2. Preisverleihung

Die Preise wurden am 26. November 2002 im Kino Babylon verliehen.

 

Preisträger

Zur  Fotogalerie der 2. Preisverleihung der DEFA-Stiftung.

Preis für die Verdienste um den deutschen Film

Egon Günther

Egon Günther

Fotograf: Horst Redlich

 Egon Günthers Anteil an der deutschen Filmkultur der letzten 40 Jahre ist bedeutend und unverwechselbar. Er hat als Regisseur und Autor für Kino und Fernsehen gearbeitet, von 1958 bis 1978 bei der DEFA, ab 1980 im Westen.

Seine Arbeiten in der DDR waren respektlos und souverän, keine Filme, die mithelfen wollten zu regieren, sondern komödiantische und subversive Kommentare zur Lage, die auf die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kunst pochten. Erzählerisch entschieden und formal herausragend waren auch seine Filme der 1980er-Jahre, unsentimental, ironisch, lustvoll.

Dass Egon Günther seit Beginn der 1990er-Jahre seine Projekte nur noch sporadisch verwirklichen kann, bleibt sehr zu bedauern.

Laudator: Roland Gräf

Preis zur Förderung der deutschen Filmkunst

Thomas Heise

Thomas Heise

Fotograf: Horst Redlich

Ein früher, auch gleich verbotener Film von Thomas Heise trug den Titel: Wozu denn über diese Leute einen Film. Diese Frage kann durchaus leitmotivisch begriffen werden, zumindest für ein Leitmotiv der Filme Thomas Heises: nicht innezuhalten vor den sogenannten Rändern der Gesellschaft; Menschen und Menschengruppen, die nicht übereinstimmen mit politisch-korrekten Schablonen und Wunschvorstellungen, nicht als filmunwürdig auszugrenzen.

Thomas Heise interessiert sich hartnäckig fürs Leben auf schmalen Graten, für Menschen im Fegefeuer. Dies macht den Regisseur nicht zum Modell für Harmoniebedürfnis und Ausgewogenheit, viel eher steht er für Ecken und Kanten, für Unbequemes, Übersehenes oder Ausgeblendetes. Die Filme bezeugen es, von Eisenzeit, Barluschke, den beiden Neustadt-Stau-Filmen bis zum jüngsten Film Vaterland. Häufig ist die Atmosphäre seiner Filme von Kritikern als Endzeitstimmung charakterisiert worden, als Weltgefühl der Düsternis, Einsamkeit und Verdammnis. Auch weil bei Thomas Heise häufig die Zerstörung von Landschaft und Heimat mit der Deformation von Menschen einhergeht, im dialektischen Bedingtsein. Doch sollte dabei nicht die Sehnsucht nach einem Anderssein verkannt und übersehen werden, die bisweilen quälende Frage nach einer Zukunft für Ideale, Utopien und Träume.

Thomas Heise hat einmal seine Filme als „archäologische Reisen zu Landschaften, Menschen und Dingen“ beschrieben. Man kann nicht besser ein Wesenselement seines Œuvres ausdrücken, das Miteinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Graben nach Spuren vom Wechsel der Zeiten und ihren Übergängen.

Laudator: Fred Gehler

Preis zur Förderung des künstlerischen Nachwuchses

Fatih Akin

Fatih Akin

Fotograf: Horst Redlich

Der jüngere deutsche Kinofilm erhält durch Fatih Akins Talent eine Farbe, die sonst nur gelegentlich und eher zufällig auftaucht: direktes, unverstelltes Erzählen, fantasiereich, spontan und kraftvoll.

Besonders in seinen ersten beiden langen Spielfilmen besticht er durch die Sinnlichkeit und Unverbrauchtheit seiner filmischen Sprache, selbst da, wo er gängigen Mustern folgt. Fatih Akin lebt in Hamburg. Sein Kiez – so erzählen seine Filme – geht uns mehr an, als wir vermutlich wahrhaben wollen.

Laudator: Roland Gräf

Programmpreise

ACUD Kino

Dagmar Kaczor

betreibt seit 1991 das ACUD Kino. Fotograf: Horst Redlich

Das Programmkino ACUD hat 49 Sitzplätze und eine Klimaanlage. Es befindet sich in der 5. Etage eines noch morbiden Berliner Hinterhauses in der Veteranenstraße. Als autonom arbeitendes Projekt besteht es seit circa zehn Jahren innerhalb des Kunstvereins ACUD e.V.

Ausgezeichnet wird dieses Kino für seine bewusste Arbeit mit dem jungen deutschen und europäischen Film, der über 80 Prozent des Programmangebots ausmacht. Der Dokumentarfilm und der Kurzfilm gehören mit einem Anteil von 25 Prozent zu den täglichen drei Vorstellungen.

Ebenfalls fester Bestandteil des Programms ist seit Jahren die Präsentation von Filmen des Cottbuser Festivals des Osteuropäischen Films und die Beteiligung an kleineren Festivals unabhängiger Filmemacher verschiedenster Länder. Die Aufführung von Kurzfilmen vor jeder Vorstellung machen das Kino zu einem besonderen Anziehungspunkt für Filmstudenten.

Diskussionsveranstaltungen mit jungen und älteren Filmemachern gehören zum Selbstverständnis einer alternativen, unverbrauchten und neugierigen Kinobetreibergeneration. Mit dem Programmpreis der DEFA-Stiftung wollen wir das Programmkino ACUD unterstützen, diesen erfolgreichen Weg weiter zu gehen.

Laudator: Fred Gehler

Werkstattkino München

Erich Wagner

Mitgründer und Betreiber des „werstattkino“ München. Fotograf: Horst Redlich

Fünf Filmenthusiasten betreiben das „werkstattkino“ München. Jeder ist für alles zuständig, für die Organisation, die Werbung, die Reinigung, das Programm. Grundsätzlich wird über das Kinoprogramm nicht abgestimmt, sondern jeder Film, den einer der Kinobetreiber in das Programm aufnimmt, muss von den anderen geduldet und vorgeführt werden. Möglicherweise entsteht so die Vielfalt des Programms dieses Kellerkinos, das mit seinen 51 Sitzplätzen und mindestens zwei Vorstellungen täglich immer wieder alte und neue Zuschauer anlockt.

Einig sind sich aber die Betreiber in ihrem Sinn für den Dokumentarfilm, den Experimentalfilm, den Kurzfilm, für das „unabhängige Kino“ aus Deutschland, Europa und dem asiatischen Raum. Themen-, Länder-, Regisseur- und Schauspielerreihen stehen neben populären Kinogenres, auch durch die Unterhaltung eines eigenen Archivs mit circa tausend Filmkopien. Wenn ein Kino sich fast ausschließlich aus den Einnahmen der Tageskasse trägt, muss mit dem Einsatz eines Filmes immer auch der Einsatz eines anderen Filmes ausgeglichen werden. Das gelingt diesem Kino nun schon über 25 Jahre.

Die Jury der DEFA-Stiftung zeichnet das „werstattkino“ München für seine Eigenwilligkeit bei der Programmgestaltung aus, bei der der außergewöhnliche Film immer eine Chance hat.

Laudator: Fred Gehler

Wilhelm-Fraenger-Institut

Paul Werner Wagner

Der Kurator nahm die Auszeichnung für das Wilhelm-Fraenger-Institut entgegen. Fotograf: Horst Redlich

Das Wilhelm-Fraenger-Institut, vertreten durch Herrn Paul Werner Wagner, erhält den Programmpreis der DEFA-Stiftung für die Initiierung, Organisation und Durchführung besonderer Filmreihen mit dem DEFA-Film.

Herrn Wagner ist es gelungen, Filme der DEFA in einen politischen Kontext zu setzen und so Gespräche über das Kunstwerk Film auf eine gewesene Realität zu lenken. Diese Gespräche konnten wesentlich zum Verständnis der politischen, sozialen und ganz alltäglichen Verhältnisse in der DDR beitragen. Zu nennen wären Film-Wochen wie „Verbotene Filme“, „Filme gegen das Vergessen“, „Blickpunkt Mauer – im Film“ und „DDR – Fiktion und Wirklichkeit im Film“.

Diese Filmwochen wurden durch Gespräche mit maßgeblich Beteiligten am Film, Historikern, Zeitzeugen, Wissenschaftlern gestützt und führten zu anregenden Diskussionen mit erstaunlich vielen interessierten Zuschauern. So konnten DEFA-Filme und die dazu gehörigen Gespräche ganz bewusst und anschaulich zur Aufarbeitung von DDR-Geschichte beitragen, und wir betrachten diese Aufarbeitung auch noch lange nicht für beendet.

Laudator: Fred Gehler

Fotogalerie

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