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Interview mit Politbüromitglied Werner Eberlein

125:21 Min.
Deutschland
Cintec Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft mbH, 1990

Film-/Videoformat
Betacam SP

Kurzinhalt (Deutsch)

Politbüromitglied Werner Eberlein im Interview über die Aufgaben und Funktionen des Politbüros. Werner Eberlein geht u. a. auf seine Beziehung zu Erich Honecker und Günter Mittag ein und erläutert zudem seinen Lebenslauf.

Filmstab

Kamera
  • Donth
  • Uwe Frenzel
Redaktion
  • Peter Boultwood
Person, primär
  • Werner Eberlein
Person, sekundär
  • Alexander Schalck-Golodkowski
  • Erich Honecker
  • Gerhard Schürer
  • Erich Mielke
  • Michail Gorbatschow
  • Günther Mittag
  • Walter Ulbricht
  • Joachim Herrmann

Langinhalt

C1/1149:

 

Werner Eberlein OT zur Frage, was das Politbüro eigentlich gewesen sei:

 

"Bevor ich auf diese Frage antworte, vielleicht eine Episode, die meine Situation im Politbüro charakterisiert: Im Herbst 1985 kam ein Freund auf mich zu und sagte 'Werner, du hast uns zutiefst enttäuscht' / hatte offenkundig nicht nur in seinem eigenen Namen gesprochen/ 'Wir hatten geglaubt, wenn du in das Politbüro kommst, dann haust du auf den Tisch und sagst: So geht es nicht weiter!'/ musste ihm Recht geben/ hatte mangelnde Zivilcourage/ zu vereinfacht jetzt zu sagen, dass es ein Club von Feiglingen war/ viele der Politbüromitglieder haben im Konzentrationslager im Zuchthaus gesessen, waren im spanischen Bürgerkrieg oder in der Legalität in der Nazi-Zeit/ Vereinfachung hilft uns nicht weiter/ glaube, dass die überwiegende Mehrheit im Politbüro in der Parteiführung die besten Absichten hatte/ eine zum Kapitalismus alternative Gesellschaftsordnung aufzubauen/ wir müssen nüchtern die Vergangenheit aufarbeiten/ was war das Politbüro?/ war das wirklich das Zentrum der strategischen Auseinandersetzung über die politische, ökonomische, kulturelle, ökologische Generallinie?/ wurde dieses Zentrum wirklich genutzt, um sich politisch auseinanderzusetzen über diese Generallinie?/ über die Zukunft der Partei und des Staates?/ wenn ich jetzt sage, es war es nicht, dann möchte ich nicht die Verantwortung abwälzen auf irgendjemand/ liegt mir fern/ ich habe meine Verantwortung wahrzunehmen und bin dazu bereit/ geht mir um den Versuch einer nüchternden Analyse des inneren Mechanismus dieser Parteiführung/ Ende der 60er Jahre hat Walter Ulbricht mit Hilfe von Wissenschaftlern und Ökonomen einen Reformvorschlag gemacht/ Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft (NÖSPL)/ wurde in ein Netzwerk geprägt/ Partei war Blackbox/ passte nicht hinein/ eine Ursache dafür, dass mit dem 8. Parteitag diese Reform in der Versenkung verschwunden ist/ hätten wir damals die Auseinandersetzung über den Platz des Politbüros in diesem Staat geführt, dann wäre uns vieles erspart geblieben...";

 

 

 

Werner Eberlein OT zur führenden Rolle der Partei:

 

"Führende Rolle der Partei war ja von Lenin konzipiert worden als eine führende, politisch ideologische Funktion/ theoretische Funktion/ ist von Stalin umgekehrt worden in administrative Funktion, wobei wir, d.h. SED und auch die anderen Parteien in den Warschauer Pakt-Staaten, sind ja dann nach dem stalinschen Prinzip verfahren/ wenn ich sage, es gab keine Auseinandersetzung über strategische Probleme, so glaube ich schon, dass eine der Ursachen war, dass immer das Damoklesschwert einer Fraktionsbildung über dem allen schwebte/ Fraktionsbildung war ja in der Geschichte der KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) eine Negativposition...";

 

Eberlein OT zum Ausschluss diverser Politbüromitglieder (Herrnstadt, Ackermann et al.) unter dem Zeichen der Fraktionsbildung;

 

Werner Eberlein OT zu politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Politbüros:

 

"...1956 wurde ein Beschluss gefasst auf Initiative von Ulbricht, dass im Politbüro stets Einmütigkeit bestehen muss/ Anfangselement dafür, dass es im Politbüro nicht die Auseinandersetzung gegeben hat/ Politbüro nicht das geistige Zentrum dieser politischen Auseinandersetzungen war.";

 

 

Werner Eberlein OT zur Regierung der DDR/ Aufgaben der Minister wurden größtenteils vom Politbüro übernommen:

 

"Das ist ja das Problem/ ich habe jedes Wochenende einen Stoß Vorlagen bekommen mit Detailfragen/ mit der Beschlussfassung des Politbüros, das ja im Grunde genommen nicht kompetent genug war für diese Fragen, wobei diese Fragen ja vorher durch den Apparat gingen und da sassen schon kompetente Genossen, aber mit der Entscheidung des Politbüros wurde im Grunde genommen dem Ministerrat, auch den anderen Organen, die Verantwortung abgenommen.../ haben sich selbst frei gesprochen.";

 

 

Werner Eberlein OT zur Frage, inwieweit überhaupt Entscheidungen diskutiert werden konnten:

 

"Im Grunde genommen ist ja nicht diskutiert worden um die Grundfragen/ ging nur um Detailfragen und Festlegungen technischer und organisatorischer Art usw./ z.B. hat Mittag Vorlagen eingereicht, aber die waren durch die Abteilungen gegangen und waren gesiebt und gefiltert/ war abgesprochen mit allen Zuständigkeiten/ gab keine Diskussionen mehr/ war das Problem/ Diskussion hätte ja auch nicht geführt werden müssen um Details in der Wirtschaftspolitik, sondern um die Wirtschaftspolitik generell/ solche Diskussionen gab es nicht/ war ausgeschlossen/ weil auch die These vorherrschte 'Widerspruch heißt dem Gegner Wasser auf die Mühlen zu gießen'...";

 

 

Werner Eberlein OT zu seinem persönlichen Verhältnis zu Erich Honecker:

 

"Hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Honecker/ hatte als Dolmetscher gearbeitet/ erst später im Nachhinein, als ich dann nach der Querschnittslähmung versucht hatte mein Leben in den Computer hinein zu tippen...um mit mir selbst ins Reine zu kommen/ glaube schon, wenn ich viele Dinge neu durchdacht habe, ich auch zu neuen Erkenntnissen gekommen bin und darum stelle ich nicht in Abrede, dass ich ein gutes Verhältnis zu Honecker hatte/ aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass selbstverständlich er in vielen Fragen inkompetent war und nicht fähig war, gerade das Schiff der DDR oder die Partei SED durch diese schwierigen Klippen der Entwicklung zu steuern...";

 

 

Werner Eberlein OT zu Honecker und Mittag:

 

"...bleibt dabei, dass er sich z.B. in Wirtschaftsfragen vollkommen Mittag ausgeliefert hat/ keine eigene Meinung/ hat all dem zugestimmt, was Mittag gesagt hat/ war jede Diskussion abgewürgt.";

 

 

Werner Eberlein OT zu Günter Mittags Buch/ Mittags angebliche Bemühungen Reformen durchzusetzen, die von Honecker verhindert wurden:

 

"Man sollte sich die Arbeit ersparen, das Buch von Mittag zu lesen.";

 

 

 

Werner Eberlein OT zum gespannten Verhältnis zu Mittag:

 

"Ich?/ kann ich nicht mal so sagen/ hatte ein normales Verhältnis zu Mittag, aber das gespannte Verhältnis zu Mittag bestand von allen/ Mittag hatte eine sehr arrogante Art und Weise/ war allgemein bekannt/ gab generell ein solches Negativverhältnis zu ihm.";

 

 

Werner Eberlein OT zur Frage, ob Schürers Versuch der Auseinandersetzung zum Thema Auslandsverschuldung im Politbüro angekommen sei:

 

"Schürer hat persönlichen Brief an Honecker geschrieben/ war nicht gedacht für Diskussion/ ist aber dann von Honecker verbreitet worden, um gleich von Anfang an abgefangen und negativ beurteilt zu werden/ gab keine Diskussion/ hätte es eine ehrliche Diskussion gegeben, dann hätte Schürer sicherlich die Mehrheit der Mitglieder des Politbüros auf seiner Seite gehabt.../ gab im Monat eine Beilage zu der Vorlage in der die Auslandsverschuldung dargestellt wurde/ zur Information/ Zahl wurde genannt/ deutete sich an, dass hier etwas heranreift, dass zum Zusammenbruch führen wird. ";

 

 

Werner Eberlein OT zu Mielkes Rolle im Politbüro:

 

"Im Grunde genommen gar keine/ hat dort nicht debattiert/ Staatssicherheit stand nie zur Debatte/ Gespräche zwischen Mielke und Honecker fanden außerhalb der Sitzung des Politbüros statt.";

 

Werner Eberlein OT zum Kommentar, dass drei Personen - Mielke, Honecker und Mittag- die DDR fest in der Hand hatten:

 

"Da müsste man sicherlich noch Hermann nennen, der die Medien in der Hand hatte/ der auch mit eigener Hand, sicherlich in Absprache mit Honecker, die Medien gesteuert hatte/ Unzufriedenheit mit der Medienpolitik war ja allgemein/ hat im Politbüro niemals zur Debatte gestanden/ hätte man darüber diskutiert, dann hätten alle Einspruch gegen diese Situation erhoben/ aus genannten Gründen gab es keine Diskussionen/ heute schwer zu erklären...";

 

Werner Eberlein OT zur Frage, wie er in das Politbüro gekommen sei:

 

"Kaum zu erklären/ bin als Rentner noch delegiert worden nach Magdeburg/ hatte erst nein gesagt/ wurde konfrontiert mit der Tatsache, dass es Beschlüsse gebe/ in dieser Position als Bezirkssekretär bin ich in das Politbüro gekommen/ hatte mich immer betrachtet als Vertreter von Magdeburg/ habe versucht aus den Beschlüssen des Politbüros das Bestmögliche für den Bezirk zu machen/ war ja nicht alleine/ wurden mehrere Bezirkssekretäre ins Politbüro gewählt mit dem Argument, die Beziehung zur Basis damit zu verstärken...";

 

 

Werner Eberlein OT zur Frage, ob es für ihn jemals denkbar gewesen sei, dass das kommunistische System diese Niederlage erleben würde:

 

"Ich komme aus einer kommunistischen Familie/ das Drama begann ja, als Vater und zwei Onkel in Moskau verhaftet und erschossen wurden/ ich war acht Jahre in Sibirien in der Verbannung/ da gab es die ersten Widersprüche mit denen ich fertig werden musste/ als ich 1948 nach Deutschland kam und im Zentralkomitee (ZK) angefangen habe mit meiner Arbeit, habe ich selbstverständlich eine solche Perspektive niemals mir vorstellen können/ abgesehen davon war es auch nicht vorstellbar/ 1948 war der Sozialismus international in einem sehr guten Ruf.../ Sowjetunion war eine sehr attraktive Weltmacht, die den Zuspruch in vielen Ländern gefunden hat/ gab damals alle Voraussetzungen für einen Sieg des Sozialismus in den sozialistischen Ländern/ Chancen wurden viel später verspielt."

 

 

 

 

C1/1150:

 

 

Redakteur OH; Interview mit Politbüromitglied Werner Eberlein aus einer anderen Perspektive gefilmt (identisch mit Kassette C1/1149);

Werner Eberlein OT zur Frage, was das Politbüro eigentlich gewesen sei:

Bevor ich auf diese Frage antworte, vielleicht eine Episode, die meine Situation im Politbüro charakterisiert...."

 

 

Werner Eberlein OT zur führenden Rolle der Partei:

"Führende Rolle der Partei war ja von Lenin konzipiert worden als eine führende, politisch ideologische Funktion..."

 

Eberlein OT zum Ausschluss diverser Politbüromitglieder (Herrnstadt, Ackermann et al.) unter dem Zeichen der Fraktionsbildung;

 

Werner Eberlein OT zu politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Politbüros: "...1956 wurde ein Beschluss gefasst auf Initiative von Ulbricht...";

 

Werner Eberlein OT zur Regierung der DDR/ Aufgaben der Minister wurden größtenteils vom Politbüro übernommen:

"Das ist ja das Problem/ ich habe jedes Wochenende einen Stoß Vorlagen bekommen mit Detailfragen...";

 

Werner Eberlein OT zur Frage, inwieweit überhaupt Entscheidungen diskutiert werden konnten:

"Im Grunde genommen ist ja nicht diskutiert worden um die Grundfragen/ ging nur um Detailfragen...";

 

Werner Eberlein OT zu seinem persönlichen Verhältnis zu Erich Honecker:

"Hatte ein sehr gutes Verhältnis zu Honecker...";

 

Werner Eberlein OT zu Honecker und Mittag:

"...bleibt dabei, dass er sich z.B. in Wirtschaftsfragen vollkommen Mittag ausgeliefert hat...";

 

 

Werner Eberlein OT zu Günter Mittags Buch/ Mittags angebliche Bemühungen Reformen durchzusetzen, die von Honecker verhindert wurden:

"Man sollte sich die Arbeit ersparen, das Buch von Mittag zu lesen.";

 

 

 

Werner Eberlein OT zum gespannten Verhältnis zu Mittag:

"Ich?/ kann ich nicht mal so sagen/ hatte ein normales Verhältnis zu Mittag...";

 

Werner Eberlein OT zur Frage, ob Schürers Versuch der Auseinandersetzung zum Thema Auslandsverschuldung im Politbüro angekommen sei:

"Schürer hat persönlichen Brief an Honecker geschrieben/ war nicht gedacht für Diskussion/ ist aber dann von Honecker verbreitet worden...";

 

 

Werner Eberlein OT zu Mielkes Rolle im Politbüro:

"Im Grunde genommen gar keine/ hat dort nicht debattiert...";

 

Werner Eberlein OT zum Kommentar, dass drei Personen - Mielke, Honecker und Mittag- die DDR fest in der Hand hatten:

"Da müsste man sicherlich noch Hermann nennen, der die Medien in der Hand hatte...";

 

Werner Eberlein OT zur Frage, wie er in das Politbüro gekommen sei:

"Kaum zu erklären/ bin als Rentner noch delegiert worden nach Magdeburg...";

 

Werner Eberlein OT zur Frage, ob es für ihn jemals denkbar gewesen sei, dass das kommunistische System diese Niederlage erleben würde:

"Ich komme aus einer kommunistischen Familie/ das Drama begann ja, als Vater und zwei Onkel in Moskau verhaftet und erschossen wurden..."

 

 

C1/1151:

 

 

Interview mit Politbüromitglied Werner Eberlein; Eberlein nah;

 

Eberlein OT zur Frage, ab welchen Zeitpunkt Honecker auf Kollisionskurs mit Gorbatschow und Perestroika ging:

 

"Schwer Terminus zu nennen/ glaube aber, er war schon immer in Kollisionskurs/ Honecker ging davon aus, dass eine Reform sozusagen rüttelt an den Grundfesten seiner Politik/ war prinzipiell gegen Reformen/ Perestroika und Glasnost war seinerzeit noch nicht deutlich in ihrem Ursprung/ haben Zustimmung im In- und Ausland gefunden/ sicherlich aus ganz unterschiedlichen Gründen hat die Perestroika eine so große Zustimmung gefunden/ Ergebnisse haben sich erst viel später gezeigt/ erst später hat sich herausgestellt, dass die Perestroika eine Version geblieben ist, die materiell nicht untersetzt war/ geht nicht darum, wer war reformfreudiger Honecker oder Ulbricht, sondern es geht um den Inhalt der Reform/ Perestroika hat die Zustimmung der Politiker im Westen gefunden, weil sie glaubten, dass dort restaurative Elemente enthalten sind/ diese Position würde im Nachhinein Honecker Recht geben/ andererseits war er im Unrecht, weil er sich generell gegen Reformen sträubte...";

 

 

Eberlein OT zur Frage, warum Honecker gegen Reformen war:

 

"Honecker ist politisch gewachsen in den 30er Jahren/ Weltbild hat sich verfestigt in den Jahren im Zuchthaus usw./ dieses Weltbild ist ihm erhalten geblieben/ er glaubte schon mit besten Wissen und Gewissen, dass er eine richtige Politik verfolgte/ war seine persönliche Position, die er eingenommen hat und auf die er beharrte...";

 

Eberlein OT zu Honeckers Vertrauenspersonen:

 

"Diese Kontaktarmut ist ja aus seiner Vergangenheit entstanden/ rührt meiner Meinung nach aus seiner Geschichte heraus/ diese Kontaktarmut, die dazu geführt hat, dass er dann keine weiteren Freunde hatte/ glaube nicht, dass man Mittag als Freund bezeichnen kann/ sonst hatte er keine weiteren persönlichen Kontakte...";

 

Eberlein OT zu Harry Tischs Kommentar "Wir sind in Stalins Stiefel angetreten und nie aus diesen Stiefeln richtig raus gekommen":

 

"Auch eine Erkenntnis von heute/ ich persönlich habe Stalin erlebt, indem er Vater und zwei Onkel erschossen hat/ ich war in Sibirien/ ich hatte mein Verhältnis zu Stalin/ 1953 als er starb, da war ich in Moskau in der Parteihochschule und bin hingerannt, um den Leichnam zu sehen/ wenn mich heute jemand gefragt, was mich dahin getrieben hat, dann habe ich Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten/ 1956 war ich auf dem 20. Parteitag als Dolmetscher und Sekretär der Delegation/ glaubte, dass damit Stalin beerdigt ist/ war überzeugt, dass damit der Stalin-Kult zu Ende ist/ erst viel später.../ was ist Stalinismus?/ heute noch ist der Begriff umstritten/ wenn wir sagen, wir sind in Stalins Fußstapfen gelaufen, dann sind das heutige Erkenntnisse/ sind damals nicht bewusst den stalinschen Weg gegangen...";

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Besuch und Rede von 1989:

 

"Wir waren alle etwas schockiert, dass Mittag am Gespräch teilgenommen hatte/ war nicht üblich/ Verletzung der Spielregeln/ gehörte sich nicht/ unanständig dem Politbüro gegenüber/ vom Politbüro ist er nicht delegiert worden/ für uns Affront/ in der Rede, die Gorbatschow gehalten hat, waren zweifelsohne kritische Elemente enthalten/ insbesondere in der Betrachtung des eigenen Landes/ waren auch andeutungsweise kritische Betrachtungen zur DDR da/ aber auch optimistische Töne/ vorausschauende Betrachtungen, die uns zu der Überzeugung kommen ließen, dass er davon ausgeht, wir finden einen Ausweg aus der damaligen Situation/ hat uns optimistischen Ausweg vermittelt/ hatte Unterstützung angekündigt/ war offenkundig nicht ehrlich...";

 

Eberlein OT zu Honeckers Reaktion auf Gorbatschows Rede:

 

"Honecker hat sehr schlecht reagiert/ ist nicht eingegangen auf die innere Problematik/ oberflächlich geblieben/ beharrte auf seine Position / 'uns geht es ja gar nicht so schlecht'.../ auf die eigene Probleme ist er nicht eingegangen...";

 

Eberlein OT zur Reaktion des Politbüros auf die Fehlentwicklung in der Elektroindustrie:

 

"Muss davon ausgehen, dass die Frage der wissenschaftlich-technischen Revolution ja nicht in der DDR entschieden wurde, sondern in der Sowjetunion/ wenn wir vom Untergang des Sozialismus sprechen, dann liegt eine Ursache darin, dass in der Sowjetunion der Übergang zur wissenschaftlich-technischen Revolution verschlafen oder verkannt wurde.../ aus diesem Dilemma musste ein Ausweg gefunden werden/ DDR brauchte Mikroelektronik/ sie in der DDR autark aufzubauen war nicht machbar/ darüber hätte man diskutieren müssen/ wie ist es möglich Mikroelektronik aufzubauen mit Hilfe der Sowjetunion...?/ vielleicht auch in Kooperation mit Westdeutschland...";

 

Eberlein OT zum Politbüro und Schalck-Golodkowski:

 

"Man wusste, es gibt einen Schalck-Golodkowski/ man wusste, was er gemacht hat/ welche Mittel das waren und welche Methoden... blieb alles seiner person vorbehalten/ weiß nicht inwieweit Mittag im Detail informiert war/ blieb uns verborgen.";

 

Eberlein OT zur wirklichen Funktion des Politbüros/ Wissensdefizit:

 

lüsse gingen ja alle über den Tisch des Politbüros, obwohl sie nur abgesegnet wurden und nicht zur Debatte standen/ wurden aber alle abgesegnet im Politbüro/ so kann man aber nicht sagen, dass es keine Rolle gespielt hat/ sicherlich hatte das Politbüro eine Feigenblattfunktion/ war uns so deutlich aber auch nicht/ war eine wichtige Funktion, obwohl ich nicht glaubte, dass alles, was im Politbüro geschehen war auch richtig war...";

 

Eberlein OT zur Frage, wie im Politbüro offiziell und untereinander privat über Anzeichen von Veränderungen innerhalb des Ostblocks diskutiert worden ist:

 

"Offiziell wurden solche Dinge ja nicht diskutiert/ gab von Honecker mal eine abwerfende Bemerkung 'wollt ihr polnische Verhältnisse?'/ Tatbestand, dass es uns materiell besser ging wurde hoch gespielt/ Problem Solidarnosc bestand nicht darin, dass wir hätten diskutieren müssen über Solidarnosc, sondern das es in der DDR in diesem Zeitraum ein Neues Forum gab/ darüber gab es keine Diskussion/ das man das in Wechselbeziehung hätte bringen können, dass diese Neue Forum- Entwicklung nicht autonom in der DDR läuft, sondern Analogien zeigt zu anderen Ländern.../ in erster Linie hätte man reden müssen über Verhältnis SED zum Neuen Forum/ ist nicht geschehen...";

 

Eberlein OT zum Ablauf einer Politbürositzung:

 

"Am Wochenende bekam ich einen Stoß von Papieren/ im Politbüro dauerte die Abarbeitung dieses Berges von Vorlagen manchmal eine halbe Stunde bis Stunde/ zu jedem Tagesordnungspunkt kamen dann so und so viele Leute herein, die den Tagesordnungspunkt vertreten sollten/ waren die Zuständigen aus den Abteilungen des ZK/ kam Zahl von Genossen herein, aber eine Diskussion gab es nicht/ Diskussion war ja überflüssig, weil der große Apparat das ja vorher geklärt hatte/ haben Apparat ja vertraut und er hat alles durchgearbeitet.../ war dienstags und zum Mittagessen waren wir fertig/ Sekretäre haben immer noch gemeinsam Mittag gegessen, da wurden dann Fragen diskutiert, die in der Sitzung nicht behandelt worden sind."

 

 

 

 

C1/1152:

 

Interview mit Politbüromitglied Werner Eberlein aus einer anderen Perspektive gefilmt (Material ansonsten identisch mit Kassette C1/1151); Redakteur OH; Redakteur stellt Frage; Schwenk auf Eberlein;

 

Eberlein OT zur Frage, ab welchen Zeitpunkt Honecker auf Kollisionskurs mit Gorbatschow und Perestroika ging:

"Schwer Terminus zu nennen/ glaube aber, er war schon immer in Kollisionskurs...";

 

 

Eberlein OT zur Frage, warum Honecker gegen Reformen war:

"Honecker ist politisch gewachsen in den 30er Jahren/ Weltbild hat sich verfestigt in den Jahren im Zuchthaus usw. ...";

 

Eberlein OT zu Honeckers Vertrauenspersonen:

"Diese Kontaktarmut ist ja aus seiner Vergangenheit entstanden...";

 

Eberlein OT zu Harry Tischs Kommentar "Wir sind in Stalins Stiefel angetreten und nie aus diesen Stiefeln richtig raus gekommen":

"Auch eine Erkenntnis von heute...";

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Besuch und Rede von 1989:

"Wir waren alle etwas schockiert, dass Mittag am Gespräch teilgenommen hatte/ war nicht üblich...";

 

Eberlein OT zu Honeckers Reaktion auf Gorbatschows Rede:

"Honecker hat sehr schlecht reagiert/ ist nicht eingegangen auf die innere Problematik...";

 

Eberlein OT zur Reaktion des Politbüros auf die Fehlentwicklung in der Elektroindustrie:

"Muss davon ausgehen, dass die Frage der wissenschaftlich-technischen Revolution ja nicht in der DDR entschieden wurde, sondern in der Sowjetunion...";

 

Eberlein OT zum Politbüro und Schalck-Golodkowski:

"Man wusste, es gibt einen Schalck-Golodkowski/ man wusste, was er gemacht hat...";

 

Eberlein OT zur wirklichen Funktion des Politbüros/ Wissensdefizit:

"...es war selbstverständlich nach außen das politische Zentrum/ Beschlüsse gingen ja alle über den Tisch des Politbüros, obwohl sie nur abgesegnet wurden und nicht zur Debatte standen...";

 

Eberlein OT zur Frage, wie im Politbüro offiziell und untereinander privat über Anzeichen von Veränderungen innerhalb des Ostblocks diskutiert worden ist:

"Offiziell wurden solche Dinge ja nicht diskutiert/ gab von Honecker mal eine abwerfende Bemerkung 'wollt ihr polnische Verhältnisse?'...";

 

Eberlein OT zum Ablauf einer Politbürositzung:

"Am Wochenende bekam ich einen Stoß von Papieren/ im Politbüro dauerte die Abarbeitung dieses Berges von Vorlagen manchmal eine halbe Stunde bis Stunde..."

 

 

 

 

 

C1/1153:

 

Fortsetzung des Interviews mit Werner Eberlein;

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Satz "Wer zu spät kommt...":

 

"Der Satz steht nicht im Protokoll drin/ soll das unter vier Augen gesagt haben/ mir ist nicht klar, wie das auf russisch klingen soll/ sicherlich ist ja etwas Wahres dran an dem Satz/ in meinen Aufzeichnungen ist der Satz nicht drin/ schließe nicht aus, dass er einen solchen Gedanken geäußert hat/ er hat ja in Nuancen kritische Analyse gegeben/ Grundtenor war positiv/ im Nachhinein darzustellen, dass er damals schon alles gesagt hätte stimmt nicht.";

 

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Äußerungen vor der Neuen Wache:

 

"Verhältnis zwischen Gorbatschow und Honecker war ja gespannt/ konnte man nicht leugnen/ Gorbatschow hat ja während des Fackelzugs gesehen, dass diese spontane Reaktion mit 'Gorbi, Gorbi' nicht nur Ausdruck war der Anerkennung Gorbatschow, sondern auch Negativhaltung zur Situation der DDR/ glaube schon, dass er das erkannt hat/ das sich daraus bei ihm Schlussfolgerungen für ihn ergeben haben ist natürlich/ das er dann deutlicher geworden ist schließe ich überhaupt nicht aus.";

 

Eberlein OT zu seiner Tätigkeit als Dolmetscher/ Unterschied zwischen Ulbricht und Honecker:

 

"Dolmetschertätigkeit begann schon bei Wilhelm Pieck/ schwer Vergleiche zu ziehen/ Zeiten waren anders/ Menschen waren vollkommen anders/ unterschiedliche Personen, wobei sicher am auffälligsten war der Unterschied zwischen Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht bzw. Honecker/ war viel menschlicher, zugänglicher und aufgeschlossener/ Kurzfassung: Wenn 1971 auf dem 8. Parteitag davon die Rede war, dass eine Wende eingetreten ist, ich habe diese Wende nicht so gesehen und nicht so erkannt/ Honecker hat die Politik von Walter Ulbricht fortgesetzt, auch wenn es bestimmte Nuancen gab/ von der generellen Linie gab es keine Wende/ meine Sicht.";

 

 

Eberlein OT zur Frage, warum das Thema Staatssicherheitsdienst nicht im Politbüro besprochen worden ist:

 

"Schwierig zu beantworten/ man muss zurückblättern in die Geschichte/ vieles in der SED wurde übernommen aus den Traditionen der KPD/ damals in der KPD, insbesondere in Vorbereitungen der illegalen Tätigkeit, war die Sicherheitsfrage immer ausgeklammert/ niemand zu belasten/ selbst die Führung nicht zu belasten mit Dingen, die in der Illegalität zu Komplikationen führen können/ logische Handhabung der Sicherheitsfrage in der KPD, insbesondere vor der Machtübernahme von Hitler/ diese Tradition, die damals in den 30er Jahren ihre Berechtigung hatte, wurde übernommen in die SED.";

 

Eberlein OT zum Ausbau der Staatssicherheit/ Kontrollfunktion hätte wahrgenommen werden müssen:

 

"Ist richtig, dass sich die Staatssicherheit immer mehr ausweitete/ war mit darauf zurückzuführen, dass bestimmte Leute in der Staatssicherheit immer noch der stalinschen These nachhingen, dass mit der Entwicklung des Sozialismus der Klassenkampf sich verschärft/ These hat mit zu dieser Aufblähung des Apparates geführt/ was die Frage der finanziellen Mittel betrifft, so waren die uns nicht bekannt/ auch im Politbüro wusste keiner, welche Mittel die Staatssicherheit für sich beanspruchte/ sicherlich hat man sich daran gestoßen, dass so große Gebäude errichtet worden sind/ war aber abgeschirmt/ Größenordnung war nicht so sichtbar, wie sie es heute ist/ Staatssicherheit hat ja nicht diese Rolle gespielt seinerzeit, wie sie heute nun hervorgekehrt wird, indem alle Details publik gemacht werden...";

 

 

Eberlein OT zur Frage, ob es stimme, dass Honecker keine Ahnung hatte, da das Thema nie im Politbüro diskutiert worden sei:

 

"Das stimmt/ wurde nie im Politbüro diskutiert/ er sagt, er wusste es selber nicht/ muss er seinem Gewissen überlassen, ob er es wusste oder nicht/ kann ich nicht beurteilen/ im Politbüro ist das nie behandelt worden.";

 

 

Eberlein OT zu seiner Person/ Biographie:

 

"Eberlein, Werner/ 1919 geboren/ kommunistische Familie/ bin 1934 emigriert in die Sowjetunion mit 14 Jahren/ 1948 wiedergekommen aus der Sowjetunion/ habe 1948 begonnen im Apparat des Zentralkomitees der SED zu arbeiten/ fast drei Jahrzehnte als Dolmetscher gearbeitet/ bin dann im Apparat 1983 delegiert worden zur Wahl als Bezirkssekretär in Magdeburg/ bin gewählt worden/ 1985 Mitglied des Politbüros geworden bis zu seinem kläglichen Ende/ bin dann noch gewählt worden vom Zentralkomitee als Vorsitzender der Parteikontrollkommission/ habe ich knapp drei Wochen ausgeübt/ bis zum Parteitag der PDS.",

 

 

Eberlein OT zur Frage, warum so viele eine positive Meinung von ihm haben:

 

"Eine Frage, die ich nicht beantworten kann/ müssen die beantworten, die ein solches Urteil über mich fällen/ glaube schon, dass ich immer ehrlich und offen allem gegenüber getreten bin/ wenn eine solche Reaktion besteht, dann freut mich das/ fühle mich bestätigt in meiner Ansicht, dass ich meinen Ideen treu bleibe/ glaube nach wie vor, dass der Sozialismus die soziale gerechtere Gesellschaftsform sein wird.../ brauchen eine Neuorientierung/ neue Konzeption für den Sozialismus/ die wird erarbeitet/ heutige Situation zeigt immer wieder, dass der heutige Kapitalismus nicht imstande ist die sozialen, ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen/ Mensch ändert sich/ glaube schon, dass der Sozialismus mehrere Generationen brauchen wird, um den Menschen wieder zum Positiven zu verändern/ ich glaube an das Positive im Menschen."

 

 

Nahaufnahmen von Werner Eberlein; Redakteur unterhält sich mit Eberlein über den Film und Ausstrahlungstermin; Gespräch über weitere Politbüromitglieder, die noch interviewt werden sollen; diverse Aufnahmen von Eberlein

 

 

C1/1154:

 

 

"Fortsetzung des Interviews mit Werner Eberlein; Interview mit Politbüromitglied Werner Eberlein aus einer anderen Perspektive gefilmt (Fragen ansonsten identisch mit Kassette C1/1153); Redakteur OH; Redakteur stellt Frage; Schwenk auf Eberlein;

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Satz "Wer zu spät kommt...":

"Der Satz steht nicht im Protokoll drin/ soll das unter vier Augen gesagt haben...";

 

 

Eberlein OT zu Gorbatschows Äußerungen vor der Neuen Wache:

"Verhältnis zwischen Gorbatschow und Honecker war ja gespannt/ konnte man nicht leugnen...";

 

Eberlein OT zu seiner Tätigkeit als Dolmetscher/ Unterschied zwischen Ulbricht und Honecker:

"Dolmetschertätigkeit begann schon bei Wilhelm Pieck/ schwer Vergleiche zu ziehen/ Zeiten waren anders/....";

 

Eberlein OT zur Frage, warum das Thema Staatssicherheitsdienst nicht im Politbüro besprochen worden ist:

"Schwierig zu beantworten/ man muss zurückblättern in die Geschichte/ vieles in der SED wurde übernommen aus den Traditionen der KPD...";

 

Eberlein OT zum Ausbau der Staatssicherheit/ Kontrollfunktion hätte wahrgenommen werden müssen:

"Ist richtig, dass sich die Staatssicherheit immer mehr ausweitete.../ Staatssicherheit hat ja nicht diese Rolle gespielt seinerzeit, wie sie heute nun hervorgekehrt wird, indem alle Details publik gemacht werden...";

 

Eberlein OT zur Frage, ob es stimme, dass Honecker keine Ahnung hatte, da das Thema nie im Politbüro diskutiert worden sei:

"Das stimmt/ wurde nie im Politbüro diskutiert...";

 

Eberlein OT zu seiner Person/ Biographie:

"Eberlein, Werner/ 1919 geboren/ kommunistische Familie/ bin 1934 emigriert in die Sowjetunion mit 14 Jahren...",

 

Eberlein OT zur Frage, warum so viele eine positive Meinung von ihm haben:

"Eine Frage, die ich nicht beantworten kann/ müssen die beantworten, die ein solches Urteil über mich fällen..."

 

Nahaufnahmen vom Redakteur und von Eberlein; Redakteur unterhält sich mit Eberlein über den Film und Ausstrahlungstermin; Gespräch über weitere Politbüromitglieder, die noch interviewt werden sollen; diverse Aufnahmen von Eberlein

 

 

C1/1155:

 

 

Eberlein OH;

 

Eberlein OT zur Frage, ob es im Politbüro nie eine Diskussion über die Funktion des Politbüro gab:

 

"Nein/ Politbüro hat seine Funktion nicht erfüllt/ hat im Grunde genommen eine artfremde Funktion erfüllt/ nicht diskutiert/ war ja eine Situation, die in anderen Ländern vergleichbar war/ ist in der KPdSU so gewesen, wobei ich glaube, dass in der KPdSU gab es mehr Diskussionen als es bei uns der Fall war/ weiß ich aber nicht/ diese administrative Funktion wurde von Stalin seinerzeit übernommen und weitergeführt in dem Glauben, es sei richtig so/ muss alles über den Tisch des Politbüros und damit hat es sich zerfleddert in Details ohne auf die Grundfragen einzugehen."

 

 

 

 

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