Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Helmut Nitzschke

Regisseur

* 14. November 1935 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Zeitzeugengespräch: Helmut Nitzschke"

Helmut Nitzschke

während eines Zeitzeugengesprächs im Jahr 2016 (R: Ferdinand und Katrin Teubner) Fotograf: Teubner

Helmut Nitzschke galt nach seinen Kriminalfilmen NEBELNACHT und LEICHENSACHE ZERNIK als Spezialist für spannendes Genrekino mit zeitgeschichtlichen Bezügen. Doch nach der schwierig zu realisierenden Anna-Seghers-Adaption DAS LICHT AUF DEM GALGEN brach seine DEFA-Karriere unvermutet ab. Nach einigen wenigen Arbeiten fürs Fernsehen der DDR geht er in den Westen, findet aber auch dort keinen Anschluss mehr in seinem Beruf.

Helmut Nitzschke wird am 14. November 1935 in Berlin als Sohn des Malers, Grafikers und Filmarchitekten Herbert Nitzschke und der Bildhauerin, Malerin und Trickfilmzeichnerin Ilse Nitzschke, einer Schülerin Oskar Kokoschkas, geboren. Schon als Kind lernt er das Filmmilieu kennen, da sein Vater als Szenenbildner u.a. bei der Ufa, der Terra und der Berlin-Film arbeitet und hier für die Bauten von ...REITET FÜR DEUTSCHLAND ( Arthur Maria Rabenalt, 1941), JOHANN (Robert A. Stemmle, 1943) oder den von der DEFA fertiggestellten „Überläuferfilm“ RÄTSEL DER NACHT (Johannes Meyer, 1945) zuständig ist. Von dem Hauptdarsteller in JOHANN, Theo Lingen, erhält der kleine Sohn eine Spielzeugfeuerwehr geschenkt. Von 1953/54 bis zum Mauerbau ist Herbert Nitzschke dann bei der DEFA beschäftigt und verantwortet u.a. die Ausstattung von DER TEUFELSKREIS ( Carl Balhaus, 1955), ZWISCHENFALL IN BENDERATH ( János Veiczi, 1956), DER JUNGE ENGLÄNDER ( Gottfried Kolditz, 1958) und VOM KÖNIG MIDAS ( Günter Stahnke, 1962).

Schon als Kind interessiert sich Helmut Nitzschke für Literatur, Schauspiel und Puppentheater, aber auch für Physik. Nach dem Abitur legt er eine Aufnahmeprüfung zum Physikstudium ab und soll in der UdSSR studieren, was er ablehnt. Daraufhin beginnt er 1955 ein Regiestudium an der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg. Zu seinen Kommilitonen zählen  Jürgen Böttcher,  Kurt Tetzlaff und Hans-Dieter Grabe. Wegen „politischer Unreife“ wird Nitzschke 1957 relegiert und arbeitet zeitweise als Traktorist, Hilfsschlosser, Kellner, Koch oder Barkeeper, legt Prüfungen als Mähdrescherfahrer und Schweißer ab und gründet in Leipzig das Laienkabarett „Die rosa Wolke“. 1957 darf er sein Studium an der Filmhochschule fortsetzen; er dreht Etüden und Kurzfilme wie DAS PLAKAT (1957), EINER MUTTER SOHN (1957) und PORTRAIT 59 (1959), in dem er über die gesellschaftliche Wiedereingliederung eines entlassenen Strafgefangenen erzählt. Für seinen Diplomfilm DIE SORGENKINDER (1962) mit dem Untertitel „Eine Geschichte für erwachsene Kinder, gedreht vor dem 13. August“, eine Gemeinschaftsproduktion zwischen Filmhochschule und DEFA-Studio für populärwissenschaftliche Filme, besetzt er neben Schauspielern auch Amateure aus dem Bekleidungswerk VEB Fortschritt Berlin-Lichtenberg und von der Laienspielgruppe des Hauses der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft Berlin. Es geht um ein Mädchen, das „für seinen Galan, der immer in Jeans ins Theater gehen will, in dem Betrieb, in dem sie arbeitet, eine Jacke klaut“ (Nitzschke zu Schmidt, 1982).

Filmstill zu "Wind von vorn"

Helmut Nitzschke (Bildmitte, mit Sonnenbrille) gibt Erwin Geschonneck Regieanweisungen bei den Dreharbeiten zu WIND VON VORN (R: Helmut Nitzschke, 1962) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Leichensache Zernik"

Helmut Nitzschke (links, im weißen Hemd) und Claus Neumann (an der Kamera) bei den Dreharbeiten zu LEICHENSACHE ZERNIK (R: Helmut Nitzschke, 1972) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich, Waltraut Pathenheimer

1961 wird Nitzschke vom DEFA-Studio für Spielfilme als Assistenzregisseur angestellt. Schon im Jahr darauf soll er seinen ersten eigenen Langspielfilm realisieren, WIND VON VORN, die Geschichte eines Fernfahrers ( Erwin Geschonneck), der zwar immer noch von einem eigenen Fuhrgeschäft träumt, nun aber im Auftrag des Erdölverarbeitungswerks Schwarze Pumpe die auf Außenmontage arbeitenden Brigaden mit Ersatzteilen versorgt und dabei auch als Vermittler von Nachrichten zwischen den Arbeitern und ihren Familienangehörigen fungiert. Zugleich skizziert der Film die Beziehung des Fernfahrers zu einer ihm zugeteilten Beifahrerin ( Marianne Wünscher), die er zunächst ablehnt, der er dann aber doch näherkommt. Mit Christel Gräf als Dramaturgin und  Roland Gräf als Kameramann entwickelt Nitzschke ein realistisches Porträt der arbeitenden Klasse; er spart dabei auch Planfälschungen, Saufgelage und Prügeleien nicht aus. Doch nachdem zwei Drittel des Films abgedreht sind, entscheidet die DEFA-Direktion den Abbruch. Eine offizielle Begründung gibt es nicht; intern ist von einer „Verletzung der ästhetischen Normen“ durch lakonische Bilder aus der Arbeitswelt die Rede. Roland Gräf mutmaßt später, dass die herben, ungeschönten Großaufnahmen von Arbeitergesichtern die Direktion verstörten. Das Material wird vernichtet; erhalten sind nur einige Arbeitsfotos.

Nach dem Abbruch von WIND VON VORN wird Nitzschke mit Aufgaben eines Regieassistenten betraut; in dieser Funktion wirkt er an den Fernsehfilmen DREI KRIEGE (Norbert Büchner, 1963) und DAS MÄDCHEN AUS DEM DSCHUNGEL ( Kurt Jung-Alsen, 1964) mit.  Kurt Maetzig beschäftigt ihn für Vorarbeiten zu DAS KANINCHEN BIN ICH. 1965 assistiert er dem Opernregisseur Walter Felsenstein bei dessen Fernsehadaption der Inszenierung DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN aus der Komischen Oper Berlin. Felsenstein, der Vertrauen in Nitzschke fasst, bittet ihn um Gedanken zu einer Regiekonzeption für die Verfilmung der Mozart-Oper „Don Giovanni“, die aber nicht zustande kommt.

Filmstill zu "Wind von vorn"

Gedreht im VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe: WIND VON VORN (R: Helmut Nitzschke, 1962) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Wind von vorn"

Erwin Geschonneck und Marianne Wünscher in WIND VON VORN (R: Helmut Nitzschke, 1962) Fotograf: Rudolf Meister

1965 ist Helmut Nitzschke Regieassistent bei  Gerhard Kleins BERLIN UM DIE ECKE. An die Zusammenarbeit erinnert er sich später: „Man wurde immer als Gleichberechtigter behandelt, was mitunter auch ziemliche Reserven freilegt.“ (Nitzschke zu Schmidt). Bei einem Unfall mit dem Dienstwagen zieht er sich eine Knochendystrophie zu, die ihn monatelang aufs Krankenbett zwingt. Gerhard Klein ermutigt ihn, gemeinsam mit dem Kriminalschriftsteller Heiner Rank das Drehbuch NEBELNACHT zu verfassen: die Geschichte eines Trickbetrugs und eines als Autounfall getarnten Mordes. Als Vorbild bezeichnet Nitzschke Francesco Rosis Studie WER ERSCHOSS SALVATORE G. (SALVATORE GIULIANO, 1961), an der ihm gefällt, wie mithilfe des Kriminalplots soziale Strukturen aufgehellt werden. Als 1968 Filmprojekte als „Planerfüller“ gebraucht werden, nimmt die DEFA-Direktion NEBELNACHT in den Produktionsplan auf und ermöglicht Nitzschke damit das längst überfällige Leinwanddebüt. Gedreht wird zwischen Mitte August und Anfang November 1968 vorwiegend in Pirna und Umgebung; die Hauptrollen spielen Peter Borgelt und Gunter Schoß als Ermittler sowie Hans-Peter Minetti als Täter. NEBELNACHT, von Nitzschke als „solider Gebrauchsfilm“ apostrophiert, wird von der Kritik teils gerügt, teils mit freundlichem Lob bedacht; deutlich wird das Vermögen, souverän mit tradierten Thrillerelementen wie verzerrten nächtlichen Erpresseranrufen umzugehen. Kollegen nennen den Regisseur daraufhin ironisch „Nitzschcock“.

Für den Episodenfilm AUS UNSERER ZEIT, den die DEFA kurz nach dem 20. Jahrestag der DDR in die Kinos bringt, übernimmt Nitzschke die Adaption von Brechts Kalendergeschichte DIE ZWEI SÖHNE. Es gelingt ihm, Brechts Witwe, die Schauspielerin Helene Weigel, als Sprecherin des Kommentartextes zu gewinnen; die Tonaufnahmen finden im Gartenhaus Brechts in Buckow statt. DIE ZWEI SÖHNE beschreibt ebenso karg wie eindrucksvoll, wie eine Mutter am Ende des Zweiten Weltkrieges ihren Sohn, der ein Verbrechen gegen sowjetische Kriegsgefangene plant, an die Rote Armee übergibt. Wolfgang Gersch urteilt in seinem Buch „Film bei Brecht“, die Episode hinterlasse „trotz einer intelligenten Komposition von Text und Bild einen zwiespältig-etüdenhaften Eindruck, weil eine gewisse schulmäßig geführte Demonstrationsweise die zitierten Vorgänge mehr nach- als abbildet“. Im „Filmspiegel“ nennt Friedrich Salow die Episode „die künstlerisch reifste“ des Gesamtprojekts, an dem neben Nitzschke auch  Joachim Kunert,  Rainer Simon und Kurt Maetzig beteiligt sind.

Filmstill zu "Nebelnacht"

Gunter Schoß und Peter Borgelt in NEBELNACHT (R: Helmut Nitzschke, 1968) Fotograf: Wolfgang Ebert

Filmstill zu "Nebelnacht"

Hannjo Hasse und Gisela Büttner in NEBELNACHT (R: Helmut Nitzschke, 1968) Fotograf: Wolfgang Ebert

Während der Arbeit an DIE ZWEI SÖHNE findet Helene Weigel Gefallen an dem jungen Regisseur und lädt ihn zu einer Inszenierung des Dramenfragments „Woyzeck“ von Georg Büchner ans Berliner Ensemble ein. Aus den Büchner-Überlieferungen entwickelt er gemeinsam mit der Schriftstellerin Dorothea Siewert eine neue Spielfassung und besetzt Ekkehard Schall als Woyzeck sowie Barbara Dittus als Marie. Nach der Premiere am 4. November 1971 erhält Nitzschke den Kritikerpreis der „Berliner Zeitung“. Für sein neues DEFA-Projekt „Angst“ (auch „Kühnheit der Fünfzehn“) nimmt er sich Michail Romms viel diskutierten sowjetischen Gegenwartsfilm NEUN TAGE EINES JAHRES (DEWJAT DNEI ODNOWO GODA, 1962) zum Vorbild. Hauptfiguren sind junge Chemie- und Mathematikingenieure, die mit großem Elan ein Rechenzentrum für ein Chemiewerk aufbauen wollen und dabei auf zahlreiche Widersprüche stoßen. Doch das Buch „wurde mit Pauken und Trompeten abgelehnt“ (Nitzschke zu Schmidt); möglicherweise stört sich die Dramaturgie an deutlich existentialistischen Fragestellungen, möglicherweise ist auch die thematische Nähe zu aktuellen DEFA-Filmen wie  Ralf Kirstens NETZWERK oder  Siegfried Kühns IM SPANNUNGSFELD zu groß. Gerhard Klein, dem das Projekt gefällt, bietet Nitzschke an, selbst Regie zu führen; er solle dann eine Rolle übernehmen. Doch Klein stirbt nach schwerer Krankheit im Mai 1970.

Rund ein Jahr nach dem Tod seines Mentors wird Helmut Nitzschke vom künstlerischen Direktor der DEFA, Günter Schröder, gebeten, Kleins Projekt LEICHENSACHE ZERNIK zu Ende zu führen. Kleins Plan, nach dem Vorbild von Nanni Loys DIE VIER TAGE VON NEAPEL (LE QUATTRO GIORNATE DI NAPOLI, 1962) einen weit ausgreifenden, dreistündigen epischen Film mit vielen dramaturgischen Verästelungen über das Berlin der späten 1940er-Jahre zu drehen, ist für Nitzschke keine Option. Er entscheidet sich für eine veränderte Variante, verkürzt und verdichtet den Stoff und reflektiert anhand der Aufklärung eines Kriminalfalls über die politischen Verhältnisse in der Vier-Sektoren-Stadt zu Zeiten der Währungsreform. Hauptfiguren sind ein Frauenmörder ( Gert Gütschow), der im Osten tötet und sich im Westen versteckt, und dessen Verfolger von der Kriminalpolizei, darunter ein junger, unerfahrener Kriminalanwärter ( Alexander Lang), der seine erste Bewährungsprobe erlebt. Gemeinsam mit dem Kameramann Claus Neumann gelingt dem Regisseur ein „atmosphärisch stimmiges Bild von Zeit und Ort, ohne historisierende Schnörkel und Stilisierungen“ (Klaus Wischnewski). Der Kritiker Friedrich Salow lobt im „Filmspiegel“, Helmut Nitzschke habe der Arbeit „ihren eigenen Stil, ihre eigene Handschrift (gegeben). Das Ergebnis: ein Film, in dem sich Spannung, Zeitbericht und humorvolle Züge eng miteinander verbinden. Die Sorgfalt, mit der die Atmosphäre der ersten Nachkriegsjahre nachgeschaffen wurde, lässt staunen – eine Sorgfalt übrigens, die überhaupt dem gesamten Werk, seiner Personenzeichnung, der Dramaturgie ablesbar ist.“ (Filmspiegel, 26.4.1972). Das Schwarzweiß der Inszenierung verbindet sich nahtlos mit authentischen Dokumentaraufnahmen. Für LEICHENSACHE ZERNIK wird Nitzschke mit dem Heinrich-Greif-Preis 1. Klasse im Kollektiv ausgezeichnet.

Filmstill zu "Leichensache Zernik"

Annemone Haase und Gert Gütschow in LEICHENSACHE ZERNIK (R: Helmut Nitzschke, 1972) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich, Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Leichensache Zernik"

Kurt Böwe und Alexander Lang in LEICHENSACHE ZERNIK (R: Helmut Nitzschke, 1972) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich, Waltraut Pathenheimer

Nach dem Erfolg von LEICHENSACHE ZERNIK sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum wird Nitzschke von der DEFA fest als Regisseur angestellt und arbeitet an dem über sechs Millionen Mark teuren Projekt DAS LICHT AUF DEM GALGEN nach einer Erzählung von Anna Seghers. Der Film spielt nach der Französischen Revolution auf Jamaika; Thema ist der Export der Revolution: Emissäre aus Paris sollen in der englischen Kolonie einen Aufstand der Sklaven vorbereiten, scheitern aber an Unerfahrenheit und äußeren Umständen. Die Dreharbeiten auf Kuba sollen vom kubanischen Filminstitut ICAIC unterstützt werden, das sich aber oft außerstande sieht, die DEFA-Vorgaben zu erfüllen. Ein von Nitzschke besetzter Hauptdarsteller aus der Sowjetunion steht plötzlich nicht mehr zur Verfügung; der Regisseur wird vom sowjetischen Geheimdienst KGB aufgefordert, alle Nachfragen nach ihm unverzüglich einzustellen. Hinzu kommt, dass ein Hurrikan diverse Schauplätze beschädigt. Gedreht wird nach Kuba auch in Bulgarien; besetzt ist der Film mit Darstellern u.a. aus der DDR, Polen, der UdSSR, Rumänien, Jugoslawien und Afrika. Nach der Premiere überwiegen kritische Stimmen, die darauf hinweisen, dass die geschichtsphilosophischen Intentionen der Dichterin nur ungenügend ins Filmische umgesetzt worden seien und der Regisseur sich zu sehr auf äußerliche Attraktivität und folkloristische Elemente verlassen habe. Der Westberliner Rezensent Heinz Kersten wertet DAS LICHT AUF DEM GALGEN sogar als „Ausdruck einer künstlerischen Krise, in der man sich offensichtlich seit einiger Zeit in Babelsberg befindet“. Anna Seghers selbst akzeptiert den Film als werkgetreue Adaption.

Helmut Nitzschkes Plan, nach DAS LICHT AUF DEM GALGEN den Roman „Levins Mühle“ von Johannes Bobrowski zu adaptieren, scheitert; das Buch wird von  Horst Seemann verfilmt. Weitere Projekte, so über das Jahr 1946 („Der Junge im Soldatenmantel“), den jungen Friedrich Schiller und Kurt Tucholskys Aufenthalt in Schweden, kommen nicht über literarische Vorlagen hinaus, ebenso wie das Projekt „Maria, was nun?“ über ein Mädchen, das in einen Versicherungsschwindel gerät. 1978 und 1981 realisiert Nitzschke als Gast beim Fernsehen der DDR zwei Folgen der populären Fernsehreihe POLIZEIRUF 110, darunter HARMLOSER ANFANG (1981) über einen „sozialistischen Leiter“, der seine Geliebte aus Angst vor einem Skandal erschlägt. Für das Jüdische Theater Warschau richtet er eine Spielfassung von Scholem Alechems „Samuel Schneider“ in jiddischer Sprache ein. Doch seine geplante Regie kommt wegen der Ausrufung des Kriegsrechts nicht zustande. Auch die Filmparabel „Volks Entscheid“, die er gemeinsam mit dem Autor Karl Mickel entwickelt, ein Stoff über die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, scheitert auf halbem Wege; später nimmt sich Siegfried Kühn des Stoffes an.

Filmstill zu "Das Licht auf dem Galgen"

Alexander Lang, Amza Pellea und Heidemarie Wenzel in DAS LICHT AUF DEM GALGEN (R: Helmut Nitzschke, 1976) Fotograf: Klaus Goldmann

Filmstill zu "Das Licht auf dem Galgen"

Jürgen Holtz in DAS LICHT AUF DEM GALGEN (R: Helmut Nitzschke, 1976) Fotograf: Klaus Goldmann

Weil Helmut Nitzschke von der DEFA keine Regieaufträge mehr erhält und auch weitere Stoffe für den POLIZEIRUF 110 nicht zur Drehreife kommen, entschließt sich der Regisseur 1986, einen privaten Aufenthalt in der Bundesrepublik zur Übersiedlung in den Westen zu nutzen. Seine Frau  Heidemarie Wenzel folgt ihm 1988. In München und Hamburg ist er zunächst mit Synchronarbeiten befasst, entwickelt dann computergesteuerte Bühnenprojektionen in Zusammenhang mit holografischen Instrumenten und übernimmt die Bildregie der Live-Übertragung der Eröffnungspremiere „Die Meistersinger von Nürnberg“ aus dem Aalto-Theater Essen. 1993 inszeniert er am Prinzregententheater München „Ijob“ nach Martin Buber und spielt die Rolle des Bildad. Doch seine Filmstoffe, etwa die Wende-Geschichte „Hätt’ ich nur deine Liebe“ (1991/92) und der Stasi-Krimi „Fritz Hans Thalacher“ (1992/93), bleiben ungedreht.

Helmut Nitzschke ist 1961-65 mit der Schauspielerin Ursula Werner und 1968-75 mit der Schriftstellerin Dorothea Siewert verheiratet. 1977 heiratet er die Schauspielerin Heidemarie Wenzel, mit der er seit 1998 wieder in Berlin lebt.

Verfasst von Ralf Schenk. (März 2022)

Literatur

  • Manfred Heidicke: Junge DEFA-Regisseure (3): Helmut Nitzschke. Das Beste herausholen. In: Filmspiegel, Berlin/DDR, Heft 13/1969, S. 22-23.
  • Wolfgang Gersch: Film bei Brecht. Henschelverlag Berlin 1975, S. 235. (zu DIE ZWEI SÖHNE).
  • Marlis Linke: Die Geschichten der Anna Seghers. Ein Interview mit Helmut Nitzschke. In: Filmspiegel, Heft 9/1976, S. 4-5. (zu DAS LICHT AUF DEM GALGEN).
  •  „Er hat der Realität nie mit einer vorgefassten Meinung gegenübergestanden“. Gespräch mit dem Filmregisseur Helmut Nitzschke, 15.9.1982. In: Hannes Schmidt: Werkstatterfahrungen mit Gerhard Klein. Aus Theorie und Praxis des Films 2/1984, Potsdam-Babelsberg 1984, S. 64-76.
  • RAS (= Ralf Schenk): Helmut Nitzschke – Regisseur, Autor. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Hamburg 1984ff.
  • Eva Meschede: Emigranten in einem Land, das ihre Sprache spricht. Die Suche des Regisseurs Helmut Nitzschke und seiner Familie nach einem „Stück Heimat“. In: Süddeutsche Zeitung, München, 20.1.1990.
  • Heinz Kersten: DAS LICHT AUF DEM GALGEN. In: Christel Drawer (Hg.): So viele Träume. DEFA-Film-Kritiken aus drei Jahrzehnten. Vistas Verlag 1996, S. 99-100.
  • Evelyn Hampicke: Von Aufbauhelden, Provokateuren und Sorgenkindern. Die DEFA-Lederjacke im Wandel der Zeiten. In:  Leuchtkraft 2020, Journal der DEFA-Stiftung, S. 13. (zu DIE SORGENKINDER).

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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