Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Rolf Herricht

Sänger, Schauspieler

* 5. Oktober 1927 in Magdeburg; † 23. August 1981 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Der Baulöwe"

Rolf Herricht

bei den Dreharbeiten zu DER BAULÖWE (R: Georgi Kissimov, 1979) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Der Schauspieler Rolf Herricht ist ein klassischer Komiker. Gern lässt er sich von anderen ins Chaos schicken, nur um zu beweisen, wie er sich mit Witz und Scharfsinn aus eben diesem wieder herauswurstelt. Aus dem eigenen Ungeschick zieht er seine größte komödiantische Wirkung. In einigen erfolgreichen DEFA-Filmen spielt er den Zerstreuten und liebenswert Verschrobenen, oft den ängstlichen, aber letztlich harmlosen Kleinbürger.

Rolf Herricht wird am 5. Oktober 1927 in Magdeburg geboren. Zur Familie gehören noch zwei ältere Schwestern. 1943 beendet er seine Schulausbildung mit dem Notabitur, wird gegen Ende des Krieges in die Volksfront als Flakhelfer eingezogen. Er erkrankt an Scharlach und wird entlassen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitet er zunächst am Studio des Theater in Magdeburg als Requisiteur und Inspizient, erlernt dann dort die Grundlagen des schauspielerischen Handwerks.

Danach wandert der junge Schauspieler durch die Provinz, spielt in Salzwedel, Stendal, Staßfurt und Güstrow. Der Intendant des Theaters in Frankfurt, an der Oder, Heinz Isterheil, nimmt ihn mit zurück in seine Heimatstadt, an die Bühnen Magdeburg. Hier ist Rolf Herricht von 1955 bis 1959 beschäftigt. Zunächst spielt er die komischen Chargenrollen in den traditionellen Bühnenstücken, gibt den Schreiber Glasenapp in „Der Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann, agiert als Trinker in Auerbachs Keller im „Faust“ von Johann Wolfgang Goethe und spielt unter dem jungen Regieassistenten Adolf Dresen einen schüchternen Oberprimaner in „Betragen ungenügend“.

Filmstill zu "Musterknaben"

Hartmut Reck und Rolf Herricht in MUSTERKNABEN (R: Johannes Knittel, 1959) Fotograf: Max Teschner

Filmstill zu "Auf der Sonnenseite"

Rolf Herricht mit Manfred Krug in AUF DER SONNENSEITE (R: Ralf Kirsten, 1961) Fotograf: Alexander Schittko

In Magdeburg lernt der Schauspieler den späteren Autor und Schauspieler Hans-Joachim Preil kennen, der am dortigen Theater zu dieser Zeit als Oberspielleiter beschäftigt ist. Aus der Bekanntschaft erwächst eine langjährige und kreative Arbeitsbeziehung. Hans-Joachim Preil schreibt komische Sketche, die ganz auf den Wortwitz abzielen. Sie setzen absurde verbale Assoziationen frei und werden von ihm und Rolf Herricht in Szene gesetzt. In den zahllosen Sketchen übernimmt Rolf Herricht den liebenswert naiven Part, Hans-Joachim Preil agiert als ewiger Besserwisser. Sie tingeln mit ihrem Programm durch die Kreiskulturhäuser, haben von Auftritt zu Auftritt mehr und mehr Erfolg. Als das junge Fernsehen der DDR für die Unterhaltungssendung „Ob das was wird?“ Mitwirkende sucht, sind sie dabei und zählen bald zu den bekanntesten Gesichtern des Landes, sind das beliebteste Komiker-Duo der DDR.

Der Erfolg bringt ein Engagement beim Deutschen Fernsehfunk. 1964 wird Rolf Herricht Mitglied des Metropol-Theaters in Berlin, welchem er bis zu seinem Tod angehört. Er singt in Operetten, spielt unter anderem einen Gangster in Cole Porters Musical „Kiss Me, Kate“. Als Frosch in „Die Fledermaus“ wird er vom Publikum gefeiert.

Bald meldet sich auch die DEFA bei dem populären Komiker. Rolf Herricht bekommt zahlreiche komische Rollen angeboten. Der Schauspieler debütiert vor der Kamera in MUSTERKNABEN (1959) unter der Regie von Johannes Knittel. An der Seite von Hartmut Reck spielt er den jungen Bauarbeiter Erwin. In der Komödie wird die Kraft eines Bauarbeiterkollektivs gefeiert, die einer Hausgemeinschaft als deren Paten einen Clubraum einrichten. Danach erhält der Schauspieler Nebenrollen als Lokomotivbauer in BEVOR DER BLITZ EINSCHLÄGT (1959), in dem Kriminalfilm SEILERGASSE 8 (1960) und der erfolgreichen Spionagegeschichte FOR EYES ONLY (1963). Seinen ersten größeren Erfolg kann Rolf Herricht an der Seite von Manfred Krug in AUF DER SONNENSEITE (1962) unter der Regie von  Ralf Kirsten feiern. Er spielt einen der Wettpartner, die den jungen Schauspieler Martin Hoff animieren, sich auf die Suche nach Ottile Zinn zu machen, die als Bauleiterin arbeitet. Das komische Potential von Rolf Herricht wird aber bei weitem noch nicht genutzt, erst später werden Rollen direkt für ihn geschrieben.

Filmstill zu "Geliebte weiße Maus"

Karin Schröder und Rolf Herricht in GELIEBTE WEISSE MAUS (R: Gottfried Kolditz, 1964) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Meine Freundin Sybille"

Giwi Zikischwili und Rolf Herricht in MEINE FREUNDIN SYBILLE (R: Gottfried Kolditz, 1964) Fotograf: Herbert Kroiss

Mit GELIEBTE WEISSE MAUS (1964) von  Gottfried Kolditz ändert sich das schlagartig. Rolf Herricht gibt hier den Verkehrspolizisten Fritz Bachmann. Helene fährt jeden Tag an ihm vorbei und um auf sich aufmerksam zu machen, muß sie eine Verkehrsüberschreitung begehen. Bei der folgenden Verkehrserziehung verlieben sich beide ineinander und einer Heirat steht nichts im Wege. Der Film zählt zu den erfolgreichsten des Jahres, erstmals ist die Rolle ganz auf die liebeswerte Tolpatschigkeit des Komikers zugeschnitten.

Der Kultur-Kahlschlag nach dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED trifft auch ein Lustspielt mit Rolf Herricht: HÄNDE HOCH - ODER ICH SCHIESSE! (1966 - 2009). Er spielt den Kriminalpolizisten Holms, dem die Kriminalfälle ausgegangen sind, er wird immer melancholischer und sehnt sich nach einem spektakulären Einsatz. Ein alter Freund hilft und organisiert das ganz große Ding. Der Dramatiker Rudi Strahl schreibt das Drehbuch, Hans-Joachim Kasprzik führt Regie. Nach einem Einspruch des Innenministeriums wird die Arbeit am Film in der Rohschnittphase abgebrochen. Der Grund mag darin liegen, daß zu diesem Zeitpunkt kein schwacher Ordnungshüter gewünscht war. Der Film wird auch nach dem Zusammenbruch der DDR nicht gezeigt, da Regisseur und Drehbuchautor ihn nicht als gut genug einschätzen, die Zeit überdauert zu haben.

Der Film DER RESERVEHELD (1964) unter der Regie von Wolfgang Luderer dagegen läuft in den Kinos. Rolf Herricht spielt den bekannten Schauspieler Horricht, der zur Reserve eingezogen wird. Als seine frisch vermählte Ehefrau anreist, glaubt er, dass Hauptmann Hottas mit ihr flirtet. Verkleidet als General liest er seinem Chef die Leviten. Auch dieser Film funktioniert ganz im Sinne des Komikers. Horricht ist schwierigen Situationen nicht gewachsen, ungeschickt, etwas eitel, aber in all seinen verzwickten Lagen rührt er das Publikum an, weil seine Austrahlung eine authentische ist. Die Zusammenarbeit mit dem Regisseur setzt  Rolf Ludwig fort. In MEINE FREUNDIN SYBILLE (1967) nach dem Drehbuch von Rudi Strahl agiert er als Hilfsreiseleiter Hurtig, der zwei seiner Gäste verliert und auf einer Odyssee durch die Schwarzmeer-Region die Verlorenen wieder in den richtigen Hafen führt. Zum ersten Mal steht Rolf Herricht hier gemeinsam mit seinem Sketch-Partner Hans-Joachim Preil vor der DEFA-Kamera. Der Film ist dann auch ganz auf die Komiker-Stars ausgerichtet.

Filmstill zu "Hände hoch oder ich schieße"

Rolf Herricht in HÄNDE HOCH ODER ICH SCHIESSE (R: Hans-Joachim Kasprzik, 1966 - 2009) Fotografen: Wolfgang Ebert, Jörg Erkens

Filmstill zu "Der Reserveheld"

Rolf Herricht in DER RESERVEHELD (R: Wolfgang Luderer, 1964) Fotograf: Horst Blümel

In der nächsten Zeit spielt Rolf Herricht wieder größere Nebenrollen. In dem Kriminalfilm ZWÖLF UHR MITTAGS KOMMT DER BOSS (1968) agiert er als Leutnant Kunze. An der Seite von Manfred Krug spielt er in der turbulenten Komödie HAUPTMANN FLORIAN VON DER MÜHLE (1968) den Amadeus. Nochmals steht er gemeinsam mit Manfred Krug in der Komödien MIT MIR NICHT, MADAME! (1968) und HUSAREN IN BERLIN (1970) vor der Kamera.

Erst mit dem erfolgreichen Lustspiel DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) kann der Komiker wieder seine Fähigkeiten zeigen. Hier spielt Rolf Herricht sich in gewisser Weise selbst. Er gibt den Unterhaltungskünstler Günter Piesold mit zwei linken Händen, dessen Familie von ihrem Haushalt überrollt wird. Erwin Graffunda (brillant gespielt von  Winfried Glatzeder) wird der Hausmann, der für Ordnung sorgt und manche familiäre Verwirrung klärt. Ihr Potential zieht die Komödie unter anderem aus den zahlreichen originellen Einfällen, die aus der Umkehrung des traditionellen Rollenverhaltens entstehen. Das Lustspiel ist von leichter Hand inszeniert, enthält zahlreiche Pointen, Sticheleien und Frechheiten. Der Erfolg zeigt sich an den Kinokassen, DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) erreicht über 2 Millionen Zuschauer.

Filmstill zu "Der Mann, der nach der Oma kam"

Rolf Herricht in DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (R: Roland Oehme, 1971) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Der Baulöwe"

Annekathrin Bürger und Rolf Herricht in DER BAULÖWE (R: Georgi Kissimov, 1979) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Lange Zeit arbeitet der Schauspieler dann nicht für die große, sondern nur für die kleine Leinwand. Die DEFA ist nicht in der Lage, dem Komiker gute Rollen zu bieten und sein Talent wie seine Popularität auszunutzen. Im Fernsehen der DDR wird Rolf Herricht ebenfalls zum Star. Zusätzlich zu seinen Sketchen mit Hans-Joachim Preil steht er neben der Komikerin Helga Hahnemann im „Kessel Buntes“ auf der Bühne des Friedrichstadtpalastes. In den Possen und Schwänken des DDR-Fernsehens gehört er zum festen Personenbestand. Unter anderem gibt er den Ferdinand Mischke in den populären Maxe Baumann-Geschichten.

Seinen letzten Film dreht Rolf Herricht Ende der 70er Jahre. DER BAULÖWE (1979) von Georgi Kissimov erzählt vom beliebten Schauspieler Ralf Keul, der sich an der Ostsee ein Haus bauen will. Ihm fehlen aber Erfahrungen im Umgang mit Handwerkern. Ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs kämpft er mit den Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung, dem Transport usf. Das verschmitzt-naive Spiel des Hauptdarstellers rettet den Film. Am Ende seines guten Willens steht die Katastrophe, obwohl er Ordnung schaffen will, stiftet er nur Chaos. Hier kann Rolf Herricht nochmals eine besten Komikerqualitäten unter Beweis stellen.

Rolf Herricht ist verheiratet und hat eine Tochter. Bei einer Aufführung des Metropoltheaters am 23. August 1981 erleidet der Schauspieler einen tödlichen Herzinfarkt.

Zusammengestellt von Ines Walk. (Stand: April 2005)

Trailer zu DER BAULÖWE (R: Georgi Kissimov, 1979)

Literatur

  • Peter Hoff: Zwerchfellerschütternde Melancholie. Vor 20 Jahren starb Rolf Herricht, in: Neues Deutschland, 23.08.2001.
  • Peter Hoff: Erwachsen werden wollte er nie. Rolf Herricht wäre am Sonntag 80 geworden, in: Neues Deutschland, 04.10.1997.
  • Henryk Goldberg: Seine freundliche Kunst hat Millionen erfreut. Zum Tode des Schauspielers Rolf Herricht, in: Neues Deutschland, 25.08.1981.
  • Lothar Kusche: Rolf Herricht, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera - Fünfzig Schauspieler in Babelsberg, Henschel Verlag Berlin, 1995.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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