Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Harald Mannl

Schauspieler, Regisseur

* 25. April 1904 in Dresden; † 20. Februar 1961 in München

Biografie

Filmstill zu "Star mit fremden Federn"

Harald Mannl

bei den Dreharbeiten zu STAR MIT FREMDEN FEDERN (R: Harald Mannl, 1955) Fotograf: Herbert Kroiss

Aus München kommend, ist Harald Mannl der DEFA über drei Jahre lang eng verbunden, spielt in fünf Filmen und führt zweimal Regie. Meist tritt er in Arbeiten auf, die sich kritisch-propagandistisch mit aktuellen politischen Entwicklungen in der Bundesrepublik auseinandersetzen. Nach einem „unverbindlichen“ Verwechslungslustspiel verabschiedet er sich wieder aus Babelsberg und setzt seine Arbeit bis zu seinem frühen Tod im Westen fort.

Wenzel Bruno Emil Mannl, geboren am 25. April 1904 in Dresden, verliert bereits als Zehnjähriger seinen Vater, der im Ersten Weltkrieg als vermisst gemeldet wird. Um Geld für die Familie zu verdienen, lernt er zunächst Schriftsetzer, wechselt dann aber zur Schauspielschule. Als 18-jähriger gibt er sein Bühnendebüt in Bautzen (andere Quellen: Dresden) und ist danach an verschiedenen deutschen Theatern, so in Meißen, Dresden und viele Jahre lang in Stuttgart engagiert. Er spricht im Rundfunk und verfasst unter anderem das Stück „Spiel, Satz und Sieg!“ (1930), das er im Selbstverlag in Stuttgart–Vaihingen herausgibt. Nach seiner Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg, in den er als Soldat eingezogen wird, lebt er in München, arbeitet als Darsteller und Regisseur am Theater und beim Funk sowie als Synchronsprecher. Unter anderem tritt er an den Münchner Kammerspielen sowie am Dramatischen Theater am Odeonsplatz auf, einem vom späteren DEFA-Regisseur Martin Hellberg geleiteten Privattheater. Hellberg besetzt ihn in seiner Inszenierung des Stückes „Die Lebenden“ von Henry Troyat; der Kritiker Walter Panofsky von der „Süddeutschen Zeitung“ bescheinigt Mannl „hohes schauspielerisches Können“. Im Stuttgarter Neuen Theater spielt er den „Geizigen“ von Molière. Und im Frühjahr 1950 geht er als Hauptrollenpartner von Luise Ullrich mit dem Stück „Ein Mann wird gesucht“ auf Tournee durch die Bundesrepublik.

Filmstill zu "Geheimakten Solvay"

Harald Mannl, Wilhelm Koch-Hooge und Raimund Schelcher in GEHEIMAKTEN SOLVAY (R: Martin Hellberg, 1952) Fotograf: Gerhard Kowalewski

Filmstill zu "Die Unbesiegbaren"

Harald Mannl in DIE UNBESIEGBAREN (R: Arthur Georg Otto Pohl, 1953) Fotograf: Herbert Kroiss

1948 gibt Harald Mannl sein Leinwanddebüt als Hypnotiseur L’Arronge in Kurt Hoffmanns von der Bavaria produziertem Spielfilm DAS VERLORENE GESICHT. In den begleitenden Zeilen eines Porträtfotos, um das ein Zuschauer gebeten hat, verleiht er seiner Hoffnung Ausdruck: „In eine neue Wohnung ein neues Bild eines neuen Mannes, der hoffentlich bald ein alter des Films ist.“ – Ein Jahr später besetzt ihn Josef von Baky in DER RUF; Mannl spielt hier, an der Seite des nach Deutschland zurückgekehrten Fritz Kortner, die wichtige Rolle des in Los Angeles lebenden deutschen Emigranten Fränkl, der seinen Freund, den jüdischen Professor Mauthner, davon abzuhalten versucht, nach Ende des Zweiten Weltkrieges die USA wieder zu verlassen, um einem Ruf an eine westdeutsche Universität zu folgen: „Das sind doch Menschenfresser, Kannibalen dort drüben...“

Weitere Filmaufgaben folgen, so in Karlheinz Stroux Goethe-Adaption BEGEGNUNG MIT WERTHER (1949), in Karl-Georg Külbs Maupassant-Verfilmung BEGIERDE (1951), in Arthur Maria Rabenalts Operette DIE FÖRSTERCHRISTEL (1952) und in Fritz Peter Buchs Zarah-Leander-Melodram CUBA CABANA (1952). Die Aufgaben in den meisten dieser Filme sind für ihn unbefriedigend, die Rollen heißen „Chef vom Dienst“, „Wirt“ oder „Chefredakteur“ und umfassen oft nur wenige Sätze, wenn überhaupt. Ein künstlerischer Tiefpunkt ist für Mannl schließlich mit dem Film TÖDLICHE LIEBE (1952/53) erreicht, in dem er einen Polizeiarzt darstellt und den der katholische Filmdienst als „sexualpädagogisch verfehlte Abschreckungslektion über die Gefahren der Abtreibung und der Geschlechtskrankheiten in einem dilettantischen, extrem langweiligen Spielfilm“ nennt.

In einem Porträt zu seinem 48. Geburtstag bescheint ihm die in Wiesbaden erscheinende Zeitung „Der neue Film“, ihm fehle noch immer der künstlerische Durchbruch. „Solange ein Schauspieler ringen kann, soll er ringen, auch wenn vorgesehene Hauptrollen in Filmen ,geplatzt‘ sind... Also: suche Dir selbst die Stoffe, schreibe Dir die Bücher, arbeite... Vielleicht spielst Du eines Tages doch noch, was Du möchtest, und wirst, was Du erhoffst: ein guter, bekannter Charakterspieler!“

Filmstill zu "Der Fall Dr. Wagner"

Harald Mannl und Johanna Endemann in DER FALL DR. WAGNER (R: Harald Mannl, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Der Fall Dr. Wagner"

Hans-Peter Thielen, Harald Mannl und Hans Wehrl in DER FALL DR. WAGNER (R: Harald Mannl, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

In dieser Situation entschließt sich Harald Mannl, einer Einladung seines früheren Künstlerkollegen  Martin Hellberg zur DEFA zu folgen. Hellberg besetzt ihn 1952 als Fabrikdirektor Lütgen in dem Ost-West-Spionagedrama GEHEIMAKTEN SOLVAY: ein zwiespältiger Charakter, der sich als Treuhänder des einstigen, jetzt in Westdeutschland agierenden Großkonzerns Solvay in dessen ehemaligen, nun in der DDR liegenden Werken betätigt, dabei gezielte Fehlinvestitionen betreibt, dringend benötigte Rohstoffe unterschlägt und Handelsabläufe sabotiert. In einem Bericht der Ostberliner Tageszeitung „Neues Deutschland“ erklärt Mannl, er habe „mit Freude und großem Interesse bei der DEFA gearbeitet“ und gebe damit seiner „festen Überzeugung Ausdruck, dass gerade der Künstler alles tun muss, um die kulturelle Verbindung zwischen Ost und West aufrechtzuerhalten“. Während der konkreten Filmarbeit habe ihn „die beispielhafte kollektive Zusammenarbeit der Schauspieler mit dem Regisseur“ und „der Eifer, mit dem über Inhalt und Darstellung immer wieder diskutiert wurde“, beeindruckt.

Im selben Text nennt Mannl seinen Wunsch, in den DEFA-Studios Victor Hugos wenig bekannten Roman „Der lachende Mann“ zu verfilmen; darüber habe er bereits Gespräche mit dem Chefdramaturgen Karl Georg Egel und mit Martin Hellberg geführt. Doch dazu kommt es nicht; stattdessen übernimmt Mannl sowohl die Hauptrolle als auch die Regie des Agentenfilms DER FALL DR. WAGNER (1954): die Geschichte eines DDR-Wissenschaftlers, der an einer volkswirtschaftlich wichtigen Erfindung arbeitet und dabei von Saboteuren massiv unter Druck gesetzt und sogar zur Westflucht animiert wird. DER FALL DR. WAGNER (Co-Regie:  Carl Balhaus) ist der einzige aktuell-politische Ost-West-Film, der bei der DEFA von einem westdeutschen Regisseur inszeniert wird; andere „Gastregisseure“ aus der Bundesrepublik wie Hans Müller oder Hans Heinrich wählen für ihre Engagements im Osten leichte Unterhaltung. 

Filmstill zu "Gefährliche Fracht"

Harald Mannl in GEFÄHRLICHE FRACHT (R: Gustav von Wangenheim, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Gefährliche Fracht"

Theo Shall und Harald Mannl in GEFÄHRLICHE FRACHT (R: Gustav von Wangenheim, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

Auch als Darsteller tritt Mannl mehrfach in politischen Filmen auf, so als sozialdemokratischer Redakteur Frohme in  Arthur Pohls DIE UNBESIEGBAREN (1953) über die Zeit des Sozialistengesetzes unter Kaiser Wilhelm II., als Kettler in  Gustav von Wangenheims GEFÄHRLICHE FRACHT (1954), einem Film über einen Streik westdeutscher Hafenarbeiter gegen US-amerikanische Napalmbomben, und in Martin Hellbergs DER OCHSE VON KULM (1955), einer Komödie gegen US-Besatzer in Bayern. Er versucht, die eher papiernen Figuren psychologisch zu grundieren, geht leise, behutsam und nachdenklich an die teils grob skizzierten Filmgestalten heran. Als letzte Aufgabe bei der DEFA wird ihm die Regie zum Lustspiel STAR MIT FREMDEN FEDERN (1955) übertragen, in der  Werner Peters in der Doppelrolle eines eitlen Friseurs und eines Filmstars brilliert. Im Vorspann des Films stellt er als Regisseur die Beteiligten selbst vor der Kamera vor. In der Potsdamer „Märkischen Union“ heißt es zum Ergebnis, der Film sei zwar „originell, manchmal sogar urkomisch, unterhaltsam, beschwingt, flüssig und auch mit flotten Schlagern durchsetzt“, doch er hebe sich nicht vom Muster westlicher Unterhaltungsfilme ab.

Harald Mannl, der – mitten im Kalten Krieg – für sein filmisches Engagement bei der DEFA vermutlich politischen Druck aus der Bundesrepublik erfährt, muss erkennen, dass seine künstlerischen Ambitionen auch im Osten kaum zu verwirklichen sind. Möglicherweise erinnert er sich an einen Dialogsatz seiner Filmfigur in DER RUF: „Manchmal lohnt es, den Tatsachen ins Auge zu blicken, besonders wenn man versucht ist, sich Illusionen zu machen.“ Nach STAR MIT FREMDEN FEDERN ist seine Zusammenarbeit mit der DEFA beendet; er tritt nun nur noch in westdeutschen Filmen und Fernsehspielen auf, so als Leibarzt Don Marcado in Fritz Umgelters TV-Version von Friedrich von Schillers „Don Carlos“ (1957), als Michaelides in Rolf Thieles Abenteuerfilm EL HAKIM (1957), in einer Folge der Fernsehreihe ES GESCHAH AN DER GRENZE (1960) sowie in dem Francis-Durbridge-Krimi ES IST SOWEIT (1960). Beim Bayerischen Rundfunk und beim Südfunk Stuttgart setzt er seine Arbeit als Hörspielsprecher fort. Zu seinen Theateraktivitäten gehört eine Inszenierung von Luigi Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“ in der Spielzeit 1957/58 in Dortmund.

Am 20. Februar 1961 verstirbt Harald Mannl im Alter von nur 56 Jahren in München. In ihrem Nachruf bezeichnet ihn die „Hannoversche Presse“ als „einen der Zuverlässigsten, einen, der nie enttäuschte – im Leben wie im Beruf, einer der Stillen, Bescheidenen. (...) Viele haben ihn gehört und gesehen. Fast alle Kritiken sprachen ihm großes Lob aus. Trotzdem – Harald Mannl dachte keinen Augenblick daran, Starallüren anzunehmen. Er war ein hochbegabter, gradliniger Künstler, der mit Fleiß, Ausdauer und Selbstdisziplin seinen Weg gegangen ist.“

Verfasst von Ralf Schenk. (Stand: Dezember 2020)

Filmstill zu "Der Fall Dr. Wagner"

Harald Mannl (rechts) bei den Dreharbeiten zu DER FALL DR. WAGNER (R: Harald Mannl, 1954) Fotograf: Herbert Kroiss

Filmstill zu "Star mit fremden Federn"

Harald Mannl bei den Dreharbeiten zu STAR MIT FREMDEN FEDERN (R: Harald Mannl, 1955) Fotograf: Herbert Kroiss

Literatur

  • HM: Charakterdarsteller im Spiegel. In: Der neue Film, Wiesbaden, 1.4.1952.
  • K. J. Wendlandt: Harald Mannl, München, filmte bei uns. In: Neues Deutschland, Berlin, 6.2.1953.
  • EGK: Harald Mannl zum Gedenken. Hannoversche Presse, 5.3.1961.

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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