Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Herbert Köfer

Schauspieler

* 17. Februar 1921 in Berlin; † 24. Juli 2021 ebenda

Biografie

Filmstill zu"Nelken in Aspik"

Herbert Köfer

in NELKEN IN ASPIK (R: Günter Reisch, 1976) Fotografen: Eberhard Daßdorf, Lothar Marten, Dieter Maurer, Rudolf Meister

Herbert Köfer ist ein Unterhaltungskünstler, der im ostdeutschen und späteren gesamtdeutschen Fernsehen überaus präsent ist. Häufig wird er der „ostdeutsche Harald Juhnke“ genannt. Das Fernsehen der DDR hat er mit aus der Taufe gehoben, ist dessen erster Nachrichtensprecher. Siebenmal ist er von den Zuschauern zum „Fernsehliebling“ gekürt worden. Allerdings wissen die wenigsten, dass der Schauspieler bei der DEFA in für ihn untypischen Rollen den Prototyp deutschen Untertanengeistes dargestellt hat.

Herbert Köfer wird am 17. Februar 1921 in Berlin, im Arbeiterviertel Prenzlauer Berg geboren. Er besucht anfangs die Sozialistische Gemeinschaftsschule in Berlin-Niederschönhausen, die Mittlere Reife schließt er an einer Privatschule ab. Seine Eltern besitzen einen Postkarten-Verlag, den er später übernehmen soll. Deshalb soll er zunächst eine kaufmännische Lehre absolvieren und Buchhalter werden. Nach seiner Schulausbildung beginnt er auf Wunsch seiner Eltern eine Kaufmannslehre, bricht diese aber nach sechs Monaten ab.

Er will als Schauspieler arbeiten, geht von 1937 bis 1940 an die Schauspielschule des Deutschen Theaters. 1940 spielt er in einer seiner ersten Rollen auf der Bühne den Kronprinzen Friedrich in dem Stück „Katte“ in Brieg, einem kleinen Ort in der schlesischen Provinz. Dann wird er zum Militärdienst eingezogen, wird mehrfach verwundet, als kriegsunfähig eingestuft und später in Gefangenschaft genommen. Im englischen Internierungslager spielt er in einer Theatergruppe. Nach dem Ende des Krieges erhält er das Angebot, am Theater Lübeck zu spielen. Aber er kehrt zu seinen Eltern zurück, die mittlerweile in Kleinmachnow, bei Potsdam leben.

Filmstill zu "Maibowle"

Gustav Müller und Herbert Köfer in MAIBOWLE (R: Günter Reisch, 1959) Fotografin: Karin Blasig

Filmstill zu "Hans Röckle und der Teufel"

Herbert Köfer in HANS RÖCKLE UND DER TEUFEL (R: Hans Kratzert, 1974) Fotografen: Uwe Fleischer, Dietram Kleist, Karl-Heinz Schröder

Bald steht er auf der Bühne des Neuen Berliner Künstlertheaters. Er spielt in Klassikern wie „Iphigenie“ von Johann Wolfgang Goethe und tritt als Wurm in „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller auf. Kurze Zeit später ruft Berlin. Herbert Köfer geht an die dortige Volksbühne. Hier beweist er in der Hauptrolle der Komödie „Der Zimmerherr“ von Gerhart Hermann Mostar sein Können. Er arbeitet unter anderem mit dem Regisseuren Wolfgang Langhoff und Victor de Kowa zusammen. Gleichzeitig entdeckt er die Leidenschaft für das Kabarett. Robert Trötsch holt ihn an die Kleine Bühne, den Vorläufer des erfolgreichen Kabaretts „Die Distel“. In acht Distel-Programmen wird er mitwirken. Als Robert Trötsch am Deutschen Theater inszeniert, nimmt er Herbert Köfer mit. Hier agiert er unter anderem als Richard in William Shakespeares „Egmont“.

Seit 1946 arbeitet der Schauspieler beim Hörfunk, leiht den ersten Hörspielen seine Stimme und spricht politisch-aktuelle Sendungen. 1952 hebt er das Fernsehen der DDR mit aus der Taufe. Er tritt am 21. Dezember 1952 als erster Nachrichtensprecher bei der AKTUELLEN KAMERA auf. 1953 moderiert er bereits eine Rätselsendung, bei der von drei Preisen nur einer vergeben werden kann, weil das Live-Quiz nur einen einzigen Zuschauer erreicht, der zugleich auch über ein Telefon verfügt. Zudem moderiert er Unterhaltungssendungen, unter anderem ab 1961 gemeinsam mit Heinz Quermann und Gustav Müller die Revue DA LACHT DER BÄR, später den KESSEL BUNTES. In den 1980er Jahren moderiert er DAS BLAUE FENSTER, eine Sendung, die TV-Erfolge aus früheren Tagen wieder präsentiert, und die Sendung TREFFPUNKT KINO, die neu angelaufene Kinofilme vorstellt. Bei den Zuschauern ist er überaus beliebt, gleich siebenmal wird er zum Fernsehliebling des Jahres gewählt.

Trailer zu EINER MUSS DIE LEICHE SEIN (R: Iris Gusner, 1977)

Parallel zu seiner Fernsehkarriere arbeitet Köfer für die DEFA. Hier sind es anfangs - aus heutiger Sicht - untypische Rollen, mit denen der Schauspieler auf sich aufmerksam macht. In  Frank Beyers Film NACKT UNTER WÖLFEN (1962) agiert er als SS-Mann Kluttig, der eiskalt und skrupellos zum bürokratischen Verwalter des Todes wird. In der TV-Verfilmung des Hans Fallada-Romans KLEINER MANN - WAS NUN? (1967) spielt er den Denunzianten Kessler. In dem Fernsehfilm WOLF UNTER WÖLFEN (1964) unter der Regie von Hans-Joachim Kasprizik gibt er den Gutsverwalter Studmann. Diese drei Figuren geraten dem Schauspieler zu scharf umrissenen Prototypen deutschen Untertanengeistes. Mit entlarvenden Porträts von Kleinbürgern, Spießern und Spießgesellen macht er auf sich aufmerksam. In KRUPP UND KRAUSE (1969) unter der Regie von  Horst E. Brandt und Heinz Thiel verkörpert Herbert Köfer einen typischen Mitläufer der Nationalsozialisten. Er zeigt die Entwicklung des Meisters Barbarino auf, der sich nach 1945 aus der Politik heraushalten will. All diese Rollen spielt der Schauspieler überaus exakt; in ihnen zeigt sich seine Fähigkeit, vielschichtig zu agieren.

Aber in der Folge entdeckt Herbert Köfer mehr und mehr seine komödiantischen Talente. An der Seite von  Rolf Herricht, mit dem er vielfach zusammenarbeitet, spielt er in dessen Erfolgsstreifen DER RESERVEHELD (1964). Auch in dem überaus populären Film DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) ist er als Herr Kotschmann zu sehen, der sich um die Künstlerfamilie sorgt. In DER BAULÖWE (1979) gibt er den Regisseur.

Die Haupttätigkeit des Künstlers findet jedoch im Fernsehen statt. Mit der TV-Serie RENTNER HABEN NIEMALS ZEIT (1978) macht sich der Schauspieler als Rentnergatte von Helga Göring besonders beliebt. Er gibt die Hauptfigur strebsam, übersorgfältig und etwas steif, ist ein typischer Kleinbürger mit Oberlippenbart und schütterndem Haar, kümmert sich um die Sorgen seiner Mitmenschen. In zahlreichen Fernsehschwänken ist er zu sehen. Wie viele seiner Kollegen agiert Herbert Köfer in der TV-Reihe POLIZEIRUF 110. Hier darf er auch böse, zwielichtige und durchtriebene Charakter verkörpern.

Filmstill zu "Nackt unter Wölfen"

Herbert Köfer und Erik S. Klein in NACKT UNTER WÖLFEN (R: Frank Beyer, 1962) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Der Reserveheld"

Herbert Köfer und Rolf Herricht in DER RESERVEHELD (R: Wolfgang Luderer, 1964) Fotograf: Horst Blümel

Nach dem Zusammenbruch der DDR im November 1989 hat der Schauspieler zunächst Schwierigkeiten, in seinem Beruf einen neuen Einstieg zu finden. Im Westen des Landes ist er so gut wie unbekannt. 1992 bekommt er vom Regisseur Rolf von Sydow eine Rolle in der ARD-Serie AUTO FRITZE angeboten. Danach folgen neue Angebote, er ist in Serien wie DER LANDARZT, LEINEN LOS FÜR MS KÖNIGSTEIN und VON FALL ZU FALL zu sehen. Köfer ist im gesamtdeutschen Fernsehen zunehmend präsent. Er moderiert TV-Sendungen, unter anderem für die Sendung WUNSCHFILM des ORB.

Auch am Theater ist Köfer zu sehen. Sein Debüt gibt er am Hansa Theater an der Seite von Brigitte Grothum in „Rosen-Emil“. Danach ist er unter anderem am Theater am Kurfürstendamm zu sehen, spielt Theodor Fontane und Erich Kästner, feiert mit „Pension Schöller“ Erfolge in Berlin, Hamburg und Dresden.

Herbert Köfer engagiert sich in der DDR politisch. Ab Juni 1946 ist er Mitglied der SED. An den Theatern, an denen er arbeitet, sowie beim Fernsehen der DDR ist er Mitglied der betrieblichen Gewerkschaftsleitung. 1981 wird der Künstler zum Berliner Stadtverordneten gewählt; er ist dort Mitglied der Ständigen Kommission Kultur.

Herbert Köfer ist dreimal verheiratet. Die zweite Ehe führt er mit Ute Boeden, gemeinsam ziehen sie die Tochter Geertje groß. Seine Tochter Mirijam Köfer arbeitet ebenfalls als Schauspielerin, unter anderem als Darstellerin in der RTL-TV-Serie GUTE ZEITEN, SCHLECHTE ZEITEN. Sein Sohn Andreas Köfer arbeitet als Kameramann. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Heike Knochee, mit der er seit 2000 verheiratet ist, lebt er am Zeuthener See. 1995 erscheint seine Autobiografie unter dem Titel „Das war's noch lange nicht“ im Ullstein-Verlag, 2020 folgt anlässlich des 99. Geburtstag „99 und noch kein bisschen leise“. Bis zu seinem Tod im Alter von 100 Jahren ist Herbert Köfer in Film, Fernsehen und Theater präsent.

Verfasst von Ines Walk.

Trailer zu HANS RÖCKLE UND DER TEUFEL (R: Hans Kratzert, 1974)

Auszeichnungen

  • 1964: NACKT UNTER WÖLFEN - Heinrich Greif-Preis I. Klasse im Kollektiv
  • 1969: KRUPP UND KRAUSE - Nationalpreis II. Klasse
  • o. A.: Vaterländischer Verdienstorden in Bronze
  • o. A.: Vaterländischer Verdienstorden in Gold
  • o. A.: Theodor Körner Preis

Literatur

Eigene Texte:

  • Herbert Köfer: Das war's noch lange nicht, Ullstein Verlag 1995.
  • Herbert Köfer: 99 und noch kein bisschen leise, Eulenspiegel Verlag, 2020.

Fremde Texte:

  • Peter Berger: Einer, den man gern zum Nachbarn hätte. Herbert Köfer – ein vielseitiger Volksschauspieler, in: Neues Deutschland, 18.02.1981.
  • Ursula Mewes: Dem heiteren Genre mehr Idee, neue und auffällige Farben – Im Gespräch mit dem Schauspieler Herbert Köfer, in: Neues Deutschland, 19.03.1984.
  • Peter Berger: Heiterkeit, die im Alltag zu Hause ist. Heute begeht der Volksschauspieler Herbert Köfer seinen 65. Geburtstag, in: Neues Deutschland, 17.02.1986.
  • Katrin Thamm, Oliver de Weert: Traumhaus am Zeuthener See. Schauspieler Herbert Köfer und seine "Großfamilie", in: Berliner Morgenpost, 08.10.1995.
  • Peter Hoff: Rentner – aber immer noch "voll da". Herbert Köfer wird heute 75 Jahre alt, in: Neues Deutschland, 17.02.1996.
  • Ralf Schenk: Selbst Juhnke musste über ihn lachen. An diesem Sonnabend wird der Berliner Volksschauspieler Herbert Köfer 75 Jahre alt, in: Berliner Zeitung, 17.02.1996.
  • Angelika Mihan: Dem Ernst mehr Heiterkeit. MAZ und ORB laden zu einem Tag mit Herbert Köfer ein, in: Märkische Allgemeine Zeitung, 17.02.1996.
  • Wolfram Schroeder: Der Unruhezustand ist sein Lebensexlixier. Herbert Köfer war in der DDR ein Fernsehstar, in: Berliner Morgenpost, 12.12.1998.
  • Bernd Philipp: 100 Prozent Einschaltquote. Herbert Köfer wird heute 80 – Er hat jede Menge Pläne und einen Wunsch, in: Berliner Morgenpost, 17.02.2001.
  • Jochen-Martin Gutsch: Der Unterhalter. Nicht immer spielte er den Komödianten, doch als der ist er bekannt: Am Sonnabend wird Herbert Köfer 80 Jahre alt, in: Berliner Zeitung, 17.02.2001.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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