Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Claus Dobberke

Regisseur

* 30. Mai 1940 in Dresden

Biografie

Filmstill zu "Ein Katzensprung"

Claus Dobberke

bei den Dreharbeiten zu EIN KATZENSPRUNG (R: Claus Dobberke, 1976) Fotograf: Manfred Damm

Als Regie-Student an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg erlebt Claus Dobberke eine kurze Zeit des Tauwetters 1964/65, muss aber nach dem 11. Plenum des ZK der SED berufliche Rückschläge erfahren. Er dreht fünf Filme für die DEFA, wobei sein Spektrum von Produktionen mit NVA-Thematik bis zum Indianerfilm reicht.

Claus Dobberke wird am 30. Mai 1940 im Dresden geboren. Er absolviert sein Abitur und geht danach für drei Jahre als Soldat zur NVA nach Eggesin. Dort leitet er das politisch-satirische Soldatenkabarett „Die Zünder“. Danach studiert er von 1961 bis 1965 an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg Regie. Zu seinen Mitstudenten gehören Rainer Simon,  Egon Schlegel, Dieter Roth,  Günter Meyer, Thomas Kuschel, Siegfried Fischer und Rainer Hausdorf, sein Klassenleiter ist  Ralf Kirsten. Gemeinsam mit Kamera- und Produktions-studenten gründen sie das „Kollektiv 63“ und fordern unter anderem, nur Gegenwartsfilme über das Leben in der DDR zu drehen, mit authentischem Anspruch.

Während des Studiums dreht Claus Dobberke den TV-Film MIT DER VORWÄRTS FING ES AN (1963). Als praktische Diplomarbeit inszeniert er VOR DER BÜHNE KNIET … (1965), die experimentelle Kombination einer Bühnenhandlung mit drei eingebetteten Filmteilen, die er gemeinsam mit Günter Meyer und Rainer Hausdorf entwickelt. Die zeitweilige Tauwetter-Periode nutzen sie damit für eine Satire über Dogmatismus und Heuchelei. Einen Werkstattbericht über die Arbeiten an dem Film gibt Claus Dobberke im März 1966 als theoretische Diplomarbeit ab. Allerdings hat sich in der Zwischenzeit nach dem 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 das Klima verändert. Die im März erteilte Zulassung für das Diplom wird dem Studenten entzogen, der Bericht nicht anerkannt.

Filmstill zu "Verspielte Heimat"

VERSPIELTE HEIMAT (R: Claus Dobberke, 1970) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Schüsse in Marienbad"

SCHÜSSE IN MARIENBAD (R: Ivo Toman, Václav Gajer, 1973) Fotografen: Otto, Schwarz

Neben dem Studium arbeitet Dobberke als Regie-Assistent beim DEFA-Spielfilmstudio. Er lernt bei Regisseur Jànos Veiczi, ist bei dessen zweiteiligem Spionagefilm DIE GEFRORENEN BLITZE (1967) engagiert. Die Arbeit wird ihm als praktische Diplomarbeit anerkannt, die theoretische liefert er mit einer Abhandlung über die Möglichkeiten der Verwendung von dokumentaren Film- und Fotomaterialien im Spielfilm nach. Im März 1968 erhält Dobberke endlich sein Diplom. Danach arbeitet er zunächst für den Deutschen Fernsehfunk an der TV-Serie DREI VON DER K – AUS DER ARBEIT DER DEUTSCHEN VOLKSPOLIZEI, die in authentische Kriminalfälle aus dem Zeitraum von 1945 bis 1969 nachgestaltet. Er arbeitet als Drehbuchautor und Szenarist an der Serie mit, als Regisseur inszeniert er die Folge 9 GINSENG, GOLD UND RATTENGIFT und die Folge 11 NACHTSTREIFE.

Im DEFA-Spielfilmstudio ist Dobberke zunächst als Regie-Assistent tätig, erhält 1970 einen Regie-Vertrag und ist bis zur Abwicklung der DEFA 1991 festangestellt. Als ersten Film inszeniert er VERSPIELTE HEIMAT (1970), nach dem gleichnamigen Roman von Franz Popp. Erzählt wird vom westdeutschen SPD-Funktionär und Chefredakteur Karl Waldner (Piotr Pawlowski), der erkennen muss, dass seine Partei bei der Aufarbeitung jüngster deutscher Geschichte an ihre Grenzen stößt. Er entdeckt bei einem Treffen der Sudetendeutschen Landsmannschaft einen CDU-Politiker und früheren Henlein-Führer, der in den 1930er Jahren seinen Vater ermorden ließ. Der SPD ist eine Aufarbeitung vor Gericht allerdings zu heikel. Er verlässt daraufhin seine Partei und frischt eine alte Bekanntschaft mit einem DKP-Freund auf. In den Kinos der DDR wird der Film so gut wie nicht beachtet. Er wird anfangs wegen seiner dokumentaren Erzählweise offiziell gelobt, aber bald aus dem Verleih genommen, weil er nach Einsetzen der Neuen Ostpolitik Willy Brandts politisch nicht mehr in die Landschaft passt.

Als Co-Regisseur inszeniert er zusammen mit Václav Gajer und Ivo Toman die deutsch-tschechoslowakische Co-Produktion SCHÜSSE IN MARIENBAD (1973). Gleichzeitig ist er an der Wiederbelebung der Filmsatire im Vorprogramm der DDR-Kinos beteiligt. Für die Kurzfilm-Reihe ABSEITS – TOBIAS BREMSER, die sich unterhaltsam und am Slapstick orientiert mit dem Fehlverhalten von Zeitgenossen beschäftigt, führt er bei er bei zwei Folgen Regie. Nach dreizehn Folgen mit dem Kabarettisten Lutz Stückrath in der Hauptrolle wird die Reihe eingestellt.

Filmstill zu "Ein Katzensprung"

EIN KATZENSPRUNG (R: Claus Dobberke, 1976) Fotograf: Manfred Damm

Filmstill zu "Platz oder Sieg?"

PLATZ ODER SIEG? (R: Claus Dobberke, 1980) Fotografen: Detlef A. E. Lückstedt, Bernd Scheubert

Erst 1976 entsteht sein zweiter Spielfilm EIN KATZENSPRUNG (1976), der eine Romanvorlage von Walter Flegel adaptiert und sich als einer von wenigen DEFA-Filmen explizit mit der Nationalen Volkarmee und damit mit dem Militär in der DDR auseinandersetzt. Thematisiert werden die Konflikte des jungen NVA-Zugführers Riedel (Walter Plathe). Der Leutnant muss erkennen, dass sein Gefreiter Weißenbach mit Tricks und drastischen Methoden für gute Leistungen sorgt. Als er ihn degradiert, kann der Zug die erforderliche Leistung allerdings nicht mehr erbringen. Der Kompaniechef macht die Degradierung wieder rückgängig. Die Grundfrage des Films, wie sich die Prinzipien der sozialistischen Moral und die Aufrechterhaltung der Gefechtsbereitschaft miteinander vereinbaren ließen, sorgte in der NVA für heftige Diskussionen. EIN KATZENSPRUNG (1976) gibt zum ersten Mal einen Einblick in Alltag und Konflikte der Wehrpflichtigen und lockt immerhin über 1 Mio. Besucher in die Kinos.

Auch mit SEVERINO (1978) nach dem Roman „Severino von den Inseln“ von Eduard Klein kann Claus Dobberke ein größeres Publikum erreichen. Die Produktion der künstlerischen Arbeitsgruppe „Roter Kreis“ spielt als einziger DEFA-Indianerfilm in Südamerika. Als Heimkehrer aus der Welt der Weißen wird der Manzerano-Indianer Severino ( Gojko Mitic) wider Willen in alte Kämpfe verstrickt. Obwohl er andere Pläne hat, bleibt er im Dorf und will ein friedliches Zusammenleben zwischen Indianern und Siedlern erreichen. Damit verläuft erstmals die Hauptkonfliktlinie eines DEFA-Indianerfilms nicht zwischen Ureinwohnern und weißen Invasoren, sondern zwischen traditionalistisch-dogmatischen und fortschrittlich-pragmatischen Indianer-gruppen. An die ganz großen Erfolge der früheren Indianerfilme kann SEVERINO nicht mehr anschließen, Spannung und Unterhaltungswert haben innerhalb der Reihe nachgelassen. Trotzdem hat der Film noch 1 Mio. Zuschauer. Danach entsteht der Pferdesportfilm PLATZ ODER SIEG? (1980), der nach Motiven der Erzählung „Sattel im Gepäck“ von Sieglinde Dick auf die ehrgeizige Berufsreiterin Sylvia (Ulrike Kunze) blickt, die über den Kampf um den Sieg und dem Engagement ihre Selbstkritik verliert. Ihr Auftreten führt zu Spannungen und Auseinandersetzungen mit Trainern und Freunden. Der Film wird vom Publikum nicht angenommen.

Trailer zu SEVERINO (R: Claus Dobberke, 1978) Fotograf: Michael Jüttersonke

DROST (1985) ist ein Auftragsfilm zum NVA-Jubiläum und wird als Staatsauftrag behandelt. Damit unterliegt er einer besonderen Kontrolle durch die Hauptverwaltung I des Ministeriums für Kultur und des Ministeriums für Nationale Verteidigung. Erzählt wird die Geschichte des NVA-Oberstleutnants Jürgen Drost (Klaus Schleiff), der nach 35 Jahren Dienstzeit ins Zivilleben zurückkehrt und Bürgermeister jenes Dorfes wird, in dem er 1945 als Ostflüchtling mit seiner traumatisierten Mutter strandete und später von den Großbauern statt einer ihrer Söhne zur Armee „delegiert“ wurde. Dieser Schritt konfrontiert ihn mit ungewohnten Lebensweisen und lässt Erinnerungen an sein bisheriges Leben aufsteigen. Trotz aller ideologischen Einflussnahme ist DROST kein Propagandafilm. Filmkritiker heben hervor, dass der Film viele Fragen stellt, deren Beantwortung er dem Zuschauer überlässt.

Dobberke engagiert sich auch für den filmkünstlerischen Nachwuchs, ist u.a. Mentor der Regisseure Thomas Frick und Stefan Mehlhorn. Nach der Wende arbeitet er u.a. als Synchronregisseur und schreibt Kommentartexte für eine TV-Serie. 1992/93 erhält er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Nach der Abwicklung der DEFA engagiert sich Claus Dobberke in Potsdam kulturpolitisch für die PDS. Von 1993 bis 1999 ist er in der Stadtversammlung Beigeordneter für Bildung, Kultur und Sport. In seinem Videoprojekt POTSDAMER INTENDANTEN (2001) stellt der Filmemacher in Gesprächen die wichtigsten Intendanten des Potsdamer Stadttheaters „Hans Otto“ vor, befragt sie nach ihrer kulturpolitischen und künstlerischen Arbeit sowie ihren Vorstellungen zur Zukunft des Theaters. Auch zur Kulturgeschichte der Stadt veröffentlicht er zusammen mit Fritz Reinert ein Buch.

2007 dreht Dobberke zusammen mit Stefan Mehlhorn den Kurz-Dokumentarfilm NON DIMENTICARE – WIDER DAS VERGESSEN über Vittore Bocchetta, einen italienischen Künstler und Widerstandskämpfer, der 1944/45 im KZ Flossenbürg inhaftiert war.

Claus Dobberke lebt in Potsdam.

Verfasst von Ines Walk. Überarbeitung: Johannes Roschlau. (Stand: Dezember 2016)

Filmstill zu "Severino"

Gojko Mitić und Claus Dobberke bei den Dreharbeiten zu SEVERINO (R: Claus Dobberke, 1978)

Filmstill zu "Drost"

Barbara Mädler und Claus Dobberke bei den Dreharbeiten zu DROST (R: Claus Dobberke, 1985)

Auszeichnungen

  • 1978: EIN KATZENSPRUNG - Theodor-Körner-Preis
  • 1986: DROST - Theodor-Körner-Preis

Literatur

  • Claus Dobberke: Möglichkeiten der Verwendung von dokumentaren Film- und Fotomaterialien im Spielfilm, dargestellt an dem zweiteiligen DEFA-Film "Die gefrorenen Blitze", Diplomarbeit, Standort: HFF Postdam.
  • Gisela Harkenthal: Mit Regisseur Claus Dobberke im Gespräch, in: Filmspiegel 14/1985.
  • Claus Dobberke: Vor der Bühne kniet … Ein Projekt des "Kollektiv 63", in: apropos: Film 2001 – Das Jahrbuch der DEFA-Stiftung, Das Neue Berlin, 2001.
  • Claus Dobberke/Fritz Reinert (Hrsg.): Der "andere Geist" von Potsdam. Spurensuche zur Kulturgeschichte einer Stadt, GNN-Verlag Schkeuditz 2003.
  • Stefan Kahlau: Die NVA im DEFA-Spielfilm von den 1950er bis zu den 1970er Jahren. In: Deutschlandarchiv, 21.8.2015. [U.a. zu EIN KATZENSPRUNG]

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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