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Unsere alten Tage

Regie: Petra Tschörtner, 48 Min., Schwarz-Weiß, Dokumentarfilm
Deutsche Demokratische Republik (DDR)
1989

Film-/Videoformat
35 mm
Länge in m
1316
Sonstiger Titel
Familienverhältnisse
Englischer Titel
When we are old; At Our Old Age
Anlaufdatum

Kurzinhalt (Deutsch)

Alte Menschen, abgeschoben und alleingelassen in Heimen, in denen sie Essen und Pflege haben, aber wenig Wärme verspüren. Der Fernseher ist ihr treuester Begleiter und wenn die Direktorin des Altersheimes in der Feier zum Republikgeburtstag das Glück und die Geborgenheit der alten Leute rühmt, mag man daran nicht glauben angesichts der Lebensgeschichten, die die Frauen und Männer erzählen.

Die Autorin erzählt von ihrer eigenen Großmutter, die in eben so einem Heim starb, voller Sehnsucht nach der Enkeltochter. Vergessen zu werden von den Söhnen und Töchtern, von den Jungen, Schönen, Erfolgreichen ist das Schicksal von Alten in dieser Zeit.

Filmstill zu "Unsere alten Tage"

(R: Petra Tschörtner 1989) Fotograf: Michael Lösche

Filmstill zu "Unsere alten Tage"

(R: Petra Tschörtner 1989) Fotograf: Michael Lösche

Filmstab

Regie
  • Petra Tschörtner
Drehbuch
  • Petra Tschörtner
  • Jochen Wisotzki
Kamera
  • Michael Lösche
Schnitt
  • Angela Wendt
Dramaturgie
  • Martin Engelhardt
Ton
  • Ronald Gohlke
  • Ulrich Fengler
Produktionsleitung
  • Andreas Dahms
Text
  • Petra Tschörtner
Sprecher
  • Petra Tschörtner
Person, sekundär
  • Michail Gorbatschow
  • Erich Honecker

Kurzinhalt (Englisch)

Frieda and Erwin Schinke are moving into a small room in an old-people's home. They are filmed saying good-bye to their familiar neighbourhood, arriving at their new home and meeting some of their new neighbours. The film describes how senior citiziens feel in a society in which youth and success are the important prerequisites. Filmed during the days before and after the 7th October 1989, signs of the GDR's collapse are apparent.

Langinhalt

0:00:00

Fahraufnahme auf einer Hauptstraße in der Hauptstadt Berlin im Abendlicht (halbtotal). Halt an einer Roten Ampel an einer Kreuzung, Fußgänger überqueren die Straße und eine S-Bahn fährt lärmend über eine Brücke (halbtotal) (O-Ton). Fortsetzung der Fahraufnahme in der Dunkelheit bis zu einer Plattenbau-Wohnanlage (halbtotal). Erzählerin im Off: "Mein liebes Petralein und Willichen, dieser Brief kommt hoffentlich noch zum Geburtstag an, wie werdet ihr ihn feiern? Die 10 Mark sind für Kaffee und Kuchen gedacht, laßt es euch schmecken. Wenn ich könnte hätte ich gebacken, aber das Alter ist zu grausam, seit eurem letzten Besuch bin ich ohne jede Hilfe, wann werden wir uns mal wiedersehen? Ihr jungen Leute habt immer so viel zu tun. In Liebe grüße ich euch mit einem Kuß, eure Omi". Fahraufnahme durch die Wohnanlage (halbtotal). Schwenk zu einem Altenheim in der Dunkelheit (halbtotal). Erzählerin: "Wir haben uns nicht mehr gesehen, Großmutti starb im Krankenhaus, allein unter Fremden". Titeleinblendung "Unsere alten Tage". Umschnitt

0:01:45

Drei ältere Bekannte treffen sich auf dem Gehweg und tauschen Lebensmittel und Gedanken über ein Altenheim aus (halbnah) (O-Ton). Ältere Frau verabschiedet sich vom Rentner Schinkel mit herzlichen Worten (halbnah) (O-Ton). Kameramann folgt dem Rentner durch einen Flur und Innenhof in das Treppenhaus des Wohnhauses (halbnah). Umschnitt in die Wohnung des Rentnerehepaares Schinkel (halbnah). Rentner löst Rätsel während seine Frau auf dem Balkon die Tageszeitung liest (halbnah) (O-Ton). Umschnitt auf die Porträtfotos des Ehepaares aus jungen Jahren (nah). Hochzeitsfoto des Paares (nah). Rentner erzählt auf dem Balkon (halbnah) (O-Ton) "Das Schönste war immer wenn wir Familienfeier gehabt haben, ach war das herrlich. Wir sind alle zusammen gekommen und das war immer meine größte Freude gewesen, und heute sieht das so aus, der Jüngste ist abgehauen nach Westdeutschland, der kann nicht mehr wieder kommen hier, und wat mit meine Tochter los ist und Schwiegersohn weiß ich nicht...". Foto-Einblendung der kleinen Kinder des Ehepaares (nah). Foto von einer Familienfeier des Paares (nah). Umschnitt

0:06:22

Frage aus dem Off: "Wie haben denn ihre Kinder reagiert als Sie zum 1. Mal ausgesprochen haben in ein Heim zu gehen"? Rentner (halbnah) (O-Ton) "Der Große war gar nicht mit einverstanden, der hat geweint...und der Schwiegersohn hatte ja dieses Heim eingefädelt, er hat damit angefangen". Schwenk zur Rentnerin (halbnah) (O-Ton) "Meinem Schwager hat er geraten in das Heim in Klosterfelde zu gehen, und so hat er gedacht er kann das mit uns auch so machen, jetzt läßt er sich nicht sehen". Frage aus dem Off: "Jetzt hilft er Ihnen nicht dabei"? Ehepaar "Nee". Frage aus dem Off: "Und wie ist Ihnen zumute, in zwei Tagen ins Heim zu gehen"? Ehepaar lachend "Nicht gut, also ich hab im Schmöker gelesen, da hat eine Prinzessin einen Unfall gebaut und die Prinzessin die haben sie nun verdonnert zu 4 Wochen in ein Feierabendheim, die alten Leute betreuen, dazu war sie zu fein und da hat sie sich ne Freundin gesucht und hat die über 1.000 Dollar versprochen, und die hat es gemacht, und nach 8 Tagen ist das raus gekommen dat die andere dat macht, und der das verordnet hat, der hat sich auch ein bißchen verliebt in ihr, und da hat er ihr gesagt sie machen das noch immer schlimmer als es schon ist. Na ja, nun hat sie sich überreden lassen und ist auch rein gegangen, und da hat sie eine von die Frauen, die war so begeistert die alte Dame, und sie hat auch Gefallen an der gehabt, und da hat die alte Dame gesagt, wie ist so etwas möglich, ich habe so viele Kinder und nicht einer kommt mal, nur zum Geburtstag jedes Jahr einmal". Umschnitt

0:08:37

Rentner und Sohn tragen den verpackten Fernsehapparat zu einem Auto vor dem Wohnhaus (halbnah). Rentner hilft den Karton in den "Trabant" zu ziehen (halbnah) (O-Ton). Langsame Fahraufnahme am siebenstöckigen Altenheim vorbei bei Tag (halbtotal). Umschnitt in das Büro des Heims mit dem Ehepaar, dem Sohn und einer Heimangestellten (halbtotal) (O-Ton) "Herr und Frau Schinkel, ich darf Sie zunächst im Namen unserer Heimleitung recht herzlich bei uns begrüßen und wir müssen natürlich bestimmte Aufnahmeformalitäten erledigen wie sie für jeden Heimbewohner notwendig sind. So hat zum Beispiel jeder Heimbewohner eine Heimakte wo alle Dinge, auch die vertraulichen, drin enthalten sind, die sind für niemanden zugänglich. Es gehört dazu das wir eine Karteikarte anlegen wo ich zuerst Ihre Personalien aufnehme, deshalb bitte ich Sie mir Ihren Ausweis erst mal zu geben...". Rentner Schinkel überreicht die Ausweise (halbnah). Frage der Angestellten an Frau Schinkel (halbnah) (O-Ton) "Und als was haben Sie zuletzt gearbeitet"? Schwenk zu Frau Schinkel (halbnah) "Als Näherin, zuletzt bei der DEWA". Rentner Schinkel (halbnah) (O-Ton) "Ich war Arbeiter, letzte Zeit habe ich bei der BVG gearbeitet, erst als Schaffner und dann als Fahrer". Frage der Angestellten "Gehören Sie zur Massenorganisation oder einer Partei"? Rentner Schinkel "Nein". Umschnitt auf das Ehepaar Schinkel (halbnah). Frage aus dem Off: "Und wenn beide nicht mehr da sind, wer soll sich um den Nachlaß kümmern, das müssen wir natürlich als Heim wissen, das muß auch jetzt festgelegt werden"? Frau Schinkel "Muß das jetzt gleich sein"? Antwort aus dem Off "Sie können sich auch mal beraten und mir das später sagen, ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung...". Heimangestellte (halbnah) mit Schwenk auf den Sohn (O-Ton) "Ich möchte Ihnen erst einmal sagen das ich mich freue das Sie als Sohn mit teilnehmen an der Aufnahme, denn Sie merken ja jetzt schon es geht jetzt schon um Dinge die weit später reichen, die aber unbedingt in der Familie besprochen und geklärt werden müssen, und deshalb bin ich Ihnen sehr dankbar das Sie mit gekommen sind...". Umschnitt...

0:12:50

...in das Heimzimmer des Ehepaares Schinkel (halbtotal). Sohn hilft den Fernseher aufzustellen (halbnah) (O-Ton). Familie Schinkel im Heimzimmer vor dem Fernsehgerät (halbtotal). Rentner Schinkel versucht den Empfang zu verbessern (halbnah) (O-Ton). Gesicht der unzufriedenen Ehefrau (halbnah) (O-Ton). Sohn und Eltern versuchen den TV-Empfang zu stabilisieren (halbnah) (O-Ton). Umschnitt auf das Gebäude des Altenheims (halbtotal). Umschnitt auf das Karten spielende Ehepaar Schinkel in ihrem Zimmer im Altenheim mit laufendem Fernsehgerät (halbnah) (O-Ton). Frage aus dem Off: "Und Frau Schinkel, wie ist es denn jetzt so am ersten Abend"? Frau Schinkel (halbnah) (O-Ton) vom Ehemann "Ja, ganz gut, wir finden das so als wenn es Urlaub wär". Umschnitt

0:15:12

Küchenhilfe fährt mit einem Wagen voller Milch und Kaffe durch die Flure des Altenheims (halbtotal) (O-Ton). Küchenhilfe hält vor Zimmer 337 des Ehepaares Schinkel und klopft (halbnah) (O-Ton) "Morgen, Frühstück". Rentner Schinkel kommt aus dem Zimmer und erhält heiße Milch und 3 Schrippen (halbnah) (O-Ton). Umschnitt auf eine andere Heimbewohnerin bei der Übergabe des Frühstücks (halbnah) (O-Ton). Küchenhelferin klopft an der Tür des Zimmers 436 (halbnah) (O-Ton) "Frau Mattern, ist die eigentlich wach? Habt ihr die schon gesehen"? Küchenhelferin schaut kurz durch das Schlüsselloch und zieht mit ihrem Küchenwagen ab (halbnah). Mit zwei Krücken kommt Frau Mattern langsam zum Zimmer (halbnah) (O-Ton) "Ein Brötchen, kann auch zwei sein...schließen Sie mal bitte auf"? Küchenhelferin schließt die Tür auf und überreicht Frau Mattern das Frühstück (halbnah) (O-Ton). Blick auf den Flur des Altenheimes mit der Küchenhilfe und wartenden Heimbewohnern vor ihren Zimmern (halbtotal) (O-Ton). Umschnitt

0:17:53

Betreuerin bei einer neuen Heimbewohnerin im Zimmer (halbnah) (O-Ton) "Haben Sie sich ein bißchen eingelebt"? Antwort "Ja". Frage "Wie schmeckt das Essen"? Antwort "Das Essen ist fantastisch". Betreuerin "Das freut mich, gefällt es Ihnen also bei uns"? Antwort "Ja". Betreuerin "Frau Utes, nun habe ich eine ganz große Bitte an Sie, oder erst mal ne Frage, denn ich will Sie nicht überfallen, das sollen Sie sich gut überlegen, und zwar ist so dass Sie noch jemanden ins Zimmer rein kriegen, das wissen Sie ja, das Sie das Zimmer nicht alleine haben, und deshalb wollte ich Sie heute fragen ob Sie bereit wären eine Frau hier mit aufzunehmen"? Frau Utes (halbnah) (O-Ton) "Hauptsache sie ist ehrlich". Betreuerin "Frau Utes das ist ein verständlicher Wunsch und ich habe die Frau kennen gelernt, ich kann mir natürlich noch kein umfassendes Bild machen, ich kann das noch nicht richtig beurteilen...(Umschnitt auf die Betreuerin (nah)...Sie sind ein Mensch der bestimmt mit einem anderen Menschen umgehen kann...(Schwenk zu Frau Utes)...sagen Sie ruhig Ihre Meinung, ganz ehrlich und offen". Frau Utes (halbnah) (O-Ton) "Ja, ich bin auch so, wenn ein Mensch nur mit seinem Kopf durch die Wand geht, das kann ich nicht ertragen". Umschnitt

0:19:00

Die Zimmertür öffnet sich und die neue Zimmerbewohnerin kommt mit der Betreuerin herein (halbtotal). Betreuerin "Sie mögen nicht erschrecken, kommen Sie, gucken Sie sich mal die Räumlichkeiten an, das ist die Frau Utes, die war so freundlich und hat uns mal, hat sich bereit erklärt uns ihr Zimmerchen zu zeigen, und das ist die Frau Scholz Frau Utes. So, Frau Scholz, gucken Sie sich mal hier um...". Schwenk über Frau Scholz und die Betreuerin vor einem Schrank für die persönlichen Dinge (halbnah). Umschnitt auf eine Außenterrasse des Altenheims (halbtotal). Umschnitt. Betreuerin öffnet die Balkontür und beide betreten den Balkon (halbnah) (O-Ton) "Passen Sie auf, Stufe. Hier können Sie etwas spazieren gehen oder einen Tisch hin stellen. Gefällt es Ihnen Frau Scholz"? (Vor lauter Umweltlärm ist das Gespräch kaum zu hören) Frau Scholz "Das kann nie mein zu Hause nicht ersetzen". Betreuerin "Nein, das ist richtig, ein zu Hause wird es sicher nicht ersetzen, aber Sie werden bei uns gut versorgt Frau Scholz, das ist doch für Sie wichtig". Umschnitt auf Frau Utes (halbnah). Im Off "Frau Scholz braucht Hilfe und jetzt Ihre Unterstützung". Frau Utes "Das merke ich, aber ich möchte Ihnen auch im Voraus sagen, die ganze Augenpartie ist schlecht". Betreuerin "Das gefällt Ihnen nicht so"? Frau Utes "Nein". Betreuerin "Gut, das ist Ihre ehrliche Meinung, die akzeptiere ich". Umschnitt

0:21:04

Blick in einen Flur des Altenheims und auf deren Säuberung durch eine männliche Arbeitskraft am Abend (halbtotal). Umschnitt auf die Heimbewohnerin Bermeister in ihrem Zimmer (halbnah). Frage aus dem Off "Wie sind Sie denn hier in dieses Heim gekommen Frau Bermeister"? Frau Bermeister (halbnah) (O-Ton) "Nach meinem 1. Schlaganfall...meine Tochter hat aber gebohrt und gebohrt, hier haben Sie Ausweise, und, und... bis ich hier war". Frage aus dem Off "Wollten Sie es selbst"? Frau Bermeister "Nein, ich bin ehrlich, ich wollte nicht. Ich hab gedacht, ich habe 6 Kinder groß gezogen da werden die 6 Kinder auch mal für mich Platz haben, aber das geht nicht. Die gehen arbeiten, die Kleine hätte mich ja genommen, aber sie sagte, dann bist du ja doch den ganzen Tag alleine, und die Große hat auch nen Sohn der ist Witwer mit 2 kleinen Kindern, schwer, die hat es schwer, die muß ja für die Sorgen, also für Mutter kein Platz, also das hat für mich viel gekostet, die Umstellung, immer einen großen Haushalt gewöhnt und dann im engsten Raum. Na, und ich kann noch vom Glück sagen das ich ein Einzelzimmer bekommen habe. Jetzt muß ich schön lachen über meine ganze...". Frage aus dem Off "Sind Sie denn oft traurig"? Frau Bermeister (halbnah) (O-Ton) "Na, ich bin sehr traurig manchmal, nur habe ich auch sehr viel durch gemacht. Sehen Sie mal, ich habe 2 kleine Kinder verloren, dann habe ich zwei Erwachsene verloren, die älteste Tochter vergangenes Jahr im Mai, drüben, in ganz kurzer Zeit, die kam noch einen Sonnabend an und sagte ich habe solche Sehnsucht gehabt nach Dir, ich mußte kommen, und 4 Wochen später war ich zur Beerdigung. Das kann sich keiner vorstellen was das für Nerven kostet und alles...und dann mußte ich auch noch aufs Bette steigen und nen Nagel einklopfen, und dabei bin ich runter gefallen und habe mir die Rippen gebrochen...". Frau Bermeister zeigt noch ein Dokument in die Kamera (halbnah) (O-Ton) "Hier, das können Sie auch noch zeigen, 40 Jahre FDGB". Frage aus dem Off "Interessieren Sie sich eigentlich noch für Nachrichten, gucken Sie mal Fernsehen"? Frau Bermeister (halbnah) (O-Ton) "Ganz selten, ja, ich habe jetzt geguckt weil es sind jetzt hier Sachen weil doch Honecker so schwer krank war, dann haben sie aber gesagt er ist zur Erholung, ich weiß nicht was ich davon halten soll. Das ist doch noch gar nicht so lange her dass sie ihn operiert haben, da können sie ihn doch noch nicht schicken zur Erholung. ist er wirklich weg? Ich nehme an er ist nur auf der Station verlegt worden". Frau Bermeister hält noch eine Ehrenurkunde in die Kamera (halbnah) (O-Ton) "Hier steht auch noch so viel Gedrucktes und geschriebenes...(lächelt in die Kamera)...hören Sie auf, Sie quälen sich da ab mit dem...er lugt von oben rein...". Umschnitt

0:24:16

Blick auf die Rezeption des Altenheims bei der Schlüsselanforderung durch Bewohner (halbtotal) (O-Ton). Bewohner bemängelt einen fehlenden Brief an der Rezeption (halbtotal) (O-Ton). Schwenk über den Gehbehinderten Mann im Flur (halbtotal). Frage aus dem Off an eine Heimbewohnerin in ihrem Zimmer "Wann sind Sie hier in das Heim gekommen"? Frau Strob (halbnah) (O-Ton) "Da fragen Sie mich wirklich zu viel, das weiß ich nicht mal. Ich bin in der Wohnung umgefallen und da kam meine Haushaltshilfe die ich damals immer noch hatte, und die hat solch einen Schreck gekriegt und gedacht ich sei tot...und die Frau unter uns hat einen Krankenwagen kommen lassen...und von da an weiß ich nichts mehr, ich weiß nicht wie ich ins Krankenhaus gekommen bin, ich weiß nicht wie ich wieder raus gekommen bin, und ich weiß auch nicht wie ich hier rein gekommen bin. Ich weiß auch nicht wer dass organisiert hat dass ich hier rein gekommen bin". Frage aus dem Off "Haben Sie keinen Antrag laufen"? Heimbewohnerin Strob (halbnah) (O-Ton) "Nein, überhaupt nicht, ich bin da wieder zu mir gekommen und da war ich hier drin. Ich nehme an das es der Arzt vom Krankenhaus gemacht hat". Frage aus dem Off "Würden Sie wieder gerne in ihrer Wohnung wohnen"? Frau Strob (halbnah) (O-Ton) "Unbedingt, gerne, ich habe Tränen geheult als ich am Sonntag da drin war in meiner großen 3 1/2-Zimmer-Wohnung...jetzt wohnt da meine Enkeltochter drin, mit Familie". Frage aus dem Off "Und hätten Sie sich früher vorstellen können vielleicht bei Ihren Kindern aufgenommen werden können im Alter"? Heimbewohnerin "Ja, hab ich mir mal vorgestellt, aber heute stelle ich mir das nicht mehr vor, ich bin froh das es nicht ist, das würde nicht gut gehen". Frage aus dem Off "Und was haben Sie früher gemacht Frau Strob"? Heimbewohnerin (O-Ton) "Da muß ich erst meinen Lebenslauf raus holen, das weiß ich aus dem Kopf gar nicht mehr...aber wollen wir mal sagen, meine längste Zeit war wohl im Fernamt Berlin...da war ich an der französischen und Londoner Leitung beschäftigt. Vorher war ich mal bei einem Rechtsanwalt und die längste Zeit habe ich politisch gearbeitet, und was ich alles aufgeschrieben habe kann ich gar nicht aus dem Kopf sagen...". Frage aus dem Off "Interessieren Sie sich jetzt auch noch für Politik"? Frau Strob (halbnah) (O-Ton) "Ja, das wird man nicht los, das wird man nicht los". Umschnitt

0:27:41

Blick auf eine sitzende Frau im Flur des Altenheims (halbtotal). Umschnitt auf ein Fernsehgerät mit einem Bericht von Honecker und Gorbatschow anläßlich des 40. Jahrestages der Gründung der DDR im Jahre 1989 (halbnah) (O-Ton). Fernsehbild: Umzug in der Hauptstadt Berlin, Honecker und Gorbatschow winken den Menschen zu (halbtotal) (O-Ton). Umschnitt auf Frau Strob (halbnah). Frage aus dem Off "Interessieren Sie sich auch für die Innenpolitik"? Frau Strob (O-Ton) "Natürlich, aber da mach ich nichts, ich kann das auch nicht mehr...zur morgigen Parteiversammlung im Hause gehe ich aber noch...aber was soll ich da, die sind doch alle alt, und die wenigsten interessieren sich noch für Politik...". Frage aus dem Off "Haben Sie noch Kontakt zu anderen älteren Bürgern"? Frau Strob (halbnah) (O-Ton) "Wie, nach außen oder innerhalb des Hauses? Ne, ne, wir machen gar nischt, ich hab auch gesagt sie sollen wenigstens hier im Haus ein paar Rezitationsvorträge oder so etwas machen lassen, damit man etwas Abwechslung hat, man wird ja stumpfsinnig hier. Nun kann ich ja Gott sei Dank noch gut lesen, das ist ein Vorteil, hier sind so viel die nicht lesen können, die versauern ja ganz und gar". Umschnitt auf eine singende Schar von Vorschulkindern im Altenheim (halbtotal) (O-Ton) "Weil unsre Stadt Geburtstag Hand flattern die Fahnen hoch im Wind...". Blick auf die zuhörenden und applaudierenden Heimbewohner im Veranstaltungsraum (halbtotal). Heimleiterin spricht zu den Anwesenden (halbtotal) (O-Ton) "Liebe Heimbewohner, verehrte Gäste, liebe Mitarbeiter. 40 Jahre DDR, wer weiß es nicht höher zu schätzen als die Mitbewohner die mit am Aufbau unseres Staates halfen. Unsere großzügige Sozialpolitik ermöglicht Ihnen in diesem schönen Heim zu wohnen. Wir hoffen sehr das Sie hier ein neues zu Hause gefunden haben...(Schwenk von der Rednerin zu den Heimbewohnern)...wir werden uns bemühen all unsere Kraft einzusetzen um Ihnen das Gefühl der Fürsorge und Geborgenheit zu geben". Umschnitt

0:30:25

Musiker aus dem Heim spielen russische Weisen im Veranstaltungsraum (halbtotal) (O-Ton). Nachdenklicher Heimbewohner allein am Tisch (halbnah). Gesichter von zuhörenden Heimbewohnerinnen (halbnah). Älterer Gitarrenspieler hinter dem Notenstand (halbnah). Schwenk auf den Mandoline spielenden Rentner Schinkel (halbnah) (O-Ton). Umschnitt auf einen Flur des Altenheims (halbtotal). Umschnitt auf einen Heimbewohner in seinem Sessel (halbnah). Frage aus dem Off "Sie waren ja lange in der Partei, beschäftigen Sie sich noch mit den aktuellen politischen Dingen"? Heimbewohner (halbnah) (O-Ton) "Ja, da haben wir uns ja schon unterhalten...ich bin auch nicht mit allem einverstanden wie das so vor sich geht, das heißt nicht mit Grundfragen, also mit prinzipiellen Fragen bin ich vollkommen einverstanden, da ändert sich nichts dran, aber es gibt ja ne Menge Dinge, man muß ja auch fragen, warum gehen jetzt so viele Menschen aus der Republik? Das ist eine brennende Frage, da muß doch ein Grund sein, warum die Menschen eben weg gehen, und wenn auch, meiner Meinung nach möchte ich sagen, viele primitive Gründe sind, keine richtige Erkenntnis der Lage und so weiter und so fort. Da werden sich drüben sicher eine ganze Menge schön umsehen, die werden staunen was sie da erwartet. Ich kann das aus Erfahrung sagen, ich habe den 1. Weltkrieg erlebt, Inflation, nicht wahr, 1930 Arbeitslos, 5 Jahre, und dann Krieg, also ich kann ein Liedchen singen davon". Frage aus dem Off "Was müßte sich Ihrer Meinung nach ändern..."? Heimbewohner (O-Ton) "Das muß in Kürze geändert werden, und wenn sie jetzt die Presse verfolgen in den letzten Tagen...da ist ja auch genug drin, wenn einer lesen kann dann weiß er ja das einiges auf uns zu kommt, vernünftiges nehme ich an. Deswegen würde ich mich heute auch gar nicht festlegen wollen, weil ich ja nicht weiß, was wird beraten, welche Beschlüsse werden gefaßt und so weiter und so fort. Hoffentlich solche Beschlüsse die allen Menschen hier zu gute kommen, hoffe ich". Frage aus dem Off "Meinen Sie nicht das die Regierung ein bißchen zu alt ist Momentan"? Heimbewohner (halbnah) (O-Ton) "Ja, das kann man sagen, das ist nicht nur die Regierung, auch andere Positionen in Ministerien und so weiter, das ist ne Frage wo der Generationswechsel meiner Meinung nach auch mal erfolgen muß, denn ich meine das sehe ich doch an mir selbst, vor 10 Jahren hatte ich noch ganz andere Gedanken, ganz andere Energie, das hat doch ein Mensch in meinem Alter nicht mehr, und da lassen auch die grauen Zellen nach". Umschnitt

0:34:16

Blick in ein Zimmer mit vier Frauen vor dem Fernsehgerät bei der Sendung mit dem "Sandmännchen" (halbtotal) (O-Ton). Fotografie mit Trauerflor auf einem Tisch (nah). Wecker, Blumen und eine Bilderrahmen mit verschieden Porträts auf dem Tisch (nah). Drei Bilderrahmen eines Paares auf dem Tisch (nah). Die drei alten Damen werden in ihrem gemeinsamen Zimmer befragt aus dem Off "Ich wüßte gerne die Vornahmen, wie heißen Sie"? Ältere Frau (halbnah) (O-Ton) "Wer ich...Luzia, meine Nachbarin heißt Ella". Schwenk auf Ella (halbnah) (O-Ton) "Ich bin auch Schwerhörig". Frage aus dem Off "Was machen Sie hier so den ganzen Tag"? Ella antwortet (nah) (O-Ton) "Um 7 Uhr stehen wir auf, um halb Acht gibt es Frühstück, na und denn dauert das was.., na, und der eine legt sich wieder lang unter die Decke und ich bleib meistens am Tisch sitzen, mach Handarbeit oder ein Kreuzworträtzel, ja und dann geh ich auch mal raus bis zum Mittag". Frage aus dem Off "Gucken Sie viel Fernsehen am Abend"? Ella "Ja, meistens ab 6 Uhr läuft der Apparat bis um 8 oder halb neun, danach gehen wir schlafen. Wir schlafen alle gut, Gott sei Dank". Frage aus dem Off "Ist das nicht zu kompliziert zu viert auf einem Zimmer"? Ella antwortet (wieder) für alle (halbnah) (O-Ton) "Nö, das kann man nicht sagen, wir sind alle gesund, das ist klar das man mal raus muß, aber das stört ja niemand, alles in Ordnung". Schwenk über die vier Frauen am Tisch in ihrem gemeinsamen Zimmer (halbnah). Umschnitt

0:37:01

Heimbewohner füttert seine kranke Frau im Bett (halbnah). Frau im Bett (O-Ton) "Du quälst mich". Ehemann "Ich quäl mich selber Du". Ehemann füttert still seine Frau weiter (halbnah). Schwenk von einer anderen Frau auf dem Bett auf den fütternden Mann (halbnah) (O-Ton) "Na, ich werd dir was sagen, ich werde dir den Pudding geben und dann werden wir aufhören". Ehemann zum Kameramann (halbnah) (O-Ton) "Wollen wir mal aufhören, es hat keinen Zweck, dann ißt sie nachher noch was". Frau im Bett "Los, los, komm mal". Umschnitt auf eine das Zimmer betretende Betreuerin (halbnah) (O-Ton) "Guten Abend, was essen wir denn schönes? Betreuerin befragt die Frauen im Zimmer nach ihren Wünschen für das Abendessen (halbtotal) (O-Ton). Umschnitt auf den politisch interessierten Heimbewohner (halbnah). Frage aus dem Off "Wie lange pflegen Sie Ihre Frau denn schon"? Heimbewohner (halbnah) (O-Ton) "Seit der Einweihung, seit Mai, jeden Tag. Morgens, Mittags, Abends. Na ja, wissen Sie, ich sage immer das hätte mir ja auch so gehen können, und ich weiß genau sie würde sich genau so einsetzen, also, da rede ich gar nicht drüber". Frage aus dem Off "Haben Sie auch Kinder"? Heimbewohner (O-Ton) "Ja, eine Tochter, aber die kann nicht so, hat zwei Kinder, einen Mann und arbeitet auch, und ich möchte sie auch nicht damit belasten groß". Umschnitt

0:38:51

Blick in ein Heimzimmer mit einem Mann im Rollstuhl (halbtotal). Schwenk über den Rollstuhlfahrer bei der Abendessensausgabe auf dem Flur (halbnah) (O-Ton) "Schnittkäse, bißchen Fisch und drei Scheiben Wurst". Rollstuhlfahrer nimmt seinen Teller und fährt in sein Zimmer (halbnah). Küchenhilfe bringt noch einen Teller Suppe in das Zimmer (halbtotal) (O-Ton). Umschnitt auf ein Zimmer mit Frauen bei der Essensübergabe durch eine Hilfskraft (halbtotal) (O-Ton). Umschnitt auf einen Heimflur während der Essensausgabe am Abend (halbtotal). Frage an eine Heimbetreuerin im Küchenbereich aus dem Off "Ist das nicht Deprimierend wenn man jeden Tag so viele Alte und Kranke sieht und betreut"? Krankenschwester (halbnah) (O-Ton) "Ja sicherlich, Sie mögen das eines Teils recht haben, aber ich bin eigentlich Krankenschwester geworden aus Überzeugung auf meinen Beruf und aus Passion. Also ich gehöre noch zu den Schwestern denen der Beruf "Berufung" ist". Frage aus dem Off "Stumpft man ab mit der Zeit"? Krankenschwester "Nein, eigentlich nicht, also ich kann da nur von mir persönlich aus gehen, ich kann das nicht sagen, mich berührt doch eben jedes menschliche Schicksal...Wer hier lebt und die letzten Jahre seines Lebensabschnitt verbringt gibt ja auch viel auf, und hinter jeden Aufgeben, ein zu Hause hinter sich zurück lassen, das ist ja auch ein Stück Persönlichkeit und das möchten sie ja letzten Endes irgendwo hier wieder finden. Sicherlich, man kann ihnen nicht das zu Hause hier ersetzen, das muß man einfach verstehen, dazu brauchen wir natürlich enorme Unterstützung der Angehörigen, vielleicht auch der Fürsorge, jeder der bereit ist sollte sich einmal umschauen wie diese alten Menschen hier leben, nachdem sie ihr zu Hause verlassen haben". Umschnitt

0:41:51

Krankenschwester mit dem Küchenwagen auf dem Heimflur (halbnah). Krankenschwester bleibt mit dem Essenswagen stehen (halbnah) (O-Ton) "Frau Wiedemann wartet schon. Frau Wiedemann, ist der Hunger groß, was nehmen wir den, was möchten Sie"? Schwenk zu Frau Wiedemann auf dem Flur (halbnah) (O-Ton) "Zwei Schnitten Weißbrot, Fisch, bißchen Käse". Weitere Heimbewohnerinnen warten vor dem Küchenwagen (halbnah) (O-Ton). Krankenschwester bereitet die Brote für die anderen Frauen im Flur vor und bringt sie in das Zimmer (halbnah) (O-Ton). Umschnitt auf eine Bettlägerige Frau im Zimmer mit einer helfenden Krankenschwester (halbnah) (O-Ton) Krankenschwester "Sie haben geträumt schon, ne, wir ziehen uns jetzt aus, ne. Wir gehen jetzt ins Bett, kommen Sie mal zu mir, ein paar kleine Schritte". Krankenschwester macht das Bett zurecht (halbnah) (O-Ton) "Sind Sie müde schon? Frau Greven hat Ihnen das Abendbrot geschmeckt, erzählen Sie mir mal. Oder geht es Ihnen heute nicht gut"? Frau Greven schaut teilnahmslos der Krankenschwester zu und blickt zur Kamera (halbnah). Umschnitt

0:44:14

Rentner Schinkel hält ein gerahmtes Fotos von sich aus der BVG-Zeit in der Hand und hängt es an die Wand über dem Schrank (halbnah) (O-Ton) "Hängt es grade? Stimmt es so"? Frage aus dem Off "Wie alt sind Sie auf dem Bild"? Rentner Schinkel (halbnah) (O-Ton) "65, habe ich mich viel verändert"? Schwenk von Schinkel auf sein Porträt an der Wand (halbnah). Umschnitt. Rückwärtsfahraufnahme durch einen leeren Flur des Altenheimes (halbtotal). Einblendung des Nachspanns: "Ein Film von Wolfgang Hirschke; Peter Jendretzky; Marko Koinzer; Michael Loewenberg; Ronald Gohlke; Ulrich Fengler; Andreas Dahms; Valentin Engelhardt; Jochen Wisotzki; Angela Wendt; Michael Lösche; Petra Tschörtner. Hergestellt im DEFA-Studio für Dokumentarfilme, Gruppe-Kinobox. DDR © 1989".

0:46:24 ENDE

 

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