle (Saale), Knapp 1952.
  • Richard Groschopp: Der Filmtitel. Seine Technik und Gestaltung, Halle (Saale) Fotokinoverlag 1958.
  • Richard Groschopp, Lothar Creutz, Carl Andrießen: Ware für Katalonien, Berlin Henschel Verlag 1959.
  • Richard Groschopp: Filmregie für Amateure, Leipzig Fotokinoverlag 1968, (Filmkurs 7).
  • Richard Groschopp: Über Filmgestaltung. Ein Regiehandbuch für Filmamateure, Leipzig Fotokinoverlag 1975.
  • Richard Groschopp: Über die Lehrbarkeit der Filmregie, in: 26 Jahre Hochschule für Film und Fernsehen der DDR. Filmwissenschaftliche Beiträge, Sonderband 1, 1979.
  • Richard Groschopp: Erinnerungen an die Anfänge der DEFA-Produktion in Dresden, in: Betriebsgeschichte des VEB DEFA Studio für Spielfilme. Teil 3. Potsdam-Babelsberg: DEFA Studio für Spielfilme 1984.
  • Richard Groschopp: Faszination Film. Gespräch, aufgezeichnet von Ralf Schenk, in: Aus Theorie und Praxis des Films, Nr. 03/1987.

Fremde Texte:

  • Joachim Reichow: Der Regisseur Richard Groschopp, in: Deutsche Filmkunst, Nr. 06/1959.
  • Reinhard Wagner: Über das DEFA-Stacheltier, in: Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft, Nr. 5, 1983.
  • Noa: Keine Tortenschlachten – Vom Amateurfilmer zum erfolgreiche Regisseur: Richard Groschopp, in: Märkische Allgemeine, 29.09.1995.
  • Ralf Schenk: Er ist nicht nur der Vater des "Stacheltiers" – Der Filmregisseur Richard Groschopp wird heute neunzig Jahre alt, in: Neues Deutschland, 19.02.1996.
  • Ralf Schenk:  Indianer und Glatzköpfe. Zum 90. Geburtstag des Regisseurs Richard Groschopp, in: film-dienst 04/1996.
  • Martin Mund: Seine Filme spiegelten die Atmosphäre der Zeit – DEFA-Regisseur Richard Groschopp ist 90jährig am Montag verstorben, in: Neues Deutschland, 10.07.1996.
  • dpa: Richard Groschopp, in: Frankfurter Allgemein, 11.07.1996.
  • Ralf Schenk: Ein Enthusiast. Zum Tode von Richard Groschopp, in: Film und Fernsehen, Nr. 03/04, 1996.
  • Ralf Schenk: Richard Groschopp, in: film-dienst 16, 30.07.1996.
  • Cornelia Fleer: Märchenland Ost. Wie die satirische DEFA-Kurzfilmreihe "Das Stacheltier" den Himmel auf Erden erfand, in: film-dienst 15/2003.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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