Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Angelica Domröse

Schauspielerin

* 4. April 1941 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Verwirrung der Liebe"

Angelica Domröse

in VERWIRRUNG DER LIEBE (R: Slatan Dudow, 1959) Fotograf: Eduard Neufeld

Die junge Angelica Domröse fällt dem Regisseur Slatan Dudow unter 1500 Bewerberinnen auf. Er gibt ihr ihre erste Hauptrolle. Danach ist die Schauspielerin in über 70 Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Die Rolle der Paula in DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA (1972) wird die Rolle ihres Lebens, mit der Millionen von Zuschauern sie heute noch in Verbindung bringen.

Angelica Domröse wird am 4. April 1941 in Berlin-Weißensee geboren. Ihr Vater fällt im Zweiten Weltkrieg. Ihre Mutter heiratet wieder, mit dem Stiefvater Rudolf Otto Domröse, Schlosser, kommt sie nicht gut aus. Schon während ihrer Schulzeit arbeitet sie in einem dramatischen Zirkel mit, spielt am „Haus der jungen Talente“ in Berlin-Mitte Theater. Nach ihrer Schulausbildung erlernt sie den Beruf einer Stenotypistin, arbeitet zeitweise in dem staatlichen Außenhandelsunternehmen DIA Invest-Export.

Aber ihr Traum ist die Schauspielerei. Mit 16 Jahren bewirbt sie sich an der Filmhochschule und wird abgelehnt. Trotzdem schafft sie es 1959 mit einer Hauptrolle auf die Leinwand. Als 17-jährige liest sie eine Zeitungsannonce, in der der Regisseur Slatan Dudow Schauspieler für seine Gegenwartskomödie VERWIRRUNG DER LIEBE (1959) sucht. Mit 1500 anderen Mädchen bewirbt sie sich und wird mit einer der Hauptrollen bedacht. Erzählt wird die Geschichte zweier verliebter Paare. Angelica Domröse gibt den Backfisch namens Siegi, die sich zwischen einem Maurer und einem Medizinstudenten entscheiden muss. Sie wirkt frisch und wunderbar naiv, überaus natürlich. Noch während der Dreharbeiten steigt sie im laufenden Studienjahr in die Schauspielklasse der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg ein.

Filmstill zu "Verwirrung der Liebe"

Angelica Domröse in VERWIRRUNG DER LIEBE (R: Slatan Dudow, 1959) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Verwirrung der Liebe"

Willi Schrade und Angelica Domröse in VERWIRRUNG DER LIEBE (R: Slatan Dudow, 1959) Fotograf: Eduard Neufeld

1961 schließt sie das Studium ab und erhält ein Engagement am Berliner Ensemble. Bald gehört die junge Darstellerin zu den Stars des Theaters. Sie spielt die Hure Betty in der „Dreigroschenoper“ in der Inszenierung von Erich Engel. In dem Bertolt-Brecht-Stück „Die Tage der Commune“ agiert sie als Näherin Babette. 1966 wird sie mit 25 Jahren zur „Besten Schauspielerin des Jahres“ gewählt. Im selben Jahr wechselt sie zur Berliner Volksbühne. Hier feiert sie ebenfalls Erfolge, unter anderem in „Cäsar und Cleopatra“ von Bernhard Shaw, „Die schöne Helena“ von Peter Hacks und „Die Wildente“ von Henrik Ibsen. Sie gastiert mit Bertolt Brecht-Programmen im In- und Ausland. Zeit ihres Lebens wird sie der Theaterbühne verpflichtet bleiben.

Noch während ihres Schauspielstudiums wird Angelica Domröse auch in weiteren DEFA-Filmen besetzt. In WENN DU ZU MIR HÄLTST (1961) unter der Regie von Hans-Erich Korbschmitt spielt sie die Liane, ein junges Mädchen, das sich mit einer Überdosis Tabletten das Leben nehmen wollte. Ihr Freund ist ein Agent, der sich Forschungsergebnisse erschlichen hat. Als Krankenschwester Li überzeugt sie in JULIA LEBT (1963) von  Frank Vogel. In der Leonhard Frank-Adaption CHRONIK EINES MORDES (1964), unter der Regie  Joachim Hasler, steht sie gemeinsam mit Jiri Vrstála, ihrem damaligen Ehepartner, vor der Kamera. Angelica Domröse gibt die junge Jüdin Ruth Bodenheim, die in ein Wehrmachtsbordell verschleppt wird und nach ihrer Rückkehr miterlebt, wie der Mörder ihrer Eltern zum neuen Bürgermeister der westdeutschen Kleinstadt aufsteigt. Sie ermordet den Bürgermeister. Angelica Domröse spielt die junge Frau zart, verletzlich, hochsensibel.

Neben ihrer Film- und Theaterkarriere beginnt auch eine intensive Arbeit für das Fernsehen der DDR. Mit der Titelrolle der Irene Sauer in PAPAS NEUE FREUNDE (1960) wird sie schlagartig einem großen Publikum bekannt. Später ist sie in einigen der erfolgreichsten TV-Produktionen zu sehen, so als Gräfin in WEGE ÜBERS LAND (1968) und als Proletarierin in KRUPP UND KRAUSE (1969). Einer ihrer erfolgreichsten Filme wird EFFI BRIEST (1969) von Wolfgang Luderer. Nach dem Roman von Theodor Fontane wird vom Schicksal einer jungen Frau, Gattin eines preußischen Ministerialbeamten, erzählt, deren Ehe und Leben an den Ehr- und Moralbegriffen ihrer Zeit zerbrechen. Angelica Domröse zeigt die ganze Bandbreite charakterlicher Zustände – mal naiv und kindlich, mal enttäuscht und resigniert.

Filmstill zu "Chronik eines Mordes"

Angelica Domröse und Arno Wyznieswski in CHRONIK EINES MORDES (R: Joachim Hasler, 1964) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Wenn du zu mir hältst"

Angelica Domröse in WENN DU ZU MIR HÄLST (R: Hans-Erich Korbschmitt, 1961) Fotograf: Kurt Schütt

Anfang der 1970er Jahre wird Angelica Domröse vom Regisseur  Heiner Carow für den Film DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA (1973) mit der Hauptrolle der Paula bedacht. Es wird die Rolle ihres Lebens, mit der Millionen von Zuschauern sie noch heute in Verbindung bringen. Paula ist eine ledige Verkäuferin, Mutter von zwei Kindern, die um ihre Liebe zum verheirateten Staatsangestellten Paul (gespielt von  Winfried Glatzeder) kämpft. Ihr Begehren nach Individualität macht sie geltend. Die Heldin Paula ist prall voll Leben, träumerisch, unbeirrt in ihren Ansprüchen - entgegen allen Warnungen. Die komisch-tragische Geschichte entspricht dem Lebensgefühl der Zuschauer und trifft mit ihrer poetisch-verfremdeten Inszenierung den Nerv der Zeit. Der Film wird zum größten Publikumserfolg der DEFA. In Heiner Carows Film BIS DASS DER TOD EUCH SCHEIDET (1978) knüpft die Schauspielerin an die Rolle der Paula an und gestaltet in einer Nebenrolle eine problematische Beziehung in der Gegenwart der DDR.

Immer wieder sind es auch Fernsehrollen, mit der die Schauspielerin auf sich aufmerksam macht. In DANIEL DRUSKAT (1976) spielt sie an der Seite ihres Ehemanns Hilmar Thate. Als FLEUR LAFONTAINE (1978) überzeugt sie. Nach dem Roman von Dinah Nelken wird über mehrere Jahrzehnte der Lebensweg einer Frau geschildert, die immer wieder tiefe seelische Konflikte ausstehen muss.

Angelica Domröse gehört zu den Unterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann im November 1976. Zunehmend wird sie in ihrer Arbeit behindert. 1979 gastiert sie am Thalia-Theater in Hamburg als Helena in der Inszenierung von „Faust II“. Seit den 1980er Jahren lebt und arbeitet die Schauspielerin in West-Berlin. Sie wird Ensemblemitglied des Schillertheaters. Bis zu deren Schließung ist sie dort als Schauspielerin aktiv, arbeitet auch an anderen Theatern. Sie erobert in Peter Zadeks Fallada-Bearbeitung „Jeder stirbt für sich allein“ sowie in der Titelpartie von Wedekinds „Lulu“ ein neues Publikum. Zudem spielt sie in Stuttgart und Wien. Nach der Schließung des Schiller-Theaters 1993 arbeitet sie verstärkt an anderen Bühnen. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Hilmar Thate steht sie 2001 an der Berliner Komödie am Kurfürstendamm in dem Theaterstück „Josef und Maria“ auf der Bühne. Beiden wird ungebremste Kraft und Spiellaune bescheinigt. Mittlerweile ist die Schauspielerin auch als Regisseurin tätig. 1992 debütiert sie mit Matthias Zschockes „Brut“ am Berliner bat-Theater. Sie inszeniert unter anderem in Meiningen und beim Kurt Weill-Fest in Dessau.

Trailer zu DIE LEGENDE VON PAUL UND PAULA (R: Heiner Carow, 1973)

Verstärkt arbeitet Angelica Domröse in der Bundesrepublik beim Fernsehen. Mehrfach arbeitet sie mit den Regisseuren Egon Günter und  Frank Beyer zusammen. Die Zuschauer sehen sie unter anderem in der TV-Serie KIR ROYAL von Helmut Dietl als erfolgreiche Plattenproduzentin Peggy Kaufmann. In den 1990er Jahre übernimmt sie die Rolle der Kommissarin Vera Bilewski in der Kriminalserie POLIZEIRUF 110. In HURENGLÜCK (1990) von Detlef Rönfeldt spielt sie eine ehemaligen Prostituierte, die 20 Jahre später von ihrem damaligen Zuhälter drangsaliert wird. Sie steht in DIE LETZTE ENTSCHEIDUNG (1994) neben Michael Degen vor der Kamera, agiert in dem Thriller KALTE KÜSSE (1997).

Anfang der 1990er Jahre spielt Angelica Domröse in DIE VERFEHLUNG (1991) nochmals in einem Heiner-Carow-Film. Sie gibt Elisabeth, eine alleinstehende Mutter und Putzfrau in einem Dorf in der DDR, die sich in einen Hafenarbeiter aus Hamburg verliebt. Dadurch kommt die Frau, die sich nie politisch engagiert hat, mit dem Staat in Konflikt. Die Rolle der Paula wird in dieser Tragödie fortgesetzt. Wieder spielt Angelica Domröse eine Persönlichkeit, die an ihrem Glück festhalten will. In eindringlicher Form schildert der Regisseur die Eingriffe des Staates in die Beziehungen der Menschen.

2003 veröffentlicht die Schauspielerin ihre Autobiografie unter dem Titel „Ich fang mich selbst ein - Mein Leben“. Zeitweise arbeitet Angelica Domröse auch als Dozentin, unter anderem an der Universität der Künste und der Ernst-Busch-Schule in Berlin. Zudem ist sie als Jurorin für den Alfred-Kerr-Darstellerpreis beschäftigt.

Angelica Domröse ist in erster Ehe mit dem tschechischen Schauspieler Jiri Vrstála verheiratet. Die Ehe scheitert. 1976 heiratet sie den Schauspieler  Hilmar Thate, mit dem sie bis zu seinem Tod zusammenlebt. Mehrfach sind beide in Filmen und Fernsehproduktionen zu sehen; stehen gemeinsam auf der Theaterbühne. Domröse lebt in Berlin.

Zusammengestellt von Ines Walk.

Filmstill zu "Bis dass der Tod euch scheidet"

Angelica Domröse in BIS DASS DER TOD EUCH SCHEIDET (R: Heiner Carow, 1978) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Unterm Birnbaum"

Angelica Domröse in UNTERM BIRNBAUM (R: Ralf Kirsten, 1973) Fotografen: Dieter Lück, Günter Sahr

Auszeichnungen

  • 1966: Schauspielerin des Jahres
  • 1969: DANIEL DRUSKAT - Kunstpreis der DDR im Kollektiv
  • 1971: DDR-Fernsehkünstler des Jahres
  • 1973: DDR-Fernsehkünstler des Jahres
  • 1975: DDR-Fernsehkünstler des Jahres
  • 1976: Nationalpreis II. Klasse
  • 1982: ZWEITE HAUT - TV-Festival Monte Carlo: Goldene Nymphe als Beste Darstellerin
  • 1986: Schauspielerin des Jahres
  • 1988: Josef Kainz-Medaille

Literatur

Eigene Texte:

  • Angelica Domröse: Ich fang mich selbst ein – Mein Leben, aufgeschrieben von Kerstin Decker, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2003.

Fremde Texte:

  • Michael Hanisch:  „Die Kamera liebt mich...“. Die Schauspielerin Angelica Domröse, in Film-Dienst, Nr. 7, 2006.
  • Martina Helmig: Vom Fluch der späten Geburt. Die Schauspielerin Angelica Domröse über ihre Regiearbeit für die Kammeroper Schloss Rheinsberg, in: Berliner Morgenpost, 30.07.2002.
  • Ralf Schenk:  Gewalt und Zärtlichkeit - Zwei deutsche Stars: Angelica Domröse und Hilmar Thate, in: film-dienst 08/2001.
  • Christoph Funke: Die Legende von Paula. Künstlerin der Unschuld - zum 60. Geburtstag der Schauspielerin Angelica Domröse, in: Der Tagesspiegel, 04.04.2001.
  • G. St.: Minna Courage - Herzschnauzenspielerin: Angelica Domröse wird sechzig, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.04.2001.
  • Martin Mund: Eine Maximalistin – Angelica Domröse zum 60. Geburtstag, in: Neues Deutschland, 04.04.2001.
  • KL: Spur der Emotion – Angelica Domröse wird 60 Jahre alt, in: Berliner Morgenpost, 04.04.2001.
  • Gisela Sonnenburg: Politprinz und Domröschen – Gregor Gysi trifft Angelica Domröse, in: Neues Deutschland, 10.11.2000.
  • Regina Köhler: Alles absolut – Zickig kann sie auch sein: Angelica Domröse als Callas, in: Berliner Morgenpost, 05.03.1999.
  • Sybille Fritsch: Alle Register des Frau-Seins – Die Mimin Angelica Domröse lässt sich nicht festlegen, in: Die Welt, 18.05.1996.
  • Christine Wahl: … als Stalin die Angelica – Das Schauspieler-Duo Dömröse & Thate, ein Ehepaar, in: Der Tagesspiegel, 23.04.1996.
  • Heiner Carow: Angelica Domröse, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera, Berlin Henschel Verlag 1995.
  • Lothar Sträter: Eine scheinbar überwundene Zeit der bürgerlichen Enge – Angelica Domröses Debüt als Regisseurin in Wien, in: Berliner Morgenpost, 21.08.1994.
  • Werner Schulze-Reimpell: Die Tote im Sandkasten. Angelica Domröse inszeniert eine inzestuöse Familientragödie, in: Frankfurter Rundschau, 23.11.1992.
  • Birgit Warnhold: Über die große Freude an kleinen Unterschied, in: Berliner Morgenpost, 23.02.1992.
  • Klaus Baschleben: Die Zeit ist aus den Fugen. Angelica Domröse inszenierte "Brut", in: Berliner Zeitung, 09.05.1992.
  • Gisela Karau: Ich habe einfach was andres mit mir vor. Mit Angelica Domröse im Gespräch, in: Berliner Zeitung, 15.02.1992.
  • Bernd Lubowski: Paulas Schicksal traf den Nerv der Siebziger. Angelica Domröse steht in West-Berlin vor neuen Aufgaben, in: Berliner Morgenpost, 08.04.1981.
  • Volker Baer: Voll Neugier und Optimismus. Angelica Domröse mit neuem Aufgabenbereich, in: Der Tagesspiegel, 21.09.1980.
  • Jost Nolte: Star von drüben, in: Zeitmagazin, 01.02.1980.
  • Barbara Braunda: Im Westen was Neues, in: Stern, 09.10.1980.
  • Matthias Matussek: "... da verstand ich die Notwendigkeit der Mauer!", in: Tip, Nr. 15/1980.
  • Christoph Funke, Dieter Kranz. Angelica Domröse, Henschel Verlag Berlin 1976.
  • Peter Pragal: Ein Star, der nicht die Diva spielt, in: Süddeutsche Zeitung, 16.04.1974.
  • Horst Vettan: Alle lieben Paula, in: Zeitmagazin, 29.03.1974.
  • Rosemarie Rehan: Die Domröse, in: Horst Knietzsch (Hrsg.): Prisma 5, Henschel Verlag Berlin 1974.
  • Jochen Kummer: Die Helena von Ostberlin, in: Stern, 23.08.1973.
  • Christoph Funke: Mühen und Erfolge einer Unruhigen, in: Film und Fernsehen, Nr. 04/1973.
  • Irene Böhme: Baut nicht auf Stimmung und Intuition: Angelica Domröse, in: Sonntag, 27.08.1972.
  • Rosemarie Rehahn: Zu Gast bei Angelica Domröse, in: Filmspiegel, Nr. 05/1969.
  • Dieter Kranz: Angelica Domröse, in: Renate Seydel (Hrsg.): Schauspieler von Theater, Film und Fernsehen, Henschel Verlag Berlin 1966.
  • Thies Engelmann: Interview mit Angelica Domröse, in: Filmwissenschaftliche Mitteilungen, Sonderheft anläßlich des 10jährigen Bestehens der Deutschen Hochschule für Filmkunst, 1964.
  • Helmut Lindemann: Wie ich wurde was ich bin, in: Filmspiegel, Nr. 17/1961.
  • Hans-Michael Bock: Angelica Domröse, in: cinegraph, Loseblattsammlung.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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