Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Dagmar Manzel

Schauspielerin

* 1. September 1958 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Coming out"

Dagmar Manzel

in COMING OUT (R: Heiner Carow, 1988/89) Fotograf: Wolfgang Fritsche

Dagmar Manzel ist eine faszinierende Schauspielerin, auf den hauptstädtischen Bühnen eine ganz Große. Sie ist auch eine echte Berlinerin und seit den letzten 20 Jahren auf der Bühne des Deutschen Theaters in Berlin derart erfolgreich präsent, daß sie 1991 den Kunstpreis der Stadt Berlin erhält. Zudem spielt sie preisgekrönt in TV-Filmen und auf der großen Leinwand immer wieder spannende Frauen, die durch ihre robuste Frische und unstillbare Sehnsucht nach Leben auffallen. Dabei zeigt die Darstellerin Wandlungsfähigkeit: sie kann burschikos und mädchenhaft, sentimental und entschieden, eine feine Dame und eine kreischende Magd sein.

Dagmar Manzel wird am 1. September 1958 in Berlin geboren. Beide Eltern arbeiten als Lehrer in einer Schule in Berlin-Friedrichshagen. Sie besucht zwar häufig Theater-Vorstellungen, aber der Wunsch, Schauspielerin zu werden, stellt sich erst spät ein. Nach ihrem Abitur bewirbt sie sich heimlich an der Schauspielschule „Ernst Busch“ in Berlin-Schöneweide und wird angenommen. Von 1977 bis 1980 studiert sie unter dem Professor Rudi Penka.

Bereits im 2. Studienjahr ist die Schauspiel-Elevin im Fernsehen der DDR zu sehen. Der Regisseur Thomas Langhoff besetzt sie als Marthe Schwertlein in der Studenten-Inszenierung des „Urfaust“, welche vom Fernsehen live übertragen wird. Zwischen beiden wird sich eine langjährige Arbeitsbeziehung ergeben. Bereits ein Jahr später ist sie wieder - immer noch Studentin - mit einer Theater-Aufführung im Fernsehen, diesmal „Jutta und die Kinder von Damuz“ in der Regie von Horst Schönemann.

Filmstill zu "So viele Träume"

Dagmar Manzel in SO VIELE TRÄUME (R: Heiner Carow, 1986) Fotograf: Norbert Kuhröber

Filmstill zu "So viele Träume"

Dagmar Manzel und Peter René Lüdicke in SO VIELE TRÄUME (R: Heiner Carow, 1986) Fotograf: Norbert Kuhröber

Dagmar Manzel beendet ihr Studium 1980 und erhält ein Engagement am Staatstheater Dresden. Sie spielt Maria Stuart unter Wolfgang Engel, ist Eboli in „Don Carlos“. 1983 geht sie zurück in ihre Heimatstadt und spielt seitdem am Deutschen Theater. Zu den Höhepunkten ihrer Theaterarbeit gehören die Rolle der Merteuil in Heiner Müllers Inszenierung „Quartett“ sowie die Penelope in „Ithaka“ unter der Regie von Thomas Langhoff. Sie ist als Deianeira in „Trachinierinnen“ des Sophokles oder „Macht Liebe Tod“ nach Thomas Brasch/Erza Pound inszeniert von Matthias Langhoff zu sehen. Bei den Salzburger Festspielen spielt sie unter der Regie von Andrzej Wajda mit großem Erfolg die Rachel in „Die Hochzeit“.

Obwohl sie auch bald bei Film und Fernsehen großen Erfolg hat, bleibt Dagmar Manzel festes Ensemblemitglied und spielt bevorzugt Theater. Mit ihrem umfangreichen und dichten Repertoire - häufig 15 bis 20 Vorstellungen pro Monat, 3 bis 4 Hauptrollen pro Saison - beweist sie Wandlungsfähigkeit: Es reicht von Gotthold Ephraim Lessing bis Georges Feydeau, von Pierre Corneille bis Heiner Müller sowie von Bodo Strauß bis Jacques Offenbach. Meist spielt sie tragische Heroinnen, Primadonnen, Salondamen - wird zur Grande Dame des renommierten Theaters. Nach 18 Jahren verlässt sie das Deutsche Theater, bleibt ihm aber eng verbunden, und arbeitet seit 2001 freischaffend, um sich den verschiedensten Projekten widmen zu können. Unter anderem gastiert sie an den Münchener Kammerspielen in „Traum im Herbst“. Für ihre Darstellung wird sie von der Kritikern der Zeitschrift „Theater heute“ zur Schauspielerin des Jahres 2002 gewählt. In Berlin wird sie an alter Wirkungsstätte als singende und tanzende Großherzogin von Gerolstein in der gleichnamigen Opéra-bouffe nach Jacques Offenbach von Kritik und Zuschauern gefeiert.

Filmstill zu "Coming out"

Matthias Freihof, Dagmar Manzel und Axel Wandtke in COMING OUT (R: Heiner Carow, 1988/89) Fotograf: Wolfgang Fritsche

Filmstill zu "Coming out"

Matthias Freihof und Dagmar Manzel in COMING OUT (R: Heiner Carow, 1988/89) Fotograf: Wolfgang Fritsche

Mit dem Film kommt Dagmar Manzel bereits zu Studienzeiten in Kontakt. Sie wirkt an kleinen Hochschulfilmen mit. Regisseure sind  Herwig Kipping, Bernd Böhlich oder Dietmar Haiduk. Danach ist sie in TV-Serien im DDR-Fernsehen zu sehen, in „Der Staatsanwalt hat das Wort“ oder „Polizeiruf 110“. Unter der Regie von Peter Vogel spielt sie in DIE ERSTE REIHE - BILDER VOM BERLINER WIDERSTAND (1987) nach Stephan Hermelin eine junge Krankenschwester, die sich während des Zweiten Weltkrieges in einen Widerstandskämpfer verliebt. Dagmar Manzel überzeugt durch Glaubwürdig- und Aufrichtigkeit. In dem TV-Film SPÄTE ANKUNFT (1988) von Vera Loebner gibt sie ein spätes Mädchen, künstlerisch veranlagt, senibel und zerbrechlich, welches zu ihrem eigenen Mann keinen Zugang, aber eine geistige Partnerschaft bei einem Arzt findet.

Ihre erste große Rolle in einem Kinofilm erhält sie von  Heiner Carow. In SO VIELE TRÄUME (1986) spielt Dagmar Manzel die junge Frau Claudia, die im Zug ihre Mutter trifft, die sie vor 30 Jahren zur Adoption freigegeben hat. Die Spannung zwischen Mutter und Tochter ist jederzeit greifbar, Claudia provoziert. Dagmar Manzel spielt die junge Frau in all ihrer Widersprüchlichkeit: die Suche nach Wärme und Sehnsucht steht neben Aggressivität und Bitterkeit. Heiner Carow besetzt Dagmar Manzel auch in einem seiner nächsten Filme. In COMING OUT (1988/89) spielt sie die Freundin Tanja des jungen Lehrers Philipp, der seine Sexualität neu erlebt. Anfang der 1990er Jahre ist sie an verschiedenen Filmen der DEFA beteiligt, den letzten der Produktionsfirma, die mit dem politischen System abrechnen, allerdings alle in der Zeit des politischen Umbruchs an den Kinokassen keinen Bestand haben und auch kein breites Publikum finden, unter anderem TANZ AUF DER KIPPE (1990/91) von  Jürgen Brauer, der auf der 41. Berlinale uraufgeführt wird, und VERFEHLUNG (1991) wiederum unter der Regie von Heiner Carow.

In den 1990er Jahren wird die Schauspielerin in Film und Fernsehen häufig mit wichtigen Nebenrollen bedacht. Sie ist in der Film-Satire SCHTONK (1991) von Helmut Dietl zu sehen, spielt in dem Film NACH FÜNF IM URWALD (1995) von Hans-Christian Schmid die Mutter der jungen Franka Potente. Für ihre Rolle der Dorit Meissen in DIE APOTHEKERIN (1997) von Rainer Kaufmann wird sie für den Deutschen Filmpreis als Beste Nebendarstellerin nominiert.

Filmstill zu "Tanz auf der Kippe"

Dagmar Manzel und Frank Stieren in TANZ AUF DER KIPPE (R: Jürgen Brauer, 1990/91) Fotografen: Waltraut Pathenheimer; Matthias Leupold

Filmstill zu "Tanz auf der Kippe"

Frank Stieren und Dagmar Manzel in TANZ AUF DER KIPPE (R: Jürgen Brauer, 1990/91) Fotograf: Matthias Leupold

Einem Millionen-Publikum ist Dagmar Manzel als Mutter Matt - die brandenburgische Bäckerin, die eigentlich Seiltänzerin werden wollte, die mit ihrem Leben hadert, es aber pragmatisch meistert - aus dem erfolgreichen TV-Dreiteiler DER LADEN (1998) nach der Romanvorlage Erwin Strittmatters in Erinnerung. Für diese Leistung wird sie für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Danach kann sich die Schauspielerin ihre Rollen beim Fernsehen aussuchen, wählt in den häufigsten Fällen anspruchsvolle Unterhaltung und interessante Frauenporträts. Sie verkörpert auf leise, eindringliche Weise die Frau des von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Literaturprofessors Victor Klemperer (gespielt von Matthias Habich) in der 13-teiligen Filmbiographie KLEMPERER - EIN LEBEN IN DEUTSCHLAND (1999). Hier agiert sie als stille Heldin, die über keine außergewöhnlichen Fähigkeiten verfügt, aber den Traum hat, ein glückliches Leben zu führen, die mutig ihren Ehemann rettet. In der Filmbiographie KELLY BASTIAN - GESCHICHTE EINER HOFFNUNG (2001) unter der Regie von Andreas Kleinert spielt sie die explosiv-depressive Petra Kelly. Der Regisseur hat ein intensives Kammerspiel inszeniert, in dem die politischen Verhältnisse und Veränderungen den Ton der Beziehung vorgeben. In dem TV-Film LEBEN WÄRE SCHÖN (2003) von Kai Wessel spielt sie eine Frau in den besten Jahren, die sich verliebt, ihre Erotik und das Gefühl als Frau in sich neu entdeckt. Durch ihre Krankheit - zum selben Zeitpunkt, als sie die Liebe neu findet wird bei ihr Krebs diagnostiziert - ist sie aber unmittelbar vom Tode bedroht. Der Film erzählt die Geschichte auf eine sehr karge, stille und zurückhaltende Weise.

Auf der Kinoleinwand ist Dagmar Manzel in NACHBARINNEN (2004), dem Debüt von Franziska Meletzky zu sehen. Sie spielt die allein stehende Paketfrau Dora, die zurückgezogen in einem Leipziger Plattenbau lebt und ihr Leben mit trockenem Humor meistert. Ihre polnische Nachbarin Jola bringt ihr Leben durcheinander. Als prägnant und präzise wird das Spiel der Schauspielerin beurteilt. Auch in WILLENBROCK (2005) von  Andreas Dresen überzeugt sie. Hier mimt sie die Geliebte Vera des Gebrauchtwagenhändlers Willenbrock (gespielt von Axel Prahl).

Neben ihrer Theater- und Filmarbeit gibt die Künstlerin Liederabende, gemeinsam mit Jochen Kowalski singt sie in „Eine Sehnsucht, egal wonach“ und „Ich bin ein Wesen leichter Art“. Dagmar Manzel ist Mitglied der Akademie der Künste Brandenburg-Berlin.
Die Schauspielerin lebt in Berlin. Sie ist mit dem Schauspieler Marcus Kaloff verheiratet. 1983 wird ihrer Tochter Klara geboren, 1994 ein gemeinsamer Sohn. Zusammen steht das Ehepaar in dem Film NACHBARINNEN (2004) vor der Kamera.

Zusammengestellt von Ines Walk. Stand: August 2005

Trailer zu COMING OUT (R: Heiner Carow, 1988/89)

Auszeichnungen

  • 1991: Kunstpreis der Stadt Berlin
  • 1994: Kritikerpreis für Theater des Verbandes der deutschen Kritiker
  • 1999: DER LADEN - Adolf Grimme-Preis als Beste Darstellerin
  • 2000: KLEMPERER – EIN LEBEN IN DEUTSCHLAND - Deutscher Fernsehpreis als Beste Darstellerin
  • 2002: Schauspielerin des Jahres
  • 2004: LEBEN WÄRE SCHÖN - Bayerischer Fernsehpreis als Beste Darstellerin
  • 2004: LEBEN WÄRE SCHÖN - Adolf Grimme-Preis als Beste Darstellerin

Literatur

  • Ingeborg Pietzsch: So viele Gesichter - Die Schauspielerin Dagmar Manzel, in: Film und Fernsehen 09/1989.
  • Marlis Linke: Die Stille der Dagmar Manzel, in: Der Filmspiegel 04/1990.
  • Julia Michelis: Täglich ein Stück Leben - Die Schauspielerin Dagmar Manzel, in: Berliner Zeitung, 07.04.1992.
  • Ingeborg Pietzsch: Für Feinheit zahlt man mit Schmerz – Dagmar Manzel: Ein einmalig schöner Schwebezustand bannt und verzaubert den Zuschauer, in: Berliner Zeitung, 11.10.1995.
  • Ernst Schumacher: Alptraum des Gleichgewichts – Preisträgerin Dagmar Manzel über sich, die Kritik, das Deutsche Theater und die Kulturpolitik, in: Berliner Zeitung, 11.04.1995.
  • Hans-Hermann Kotte: In einem wunderbaren Therapiezustand - Die Berliner Schauspielerin Dagmar Manzel ist in der Verfilmung der Klemperer-Tagebücher zu sehen, in: Berliner Zeitung, 09.10.1999.
  • Barbara Jänichen: Große Liebe in einer dunkeln Zeit – Dagmar Manzel über ihre Rolle in der Verfilmung der Klemperer-Tagebücher, in: Berliner Morgenpost, 12.10.1999.
  • Ortrun Egelkraut: Glücksmomente in einer Ehe-Tragödie – Dagmar Manzel hat am Deutschen Theater gekündigt, in: Berliner Morgenpost, 30.10.1999.
  • Meike Matthes: "Jetzt möchte ich eigene Wege gehen" - Die Schauspielerin und Diseuse Dagmar Manzel verlässt nach 17 Jahren das Deutsche Theater, in: Die Welt, 02.01.2001.
  • Jan Draeger: Selbst befreit - Die Schauspielerin Dagmar Manzel braucht ihre Arbeit als Ventil, in: Berliner Morgenpost, 15.07.2001.
  • Mechthild Zschau: Palast der Liebe - In Offenbachs "Die Großherzogin in Gerolstein" ist Dagmar Manzel auf amouröse Eroberungen aus, in: Der Tagesspiegel, 28.11.2002.
  • Thomas Thieringer: Vom Naturell furchtbar kriminell - Dagmar Manzel ist "Die Großherzogin in Gerolstein" am Deutschen Theater Berlin, in: Süddeutsche Zeitung, 13.12.2002.
  • Michael Seewald: Überwältigung - Dagmar Manzel über eine große Rolle und das Leben auf Island, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.10.2003.
  • Hans-Dieter Schütt: Weib, Clown - Dagmar Manzel, in: Neues Deutschland, 18.03.2004.
  • Lothar Ehrlich: … und wenn es nur ein Lächeln ist - Gespräch mit Dagmar Manzel, in: Freitag, 09.07.2004.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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