Kinotechnik

Agenda

1130: Kinotechnik

Kinotechnik umfasst fachtechnische Beratung der Filmtheater und der nichtgewerblichen Filmwiedergabestellen in allen Fragen der Filmwiedergabe;

Projektierung und Montage filmtheater-technischer Einrichtungen für Neu- und Umbau von Filmtheatern sowie Wiedergabeanlagen in Kulturhäusern, Institutionen und anderen Einrichtungen; Versorgung der Lichtspielbetriebe und anderer Einrichtungen mit filmtechnischen Geräten, Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen;

Durchführung von Generalreparaturen an Filmwiedergabegeräten.

Legende

Entstehungsgeschichte

In der Nachkriegszeit sind Lichtspieltheater Zentren der Kultur und Geselligkeit. Auf der Tagesordnung stehen Erhaltung und Erneuerung des technischen Parks der Kinos, umso mehr, als die übergroße Mehrzahl von ihnen in Volkseigentum übergehen. Den Standard für die technische Betreuung der Lichtspielstätten gibt die Zentrale Kinowerkstätte von Sovexportfilm vor (1953). Das Arbeitsgebiet „Kinotechnik“ wird aus der bisherigen Fachkommission beim Ministerium für Leichtindustrie, HV Feinmechanik und Optik, herausgelöst und dem > Technischen Rat beim SFK übertragen (1952).

Status

Das Lichtspielwesen der DDR unterliegt der Aufsicht und Anleitung der HV im MfK, untersteht aber institutionell und wirtschaftlich den Räten der Bezirke, Kreise und Städte. Einrichtungen der Kinotechnik sind zentral erfasst und unterstehen direkt der HV Film im MfK. 

Struktur

VEB Kinotechnik (1953) besteht aus fünf selbständigen Betrieben unter gleicher Firma (Berlin, Dresden, Halle, Erfurt, Schwerin), die für bestimmte Bezirke zuständig sind. VEB Filmtheatertechnik Berlin (1964) fasst die Kinotechnik in einem einzigen Betrieb zusammen, die bisherigen selbständigen Betriebe bilden Außenstellen.

Wissenschaftlich-technischer Vorlauf und Beratung erfolgt durch die DEFA Zentralstelle für Filmtechnik.

Die Technische Abteilung des PROGRESS Film-Verleihs untersteht direkt dem Direktor. Sie ist in die staatlichen Abläufe zur Kinotechnik sachlich einbezogen und tritt in beratender Funktion gegenüber dem > Lichtspielwesen auf. 

Produktion

Die Betriebe der Kinotechnik sind zuständig für fachtechnische Beratung der Filmtheater und der nichtgewerblichen Filmwiedergabestellen in allen Fragen der Filmwiedergabe; Projektierung und Montage filmtheater-technischer Einrichtungen für Neu- und Umbau von Filmtheatern sowie Wiedergabeanlagen in Kulturhäusern, Institutionen und anderen Einrichtungen; Versorgung der Lichtspielbetriebe und anderer Einrichtungen mit filmtechnischen Geräten, Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen; Durchführung von Generalreparaturen an Filmwiedergabegeräten. Die Bildwandfertigung wird in Eigenproduktion durchgeführt. Der bisher vom VEB Kinotechnik durchgeführte kinotechnische Revisionsdienst wird von den volkseigenen Lichtspielbetrieben (B) übernommen.

Die Betriebe der Kinotechnik sorgen für die technische Betriebsfähigkeit der Kinos in der DDR. Drei Großaktionen beanspruchen die Kraft und Qualifikation des Betriebes.

Die erste ist die Einführung von Breitwandfilm und 4-Kanal-Magnetton in der Filmproduktion und die Konsequenz für das Lichtspielwesen. „Entweder wir leisten völligen Verzicht oder wir nehmen neben der erforderlichen Umstellung in der Aufnahmetechnik auch die Umstellung einer gewissen Anzahl von Kinotheatern vor, um eine ökonomisch vertretbare Abspielbasis für anamorphotische Breitwandfilme sicherzustellen.“ (HV Film, 1956)

Die zweite Aktion ist der Umbau ausgewählter Lichtspieltheater zur Vorführung von 70-mm-Film (1962).

Die dritte Aktion ist die Umrüstung der Kinoprojektion von Lichtbogen-Brennern auf Xenon-Lampen (1980er Jahre), was den Umbau aller Apparate nach sich zieht. Xenon-Lampen werden nicht in der DDR hergestellt, sondern aus Ungarn bezogen.

Ein Sonderkapitel ist die technische Ausrüstung der Lichtspieltheater mit Projektoren, Hilfseinrichtungen, Großlautsprechern, Projektionswänden und deren Produktion in der DDR bzw. Import. Die Produktion der berühmten Ernemann-Projektoren (E VII B) aus Dresden wird unter anderer Bezeichnung (D 1, D 2) bis Mitte der 1970er Jahre fortgeführt und von Zeitlupenkameras, Rückprojektionsanlagen und 70-mm-Film-Projektoren (Pyrcon UP 700) ergänzt. Nach Fortführung der Produktion bei Pentacon und ihrer Einstellung im Rahmen des RGW-Komplexprogramms (> Geräte- und Filmhandel) erfolgt der Import von Meopta-Projektoren aus der CSSR. Gleiches gilt für die bewährte Tonfilm-Kofferanlage (TK 35) aus Jena, die durch Import aus der UdSSR (KN 35) abgelöst wird.

Um- und Neubau von Lichtspieltheatern ist Staatsaufgabe mit Bedarfsanalyse, Aufnahme in Stadtentwicklungspläne, Bestätigung durch die SPK und Aufnahme in den Volkswirtschaftsplan. Die Hürden, die von zentralen und örtlichen Organen genommen werden müssen, um Planaufnahme zu erlangen, sind hoch. Bei der Realisierung eines Planvorhabens sind zusätzlich zu den zuständigen Organen (Rat der Bezirkes) und Einrichtungen (VEB Filmtheatertechnik; ggf. ZfF) folgende staatlichen Organe einbezogen:

  • MfK, VVB Film/HV Film
  • Institut für Technologie kultureller Einrichtungen
  • Ministerium für Bauwesen, VEB Typenprojektierung bei der Deutsche Bauakademie, Bereich Komplexer Wohnungsbau, Abt. Gesellschaftliche Bauten
  • MdI, HA Feuerwehr
  • SPK, Abt. Volksbildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen
  • Staatliches Büro für die Begutachtung von Investitionsvorhaben, Abt. Nichtindustrie
  • Rat der Gemeinde (Stadt/Kreis/Bezirk)

Viele Bauten erfolgen daraufhin außerhalb des Staatsplanes als sog. Initiativbauten („Schwarzbauten“) in Eigeninitiative von > BLB und > KLB.

Die kinotechnischen Problemlagen sind vor dem Hintergrund des Gesamtzustandes der materiell-technischen Basis des Filmwesens im allgemeinen und der Kinos im besonderen zu sehen und finden in Berichten und Analysen nüchterne/ernüchternde Darstellung. Die Herstellung eines Lichtspielwesens, das modernen Anforderungen genügt, erfordert Investitionen in volkswirtschaftlicher Größenordnung. Eine Anforderungsliste der HV Film zur Sicherung und Erneuerung der materiell-technischen Basis des Lichtspielwesens (1987/88) wird dem ZK der SED vorgelegt, kommt aber nicht zum Beschluss.

1989 hat der VEB Filmtheatertechnik mit seinen ASt. 242 Beschäftigte, die eine industrielle Warenproduktion von 8,8 Mio. Mark realisieren. (Otto (1993) 285)

Finanzierung

Das investierte Volksvermögen im Lichtspielwesen der DDR beziffert sich auf ca. 20 Milliarden DM.

Nach 1990

Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft zur Neueinrichtung und Reparatur von kinotechnischen Anlagen. Einziger Filmbetrieb, der durch die Treuhand an Mitarbeiter des Betriebes verkauft wird.

Quellen

Bestände

  • BArch VEB Kinotechnik/Filmtheatertechnik > Ministerium für Kultur, HV Film (DR 1)
  • Progress GmbH, Archiv

Rechtsvorschriften

  • VO vom 8. Januar 1953 über die Bildung von volkseigenen Betrieben für Kinotechnik (GBl S. 78)
  • Statut der volkseigenen Betriebe für Kinotechnik vom 5. März 1953 (ZBl S. 114)
  • Erste DB vom 6. Juni 1959 zur VO über die Bildung von volkseigenen Betrieben für Kinotechnik – Technischer Revisionsdienst - (GBl. I S. 625)
  • Beziehung VEB Kinotechnik – KLB (VMMfK Nr. 9-10/57, Teil I, lfd. Nr. 43)
  • Richtlinie vom 30. September 1968 zur Anwendung des einheitlichen Systems von Rechnungsführung und Statistik im Bereich des Film- und Lichtspielwesens der DDR (BArch, DR 118/3876)
  • AO Nr. 3 vom 25.4.1972 über die Errichtung einer Zentralstelle für Filmtechnik (GBl. II S. 284)
  • Zusammenlegung der DEFA Zentralstelle für Filmtechnik und des VEB Filmtheatertechnik unter Zuordnung der Zentralschule des Lichtspielwesens Langenau zum VEB DEFA Filmtechnik Berlin, MfK/HV Film, Oktober 1989 (BArch, DR 1/15431)

Beschlüsse

  • Ankauf von kinotechnischen Apparaturen bei VEB Zeiss Jena, Zeiss Ikon, DHZ FM/O. Präsidium des Ministerrates, Beschluß vom 15.10.1953 über die Zurverfügungstellung von zusätzlichen Investitionsmitteln 1953 (TDM 3.470.-) (BArch, DR 1/4005)

Berichte

  • Arbeitsgebiet „Kinotechnik“ wird aus der bisherigen Fachkommission im MfM, HV Feinmechanik und Optik herausgelöst und dem Technischen Rat beim SFK übertragen. ZFB an SFK, 7.11.1952 (BArch, DR 1/4024)
  • Übergabe einer von sowjetischer Seite betriebenen Zentralen Kinowerkstätte (in Berlin), SFK/Schwab an ZK der SED/Lauter, 25.2.1953 (SAPMO-BArch, DY 30/IV 2/9.06/242)
  • Fertigstellung, Einsatz, Filmeinsatz der Kinowagen, DEFA/Gutschmidt an DEFA/Schwab, 30.7.1951; DEFA-Theaterverwaltung an Progress, 23.11.1953, Anlage: Filmtitel, Einsatztermine, Besucherzahlen (BArch, DR 117/v.S 560, v.S 313)
  • Fünf-Jahr-Plan für die technische Rekonstruktion der Filmtheater in der DDR (technischer Zustand der Filmtheater, Rekonstruktionsbedarf), SFK/Schwab an ZK der SED/Wandel, 28.10.1953 (BArch, DR 1/4036)
  • Technisches Niveau der Lichtspieltheater, SFK/Brune, Aktennotiz, 22.7.1953 (BArch, DR 1/4007)
  • Tonfilmkofferanlagen, Briefwechsel mit Regierung/Ministerium für allgemeinen Maschinenbau (BArch, DR 1/4005)
  • Produktion von Schmalfilm-Projektoren, SFK/Schwab an Progress, 20.2.1953 (BArch, DR 1/4035)
  • Darstellung der filmischen und technischen Positionen zur Einrichtung von Filmtheatern mit anamorphotischem Breitwand-System und vierkanaligem Raumton, Stellungnahme der H.V. Film zu den Hinweisen der Z.K.S.K. zur Einrichtung ..., November/Dezember 1956, (BArch, DR 1/7897)
  • Jahresrechenschaftsberichte des VEB Filmtheatertechnik (BArch, DR 1/4761)

Übersichten

  • Grundfondsanalyse der Filmtheater, DEFA-Zentralstelle für Filmtechnik, Auswertung der Grundfondserfassung der Filmtheater in der DDR (o.J., 1980) (AdK-O, ZAA 985)

Literatur

  • Schriftenreihe für das Lichtspielwesen der DDR, hrsg. vom MfK, HV Film, Teil C: Filmtechnik Pflege und Behandlung der Filmkopien, Berlin 1956
  • Röwer, Karl: Die Technik für Filmvorführer, Halle/S. 1957
  • Goldowski, E.M. (Red.): Technik der Kinoprojektion, Leipzig 1958
  • Schering, Helmuth: Projektionstechnik, Halle/S. 1960
  • Enz, Kurt: Filmprojektoren – Filmprojektion, Leipzig 1965
  • Enz, Kurt: Entwicklung der Filmwiedergabetechnik und des Filmtheaternetzes in der DDR von 1945 bis zur Gegenwart (darin: Bibliografie), Beiträge zur Filmtechnik, Heft 4, Berlin 1982
  • Steinke, Edmund; Scholz, Klaus-Peter: Ton und Bild. Aufnahme- und Wiedergabetechnik. Lexikon, Berlin 1985; 1990
  •  
  • Mahly, Werner: Lichtspiele, Theater- und Versammlungsräume, Zirkusanlagen, Waren- und Geschäftshäuser. Sammlung der Bau- und Betriebsvorschriften und der Vorschriften für elektrische Anlagen. Berlin 1951
  • Filmtheater: Neubau und Umbau. Richtlinie. Deutsche Bauinformation, Berlin 1959; 1965
  • Prognose Film- und Lichtspielwesen der DDR, Teil Filmtechnik, hrsg vom MfK, HV Film, Berlin 1968
  • Winkler, Klaus: Ausgewählte Probleme der objektiv-materiellen Bedingungen der Lichtspieltheater. Forschungsbericht zur Studie „Kino – DDR 80“, ZIJ, Leipzig 1982
  • Michalski, Jens: ... und nächstes Jahr – wie jedes Jahr, Kinogeschichte Kreis Döbeln 1945-1990, Berlin: topfilm 2003
  • Kinos, Kameras und Filmemacher. Filmkultur in Dresden, Dresdner Hefte, Heft 82, 2005
  • Schulze, A.R.: Technisches Kinotaschenbuch, Zeiss Ikon, Selbstverlag, Dresden
  • Tümmel, Herbert: Deutsche Laufbildprojektoren für 35-mm- und 70-mm-Film, Berlin 1986
  • Belach, Helga; Jacobsen, Wolfgang (Hg.): Cinemascope. Zur Geschichte der Breitwandfilme, Berlin 1993
  • Göllner, Peter: Ernemann Cameras. Die Geschichte des Dresdner Photo-Kino-Werks, Hückelhoven 1995
  • Jehmlich, Gerhard: Zeiss Ikon AG im Zeitabschnitt 1926 bis 1972, in: Zeiss Ikon AG Dresden, Dresden 2001
  • Ilgner, Christian (Red.): Unsichtbare Schätze der Kinotechnik, Berlin 2001
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