Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Wilhelm Koch-Hooge

Schauspieler

* 11. Februar 1916 in Patschkau, Oberschlesien (heute Paczków, Polen); † 2. September 2004 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Die Flucht"

Wilhelm Koch-Hooge

in DIE FLUCHT (R: Roland Gräf, 1977) Fotograf: Klaus Goldmann

Wilhelm Koch-Hooge zählt in den 1950er-Jahren zu den beliebtesten Darstellern der DEFA. Seine proletarischen Helden sind menschlich und würdevoll. Diese Eigenschaften arbeitet der Schauspieler aus den Tiefen der Charaktere heraus, sie sind nicht aufgrund eines Parteibuches a priori vorhanden. Mit seiner hervorragenden Darstellung des Kommunisten Hans Löning in STÄRKER ALS DIE NACHT (1954) wird er international bekannt.

Wilhelm Koch-Hooge wird am 11. Februar 1916 in Patschkau, Oberschlesien (heute: Paczków, Polen) als Wilhelm Koch geboren. Sein Vater übt den Beruf eines Schornsteinfegermeister aus. Wilhelm Koch-Hooge ist das elfte von dreizehn Kindern und wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Als einziger seiner Geschwister geht er auf das Gymnasium und macht sein Abitur. Nach seiner schulischen Ausbildung will er Schauspieler werden, aber sein Vater möchte, dass er einen handfesten Beruf ausübt. Wilhelm Koch-Hooge arbeitet zeitweise als Schornsteinfeger, geht nach Hamburg und arbeitet als Matrose. Von 1936 bis 1938 lässt er sich an der Schauspielschule des Deutschen Theaters ausbilden. Seine Lehrer sind unter anderem Hugo Werner-Kahle, Theodor Loos und Elisabeth Flickenschildt.

Bereits als Schauspielschüler tritt er als Kleindarsteller im Deutschen Theater auf. Nach dem Studium geht er zunächst in die Provinz und arbeitet am Landestheater Kaiserslautern. Hier ist er unter anderem in „Diener zweier Herrn“ von Goldoni, „Tartüff“ von Molière und als Don Cesar in „Die Braut von Messina“ von Friedrich Schiller zu sehen. Nach Stationen am Stadttheater Heidelberg und an den Städtischen Bühnen Magdeburg, wo er den Horatio in Shakespeares „Hamlet“ gibt, wird Wilhelm Koch-Hooge 1942 zum Kriegsdienst eingezogen. An der Ostfront wird er schwer verletzt. Nach seiner Genesung wird er Panzergrenadier und kämpft in Afrika an der Front. 1943 wird er in Tunesien Gefangener der US-amerikanischen Armee und in ein Lager nach Mississippi gebracht. Hier schreibt er Stücke und spielt Theater.

Filmstill zu "Geheimakten Solvay"

Wilhelm Koch-Hooge und Peter Herden in GEHEIMAKTEN SOLVAY (R: Martin Hellberg, 1952) Fotograf: Gerhard Kowalewski

Filmstill zu "Gefährliche Fracht"

Susanne Düllmann und Wilhelm Koch-Hooge in GEFÄHRLICHE FRACHT (R: Gustav von Wangenheim, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

1946 kehrt Wilhelm Koch-Hooge aus der Gefangenschaft nach Deutschland zurück. In seiner ehemaligen Spielstätte Magdeburg findet er zunächst eine Heimat, bis er 1951 von Helene Weigel und  Bertolt Brecht ans Berliner Ensemble geholt wird. Hier tritt der Schauspieler unter anderem als Matrose Rybakow in „Glockenspiel“ auf, ist in „Mutter Courage und ihre Kinder“ sowie in „Der Prozess der Jeanne d'Arc“ zu sehen. Nach zwei Jahren am Berliner Ensemble wird er von Intendant  Wolfgang Langhoff am Deutschen Theater engagiert. Dort ist Koch-Hooge bis 1979 tätig. Zu den bedeutenden Bühnenrollen gehört der Benedikt in „Viel Lärm um Nichts“ nach Shakespeare, auch sieht man ihn als Advokaten Helmer in „Nora“ von Henrik Ibsen. Parallel zu seinen Bühnenarbeiten ist der Schauspieler als Synchronsprecher tätig.

Mit seinem Engagement in Berlin beginnt auch die Filmarbeit von Wilhelm Koch-Hooge. Der Schauspieler wird gleich mit Hauptrollen bedacht. Anfang der 1950er-Jahre steht er erstmals in dem politischen Kriminalfilm GEHEIMAKTEN SOLVAY (1952) unter der Regie von  Martin Hellberg vor der Kamera. Er gibt den Schlosser und Gewerkschafter Hannes Lorenz, der den Machenschaften und Sabotageakten alter Westbesitzer des nunmehr volkseigenen Betriebes auf die Schliche kommt. In GEFÄHRLICHE FRACHT (1954) von  Gustav von Wangenheim spielt er den Hafenarbeiter Hein Jensen, der sich gegen die Verschiffung von Napalmbomben einsetzt.

International bekannt wird Wilhelm Koch-Hooge durch den Film STÄRKER ALS DIE NACHT (1954) von  Slatan Dudow. Erzählt wird die Geschichte des Kommunisten Hans Löning, der nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten für sieben Jahre im Konzentrationslager gefangen ist. Nach seiner Entlassung engagiert er sich wieder gegen den Faschismus und wird nach erneuter Verhaftung hingerichtet. Der Regisseur versteht seinen Film als filmisches Denkmal für den 'unbekannten Antifaschisten'. Wilhelm Koch-Hooge gibt hier einen treuen Mann seiner standhaften Ehefrau (gespielt von  Helga Göring) und liebenden Familienvater, der sich aber entscheidet, trotz aller Widrigkeiten als Antifaschist gegen die Nationalsozialisten zu kämpfen und damit in den Tod zu gehen. Der Film, der auf Pathos verzichtet und formal interessant gestaltet ist, wird mehrfach ausgezeichnet und Wilhelm Koch-Hooge als Darsteller besonders hervorgehoben.

Filmstill zu "Pole Poppenspäler"

Wilhelm Koch-Hooge und Willi Kleinoschegg in POLE POPPENSPÄLER (R: Artur Pohl, 1954) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Leute mit Flügeln"

Wilhelm Koch-Hooge und Otto Dierichs in LEUTE MIT FLÜGELN (R: Konrad Wolf, 1960) Fotograf: Herbert Kroiss

Bei der DEFA wird aus dem Darsteller bald der Proletarier, wie sich ihn die Verantwortlichen erträumen: mit intellektuellem Habitus, gebildet, stolz, idealistisch. Die Figuren, die Koch-Hooge gestaltet, sind menschlich und würdevoll, weil er die Eigenschaften aus den Tiefen der Charaktere herausarbeitet. Dazu gehören unter anderem der Herr Paulsen in der Theodor-Storm-Adaption POLE POPPENSPIELER (1954) von  Artur Pohl, der Dr. Weller in dem Film ZWEI MÜTTER (1957) unter der Regie von  Frank Beyer sowie der Erich Braun in der ersten Co-Produktion der DEFA mit der Sowjetunion FÜNF TAGE – FÜNF NÄCHTE (1960). Der Schauspieler arbeitet mit  Konrad Wolf zusammen, zeitweise ist er neben Gustav Knuth und  Günther Simon im Rennen um die Titelrolle für den Ernst Thälmann unter  Kurt Maetzig im Gespräch.

Ab den 1960er-Jahren bleiben die Rollenangebote für den Künstler aus, er zieht sich mehr und mehr zurück. Wilhelm Koch-Hooge konzentriert sich wieder auf die Theaterbühne, spielt am Deutschen Theater. Junge, nachrückende Film-Regisseure nutzen selten sein schauspielerisches Potenzial. Eine seiner letzten Rollen bei der DEFA spielt er unter dem Regisseur  Roland Gräf, der ihn für seinen Film DIE FLUCHT (1977) engagiert. Als leitender Arzt versteht er die inneren Konflikte seines jüngeren Kollegen (gespielt von  Armin Mueller-Stahl) nicht, kann nicht nachvollziehen, warum dieser das Land verlassen will.

In den 1960er- und 1970er-Jahren ist Wilhelm Koch-Hooge häufig in tschechoslowakischen und jugoslawischen Produktionen zu sehen, meist als Deutscher in Uniformrollen. Diesen Figurentyp – aristokratisch, großbürgerlich, preußisch-militärisch – verkörpert er auch mehrfach im Fernsehen der DDR. Er ist unter anderem als Gustav Krupp in KRUPP UND KRAUSE (1969) zu sehen, spielt den Freiherr von Hardenberg in SCHARNHORST (1978) und agiert als Arzt Prof. Bonhoeffer in BERÜHMTE ÄRZTE DER CHARITÉ: DIE DUNKLEN JAHRE (1983).

Nach dem Zusammenbruch der DDR zieht sich der Schauspieler gänzlich aus dem öffentlichen Leben zurück und tritt nicht mehr vor die Kamera. Wilhelm Koch-Hooge stirbt am 2. September 2004 in Berlin.

Zusammengestellt von Ines Walk.

Kinotrailer zu DIE FLUCHT (R: Roland Gräf, 1977)

Auszeichnungen

  • 1955: STÄRKER ALS DIE NACHT - Nationalpreis II. Klasse im Kollektiv (gemeinsam mit Slatan Dudow, Jeanne Stern und Kurt Stern) Filmfestspiele in Locarno: Bester Darsteller

Literatur

  • Fred Gehler: Wilheln Koch-Hooge 79, in: Sonntag, 9.2.1986.
  • Hans-Jörg Rother: Wilhelm Koch-Hooge, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera - Fünfzig Schauspieler in Babelsberg, Henschel Verlag Berlin 1995.
  • Ralf Schenk: An nichts und an niemanden verzweifeln … Am Sonntag ist der Schauspieler Wilhelm Koch-Hooge 80 Jahre alt geworden, in: Neues Deutschland, 12.2.1996.
  • Ralf Schenk: Wilheln Koch-Hooge, in: film-dienst 21/2004.
  • Dieter Reimer: Wilhelm Koch-Hooge, in: Dieter Reimer: DEFA-Stars. Legenden aus Babelsberg, Militzke Verlag Leipzig, 2004.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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