Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Günther Simon

Schauspieler

* 11. Mai 1925 in Berlin; † 25. Juni 1972 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Der schweigende Stern"

Günther Simon

in DER SCHWEIGENDE STERN (R: Kurt Maetzig, 1959) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Günther Simon wird noch heute mit den beiden Thälmann-Filmen von Kurt Maetzig in Verbindung gebracht, sie prägen weiterhin sein Image. Dabei hat der Schauspieler neben seinen vielen Rollen als positiver Arbeiterheld auch differenzierte Persönlichkeiten darstellen können, die ihn als ein kräftiges Talent auszeichnen. Regisseure wie  Konrad Wolf und Egon Günther bringen eine andere Seite von ihm zum Vorschein.

Günther Simon wird am 11. Mai 1925 in Berlin geboren. Sein Vater ist Bankkaufmann. Bereits während seiner Schulausbildung interessiert er sich für die Schauspielerei. Seine Eltern finanzieren ihm den privaten Unterricht an einer Schauspielschule. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges kommt er in ein Wehrertüchtigungslager, mit 17 Jahren meldet er sich 1943 freiwillig zum Wehrdienst. Er wird Fallschirmjäger und an der Westfront stationiert. Nach der amerikanischen Invasion wird er im Sommer 1944 gefangen genommen und in ein Lager in Colorado gebracht. Hier ist Günther Simon Mitglied einer Theatergruppe.

Nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft kehrt er 1947 in seine Heimatstadt zurück und entscheidet sich für den Beruf des Schauspielers. Zunächst nimmt er Unterricht bei Karl Meixner, bis er sein erstes Engagement erhält. Er spielt am Stadttheater Köthen, später am Stadttheater Schwerin unter seiner Lehrerin Lucie Höflich zahlreiche Nebenrollen, erarbeitet sich ein umfangreiches Repertoire in klassischen wie modernen Stücken. 1950 wechselt er ans Staatstheater Dresden und arbeitet dort unter dem Intendanten und späteren DEFA-Regisseur  Martin Hellberg. Er ist es auch, der Günther Simon zu seiner ersten Filmrolle verhilft. Später spielt der Darsteller für kurze Zeit auch an den Städtischen Bühnen Leipzig.

Filmstill zu "Das verurteilte Dorf"

DAS VERURTEILTE DORF (R: Martin Hellberg, 1951) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Jacke wie Hose"

JACKE WIE HOSE (R: Eduard Kubat, 1953) Fotografen: Gerhard Kowalewski, Heinz Wenzel

In DAS VERURTEILTE DORF (1951) spielt der junge Schauspieler die männliche Hauptrolle des aus russischer Gefangenschaft heimgekehrten Heinz Weimann. Nach einer wahren Begebenheit schildert der Film den Kampf westdeutscher Dorfbewohner und Bauern gegen den Bau eines amerikanischen Militärflugplatzes. Heinz Weimann führt die Bauern und Dörfler an. Bereits in diesem Film ist Günther Simon der positive Held und wird in der Presse euphorisch gefeiert, auch aufgrund seiner darstellerischen Leistungen und die seiner Filmpartnerin  Helga Göring.

Danach wird der Schauspieler in ANNA SUSANNA (1952) als kämpferischer Matrose Orje besetzt, der seinen Reeder wegen eines Versicherungsbetruges vor Gericht bringen will und spielt in JACKE WIE HOSE (1953) den Arbeiter Ernst Hollup, der sich anfangs gegen Frauenarbeit an der Stahlpresse sträubt.

Bekannt – national sowie international – wird der Schauspieler unter der Regie von Kurt Maetzig in der Rolle des Kommunisten Thälmann in den beiden Bio-Pics Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse (1954) und Ernst Thälmann - Führer seiner Klasse (1955). Einem großangelegten, aufwendigen Epos über den Führer der deutschen Kommunisten von den 1920er Jahren bis zu seiner Ermordung im Konzentrationslager Buchenwald 1944. Günther Simon wird mit der Filmfigur eins. Er spielt den Sohn und Führer seiner Klasse kämpferisch, über Zweifel erhaben, prägnant im Ausdruck, klar und eindeutig konstituiert. Er wird mehrfach für seine Darstellung ausgezeichnet. Beide Teile werden in der DDR ein triumphaler Erfolg, erst nach der Auseinandersetzung mit dem Personenkult wird die Eindimensionalität des Films und der Figur Thälmanns kritisiert. Bis heute prägt die Rolle das Image des Schauspielers Günther Simon, auch privat ist sie entscheidend für ihn. Nach zahlreichen Gesprächen mit dem Publikum und den dortigen Anreden als Genosse, tritt er der SED bei, wird später Mitglied der Parteileitung des DEFA-Studios.

Filmstill zu "Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse"

ERNST THÄLMANN - SOHN SEINER KLASSE (R: Kurt Maetzig, 1954) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Ernst Thälmann - Führer seiner Klasse"

ERNST THÄLMANN - FÜHRER SEINER KLASSE (R: Kurt Maetzig, 1955) Fotograf: Heinz Wenzel

Nach dem Erfolg der Thälmann-Filme hat es Günther schwer, sich der Festlegung auf den positiven Arbeiterhelden zu entziehen. Mehrfach wird er als Revolutionär besetzt, so ist Günther Simon der Matrose Erich Steigert in DAS LIED DER MATROSEN (1958) wieder unter der Regie von Kurt Maetzig. Eine weitere historische Persönlichkeit verkörpert er in EINER VON UNS (1959). Hier mimt er Richard Bertram, einen Sportler aus dem Berliner Arbeitermilieu, dessen Biographie sich stark an jene von Werner Seelenbinder anlehnt. In BROT UND ROSEN (1966) wird die Geschichte des Proletariers Georg Landau erzählt, der sich in der Produktion bewährt und nach anfänglichem Sträuben ein Studium aufnimmt, Meister und Genosse wird.

Auch in Kinderfilmen spielt Günther Simon die positive Identifikationsfigur, ist bei den jugendlichen Zuschauern in der DDR überaus beliebt. In DAS TRAUMSCHIFF (1956) verkörpert er Franz Müller, Kapitän eines Schleppers, der die Kinder seiner zukünftigen Frau erst von sich überzeugen muss. In TINKO (1956) gibt er einen aus der Gefangenschaft heimgekehrten Vater, der sich auf die gesellschaftlich richtige Seite stellt und auch seinen ihm fremd gewordenen Sohn davon überzeugen kann. In SHERIFF TEDDY (1957) agiert er als Lehrer Freitag.

Filmstill zu "Einer von uns"

EINER VON UNS (R: Helmut Spieß, 1959) Fotograf: Josef Borst

Filmstill zu "Tinko"

TINKO (R: Herbert Ballmann, 1956) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Zu den interessanten, differenziert dargestellten Figuren des Schauspielers gehören unter anderem der einarmige Obersteiger Franz Beier in SONNENSUCHER (1958) von Konrad Wolf, der aber erst nach seinem Tod in den Kinos zu sehen ist. Beier, ehemaliger Angehöriger der SS, arbeitet jetzt im Uran-Bergbau. In ihm spiegelt sich jüngste deutsche Geschichte, er will nicht an seine Vergangenheit denken, mit der Arbeit das Vergangene ungeschehen machen. Thematisiert wird unter anderem sein Konflikt mit der sowjetischen Betriebsleitung, der sich auch auf privater Ebene äußert. Alle Beteiligten - deutschen Kommunisten, Arbeiter, Frauen sowie sowjetische Offiziere - sind hier überaus menschlich dargestellt. Die Premiere von SONNENSUCHER (1958) wird zunächst hinausgezögert, dann Ende 1959 angekündigt und im letzten Moment doch aufgrund eines Einspruchs des sowjetischen Botschafters wieder abgesagt.

Mit dem Regisseur Egon Günter arbeitet er in LOTS WEIB (1965) zusammen. Hier spielt er einen autoritären Marine-Offizier Richard Lot. Seine Ehe mit der Lehrerin Katrin (gespielt von Marita Böhme) ist gescheitert, er will sie aber aus Image-Gründen nicht gehen lassen. Erst als sie in einem Kaufhaus stiehlt, und er um sein Ansehen fürchtet, willigt er in eine Scheidung ein. Der ernsthafte Film setzt sich problembewusst mit überkommenen Werten in der DDR auseinander.

Günther Simon nimmt gern auch Rollenangebote an, die nicht in das festgefügte Schema passen. Er will sich der Eindimensionalität seiner Charaktere erwehren, übernimmt auch immer wieder größere Nebenrollen. In dem Musikfilm MEINE FRAU MACHT MUSIK (1958) spielt er an der Seite von Lore Frisch einen autoritären Ehemann, der sich nur langsam von dem Gesangstalent seiner Frau überzeugen lässt. Der leichte Unterhaltungsfilm zählt zu den größten DEFA-Erfolgen des Jahrzehnts. In dem Science Fiction-Film DER SCHWEIGENDE STERN (1959) ist er einer der internationalen Kosmonauten, die auf der Venus eine gigantische Vernichtungsmaschinerie entdecken. Günther Simon zeigt sich auch als vorzüglicher Komiker in dem Kinderfilm ALFONS ZITTERBACKE (1965) und persifliert hier gekonnt die Vorbild-Rolle des Vaters.

Filmstill zu "Sonnensucher"

SONNENSUCHER (R: Konrad Wolf, 1958) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Lots Weib"

LOTS WEIB (R: Egon Günther, 1965) Fotograf: Horst Blümel

Seit den 1960er Jahren ist Günther Simon auch vermehrt in Fernsehen der DDR präsent. Nach dem Roman von Max von der Grün entsteht IRRLICHT UND FEUER (1966). Günther Simon spielt die Hauptrolle des Bergmanns Jürgen Fohrmann, der seine Arbeit in der Zeche verliert. Dadurch kommt es zu Schwierigkeiten in der Ehe. In Erinnerung bleibt seine Darstellung des Fred Krause in dem populären TV-Mehrteiler KRUPP UND KRAUSE (1969). Neben seiner Arbeit für Film und Fernsehen arbeitet der Schauspieler auch häufig als Synchronsprecher.

In seinem letzten Film wird Günther Simon vom Regisseur  Horst Seemann in Szene gesetzt. In REIFE KIRSCHEN (1972) taucht er hinter Helmut Kamp, einen Brigadier Mitte 40, dessen Frau nach zwei erwachsenen Töchtern nochmals ein Kind erwartet. Er muss sich entscheiden, ob er bei seiner Familie in Thüringen bleiben oder als Fundamentbauer beim Aufbau eines Kernkraftwerks an der Ostsee helfen will.

Günther Simon ist in erster Ehe mit einer Solotänzerin verheiratet, die er bei seinem Theaterengagement in Schwerin kennengelernt hat. Er ist Vater von vier Kindern, drei Söhnen und einer Tochter. Der Schauspieler stirbt am 25. Juni 1972 im Alter von nur 47 Jahren in Berlin.

Verfasst von Ines Walk.

Trailer zu DER SCHWEIGENDE STERN (R: Kurt Maetzig, 1959)

Literatur

  • Joachim Reichow: Günther Simon. In: Renate Seydel (Hrsg.): Schauspieler von Theater, Film und Fernsehen, Berlin Henschel Verlag 1966.
  • Heinz Hofmann: Günther Simon, Berlin Henschel Verlag 1969 (Künstler unserer Zeit).
  • A. W.: Günther Simon gestorben, in: Die Welt, 27.06.1972.
  • Konrad Wolf: Für Günther Simon (1925-1972), in: Horst Knietzsch (Hrsg.): Prisma 4, Berlin Henschel Verlag 1973.
  • Horst Knietzsch: Er war sein Leben lang der große Junge, der den Volkstribun spielte – Vor 20 Jahren starb der Schauspieler Günther Simon, in: Neues Deutschland, 25.06.1992.
  • Klaus Wischnewski: Günther Simon, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera, Berlin Henschel Verlag 1995.
  • o.A.: Thälmann-Rolle erst nach Zureden gespielt – Film-Erinnerung an Günther Simon, in: Märkische Allgemeine Zeitung, 24.06.1997.
  • Hans-Michael Bock: Günther Simon, in: cinegraph, Loseblattsammlung.

Auszeichnungen

  • 1954: THÄLMANN - SOHN SEINER KLASSE - Nationalpreis 1. Klasse im Kollektiv
  • 1956: DAS LIED VOM MENSCHEN - Heinrich Greif Preis II. Klasse für Synchronisation gemeinsam mit Wolfgang Krüger
  • 1966: THÄLMANN - FÜHRER SEINER KLASSE - Preis für beste männliche schauspielerische Leistung auf dem Internationalen Filmfest in Karlovy Vary
  • 1967: IRRLICHT UND FEUER - Kunstpreis des FDGB im Kollektiv
  • 1968: BROT UND ROSEN - Kunstpreis des FDGB im Kollektiv
  • 1969: KRUPP UND KRAUSE / KRAUSE UND KRUPP - Nationalpreis 1. Klasse im Kollektiv
  • 1971: KLK AN PTX - DIE ROTE KAPELLE - Kunstpreis des FDGB im Kollektiv

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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