Filmstill zu "König Drosselbart"

König Drosselbart

KÖNIG DROSSELBART zählt Jahr für Jahr zur Weihnachtszeit zu den beliebtesten DEFA-Märchenverfilmungen im deutschen Fernsehen. Wir stellen die Produktion, die am 24. Dezember 2022 um 15:05 Uhr im MDR und am 27. Dezember 2022 um 10:30 Uhr im RBB läuft, als DEFA-Film des Monats vor.

Kurzinhalt

Filmstill zu "König Drosselbart"

Karin Ugowski

in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Prinzessin Roswitha (gespielt von Karin Ugowski) ist unzufrieden. Auf die von ihrem Vater, König Löwenzahn (Martin Flörchinger), organisierten Feste, auf denen ihr Freier verschiedener Adelshäuser Heiratsavancen machen, hat sie keine Lust. Mit Gehässigkeiten und Beleidigungen weist sie die potenziellen Liebhaber ab. Einen der Männer hänselt sie aufgrund seines Bartes, der sie an den Schnabel einer Drossel erinnert, und nennt ihn König Drosselbart (Manfred Krug). Ihr erboster Vater droht, sie mit dem nächsten Bettler zu vermählen. Als kurz darauf tatsächlich ein ärmlicher Spielmann durch das Hoftor schreitet, muss er seine Drohung in die Tat umsetzen. Unglücklich zieht die Prinzessin mit dem Spielmann fort: „Ach ich armes Mädchen zart, hätt’ ich doch nur genommen den König Drosselbart...“

 Hier finden Sie die vollständigen Filmdaten.

Produktionsnotizen

Die nach dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm realisierte filmische Adaption wurde unter der Regie von Walter Beck zwischen dem 1. Dezember 1964 und dem 26. Februar 1965 ausschließlich in den Babelsberger Studios gedreht. Es war das erste Produktionsvorhaben der neugegründeten künstlerischen Arbeitsgruppe für Kinder- und Jugendfilm. Am 16. Juli 1965 startete KÖNIG DROSSELBART in den DDR-Kinos und wurde noch im gleichen Jahr vom DEFA-Außenhandel an die Sowjetunion, die ČSSR, Rumänien, Bulgarien und das belgische Fernsehen lizensiert.

Kinotrailer zu KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965)

Regie: Walter Beck

 Walter Beck (* 1929) wirkte mehr als vier Jahrzehnte bei der DEFA und inszenierte in dieser Zeit 16 Spielfilme. Für den Regisseur, der sein Werk fast ausschließlich dem „Film für Kinder“ widmete, war KÖNIG DROSSELBART die erste filmische Adaptation eines Märchenstoffes. Die Produktion wurde zum Publikumserfolg und zählt zu den besucherstärksten DEFA-Filmen des Kinojahrs 1965 in der DDR. Ausgehend von diesem Erfolg legte Beck regelmäßig weitere Märchenverfilmungen vor, die künstlerisch hervorstechen und weit mehr als volkstümliche, nacherzählende Märcheninterpretationen sind. Es entstanden TURLIS ABENTEUER (1967), DORNRÖSCHEN (1970), DER PRINZ HINTER DEN SIEBEN MEEREN (1982), DER BÄRENHÄUTER (1985) und FROSCHKÖNIG (1987). Walter Becks Leidenschaft für Filme beschränkte sich zu keinem Zeitpunkt seiner filmkünstlerischen Tätigkeit auf die Arbeit am Filmset. Vielmehr machte sich Beck einen Namen als engagierter Streiter für den Kinderfilm und beteiligte sich an Diskussionen und Tagungen. Für die Betriebsakademie des DEFA-Spielfilmstudios schrieb er regelmäßig Beiträge. Von 1984 bis 1989 war er Präsident des Nationalen Kinder- und Jugendfilmfestivals „Goldener Spatz“.

Mit DER PRINZ HINTER DEN SIEBEN MEEREN  (1982) und DER BÄRENHÄUTER  (1985) stehen zwei weitere Märchenfilme des Regisseurs in der DEFA-Filmwelt auf YouTube kostenfrei zur Verfügung.

 

 

Filmstill zu "König Drosselbart"

Karin Ugowski und Martin Flörchinger in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Filmstill zu "König Drosselbart"

Karin Ugowski und Manfred Krug in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Adaption mit kleinen Veränderungen

Das Drehbuch verfassten Regisseur Walter Beck und Dr. Günter Kaltofen, der für zahlreiche DEFA-Märchenverfilmungen der 1960er-Jahre – darunter die Gottfried-Kolditz-Filme SCHNEEWITTCHEN und FRAU HOLLE, Siegfried Hartmanns DIE GOLDENE GANS und Rainer Simons WIE HEIRATET MAN EINEN KÖNIG? – als Autor tätig war. Das Autoren-Duo orientierte sich für die Verfilmung von KÖNIG DROSSELBART weitgehend an der berühmten Vorlage, gestaltete jedoch die Figur der Prinzessin vielschichtiger. Bleiben die Gründe für deren Hochnäsigkeit und Boshaftigkeit in der Grimmschen Version unklar, machen Beck und Kaltofen das Leben am königlichen Hof, das keinen Raum für die Talente der klugen Prinzessin lässt, für ihre Launen verantwortlich. Das Publikum erhält so die Möglichkeit, Sympathien für die Prinzessin zu entwickeln.

 

Ein reduziertes Szenenbild

Für die Filmkulisse schwebte Walter Beck keine naturalistische Szenerie vor. Vielmehr plädierte er für eine stilisierte, auf wenige Elemente reduzierte Kunstwelt, die die Fantasie der Zuschauenden anregen und das Hauptaugenmerk auf die Handlungen der Schauspielenden lenken sollte. In seiner 2019 in der Manuskript-Reihe der DEFA-Stiftung erschienenen Autobiografie „Mär und mehr“, erinnert sich Beck, dass die Idee einer reduzierten Kulisse, die vollständig in den Babelsberger Ateliers entstehen konnte, aus ökonomischen Gründen schnell Anklang bei der Studioleitung fand. Für die Arbeiten sicherte sich Beck die Dienste der Filmarchitekten Erich Küllke und Werner Pieske. Sie entwarfen reduzierte Bauten inmitten eines hellen, scheinbar unendlichen Raumes. Um diese optische Wirkung zu erzielen, wurde auf einem großen Podest gedreht, das von unten und allen Seiten ausgeleuchtet werden konnte. In Bezug auf diese wenig cineastische Ausgestaltung zieht der Medienpädagoge Klaus-Dieter Felsmann in seiner Filmbesprechung in der 1998 erschienenen Publikation „Märchen – Arbeiten mit DEFA-Kinderfilmen“ Parallelen zu Brechts epischem Theater, „in dem zwischen Publikum und Leinwandgeschehen eine gewisse Distanz aufgebaut wird, die Erkenntnisprozesse befördern soll.“

 

 

Filmstill zu "König Drosselbart"

Karin Ugowski und Manfred Krug in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Filmstill zu "König Drosselbart"

Achim Schmidtchen und Gerd E. Schäfer in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Karin Ugowski – Märchenprinzessin vom Dienst?

Filmstill zu "König Drosselbart"

Karin Ugowski

in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Für die Rolle der unangepassten Prinzessin Roswitha schwebte den Filmemachern früh die Babelsberger Nachwuchsschauspielerin Karin Ugowski (* 1943) vor, die in den Vorjahren bereits zwei Mal große Rollen in DEFA-Märchenadaptionen erhielt: 1963 war sie die Goldmarie in Gottfried Kolditz’ Verfilmung von FRAU HOLLE, ein Jahr später die „Prinzessin, die nicht lachen konnte“ in Siegfried Hartmanns DIE GOLDENE GANS.

Diesmal zögerte die Schauspielerin mit der Zusage. Als ewige „Märchenschöne“ wollte sie nicht in die DEFA-Filmgeschichte eingehen. Ugowski ließ sich schließlich von der differenzierten Figurenzeichnung überzeugen. In „Mär und mehr“ schwärmt Walter Beck von der Zusammenarbeit mit der Schauspielerin, die „den Charakter dieser Figur mitgefunden, mitgestaltet, (...) ihm die für das Zuschauer-Erlebnis notwendige Kontur gegeben“ habe. Auch die fuchsroten Haare der Prinzessin sollen auf eine Idee Ugowskis zurückgehen. Die „Neue Zeit“ zählt Ugowskis Darstellung in ihrer Filmkritik „Die Prinzessin als Spielmannsfrau“ vom 30. Juli 1965 zu den „eindrucksvollsten, schauspielerischen Leistungen, die seit langem in einem DEFA-Märchenfilm geboten wurden.“

Trotz dieses positiven Echos kehrte Ugowski für keine weitere Märchenrolle auf die Kinoleinwand zurück. Dem DEFA-Genrekino in all seinen Facetten blieb sie jedoch treu: Für den Science-Fiction-Film SIGNALE – EIN WELTRAUMABENTEUER (Gottfried Kolditz, 1970), die „DEFA-Indianerfilm“-Produktion OSCEOLA (Konrad Petzold, 1971) oder den Kriminalfilm DIE BETEILIGTEN (Horst E. Brandt, 1988) war Ugowski, die über Jahrzehnte als festes Ensemblemitglied an der Berliner Volksbühne wirkte, mehrfach bei der DEFA zu Gast.

Filmstill zu "König Drosselbart"

Helmut Schreiber, Martin Förchinger und Bruno Carstens in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Filmstill zu "König Drosselbart"

Horst Buder, Achim Schmidtchen und Arno Wyzniewski in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Die Edelmänner: Vom König Drosselbart bis Fürst Zacharias

Filmstill zu "König Drosselbart"

Manfred Krug

in KÖNIG DROSSELBART (R: Walter Beck, 1965) Fotografen: Ekkehard Hardtkopf, Max Teschner

Vor der Zusammenarbeit mit einem Star-Schauspieler wie Manfred Krug (1937–2016) hatte Regisseur Walter Beck großen Respekt. In „Mär und mehr“ erinnert sich Beck, wie er im Vorfeld des Drehs mögliche Allüren und eine schlechte Vorbereitung des Schauspielers fürchtete. Diese Ängste erwiesen sich als unbegründet. Krug legte laut Beck große Spielfreude und Disziplin an den Tag: „Die im Film erforderlichen handwerklichen Fertigkeiten, wie etwa das Töpfern und Körbeflechten, übt er zuvor beharrlich, bis sie ihm von der Hand gehen, als hätte er sein Lebtag nichts anderes gemacht.“ Auch die weiteren Anwärter auf das Herz der Prinzessin wurden mit bekannten Darstellern besetzt. So mimte Bruno Carstens den Fürst Zacharias in markanter Ritterrüstung, Horst Buder den kleinen Junker Balduin, Fritz Decho den selbstverliebten Graf Eitelfritz, Achim Schmidtchen den hageren König Wenzel, Arno Wyzniewski den meinungsschwachen Prinz Kasimir, Helmut Schreiber den rundlichen und unbeholfenen König Heinz-Eduard und Gerd E. Schäfer den tattrigen Herzog Adolar, der eigentlich nur Augen fürs Kartenspielen hat – „Schafskopf oder 66?“. Das „Neue Deutschland“ lobte in seiner Premieren-Kritik ausdrücklich die Ensemble-Leistung und kam zu dem Resümee: „Für Kinder muss man spielen wie für Erwachsene – nur besser.“

Verfasst von Philip Zengel. (Dezember 2022)

Mär und Mehr

Ein arbeitsbiographisches Kaleidoskop von Walter Beck

Mär und mehr

In „Mär und mehr“ berichtet der Regisseur über Erlebnisse aus seiner 43-jährigen Tätigkeit bei der DEFA. Beck zeichnet die Entstehungsgeschichten seiner Filme nach, blickt auf nicht realisierte Projekte zurück, erzählt vom vom Studio-Alltag.

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