Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Wolf Kaiser

Schauspieler

* 26. Oktober 1916 in Frankfurt am Main; † 21. Oktober 1992 in Berlin

Biografie

Wolf Kaiser

in ERNST THÄLMANN - SOHN SEINER KLASSE (R: Kurt Maetzig, 1954) Fotograf: Heinz Wenzel

Spät entdeckt Wolf Kaiser seine Liebe zur Schauspielerei. In den 1950er-Jahren wird er einer der herausragenden Bertolt-Brecht-Darsteller des Berliner Ensembles. Sein Mackie Messer in „Die Dreigroschenoper“, den er in mehr als 450 Vorstellungen auf der Bühne verkörpert, wird in Berlin und auf internationalen Tourneen gefeiert. Auch die DEFA entdeckt den großen Schauspieler mit dem markanten Gesicht, findet aber zu selten große, ansprechende Rollen für ihn. Wolf Kaiser verkörpert in den häufigsten Fällen negative Charaktere wie unbarmherzige Offiziere und verführerische Hochstapler, denen er mit Bravour seinen unverkennbaren Stempel aufdrückt.

Wolf Kaiser wird am 26. Oktober 1916 in Frankfurt am Main als Wolf Wilhelm Kaiser geboren. Sein Vater ist Eisengießer und Galvaniseur, der Metall- und Kunststoffoberflächen veredelt. Um 1920 zieht die Familie in die Schweiz, nach Basel, um der Arbeitslosigkeit zu entgehen. Der Vater verlässt die Familie, Wolf Kaiser kommt in ein Heim. Bereits als Kind arbeitet er in der Landwirtschaft, als Jugendlicher übernimmt er Hilfsarbeiten. Mit 21 Jahren kehrt er 1937 in seine Heimatstadt zurück. Dort belegt er Kurse in der Abendschule, um sein Abitur nachzuholen und beschäftigt sich mit Physiologie und Chemie. Kurze Zeit später wird er zum Arbeitsdienst, dann 1938 zum Wehrdienst nach Gießen eingezogen. Nach einem Unfall bei einer Sportveranstaltung wird er entlassen und als untauglich erklärt.

1939 beginnt Wolf Kaiser an der Reimannschule in Berlin und an der Schauspielschule Margarethe Wellhoener Unterricht zu nehmen. Um den Unterricht zu finanzieren, arbeitet er als Kellner. Zwei Jahre lässt er sich ausbilden, bis er 1941 ein Engagement im böhmisch-mährischen Iglau (heute tschechisch Jihlava) erhält. Hier debütiert er als 25-jähriger in dem Stück „Petersburger Krönung“ von Friedrich Wilhelm. Bereits ein Jahr später steht er auf der Theaterbühne in Berlin, spielt an der dortigen Volksbühne unter Eugen Klöpfer. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges debütiert der junge Schauspieler auch beim Film. Er übernimmt eine kleinere Rolle in DAS LEBEN RUFT (1944) unter der Regie von  Arthur Maria Rabenalt. Außerdem ist er im selben Jahr in dem Heimatfilmen DER ERBFÖRSTER (1944) von Alois Johannes Lippl und DER KREUZLSCHREIBER (1944) von Eduard von Borsody zu sehen.

Filmstill zu "Das verurteilte Dorf"

Hannes Cujath und Wolf Kaiser in DAS VERURTEILTE DORF (R: Martin Hellberg, 1951) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Die Millionen der Yvette"

Wolf Kaiser und Anne Dessau in DIE MILLIONEN DER YVETTE (R: Martin Hellberg, 1956) Fotograf: Kurt Schütt

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist Wolf Kaiser kurz an Theaterbühnen in München und Frankfurt am Main engagiert, bis er 1947 nach Leipzig geht und dort bis 1950 Theater spielt. Hier erspielt er sich ein umfangreiches Repertoire, erobert das Publikum. Zwischenzeitlich ist er am Deutschen Theater in Berlin engagiert, bis er am Berliner Ensemble seine Heimstätte findet, an dem er bis 1967 arbeitet. Er macht sich einen Namen als herausragender  Bertolt-Brecht-Darsteller. In allen bekannten Stücke des Autors ist er zu sehen. Sein Mackie Messer in „Die Dreigroschenoper“, den er in mehr als 450 Vorstellungen auf der Bühne verkörpert, wird in Berlin und auf internationalen Tourneen gefeiert, die ihn unter anderem nach Moskau und Leningrad, Stockholm und Helsinki, Paris und London führen. Er arbeitet mit Regisseuren wie  Erich Engel, Manfred Wekwerth und Benno Besson zusammen. Nach 16 Jahren Berliner Ensemble geht der Schauspieler an die Berliner Volksbühne. Hier gibt er den Caesar in „Caesar und Cleopatra“, ist Philipp in „Don Carlos“ und agiert als „Macbeth“.

Ab den 1950er-Jahren erhält Wolf Kaiser auch Filmangebote von der DEFA. Zunächst ist er in einer kleinen Rolle als SS-Mann in DIE LETZTE HEUER (1951) von  Ernst W. Fiedler zu sehen. Nochmals gibt er einen schnittigen, eiskalten und ungeschminkt aggressiv agierenden Offizier, diesmal einen amerikanischen, in DAS VERURTEILTE DORF (1951) unter der Regie von  Martin Hellberg. Mehrmals werden Regisseur und Schauspieler zusammenarbeiten. Nach mehreren kleineren Aufgaben etwa als Major Zinker im ersten Teil der ERNST-THÄLMANN-Biografie von  Kurt Maetzig oder als Hauptwachmann in DIE GESCHICHTE VOM KLEINEN MUCK (1953) von  Wolfgang Staudte erregt der Schauspieler mit dem Schwabenhannes in THOMAS MÜNTZER (1955/56), ebenfalls von Martin Hellberg, größere Aufmerksamkeit. Danach besetzt ihn der Regisseur mit seiner ersten Hauptrolle in DIE MILLIONEN DER YVETTE (1956). Er gibt den Hochstapler Maurice Daurignac, der die französische Modistin Yvette (gespielt von Josephine Back) zur Rache an der feinen Gesellschaft überredet.

Filmstill zu "Kabale und Liebe"

Otto Mellies und Wolf Kaiser in KABALE UND LIEBE (R: Martin Hellberg, 1959) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Filmstill zu "Mutter Courage und ihre Kinder"

Wolf Kaiser in MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER (R: Peter Palitzsch, Manfred Wekwerth, 1960) Fotograf: Hannes Schneider

In der Folge agiert der Schauspieler in Verfilmungen bekannter Theaterstücke. In KABALE UND LIEBE (1959) gibt er den Präsidenten Walter. In der Bertolt-Brecht-Verfilmung MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER (1960) agiert er als Feldprediger. Im selben Jahr wird der Film DAS KLEID (1961-1990) nach dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ von Hans Christian Andersen in der Regie von  Konrad Petzold nicht aufgeführt. In der Parabel spielt Wolf Kaiser den etwas einfältigen Kaiser Max, über den sich alle Welt kräftig lustig macht. Die Doppeldeutigkeit, mit der Selbstherrlichkeit und Ignoranz angeprangert werden, macht den Film für die Verantwortlichen suspekt. Er wird erst 1991 in einer nachsynchronisierten Fassung uraufgeführt und zeigt ein brillant aufgelegtes Schauspielerensemble. Einen seiner letzten DEFA-Filme legt der Darsteller mit ALASKAFÜCHSE (1964) vor. In Erinnerung bleibt die prägnante Darstellung Wolf Kaisers als Generalmajor Wolzow in DIE ABENTEUER DER WERNER HOLT (1964), der auf eine 250-jährige soldatische Tradition zurückblicken kann und seinem Sohn zu einem Fanatiker erzieht.

Ab 1961 ist Wolf Kaiser verstärkt in Fernsehinszenierungen präsent. 1969 wird er festes Mitglied des Ensembles des Fernsehens der DDR. Zahlreich sind seine Auftritte. Als zweifelhafter Geschäftemacher Jachmann überzeugt er in der Hans-Fallada-Verfilmung KLEINER MANN - WAS NUN? (1967). Für die Darstellung des Meister Falk in der Verfilmung der Benito-Wogatzki-Romane wird der Schauspieler mit zwei Nationalpreisen ausgezeichnet. Die Palette seiner Figuren ist breit gefächert. Er gibt politisch engagierte Zeitgenossen ebenso wie leichtlebige Bürgerliche, unzufriedene Künstler sowie verbitterte alte Männer, aktiv handelnde Privatdetektive gehören ebenso dazu. Besonders in Erinnerung bleibt die Carl-Gassauer-Verfilmung CASANOVA AUF SCHLOSS DUX (1981), wo er an der Seite von  Marianne Wünscher den alten Lebemann mit erotischem Flair gibt.

Filmstill zu "Das Kleid"

Werner Lierck, Wolf Kaiser und Horst Drinda in DAS KLEID (R: Konrad Petzold, 1961 - 1990) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Filmstill zu "Alaskafüchse"

Thomas Weisgerber, Friederike Sturm und Wolf Kaiser in ALASKAFÜCHSE (R: Werner Wolfgang Wallroth, 1964) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Mehrfach arbeitet Wolf Kaiser in der Schweiz. Gegen Ende der 1970er-Jahre spielt er dort Theater und ist in Stücken von Wedekind, Zuckmayer und Dürrenmatt zu sehen. Zahlreich sind seine Arbeiten beim schweizerischen Fernsehen. In der Verfilmung der Gottfried-Keller-Novelle URSULA (1978), die  Egon Günther in einer Koproduktion zwischen der DDR und der Schweiz realisiert, übernimmt Wolf Kaiser die Rolle des Schnurrenberger. Der Film wird nach einmaliger Ausstrahlung im DDR-Fernsehen nicht wieder aufgeführt. Grund mag die Aktualisierung und der Gegenwartsbezug der Novelle gewesen sein.

Wolf Kaiser engagiert sich in der DDR auch gesellschaftlich. Er ist Präsident des Klubs der Gewerkschaft Kunst „Die Möwe“. Neben seiner umfangreichen Tätigkeit ist er zudem häufig als Sprecher bei Hörspiel- und Synchronarbeiten tätig.

Bedingt durch eine langjährige Krankheit kann der Schauspieler nach dem Zusammenbruch der DDR immer weniger Aufgaben wahrnehmen. Wolf Kaiser wählt am 21. Oktober 1992 in Berlin den Freitod.

Zusammengestellt von Ines Walk.

Auszeichnungen

  • 1961: Kunstpreis der DDR
  • 1965: Nationalpreis II. Klasse
  • 1967: GEDULD DER KÜHNEN - Nationalpreis III. Klasse im Kollektiv
  • 1968: ZEIT IST GLÜCK - Nationalpreis I. Klasse im Kollektiv.
  • 1977: Vaterländischer Verdienstorden in Silber
  • 1981: Vaterländischer Verdienstorden in Gold

Literatur

  • Joachim Reichow: Wolf Kaiser - Meister Falk und andere, in: Der Morgen, 12.10.1969.
  • Ehrentraud Novotny: Wolf Kaiser, in: Renate Seydel (Hrsg.): Schauspieler, Berlin Henschel Verlag 1974.
  • Irene Böhme: Sein letzter Fall, in: Sonntag, 41/1976.
  • Käthe Rülicke-Weiler: Happy End, in: Film und Fernsehen, 09/1977.
  • Jutta Voigt: Gratulation, in: Sonntag, 44/1981.
  • Peter Berger: Glanzrollen in Frack und Meistermontur. Heute wird Wolf Kaiser 65 Jahre alt, in: Neues Deutschland, 26.10.1961.
  • Helga Schwarz-Stötzer: Wolf Kaiser. Plädoyer für einen Volksschauspieler, in: FF-Dabei, 6/1983.
  • Ingrid Fausak: Ein Charakterdarsteller von besonderem Gepräge. Zum 70. Geburtstag des Schauspielers Wolf Kaiser, in: Neues Deutschland, 25.10.1986.
  • Dieter Krebs: Mackie und Meister Falk. Zum 70. Geburtstag von Wolf Kaiser, in: Berliner Zeitung, 25./26.10.1986.
  • Ernst Schumacher: Charakterdarsteller von "raubtier-eleganter" Gestik. Wolf Kaiser wird heute 75 Jahre, in: Berliner Zeitung, 26.10.1991.
  • Detlef Friedrich: Zwischen Mackie Messer und Meister Falk, in: Berliner Zeitung, 23.10.1992.
  • Gn: Der "Lear" bleibt ungespielt. Der Schauspieler Wolf Kaiser ist tot, in: Die Tageszeitung, 24.10.1992.
  • Christoph Funke: Faszination des Zwielichtigen. Zum Tod von Wolf Kaiser, in: Der Tagesspiegel, 24.10.1992.
  • Ernst Schumacher: Ein Monarch ist dahingegangen. Im Berliner Ensemble fand die Trauerfeier für Wolf Kaiser statt, in: Berliner Zeitung, 07.11.1992.
  • Eberhard Esche: Monarch der Schauspielkunst. Trauerrede auf einen großen Mimen, in: Neues Deutschland, 04.01.1993.
  • Horst Knietzsch: "Ich möchte' nicht mehr weiter jetzt… ". Wolf Kaiser: Erinnerungen an seinem 80. Geburtstag, in: Neues Deutschland, 26.10.1996.
  • Hans-Dieter Schütt: Charakter. Vor zehn Jahren starb Wolf Kaiser, in: Neues Deutschland, 21.10.2002.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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