Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Rolf Römer

Schauspieler

* 20. September 1935 in Königswinter; † 15. März 2000 in Berlin

Biografie

Rolf Römer

in CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotografin: Waltraut Patenheimer

Der Schauspieler Rolf Römer bleibt vielen als gerechter Wildtöter in CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (1967) in Erinnerung. Der Darsteller arbeitet aber auch als Regisseur und Drehbuchautor, leiht seine Stimme zahlreichen Trickfilmfiguren. Sein wichtigster Film liegt für 24 Jahre im Tresor. Für den verbotenen Film JAHRGANG 45 (1966) von Jürgen Böttcher ist Rolf Römer die Idealbesetzung. In seiner zerbrechlichen Jugendlichkeit wirkt er unsicher und verträumt und bringt Mitte der 1960er Jahre jugendlichen Zweifel zum Ausdruck.

Rolf Römer wird am 20. September 1935 in Köthen geboren. Nach seiner Schulausbildung lernt er den Beruf des Baufacharbeiters, wird zur Nationalen Volksarmee eingezogen. Danach studiert er Schauspiel an der Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. Bereits während seines Studiums debütiert er vor der Kamera. In kleineren Rollen ist er in der filmischen Nachzeichnung der Novemberrevolution DAS LIED DER MATROSEN (1958) unter der Regie von  Kurt Maetzig und in dem Jugendfilm CLAUDIA (1959) von Walter Beck zu sehen. 1960 schließt er mit dem Diplom ab. Danach arbeitet der junge Schauspieler auf der Theaterbühne, unter anderem in Senftenberg unter dem Oberspielleiter Horst Schönemann und der Regie von Klaus Gendries.

Neben seiner Theaterarbeit ist er in zahlreichen DEFA-Filmen zu sehen, anfangs immer in kleinen Nebenrollen: in  Richard Groschopps DIE LIEBE UND DER CO-PILOT (1960), Walter Becks DREI KAPITEL GLÜCK (1961), Otto Schneidereits EINE HANDVOLL NOTEN (1961), Herbert Ballmanns EIN SOMMERTAG MACHT KEINE LIEBE (1961) und  Ralf Kirstens AUF DER SONNENSEITE (1961). Zeitgleich startet Rolf Römer auch seine Karriere beim Fernsehen der DDR. In dem Kammerspiel DIE GLEICHE STRECKE (1961) unter der Regie von Robert Trösch und Percy Dreger spielt er den jungen Felix.

Filmstill zu "Jahrgang 45"

Monika Hildebrand und Rolf Römer in JAHRGANG 45 (R: Jürgen Böttcher, 1966 - 1990) Fotograf: Roland Gräf

Filmstill zu "Jahrgang 45"

JAHRGANG 45 (R: Jürgen Böttcher, 1966 - 1990) Fotograf: Roland Gräf

Erste größere Aufmerksamkeit erringt der junge Schauspieler mit seiner Rolle des Johle in DIE GLATZKOPFBANDE (1962) von Richard Groschopp. Rolf Römer spielt ein Mitglied der Jugendbande, die einen Zeltplatz an der Ostsee terrorisieren. Der Film ist nach authentischen Ereignissen gestaltet, thematisiert Jugendkriminalität, eskalierende Gruppendynamik und Westeinflüsse. DIE GLATZKOPFBANDE löst wegen der überproportionalen Brutalität der Jugendlichen scharfe Pro- und Kontra-Debatten aus, ist heute ein zeitgeschichtliches Dokument von Wert. Bald wird der Film, trotz seines Erfolges beim Publikum, aus dem Programm der Kinos genommen.

1965 wird ein entscheidendes Jahr für Rolf Römer. Zwei seiner Filme, an denen er als Schauspieler beteiligt ist, gelangen nach dem Kahlschlag des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED nicht zur Aufführung. In der fantastischen Komödie WENN DU GROSS BIST, LIEBER ADAM (1965/66) von  Egon Günther, in der die spießige Unredlichkeit von Funktionären angeprangert wird, spielt er die Rolle des Erasmus.

Nachhaltiger wirkt sich das Verbot des Films JAHRGANG 45 (1965) von Jürgen Böttcher aus. Hier spielt Rolf Römer die wichtigste Rolle seiner Karriere. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Berliner Paares vom Prenzlauer Berg. Rolf Römer verschwindet hinter den 20-jährigen Berliner Autoschlosser Al, der sich von seiner Freundin Li - gespielt von Monika Hildebrand - trennen will, weil er glaubt, in der Ehe seine Freiheit zu verlieren. Rolf Römer bringt die Sehnsucht und das unklare Unbehagen der Figur hervorragend zur Geltung. Er wirkt verträumt, zerbrechlich, seine jugendliche und unsichere Verweigerungshaltung wirkt nicht aufgesetzt. Mit seiner Gestik und Mimik unterstützt der Darsteller den aus zahlreichen Impressionen bestehenden Film. Der Regisseur schildert präzise im dokumentarischen Stil den Alltag der beiden. Gedreht wird an Berliner Originalschauplätzen, zu sehen ist die leere und lustlose Wirklichkeit in den Berliner Hinterhöfen.

Filmstill zu "Die Glatzkopfbande"

Rolf Römer und Thomas Weisberger in DIE GLATZKOPFBANDE (R: Richard Groschopp, 1962) Fotograf: Alexander Schittko

Filmstill zu "Wenn du groß bist, lieber Adam"

Daisy Granados und Rolf Römer in WENN DU GROSS BIST, LIEBER ADAM (R: Egon Günther, 1965/1966 - 1990) Fotograf: Kurt Schütt

Die Arbeit am Film wird in der Rohschnittphase unterbrochen, als er in Folge des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED von den Verantwortlichen als „nihilistisch und skeptizistisch“ eingeschätzt wird. 24 Jahre liegt der Film im Tresor. Erst 1990 wird eine Arbeitsfassung in der Akademie der Künste gezeigt, später wird der Film rekonstruiert und synchronisiert.

Seit Mitte der 1960er Jahre ist Rolf Römer in den erfolgreichen Indianerfilmen der DEFA präsent. Neben dem Star  Gojko Mitic wird er zum Sympathieträger, der leise und unaufgeregt als Tobias in DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (1965) den Indianern gegen Ungerechtigkeiten zur Seite steht. In CHINGACHGOOK, DIE GROSSE SCHLANGE (1967) spielt er die ähnlich angelegte Rolle des Wildtöters. Das populäre Genre interessiert den Schauspieler, er engagiert sich weiter. Für TÖDLICHER IRRTUM (1969) schreibt er gemeinsam mit Günter Karl das Drehbuch. In TECUMSEH (1972) ist er wieder als Darsteller in der Rolle des Simon dabei und arbeitet zudem am Szenarium mit.

 Filmstill zu "Chingachgook - die große Schlange"

Rolf Römer und Lilo Grahn in CHINGACHGOOK - DIE GROSSE SCHLANGE (R: Richard Groschopp, 1967) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Tecumseh"

TECUMSEH (R: Hans Kratzert, 1972) Fotografen: Eckhardt Hartkopf, Joachim Zillmer

Der Schauspieler versucht sich ab den 1970er Jahren auch mehrfach als Regisseur. Sein erster Film, für den er auch das Drehbuch schreibt, wird HE, DU! (1969). Der Liebesfilm erzählt von der 28jährigen emanzipierten Lehrerin Ellen Volkmann, die sich in den Baubrigadier Frank verliebt. Nach einigen Wirrungen finden beide zueinander, bilden ein ebenbürtiges Paar. Sein zweiter Film wird ein Publikumserfolg. Die überaus erotisch inszenierte Emanzipationskomödie HOSTESS (1975) wird der erfolgreichste Film des Jahres und lockt fast eine Millionen Zuschauer in die Kinos. Jette und Johannes sind seit zwei Jahren zusammen. Als er ohne besondere romantische Idee vorschlägt zu heiraten, bedenkt Jette ihre Beziehung. Sie schaut sich im Bekanntenkreis um und kehrt schließlich wieder zu ihrem Freund zurück. Der Film ist mit leichter Hand inszeniert.

Außerdem hat Rolf Römer kleine Auftritte in anspruchsvollen DEFA-Filmen. An der Seite von Günter Simon und Marita Böhme agiert er in LOTS WEIB (1965) von  Egon Günther. Nochmals arbeitet er mit dem Regisseur in ABSCHIED (1968) zusammen. In der Komödie NICHTS ALS SÜNDE (1965) nach William Shakespeare ist er ebenso beteiligt wie an dem Liebesfilm HUT AB, WENN MAN KÜSST (1971). Wegen seiner kritischen Haltung zur Wolf Biermann-Ausbürgerung ist der Künstler ab 1977 in der Öffentlichkeit nicht mehr so präsent. Obwohl er als beliebter Darsteller gilt, erhält er fast keine Rollenangebote mehr. Er tritt mit Chanson-Programmen und literarisch-musikalischen Abenden auf, tourt durch das Land.

Filmstill zu "Hostess"

Annekathrin Bürger und Rolf Römer in HOSTESS (R: Rolf Römer, 1975) Fotograf: Dieter Jaeger

Filmstill zu "Hostess"

Rolf Römer bei den Dreharbeiten zu HOSTESS (R: Rolf Römer, 1975) Fotograf: Dieter Jaeger

Das DEFA-Trickfilmstudio in Dresden engagiert ihn mehrfach als Sprecher für Trick- und Puppentrickfilme. Einige Male ist er im Fernsehen der DDR zu sehen, spielt in Episoden der Serie POLIZEIRUF 110 mit. 1978 schreibt er für die Folge „Schuldig“ das Drehbuch, führt Regie und agiert zudem als Darsteller. Bebildert wird die Geschichte eines Arbeiters, der an der Gleichgültigkeit seiner Mitmenschen scheitert. Der Film wird zwar gesendet, wird aber wegen seiner Kritik am sozialistischen Menschenbild kritisiert. Der Künstler kann keine eigenen Filme mehr realisieren.

Nach dem Zusammenbruch der DDR tritt Rolf Römer gelegentlich in Fernsehen auf. Unter anderem ist er innerhalb der TATORT-Reihe in der Episode „Auf dem Kriegspfad“ (1999) zu sehen. Hier gibt er den Kunstprofessor Wolf Schmiedel, der zugleich Häuptling der Freizeitindianern ist. Sein eigentliches Betätigungsfeld sieht der Künstler im Engagement für Waisenkinder aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. 1993 entsteht darüber unter seiner Regie der Dokumentarfilm KINDER VOM DON (1993).

Rolf Römer ist mit der Schauspielerin  Annekathrin Bürger verheiratet. Mehrfach stehen sie gemeinsam vor der Kamera, er inszeniert sie in seinen Filmen. Die Familie lebt in Berlin. Am 15. März 2000 stirbt der Künstler im Alter von 64 Jahren bei einem Brandunfall.

Verfasst von Ines Walk.

Trailer zu HUT AB, WENN DU KÜSST! (R: Rolf Losansky, 1971)

Literatur

  • Herwig Kipping: Rolf Römer, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera, Berlin Henschel Verlag 1995.
  • G. Skulski: Maurer und Regisseur, in: Berliner Morgenpsot, 26.03.1995.
  • Horst Knietzsch: Die Jahre in der DDR – keine verlorene Zeit: Der Schauspieler, Autor und Regisseur Rolf Römer wird 60, in: Neues Deutschland, 20.09.1995.
  • Anne Przybyla: Indianer im Holzschuppen: Rolf Römer und Annekathrin Bürger zu Gast bei DEFA-Jubiläumssendung, in: Märkische Allgemeine Zeitung, 13.05.1996.
  • Ralf Schenk: Rolf Römer, in: film-dienst 09/2000.
  • Horst Knietzsch: Aufrecht und engagiert gelebt: Der Schauspieler, Autor und Regisseur Rolf Römer ist gestorben, in: Neues Deutschland, 17.03.2000.
  • chs: Auf dem Kriegspfad der Tugend, in: Der Tagesspiegel, 17.03.2000.
  • o.A.: Schauspieler Rolf Römer gestorben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2000.
  • o.A.: Sohn des Bären – Schauspieler Rolf Römer gestorben, in: Süddeutsche Zeitung, 17.03.2000.
  • Ralf Junghänel: An den Schreibtisch emigriert: Der Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Rolf Römer ist 64-jährig in Berlin verstorben, in: Berliner Zeitung, 17.03.2000.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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