Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Peter Sodann

Regisseur, Schauspieler

* 1. Juni 1936 in Meißen

Biografie

Filmstill zu "Der Hut des Brigadiers"

Peter Sodann

in DER HUT DES BRIGADIERS (R: Horst E. Brandt, 1985) Fotograf: Jörg Erkens

Peter Sodann hat sich als Schauspieler einen Namen gemacht, aber als Theaterleiter und Intendant ist er über die Grenzen von Halle, wo unter seiner Leitung mehr als 20 Jahre an der Kulturinsel gebaut wird, bekannt geworden. Aus dem Nichts hat er ein renommiertes Theater geschaffen. Hier verfolgt er seine Idee vom „intelligenten Volkstheaters“, dass jeder verstehen soll. Politisch greift der Künstler immer ein. Journalisten nennen ihn die „Stimme des Ostens“; er selbst versteht sich als „betender Kommunist“.

Peter Sodann wird am 1. Juni 1936 in Meißen geboren. Er wächst in Weinböhla bei Dresden auf. Sein Vater ist Stanzer, der als Soldat im zweiten Weltkrieg an der Front stirbt. Seine Mutter ist Landarbeiterin. Nach seiner Schulausbildung, die er in Weinböhla absolviert, beginnt er eine Lehre als Werkzeugmacher. 1954 wird er von seinem Betrieb an die Arbeiter und Bauernfakultät in Dresden delegiert. In drei Jahren holt er sein Abitur nach. Obwohl sein Interesse für die Schauspielerei bereits vorhanden ist, beginnt er 1957 zunächst an der Karl-Marx-Universität in Leipzig Jura zu studieren. Nach vier Semestern wechselt er 1959 an die Theaterhochschule Leipzig, Fachbereich Schauspiel.

Während seiner Studienzeit wird er Mitglied des Studentenkabaretts „Rat der Spötter“, einer Theatergruppe, die Studenten der Fakultät für Journalistik gegründet haben und die mit politischem Witz verändert wirken wollen. Die Gruppe nutzt in Leipzig ein altes Kellertheater, Peter Sodann wird Leiter des Kabaretts. Ein Mitglied, der als Inoffizieller Mitarbeiter für die Staatssicherheit tätig ist, verrät 1961 die Aktivitäten der Theaterleute. Mit ihrem Programm „Wo der Hund begraben liegt“ werden sie als „konterrevolutionär“ und „staatsfeindlich“ eingestuft; das Kabarett aufgelöst. Peter Sodann und sechs weitere Personen werden verhaftet. Er wird vom Schauspielstudium relegiert und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem wird Peter Sodann, der 1959 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) geworden ist, aus der Partei ausgeschlossen. Das Strafmaß wird nach neun Monaten Haft in vier Jahre Bewährung umgewandelt und 1962 wird der Schauspieler aus der Haft in Bautzen II („Stasi-Knast“) entlassen.

Filmstill zu "Erscheinen Pflicht"

ERSCHEINEN PFLICHT (R: Helmut Dziuba, 1983) Fotografin: Christa Köfer

Filmstill zu "Gritta von Rattenzuhausbeiuns"

GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS (R: Jürgen Brauer, 1984) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Nach dem Gefängnis sucht er Arbeit als Werkzeugmacher. Er beginnt eine Lehre als Spitzendreher im VEB Starkstromanlagenbau in Leipzig. Zudem bemüht er sich um eine Wiederzulassung zum Studium. Nachdem verantwortliche Stellen dem zustimmen, wird er 1963 nochmals an der Theaterhochschule in Leipzig immatrikuliert. Erste Bühnenerfahrung sammelt Peter Sodann am Berliner Ensemble, wo er 1964 ein Theaterengagement erhält. Unter der Regie von Helene Weigel spielt er unter anderem in „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ den Dullfeet. Hier führt er auch erstmals Regie bei dem Nachtprogramm „Also wissen se, nee“.

1966 wechselt der Schauspieler an die Städtischen Bühnen Erfurt. Hier ist er in Stücken von William Shakespeare und Johann Wolfgang von Goethe zu sehen. 1971 zieht er nach Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) und arbeitet dort am Städtischen Theater. Friedrich Schiller und wieder William Shakespeare stehen hier auf dem Programm. An der Spielstätte macht er sich als Regisseur einen Namen, inszeniert unter anderem „Van Gogh“ von Alfred Matusche. Auf Einladung inszeniert er das Stück am Moskauer Jermolowa-Theater nochmals. 1975 wird Peter Sodann Schauspieldirektor an den Bühnen der Stadt Magdeburg, legt Regiearbeiten wie „Einzug ins Schloss“ von Rolf Schneider, „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing, „Liliom“ von Ferenc Molnár. Er gastiert in Moskau.

Seit März 1980 ist Peter Sodann Schauspieldirektor in Halle am dortigen Landestheater. Da das Schauspiel-Ensemble im alten Mehrsparten-Haus nicht ausgelastet ist, beschließt er ein neues Theater zu bauen. 1981 wird ein alter Kinosaal umgebaut und das „neue theater halle“ begründet. Er verfolgt die Idee eines „intelligenten Volkstheaters“. Heute ist die Kulturinsel einmalig, zu ihr gehören fünf Theater, eine Galerie, eine Bibliothek mit der zwischen 1945 und 1989 in der DDR erschienen Literatur, ein Literatur-Café und eine Theaterkneipe. Bis 2004 leitet Peter Sodann als Intendant die Kulturinsel.

Filmstill zu "Der Doppelgänger"

DER DOPPELGÄNGER (R: Werner Wolfgang Wallroth, 1985) Fotografin: Christa Köfer

Filmstill zu "Froschkönig"

FROSCHKÖNIG (R: Walter Beck, 1987) Fotograf: Dieter Jaeger

Ende der 1970er Jahre werden auch die DEFA und das Fernsehen der DDR auf den Künstler aufmerksam. Nach zwei kleineren Auftritten übernimmt er die Rolle des Mathematik- und Russisch-Lehrers Boltenhagen in ERSCHEINEN PFLICHT (1983) unter der Regie von  Helmut Dziuba. Er wird mit seinen Schülern zu einer Friedendemonstration nach Berlin beordert, die Fahrt verläuft nicht ganz wie geplant. Für seine Darstellung wird Peter Sodann als Bester Nebendarsteller auf dem Nationalen Filmfestival ausgezeichnet. Aber der Film, der sich kritisch mit der Vätergeneration auseinandersetzt und Jugendliche auf der Suche nach einem eigenen Weg zeigt, hat es schwer. Verantwortliche Stellen blockieren seinen Einsatz im Kino, Kritiker erhalten den Auftrag, ihn schlecht zu besprechen.

In den Märchenfilmen GRITTA VON RATTENZUHAUSBEIUNS (1984) von  Jürgen Brauer und FROSCHKÖNIG (1987) von  Walter Beck spielt er jeweils den König. Weiter Auftritte hat der Darsteller unter anderem in dem Unterhaltungsstreifen DER DOPPELGÄNGER (1985), inszeniert von  Werner W. Wallroth, und mit einer Rolle in DER HUT DES BRIGADIERS (1985) von  Horst E. Brandt. Er ist dem  Lothar Warneke Film BLONDER TANGO (1985) und DER TANGOSPIELER (1990) von  Roland Gräf zu sehen. Hier verkörpert er die Rolle dessen, der den Historiker und Gelegenheitspianisten Dallow an die Stasi verrät. Nochmals arbeitet Peter Sodann mit Helmut Dziuba in JANA UND JAN (1992) zusammen. An einem der letzten DEFA-Filme FARSSMANN ODER ZU FUSS IN DIE SACKGASSE (1990/91) von  Roland Oehme ist er ebenfalls beteiligt.

Auch im Fernsehen ist der Darsteller präsent. In der neuen TV-Verfilmung ERNST THÄLMANN (1986) übernimmt er die Rolle des John Scheer. Wie viele seiner Kollegen ist auch er in einer Folge von DER STAATSANWALT HAT DAS WORT zu sehen, aber durch seine intensive Theaterarbeit bleiben die Film- und Fernsehauftritte begrenzt. In dem TV-Film SANSIBAR ODER DER LETZTE GRUND (1987), den Bernhard Wicki mit Unterstützung der DEFA für das Fernsehen der DDR und den Westdeutschen Rundfunk inszeniert, übernimmt er die Rolle des Pastors, der die Barlach-Figur vor dem Zugriff der Nationalsozialisten rettet.

Filmstill zu "Der Hut des Brigadiers"

DER HUT DES BRIGADIERS (R: Horst E. Brandt, 1985) Fotograf: Jörg Erkens

Filmstill zu "Verbotene Liebe"

Peter Sodann mit Julia Brendler und Heide Kipp in VERBOTENE LIEBE (R: Helmut Dziuba, 1989) Fotograf: Herbert Kroiss

Nach dem Zusammenbruch der DDR gelingt dem Schauspieler der Sprung ins gesamtdeutsche Fernsehen. Seit 1991 ist er einer der erfolgreichsten Tatort-Kommissare, spielt den Kommissar Bruno Ehrlicher für den Mitteldeutschen Rundfunk. In dem Zweiteiler NICOLAIKIRCHE (1995) von Frank Beyer spielt er einen General des Ministeriums für Staatsicherheit in Leipzig, der vor den Kerzen und Gebeten Tausender Menschen kapitulieren muss. Außerdem wirkt er in Vorabendserien der ARD mit, spielt in TANJA, STERN DES SÜDENS und LEINEN LOS FÜR MS KÖNIGSTEIN. Er übernimmt die Rolle des Erich Mielke in der ZDF-Produktion DEUTSCHLANDSPIEL (2000). Ein Jahr später wirkt er in den ZDF-Produktionen LIEBESAU - DIE ANDERE HEIMAT (2001) und HERZSTOLPERN (2001) mit.

Peter Sodann ist zweimal verheiratet. Aus erster Ehe ist er Vater von vier Kindern: Tina, Susanne, Franz und Karl. Sein Sohn Franz Sodann arbeitet mittlerweile auch als Schauspieler.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: Mai 2006)

Filmstill zu "Jan auf der Zille"

JAN AUF DER ZILLE (R: Helmut Dziuba, 1985) Fotografen: Wolfgang Kroffke, Siegfried Skoluda

Filmstill zu "Zwei schräge Vögel"

Peter Sodann und Jaecki Schwarz in ZWEI SCHRÄGE VÖGEL (R: Erwin Stranka, 1989) Fotograf: Siegfried Skoluda

Auszeichnungen

  • 1984: ERSCHEINEN PFLICHT - 4. Nationales Spielfilmfestival der DDR: Bester Nebendarsteller
  • 1996: Ehrenkommissar der Sächsischen Polizei
  • 1999: Preis des Verbandes der deutschen Kritiker für seine Kulturinsel in Halle
  • 1999: Ehrenkommissar der Polizeigewerkschaft Sachsens
  • 2001: Ehrenkommissar der Polizeidirektion Halle
  • 2001: Bundesverdienstkreuz I. Klasse
  • 2005: Ehrenbürger der Stadt Halle, an der Saale

Literatur

  • o. A.: Intendant mit Schaufel, in: Der Spiegel 43/1994.
  • Rainer Kasselt: Keine trübe Ost-Tasse [Porträt zum 60. Geburtstag], in: Sächsische Zeitung, 01./02.06.1996.
  • Ernst Röhl: Rat der Spötter. Das Kabarett des Peter Sodann, Kiepenheuer 2002.
  • Peter Sodann: Mai-Reden und andere Provokationen. Ein Theatermann mischt sich ein, Hohenheim Verlag 2003.
  • Jörg Hunke, Axel Vornbäumen: Ich bin noch immer Sozialist [Interview], in: Frankfurter Rundschau, 07.06.2003.
  • Christa Geissler und Monika Held: Generation Plus - von der Lüge, dass Altwerden Spaß macht [Interview], Verlag Schwarzkopf und Schwarzkopf Berlin 2003.
  • Constanze Pollatschek: Anfänger mit 20 Jahren Erfahrung - Peter Sodann, in: Filmspiegel 11/1984, Seite 6 - 7.
  • Reinhard Wengierek: Mit allen im Clinch - Abschied einer Ära in Halle: Theaterchef und Kulturmanager Peter Sodann hört auf, in: Die Welt, 04.07.2005.
  • Peter Jacobs: Die Kanone gehört nicht zu meiner Rolle: Der Kriminalkommissar Bruno Ehrlicher alias Peter Sodann über sein bizarres Leben als politischer Künstler und den Abschied vom Theater [Interview], in: Berliner Zeitung, 25.06.2005.
  • Jana Simon: Rolle rückwärts. Peter Sodann alias Kommissar Ehrlicher war ganz kurz Spitzenkandidat der PDS in Sachsen. Warum er schon nach zwei Tagen merkte, dass er da "irgendwie nicht reingehört", in: Die Zeit, 21.07.2005.
  • Dieter Reimer: Peter Sodann, in: Dieter Reimer: DEFA-Stars - Legenden aus Babelsberg, Militzke Verlag, Leipzig 2004, Seite 220 - 230.
  • Arnfrid Schenk: "Steppke zieht in die Welt" [Zum Aufbau der Bibliothek in Halle], in: Die Zeit, 25.03.2004.

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

menu arrow-external arrow-internal camera tv print arrow-down arrow-left arrow-right arrow-top arrow-link sound display date facebook facebook-full range framing download filmrole cleaning Person retouching scan search audio cancel youtube instagram