DEFA-Tagung „Sturm und Zwang“
Symposium zum 11. Plenum des ZK der SED
Am 10. Dezember 2015 lud die DEFA-Stiftung in Kooperation mit dem Berliner Zeughauskino und dem Hannah-Arendt-Institut zu einer Fachtagung ein.
Das 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 zählt zu den einschneidenden kulturpolitischen Zäsuren der DDR-Geschichte. Zahlreiche Bücher, Theater- und Musikstücke, die sich kritisch mit der Entwicklung der DDR-Gesellschaft auseinandersetzten, wurden in der Folge verboten. Auch die DEFA war massiv betroffen: Zwölf Spielfilme – unter anderem DAS KANINCHEN BIN ICH (R: Kurt Maetzig, 1965) und DENK BLOSS NICHT, ICH HEULE (R: Frank Vogel, 1965) – wurden verboten oder in der Produktion gestoppt und in den „Giftschrank“ verbannt. Das Plenum hinterließ tiefe Spuren: Einige Regisseure konnten später keine Spielfilme mehr drehen, gesellschaftskritische Themen wurden in den folgenden Jahren kaum noch bearbeitet. Viele der verbotenen Filme konnten erst 1989/90 aufgeführt werden.
Trailer zu einem der bekanntesten Verbotsfilme: DAS KANICNHEN BIN ICH (R: Kurt Maetzig, 1965)

„Verbotene Utopie“
erschienen in der Schriftenreihe der DEFA-Stiftung im Bertz + Fischer Verlag.
Anlässlich des 50. Jahrestages des „Kahlschlag“-Plenums präsentierte das Zeughauskino in Berlin vom 1. bis 20. Dezember 2015 eine umfangreiche Werkschau mit Filmen, die im Umfeld des 11. Plenums 1965/66 gedreht und partiell verboten wurden. Die DEFA-Stiftung richtete mit dem Hannah-Arendt-Institut (Dresden) und dem Berliner Zeughauskino ein Symposium aus, in dessen Rahmen das von Andreas Kötzing und Ralf Schenk herausgegebene Buch Verbotene Utopie. Die SED, die DEFA und das 11. Plenum vorgestellt wurde.
Autorinnen und Autoren des Buches berichteten über ihre Recherchen und neue Arbeitsergebnisse zu Hintergründen und Folgen des Plenums. Erstmals lag ein Fokus auf den bisher in der Forschung weitgehend unberücksichtigt gebliebenen Ereignissen im DEFA-Trick- sowie im Dokumentarfilmstudio. Näher beleuchtet wurde darüber hinaus die Entstehungsgeschichte des Films RITTER DES REGENS (R: Egon Schlegel & Dieter Roth, 1965), dessen Materialien bis heute unauffindbar sind. Vergleichend betrachtet wurden zudem Original-Tonbandmitschnitte vom 11. Plenum und der später abgedruckten Redetexte von Walter Ulbricht, Erich Honecker und Co., die zum Teil erheblich voneinander abweichen.
Programm des Symposiums
- Ralf Schenk: Der DEFA-Spielfilm zwischen 1961 und 1968: Aufbruch – Abbruch – Neue Ufer
- Andreas Kötzing: Jenseits der Verbote – Neue Quellen und offene Fragen zur Geschichte des 11. Plenums
- Ralf Dittrich: Erfahrungen bei der digitalen Bearbeitung von DEFA-Verbotsfilmen
- Ursula von Keitz: Drehbuchlektüre als imaginäre Film-Rekonstruktion: zu Dieter Roths/Egon Schlegels RITTER DES REGENS
- Volker Petzold: DEFA-Trickfilm im Fahrwasser von Unverbindlichkeit, Formalismus und Antipersonenkult
- Chris Wahl: „Was ist sozialistischer Realismus?“ – „Widerspiegelung der Wirklichkeit, nur viel, viel schöner!“
- Günter Agde: Ablesen und extemporieren – rhetorische Strategien als politische Instrumente. Zu den Tonband-Mitschnitten des 11. Plenums
Filmprogramm im Zeughauskino
- ES GENÜGT NICHT 18 ZU SEIN und GUTEN TAG – DAS SIND WIR (R: Kurt Tetzlaff, 1964-66), Einführung: Chris Wahl
- Trickfilmprogramm (DEFA-Animationsfilme im Fokus der Zensur), Einführung: Volker Petzold
Das vollständige Tagungsprogramm können Sie hier (304 KB) nachlesen.
Fotogalerie

Großer Andrang vor dem Berliner Zeughauskino am 10. Dezember 2015. Foto: DEFA-Stiftung

Moderator René Pikarski begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Foto: DEFA-Stiftung

Andreas Kötzing während seines Beitrags „Jenseits der Verbote – Neue Quellen und offene Fragen zur Geschichte des 11. Plenums“. Foto: DEFA-Stiftung

Ralf Dittrich sprach über Erfahrungen bei der digitalen Bearbeitung von DEFA-Verbotsfilmen. Foto: DEFA-Stiftung

René Pikarski im Austausch mit Ralf Schenk und Andreas Kötzing, Herausgeber des Buches „Verbotene Utopie“. Foto: DEFA-Stiftung

Unter der Überschrift „Ablesen und extemporieren“ stand Günter Agdes Beitrag zu den Tonbandprotokollen des Plenums. Foto: DEFA-Stiftung

Ursula von Keitz während ihres Vortrags zum verschollenen Film RITTER DES REGENS. Foto: DEFA-Stiftung

Fragerunde aus dem Plenum: Regisseur Winfried Junge während eines Wortbeitrags. Foto: DEFA-Stiftung

Über DEFA-Animationsfilme die Probleme bei der Zulassung hatten, sprach Volker Petzold. Foto: DEFA-Stiftung