Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Carl Balhaus

Regisseur, Schauspieler

* 5. November 1905 in Mülheim, an der Ruhr; † 28. Juli 1968 in der Nähe von Neubrandenburg

Biografie

Filmstill zu "Mord ohne Sühne"

Carl Balhaus

bei den Dreharbeiten zu MORD OHNE SÜHNE (R: Carl Balhaus, 1962) Fotograf: Horst Blümel

Der Schauspieler und Regisseur Carl Balhaus hat mehr als 50 Jahre Filmgeschichte mitgestaltet. Er beginnt seine Karriere als junger Eleve auf der Theaterbühne, ist später in prägnanten Nebenrollen in Stummfilmen und Tonfilmklassikern zu sehen. Nach 1945 ist er bei der DEFA beschäftigt und inszeniert neben Unterhaltungsware auch politische Stoffe.

Carl Balhaus wird am 5. November 1905 in Mülheim, an der Ruhr geboren. Sein Vater arbeitet als Volksschullehrer. Schon während seiner Schulzeit zeigt er lebhaftes Interesse für das Theater. 1923 absolviert er sein Abitur, danach schreibt er sich in Berlin in den Fächern Philologie und Germanistik an der Universität ein. Während des Studiums beginnt er eine Schauspielausbildung bei Professor Gregori am Deutschen Theater. Er debütiert 1925 auf der Theaterbühne als Otto in „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind. In der Folge arbeitet er in den Ensembles von Victor Barnowsky und Max Reinhardt, ist ab 1926 festes Mitglied an der Berliner Volksbühne. Bis 1935 arbeitet er mit den berühmtesten Theaterregisseuren der Zeit zusammen: Max Reinhardt, Erwin Piscator, Gustaf Gründgens und Jürgen Fehling besetzen ihn. Mit dem Theaterstück „Anja und Esther“ von Klaus Mann geht er 1927 gemeinsam mit Klaus und Erika Mann sowie Pamila Wedekind auf Tournee durch Deutschland.

Mit 21 Jahren debütiert der Schauspieler auch vor der Kamera. Seine erste Rolle erhält er neben dem gestandenen Mimen Paul Wegener in RAMPER, DER TIERMENSCH (1926) von Max Reichmann. Bis 1932 ist Carl Balhaus in etwa zehn Filmen zu sehen. Er arbeitet unter der Regie von Berthold Viertel, Gerhard Lamprecht, Georg Asagaroff und Richard Oswald. Letzterer besetzt ihn in seinem Stummfilmklassiker FRÜHLINGS ERWACHEN (1929) als Moritz. Außerdem ist er mit kleinen, aber ausgeprägten Charakterrollen an den Tonfilmen DER BLAUE ENGEL (1930) von Josef von Sternberg und M - EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER (1931) von Fritz Lang beteiligt. Führende Rollen spielt er unter der Regie seines Schauspielkollegen Harry Piel in drei Kriminalfilmen.

Filmstill zu "Der Teufelskreis"

János Veiczi und Carl Balhaus bei den Dreharbeiten zu DER TEUFELSKREIS (1955) Fotograf: Manfred Klawikowski

Filmstill zu "Der Teufelskreis"

Carl Balhaus bei den Dreharbeiten zu DER TEUFELSKREIS (1955) Fotograf: Manfred Klawikowski

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 wird der Schauspieler zunächst weder beim Film noch beim Theater beschäftigt. Er ist von 1932 bis 1933 Mitglied der revolutionären Gewerkschaftsopposition und wird deshalb von den neuen Machthabern misstrauisch beobachtet. Ab 1935 findet er in Berlin an verschiedenen Bühnen kleinere Engagements, bis 1939 ist er Schauspieler am Residenztheater in München. Hier führt er 1938 auch erstmals Regie bei dem Stück „Kriegsgericht“ von Max Dreyer. Zwischenzeitlich ist Carl Balhaus auch wieder beim Film beschäftigt. Regisseure wie Luis Trenker, Herbert B. Fredersdorf und Walter Ruttmann engagieren ihn für kleinere Rollen. Von 1939 bis 1940 wird er kurzzeitig zum Straßenbaubataillon in Freising eingezogen. Danach arbeitet er als Regisseur und Schauspieler am Deutschen Theater in Lille. Seine Arbeit wird immer wieder von Einberufungen unterbrochen. In den letzten Kriegstagen ist er als Obergefreiter am Flugplatz Rutesheim bei Stuttgart stationiert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist Carl Balhaus zunächst als freischaffender Regisseur beim Rundfunk München beschäftigt. Zwischen 1946 bis 1949 ist er Gastregisseur an verschiedenen Bühnen in Coburg, Düsseldorf, Heidelberg, Bamberg und Dresden. Ab 1950 arbeitet er als Oberspielleiter des Staatstheaters Dresden. 1953 zieht er nach Potsdam, wo er Regieassistent von  Martin Hellberg bei dem Film DER OCHSE VOM KULM (1954) ist. Bei der DEFA gibt Carl Balhaus auch sein Regie-Debüt. Als Co-Regisseur arbeitet er mit Harald Mannl gemeinsam an dem Film DER FALL DR. WAGNER (1954). Ein Wissenschaftler geht nach einem fehlgeschlagenen Experiment in den Westteil des Landes. Dort soll er für propagandistische Zwecke benutzt werden. Nachdem er erfährt, daß Sabotage der Grund für den mißlungenen Test war, kehrt er in die DDR zurück. Der nachdrücklich politische Kriminalfilm, der zweifelsohne dem Kalten Krieg verhaftet ist, stellt aber auch real existierende Ängste in der DDR dar, wie sie sich etwa in unhaltbaren Verunglimpfungen zeigen.

Sein erster eigener Film wird DER TEUFELSKREIS (1955) nach dem gleichnamigen Buch von Hedda Zinner. Geschildert werden die Vorgänge um den Reichstagsbrand am 27. Februar 1933. Dabei kommen Absprachen der Nazifunktionäre und der gerichtliche Auftritt des kommunistischen Exil-Bulgaren Georgi Dimitroff (gespielt von Jochen Brockmann) ebenso vor wie die These, dass die Sozialdemokraten die Machtergreifung der Nationalsozialisten erst ermöglichten. Der Film wird zwar als theatralisch und ästhetisch bieder eingeschätzt, aber wegen seiner teilweise beachtlichen Aufbereitung deutscher Zeitgeschichte gelobt.

Filmstill zu "Damals in Paris ..."

Gisela Trowe und Wolfgang Kieling in DAMALS IN PARIS... (R: Carl Balhaus, 1956) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Ein Mädchen von 16 1/2"

Uwe-Jens Pape und Nana Schwebs EIN MÄDCHEN VON 16 1/2 (R: Carl Balhaus, 1957) Fotograf: Hannes Schneider

Sein nächster Film als Regisseur wird DAMALS IN PARIS... (1956), die erste Co-Produktion der DEFA mit dem Deutschen Fernsehfunk. Erzählt wird von Geneviève und René, der 1944 in der Résistance tätig ist. Geneviève steht dem Widerstand skeptisch gegenüber. Als sie von der Gestapo verhaftet wird, vertraut ihr René, obwohl viele andere Genossen zweifeln. Er wird recht behalten: Sie übersteht die Folter. Das Kammerspiel, welches Verrat, Tapferkeit und Courage thematisiert, ist mit Gisela Trowe und  Wolfgang Kieling in den Hauptrollen prominent besetzt. Zudem bietet der Film überwiegend psychologisch genau gezeichnete Charaktere.

In dem Film EIN MÄDCHEN VON 16 1/2 (1957) wirft Carl Balhaus einen Blick hinter die Mauern eines Jugendwerkhofes. Die 16-jährige, elternlose Helga (gespielt von Nana Schwebs) treibt sich im kriminellen Westberliner Milieu herum. Als die DDR-Polizei sie aufgreift, wird sie in einen Jugendwerkhof eingewiesen. Hier lernt sie arbeiten und eine liebevolle Atmosphäre kennen. Aber es zieht sie erneut zu falschen Freunden. Als sie der Prostitution nachgehen soll, kehrt sie freiwillig in den Werkhof zurück und scheint endgültig geläutert. Nach der Premiere wird der Film scharf kritisiert. Er bietet ein zu idyllisches Bild vom Werkhof, typische sozialistische Jugendliche werden vermisst. Auf der DEFA-Spielfilmkonferenz muss sich der Regisseur verantworten.

Im selben Jahr legt der Regisseur die Filmbiografie NUR EINE FRAU (1958) vor. Sie schildert das Leben der Frauenrechtlerin Luise Otto-Peters (1819-1895), die sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts für die Gleichberechtigung der Frau und soziale Reformen einsetzt. Eine weitere Arbeit ist SAS 181 ANTWORTET NICHT (1959). Hier verliert der ehrgeizige Lehrling Kurt (gespielt von Ulrich Thein) einen Segelkutter des Fischkombinats Sassnitz bei einer Regatta. Bewähren kann er sich, als er einem Kapitän auf die Schliche kommt, der Fang und Ausrüstung in Dänemark verkaufen will. Kurt kann die Aktion erfolgreich verhindern.

Filmstill zu "Nur eine Frau"

Karla Runkehl und Rudolf Grabow in NUR EINE FRAU (R: Carl Balhaus, 1958) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Haus im Feuer"

Inge Keller in HAUS IM FEUER (R: Carl Balhaus, 1956 – 1960) Fotografen: Herbert Kroiss, Waltraut Pathenheimer, Heinz Wenzel

1958 übernimmt Carl Balhaus die Regie für den Film HAUS IM FEUER (1959/60). Das Projekt hat Herbert Ballmann nach dem Roman „Die Stunde der toten Augen“ von Harry Thürk vorangetrieben. Zahlreiche biografische Erfahrungen sind von ihm in den Stoff eingeflossen. In den Hauptrollen agieren  Ulrich Thein,  Hans-Peter Minetti und Inge Keller. Obwohl der Film den Erfahrungen der jüngeren Generation entsprochen hätte, wird Herbert Ballmann die Produktionsgenehmigung entzogen. Carl Balhaus wird mit der Fertigstellung beauftragt, das Drehbuch erfährt massive Veränderungen, aber nach zwei Monaten Dreh wird das Projekt dann doch eingestellt.

Seinen letzten Film als Regisseur setzt Carl Balhaus mit MORD OHNE SÜHNE (1962) nach dem Roman „Im Namen des Volkes“ von Theo Harych in Szene. Berichtet wird von einem authentischen Fall aus den 1920er Jahren, bei dem der polnische Landarbeiter Jakubowski des Mordes an einem Kind angeklagt wird. Obwohl im Laufe des Falles seine Unschuld bewiesen wird, wird der Pole hingerichtet: ein 'polnischer Mörder' passt in die Propaganda der Zeit. Der Film konzentriert sich auf das Wesentliche, zielt auf Wirkung und soziale Genauigkeit. Zudem ist er optisch einprägsam in Szene gesetzt. Im Mittelpunkt steht das Gesicht des polnischen Filmschauspielers Wojciech Siemion, der die Hauptfigur eindringlich und verhalten spielt.

Danach ist Carl Balhaus noch einmal als Darsteller präsent. Er spielt eine kleine Rolle in der Shakespeare-Adaption VIEL LÄRM UM NICHTS (1964) unter der Regie von Martin Hellberg. Von 1964 bis 1968 ist Carl Balhaus am Theater beschäftigt. Er arbeitet als Intendant am Landestheater Eisenach.

Der Künstler ist in erster Ehe mit Eva Schmidt-Kayser verheiratet, von der er sich 1942 scheiden lässt. Ein Jahr später heiratet er Almut Dorowa. Ihr gemeinsamer Sohn Christian wird im Mai 1944, ihre Tochter Marie Alice im Dezember 1945 geboren. Carl Balhaus stirbt am 28. Juli 1968 an den Folgen eines Autounfalls in der Nähe von Eisenach.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: August 2005)

Filmstill zu "Mord ohne Sühne"

Erik S. Klein in MORD OHNE SÜHNE (R: Carl Balhaus, 1962) Fotograf: Horst Blümel

Filmstill zu "SAS 181 antwortet nicht"

Otmar Richter und Erwin Geschonneck in SAS 181 ANTWORTET NICHT (R: Carl Balhaus, 1959) Fotograf: Kurt Schütt

Literatur

  • William Abbey, Katharina Havekamp: Letzter Posten. Carl Balhaus in Eisenach (1964-1968) , in: Eisenach Jahrbuch 1994/1995.

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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