Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Willy A. Kleinau

Schauspieler

* 12. November 1907 in Mühlhausen; † 18. Oktober 1957 bei Merseburg

Biografie

Filmstill zu "Die Schönste"

Willy A. Kleinau

in DIE SCHÖNSTE (R: Ernesto Remani, 1957-1959) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Der Schauspieler Willy A. Kleinau besitzt eine immense Leinwandpräsenz. Mit seinem schwergewichtigen Körper füllt er das Filmbild stets aus und gilt als barocker Darsteller in der Nachfolge von Eugen Klöpfer, Emil Jannings oder Heinrich George. Wie sie kann er in tragisch-dramatischen wie komödiantischen Rollen überzeugen, wie sie ist er ein Meister des Ambivalenten: Ernsthaftigkeit steht neben bodenständigem Witz, trotz seiner körperlichen Gewichtigkeit besitzt er eine lebendige Leichtigkeit, die jederzeit ins gefährlich Dämonische wechseln kann.

Willy A. Kleinau wird am 12. November 1907 in Mühlhausen, Elsass (heute Mulhouse, Frankreich) als Willy Adolf Kleinau geboren. Sein Vater ist Beamter. Nach seiner Schulausbildung, die er in einem Gymnasium absolviert, möchte er Theaterwissenschaften studieren. Aber dann entscheidet er sich um und lässt sich bei Louise Dumont, der Direktorin der Schauspielschule in Düsseldorf, ausbilden. Am dortigen Stadttheater übernimmt er auch erste Rollen, arbeitet zudem als Dramaturg und Regisseur. Mit 24 Jahren beginnt er, sich an anderen Bühnen umzusehen. Er spielt zunächst 1932 am Meininger Theater, spätere Engagements führen ihn nach Villingen, Bad Godesberg, München, Konstanz, Potsdam, Wuppertal und Göttingen.

Filmstill zu "Die blauen Schwerter"

Hans Quest und Willy A. Kleinau in DIE BLAUEN SCHWERTER (R: Wolfgang Schleif, 1949) Fotograf: Erich Kilian

Filmstill zu "Das Beil von Wandsbek"

Willy A. Kleinau und Erwin Geschonneck in DAS BEIL VON WANDSBEK (R: Falk Harnack, 1950) Fotograf: Erich Kilian

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gründet er in Bremen ein Theater, er lässt „Gyges und sein Ring“ nach Friedrich Hebbel und „Stella“ nach Johann Wolfgang Goethe inszenieren. 1949 steht er in Hamburg auf der Bühne, gibt den Puntila in „Puntila und sein Knecht Matti“. Hier sieht ihn  Bertolt Brecht, der den Schauspieler 1949 nach Berlin lockt. Willy A. Kleinau spielt am Berliner Ensemble, nach einem Zerwürfnis mit Bertolt Brecht wechselt er ans Deutsche Theater, spielt auch an der Volksbühne. Am Deutschen Theater erhält der Schauspieler die wichtigen Rollen der Theatergeschichte. Er gibt den Stadthauptmann in „Der Revisor“ von Nikolai Wassiljewitsch Gogol, spielt den Miller in „Kabale und Liebe“ nach Friedrich Schiller und überzeugt als alter Clausen in Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenuntergang“ sowie als Faust in der Inszenierung von  Wolfgang Langhoff. Auch in den Inszenierungen des „Götz von Berlichingen“ und „Othello“ spielt er jeweils die Titelrollen.

Mit seiner Ankunft in Berlin ist der Schauspieler sofort interessant für die DEFA. Willy A. Kleinau debütiert als August der Starke in DIE BLAUEN SCHWERTER (1949) von  Wolfgang Schleif. Er interniert Johann Friedrich Böttger, der 1709 das erste weiße Porzellan in Europa erfindet. Bereits in seinem ersten DEFA-Film zeigt sich die intensive Leinwandpräsenz des Schauspielers deutlich: Mit seinem schwergewichtigen Körper füllt er das Filmbild stets aus und gilt als barocker Darsteller in der Nachfolge von Eugen Klöpfer, Emil Jannings oder Heinrich George. Wie sie kann er in tragisch-dramatischen wie komödiantischen Rollen überzeugen, wie sie ist er ein Meister des Ambivalenten: Ernsthaftigkeit steht neben bodenständigem Witz, trotz seiner körperlichen Gewichtigkeit besitzt er eine lebendige Leichtigkeit, die jederzeit ins gefährlich Dämonische wechseln kann. Seriös oder boshaft, liebeswert oder lustig, ernst oder schelmisch - der Schauspieler kann die Gefühlswelten seiner Figuren brillant in Szene setzen.

Filmstill zu "Die Unbesiegbaren"

Willy A. Kleinau und Tamara Osske in DIE UNBESIEGBAREN (R: Arthur Georg Otto Pohl, 1953) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Karriere in Paris"

Willy A. Kleinau, Joachim Hildebrandt und Ilse Nürnberg in KARRIERE IN PARIS (R: Hans-Georg Rudolph, Georg C. Klaren, 1951) Fotograf: Gerhard Kowalewski

In der Folge arbeitet Willy A. Kleinau mit  Wolfgang Staudte,  Kurt Maetzig und Falk Harnack zusammen. In dessen DAS BEIL VON WANDSBEK (1950/51) spielt er den SS-Standartenführer Footh, der subtil den Hamburger Fleischermeister Albert Teetjen (gespielt von  Erwin Geschonneck) überredet, die Rolle des erkrankten Scharfrichters zu übernehmen. Auch die Inszenierung von SCHATTEN ÜBER DEN INSELN (1952) unter der Regie von Otto Meyer profitiert vor allem von dem Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller Erwin Geschonneck und Willy A. Kleinau. Der sozialkritische Film berichtet von einer gefährlichen Seuche auf den Färöer-Inseln. Dem geldgierigen und skrupellosen Geschäftsmann Bassen Brause, den Willy A. Kleinau verkörpert, sind die Menschenleben, die sie fordert, egal. Der politische Panoramafilm DIE UNBESIEGBAREN (1953) von  Artur Pohl schildert ein Arbeiterschicksal aus dem letztem Jahr des Sozialistengesetzes. Hier gibt er den bodenständigen und sympathischen Berliner Lokomotivschlosser Schulz, der wegen seiner illegalen Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten verhaftet wird. Entlassen aus dem Gefängnis wohnt er der ersten freien Rede von August Bebel (gespielt von  Karl Paryla) bei.

In der Honoré de Balzac-Adaption KARRIERE IN PARIS (1951) von  Georg C. Klaren und Hans-Georg Rudolph spielt er den zynischen Despoten Vautrin. In der Filmoper ZAR UND ZIMMERMANN (1955) von Hans Müller überzeugt der Schauspieler als Bürgermeister von Saardam, der seine Untergebenen musikalisch auf den Besuch des Zaren Peter I. einstimmt. An der Seite von Henny Porten steht er in CAROLA LAMBERTI - EINE VOM ZIRKUS (1954) vor der Kamera, spielt einen italienischen Taxichauffeur mit vielen Bambinis. Nochmals wird er mit der Schauspielerin in dem Eugen York-Film DAS FRÄULEIN VON SCUDERIE (1955) nach einer Kriminalerzählung von E. T. A. Hoffmann zusammenarbeiten; hier gibt er den mordenden Hofgoldschmied Cardillac. In dem Märchenfilm DER TEUFEL VOM MÜHLENBERG (1954) von  Herbert Ballmann verkörpert er den habgierigen Mühlmann, der gemeinsam mit dem Burgvogt und dem Dorfschulzen eine Waldmühle in Brand setzt. Er wird wegen seiner Hartherzigkeit zu Stein werden.

Filmstill zu "Zar und Zimmermann"

Günter Haack und Willy A. Kleinau in ZAR UND ZIMMERMANN (R: Hans Müller, 1955) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Die Schönste"

Ursula Burg und Willy A. Kleinau in DIE SCHÖNSTE (R: Ernesto Remani, 1957 - 1959) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Zahlreiche Projekte scheitern aber auch. So gilt Willy A. Kleinau als ein Wunschkandidat für die Rolle des Konsuls bei der geplanten deutsch-deutschen Koproduktion „Die Buddenbrocks“. Der Film kommt allerdings in dieser Konstellation nicht zustande. Auch eine Remake von TRAUMULUS (1935), bei dem der Schauspieler die Titelrolle (vormals gespielt von Emil Jannings) übernehmen soll, scheitert an den deutsch-deutschen Beziehungen in Zeiten des Kalten Krieges. 1957 soll Kurt Maetzig, unter anderem mit Willy A. Kleinau, ein Projekt namens „Shanghai-Story“ in deutsch-französisch-chinesischer Koproduktion realisieren. Über die Phase der Fabelentwicklung kommt das Filmprojekt nicht hinaus. Im selben Jahr entsteht der Film DIE SCHÖNSTE (1957 - 1959) unter der Regie von Ernesto Remani. Willy A. Kleinau spielt den reichen Geschäftsmann Alexander Berndorf, dessen bürgerliche Existenz auf dem Spiel steht, als sein 13jähriger Sohn aus Spaß ein teures Kollier entwendet. Geschäftpartner wenden sich von ihm ab. Der Anfang 1957 begonnene Film wird, nach zahlreichen Beratungen und Änderungen am 17. März 1959 endgültig verboten. Das Schnittmaterial lagert im Bundesarchiv- Filmarchiv und ist im Auftrag der DEFA-Stiftung rekonstruiert worden. Im Mai 2002 erlebt der Film endlich seine Uraufführung.

Willy A. Kleinau gehört zu den wenigen Darstellern, die in Ost wie West vor der Kamera stehen. An der Seite von Heinz Rühmann gibt er in DER HAUPTMANN VON KÖPENICK (1956) unter der Regie von Helmut Käutner den Friedrich Hoprecht. Er spielt in DAS BAD AUF DER TENNE (1955/56) von Paul Martin mit, sowie unter der Regie von Falk Harnack in WIE EIN STURMWIND (1956/57).

Der Schauspieler lebt mit der Schauspielerin Christa Gottschalk zusammen. Willy A. Kleinau stirbt kurz vor seinem 50. Geburtstag am 18. Oktober 1957 bei Merseburg an den Folgen eines Autounfalls.

Zusammengestellt von Ines Walk. (Stand: September 2006)

Trailer zu DER TEUFEL VOM MÜHLENBERG (R: Herbert Ballmann, 1955)

Auszeichnungen

  • 1953: DIE UNBESIEGBAREN - Nationalpreis II. Klasse (gemeinsam mit Artur Pohl und Karl Paryla)

Literatur

  • Frank E. Lippold: Im himmelblauen Chrysler zwischen Ost und West - Willy Kleinau, in: Berliner Morgenpost 12.11.1997.
  • Fred Gehler: Willy A. Kleinau, in: Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera - Fünfzig Schauspieler in Babelsberg, Henschel Verlag Berlin 1995.
  • Dieter Reimer: Willy A. Kleinau, in: DEFA-Stars - Legenden aus Babelsberg, Militzke Verlag, Leipzig 2004.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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