Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Eduard Kubat

Produktionsleiter, Regisseur

* 30. November 1891 in Essen; † 2. Februar 1976 in Potsdam

Biografie

Filmstill zu "Jacke wie Hose"

Eduard Kubat

bei den Dreharbeiten zu JACKE WIE HOSE (R: Eduard Kubat, 1953) Fotografen: Gerhard Kowalewski, Heinz Wenzel

Der schon in Stummfilmzeiten aktive Aufnahmeleiter Eduard Kubat wird bereits im Gründungsjahr der DEFA als Produktionsleiter angestellt und arbeitet hier bis zu seinem Renteneintritt. 1951 und 1953 inszeniert er die beiden Gegenwartsfilme DIE MEERE RUFEN und JACKE WIE HOSE. Seine reichen Erfahrungen im Metier gibt er auch als Lehrer an der Filmhochschule an Filmstudenten weiter.

Geboren am 30. November 1891 in Essen als Sohn eines Bergmannes und einer Hausfrau, besucht Eduard Kubat nach der Realschule zunächst eine Handelsschule, um sich zum Kaufmann ausbilden zu lassen. Mehr noch interessiert ihn aber die Schauspielerei. 1910 debütiert er am Württembergischen Städtebundtheater, spielt danach unter anderem in Emden und Lübeck und probiert sich auch als Theaterregisseur aus. Zwischen 1914 und 1917 ist er Soldat im Ersten Weltkrieg und wird nach einer Verwundung aus dem Kriegsdienst entlassen. Bis 1922 gehört er der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger an; sein Sohn Günter kommt 1921 in Lübeck zur Welt. Danach entschließt sich Kubat, zum Film zu wechseln und erhält 1922 eine Anstellung als Aufnahmeleiter. Zu den ersten Regisseuren, an deren Seite er tätig ist, gehören Friedrich Wilhelm Murnau (DIE AUSTREIBUNG, 1923), Ludwig Berger (DER VERLORENE SCHUH, 1923) und  Gerhard Lamprecht (DIE ANDERE, 1924). Als Aufnahmeleiter ist er auch an Fritz Langs futuristischem Drama FRAU IM MOND (1929) beteiligt. Bruchlos gelingt ihm der Übergang zum Tonfilm; allein in den Jahren zwischen 1930 und 1933 wirkt er an vierzehn Filmen mit, darunter von Kurt Bernhardt, Gustav Ucicky, Karl Hartl und an Reinhold Schünzels Tonfilmoperette WALZERKRIEG. 1932 verpflichtet ihn die Ufa für Max Ophüls‘ Komödie LACHENDE ERBEN erstmals als selbständigen Produktionsleiter. Auch an französischen Sprachversionen deutscher Filme hat er Anteil, so an LA GUERRE DES VALSES (1933), LA CHANSON DE L’ADIEU (1934) und STRADIVARIUS (1935).

Filmstill zu "Die Meere rufen"

Eduard Kubat und Kameramann Emil Schönemann bei den Dreharbeiten zu DIE MEERE RUFEN (R: Eduard Kubat, 1951) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Jacke wie Hose"

Erich Kubat bei den Dreharbeiten zu JACKE WIE HOSE (R: Eduard Kubat, 1953) Fotografen: Gerhard Kowalewski, Heinz Wenzel

Im Kino der NS-Zeit bleibt Kubat ein gefragter Produktionsleiter. So produziert er Herbert Selpins ALARM IN PEKING (1937), die beiden Gustaf-Gründgens-Filme DER SCHRITT VOM WEGE (1939) nach Fontanes „Effi Briest“ und ZWEI WELTEN (1940), Veit Harlans Drama JUGEND (1938), Erich Engels‘ Krimi DR. CRIPPEN AN BORD (1942), Roger von Normans Propagandafilm HIMMELHUNDE (1942) über ein Ausbildungslager der Hitlerjugend sowie den Henny-Porten-Film WENN DER JUNGE WEIN BLÜHT (1943). Laut Überlieferungen der Reichskulturkammer erhöht ihm die Produktionsgesellschaft Terra, für die er neben der Ufa, der Tobis und kleineren Gesellschaften wie der Boston-Film und der Minerva-Film arbeitet, im April 1941 das monatliche Gehalt von 1.500 auf 1.750 Mark.

1946 wird der 55jährige erfahrene Fachmann von der DEFA übernommen. Seine erste Produktionsleitung beim Zirkusfilm ALLEZ HOPP endet allerdings mit dem Abbruch der Dreharbeiten, nachdem die DEFA-Leitung erhebliche handwerkliche Mängel an der Regiearbeit Hans Fritz Köllners konstatieren muss. Für Hans Müllers Zirkusfilm 1-2-3 CORONA (1948) öffnen sich ab November 1947 erstmals wieder die Tore des von der sowjetischen Besatzungsmacht übernommenen ehemaligen Ufa-Filmgeländes in Babelsberg. Kubat trifft bei der DEFA zahlreiche alte Bekannte wieder, mit denen er bereits in den zurückliegenden Jahrzehnten zusammengearbeitet hatte, so den Regisseur Gerhard Lamprecht, den Szenenbildner Artur Günther und den Kameramann  E. W. Fiedler. Er ist Produktionsleiter bei Fiedlers Regiedebüt DIE LETZTE HEUER (1950), betreut den Henny-Porten-Film CAROLA LAMBERTI – EINE VOM ZIRKUS (1954) und steht später auch jungen Debütanten der zweiten DEFA-Regiegeneration wie  Konrad Wolf (GENESUNG, 1955; LISSY, 1957) und Janos Veiczi (ZWISCHENFALL IN BENDERATH, 1956) als Produktionsleiter zur Seite.

Filmstill zu "1-2-3 Corona"

Eva-Ingeborg Scholz in 1-2-3 CORONA (R: Hans Müller, 1948) Fotograf: Hermann Gehlen

Filmstill zu "Carola Lamberti - Eine vom Zirkus"

Henny Porten in CAROLA LAMBERTI - EINE VOM ZIRKUS (R: Hans Müller, 1954) Fotograf: Heinz Wenzel

In der für die DEFA komplizierten kulturpolitischen Zeit zwischen 1950 und 1953, den letzten Jahren der Stalin-Ära, als auch im Bereich des Films die Doktrin des „Sozialistischen Realismus“ als allein gültige Regeln durchgesetzt werden sollen, stellt sich Kubat dann selbst für zwei Regiearbeiten zur Verfügung. In Ermangelung anderer Regisseure, die sich für die von der Filmkommission empfohlenen Stoffe DIE MEERE RUFEN (1951) und JACKE WIE HOSE (1953) interessieren, übt er gleichsam Studiodisziplin und springt als Inszenator ein. Albert Wilkening, Produktionsdirektor der DEFA, beschreibt die Entscheidung im Falle von DIE MEERE RUFEN später so: „Es ging um ein aktuelles politisches Thema im Bereich unserer noch sehr jungen Handels- und Fischerei-Flotte. Der als Romanautor bekannte fortschrittliche Schriftsteller Jan Petersen bot uns als Drehbuch-Debütant den Stoff an. Seine Vorstellungen vom Film waren in gewisser Hinsicht eigenwillig, so dass es ebenfalls mit der Regiefrage Probleme gab, zumal der Autor fest von der Richtigkeit seines Konzeption überzeugt war. Da auch bei diesem Thema die politische Grundhaltung des Regisseurs wesentlich war, konnte nur ein bei uns lebender Filmschaffender in Frage kommen. (...) So lag es nahe, Eduard Kubat eine Chance als Filmregisseur für diesen technisch recht komplizierten Stoff zu geben.“ (1984). Als Kameramann verpflichtet Kubat den 69jährigen Altmeister Emil Schünemann, der bereits 1909 seine ersten Filme fotografiert hat. Auf Lutz Moik, der als einer der Hauptdarsteller vorgesehen ist, muss Kubat allerdings verzichten: Dieser verabschiedet sich von der DEFA und arbeitet fortan nur noch in West-Berlin.

Filmstill zu "Die Meere rufen"

Käte Alving und Hans Klering in DIE MEERE RUFEN (R: Eduard Kubat, 1951) Fotograf: Heinz Wenzel

Filmstill zu "Jacke wie Hose"

Günther Simon und Irene Korb in JACKE WIE HOSE (R: Eduard Kubat, 1953) Fotografen: Gerhard Kowalewski, Heinz Wenzel

In die Handlung von DIE MEERE RUFEN sind nahezu alle Probleme eingeflochten, die den politischen Auftraggebern der DEFA wichtig erscheinen: der Aufbau einer unabhängigen Volkswirtschaft in der DDR, hier in Form des Fischereikombinats Saßnitz (im Film: Wolkow); die (vermeintliche) Anziehungskraft östlicher Genossenschaften auf westdeutsche Einzelfischer, die zudem noch dem ungebremsten Konkurrenzdruck westeuropäischer Fischer ausgeliefert sind; die Spionage US-amerikanischer Geheimdienste in der DDR; die Gründung von Jugendbrigaden usw. Zustände in Ost- und Westdeutschland werden mithilfe von Schicksalen zweier Umsiedlerfamilien verglichen: Die Tochter der in den Westen übergesiedelten Familie verkommt als Ami-Liebchen in Bremerhavener Kaschemmen; die im Osten Verbliebene findet ihre Liebe und ihr Jugendkollektiv. Der interessanteste Konflikt ist die Geschichte des Fischers Reinhardt ( Hans Klering), der bei seiner Bewerbung verschweigt, Mitglied der NSDAP gewesen zu seinen und das in seinem Fragebogen kaschiert. DIE MEERE RUFEN, von der Kritik eher verhalten aufgenommen, bleibt in der DDR bis Anfang der 1960er-Jahre im Kino. Wird ihm noch 1959 vom Staatlichen Komitee für Filmwesen bescheinigt, er sei „parteilich und zeitlich klar angesiedelt“, heißt es im Dezember 1962, ein Jahr nach dem Mauerbau, der weitere Einsatz erscheine nicht mehr zweckmäßig: „Die Darstellung des Komplexes ,Bremerhaven‘ kann zu unerwünschten Diskussionen Anlass geben.“

Kubats nächste Regiearbeit JACKE WIE HOSE (Arbeitstitel: „Wettbewerb und Liebe“) nach einem Drehbuch von Jan Koplowitz soll zunächst von Fritz Weiß, dann von  Artur Pohl inszeniert werden. Der Stoff, ein in der Maxhütte Unterwellenborn angesiedeltes Gegenwartslustspiel, wird nahezu drei Jahre in der Dramaturgie verhandelt, bis Eduard Kubat sich seiner erbarmt. Nachdem auch dieser Film als schematisch kritisiert und vom DDR-Publikum nicht angenommen wird, verabschiedet sich Kubat von weiteren Regieaufgaben. Er bleibt gefragter Produktionsleiter; der Regisseur Heinz Thiel wird ihn später als „väterlichen Freund“ bezeichnen, mit einem „absoluten Instinkt dafür, wann er während des Drehs aus dem Büro ins Atelier gehen musste“. 

Filmstill zu "Jacke wie Hose"

Erich Kubat (links) bei den Dreharbeiten zu JACKE WIE HOSE (R: Eduard Kubat, 1953) Fotografen: Gerhard Kowalewski, Heinz Wenzel

Filmstill zu "Der Mann mit dem Objektiv"

Rolf Ludwig und Eduard Kubat in DER MANN MIT DEM OBJEKTIV (R: Frank Vogel, 1961) Fotograf: Eberhard Daßdorf

Neben seiner Arbeit im Studio unterrichtet Kubat auch an der 1954 gegründeten Deutschen Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. Er lässt Studenten auf der Grundlage von Drehbüchern, die bei der DEFA gerade in Arbeit sind, alle entsprechenden Rollen-, Dekorations- und Requisitenauszüge entwickeln, Drehpläne entwerfen und diese für jeden Drehtag und -ort und jede Einstellung aufschlüsseln. Seine Devise: „Gute Vorbereitung entscheidet alles! Keiner der späteren Produktionsleiter hat einen Fehler gemacht, wenn er sich danach gerichtet hat. Mir hat sich noch ein anderer Grundsatz des alten Filmhasen eingeprägt: Wenn alles richtig vorbereitet ist, kann der Produktionsleiter auf dem Wannsee segeln gehen. Es müssen nur alle das Gefühl haben, dass er in jedem Moment ins Atelier kommen kann“ (Peter Rabenalt).

1960, drei Jahre nach seinem Renteneintritt, wird Eduard Kubat noch einmal mit der kleinen Rolle des Physikprofessors in  Frank Vogels Komödie DER MANN MIT DEM OBJEKTIV betraut. Am 2. Februar 1976 stirbt er 84jährig in Potsdam.

verfasst von Ralf Schenk. (Stand: Dezember 2020)

Literatur

  • Albert Wilkening: Die DEFA in der Etappe 1950-1953. Betriebsgeschichte des VEB DEFA-Studio für Spielfilme, Teil 2. Potsdam-Babelsberg 1984, S. 64–65.
  • Peter Rabenalt: Meine Lehrer von der DEFA. In: Leuchtkraft 2018. Journal der DEFA-Stiftung. Berlin 2018, S. 60.
  • Hans Klering: Die Meere rufen. In: Neue Film-Welt, Berlin/DDR, Heft 9/1951, S. 14–15.
  • Leo Menter: Die Meere rufen. Rückerinnerung an Fischfang und Filmarbeit. In: Neue Film-Welt, Berlin/DDR, Heft 1/1952, S. 18–19.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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