Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Egon Schlegel

Regisseur

* 13. Dezember 1936 in Zwickau; † 22. Februar 2013 in Groß Glienicke

Biografie

Filmstill zu "Das Pferdemädchen"

Egon Schlegel

bei den Dreharbeiten zu DAS PFERDEMÄDCHEN (R: Egon Schlegel, 1979) Fotografen: Jörg Erkens, Heinz Pufahl

Regisseur Egon Schlegel hat die Kinderfilmproduktion der DEFA seit Mitte der 1970er Jahre mitgeprägt. Er dreht fünf Kinderfilme. Dabei wandelt er durch verschiedene Genres: verfilmt eine moderne Science-Fiction-Geschichte, adaptiert ein Grimmsches Märchen, dreht einen poetischen Gegenwartsfilm und ein abenteuerliches Roadmovie.

Egon Schlegel wird am 13. Dezember 1936 in Zwickau geboren. Nach seiner Schulausbildung absolviert er eine Lehre als Elektriker, arbeitet danach als Hochspannungsmonteur. In einer Abendschule holt er sein Abitur nach. Er studiert von 1961 bis 1966 an der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg im Fachbereich Regie. Während des Studiums gründet er gemeinsam mit etwa 35 Kommilitonen das „Kollektiv 63“, welches sich besonders für Gegenwartsfilme in der DDR stark machen will. Erst entstehen Studentenfilme, die sich am Neorealismus und Free Cinema orientieren. Sein Diplomfilm RITTER DES REGENS (1965), den er gemeinsam mit Dieter Roth als erste Koproduktion zwischen der Filmhochschule und dem DEFA-Spielfilm-Studio gedreht hat, wird im Zuge des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED abgebrochen und verschwindet in den Tresoren. Der Film erzählt eine Liebesgeschichte zweier Menschen, die völlig unterschiedlich sozialisiert sind und in ungleichen Gesellschaftsschichten aufwachsen. Das Filmteam arbeitet mit versteckter Kamera, dreht an Originalschauplätzen, verwendet kein künstliches Licht. Das Material ist heute nicht mehr verfügbar. Obwohl sein Abschlussfilm nicht fertig gestellt wird, erhält Egon Schlegel sein Diplom, wird danach aber nicht vom DEFA-Studio für Spielfilme übernommen.

Mitte 1966 erhält er endlich eine Assistentenstelle beim DEFA-Studio für Dokumentarfilme, arbeitet in der „Gruppe 67“ von Andrew Thorndike und Annelie Thorndike. Über neun Jahre ist er dort als Assistent und Dokumentarfilmregisseur beschäftigt, arbeitet unter anderem an Dokumentationen über Preußen und den Zweiten Weltkrieg. Auch während er bereits als Regisseur im Bereich Kinder- und Jugendfilm beschäftigt ist, wird er weiter Dokumentarfilme herstellen. Unter seiner Regie entsteht beispielsweise FRONTKAMERAMÄNNER (1975). Hier kehren sowjetische und polnische Frontkameramänner, 30 Jahre nach dem Sieg über den deutschen Nationalsozialismus, an historische Stätten des Befreiungskampfes zwischen Oder und Elbe zurück.

Filmstill zu "Abenteuer mit Blasius"

ABENTEUER MIT BLASIUS (R: Egon Schlegel, 1974) Fotograf: Josef Vitek

Filmstill zu "Abenteuer mit Blasius"

Wolfgang Greese und Egon Schlegel bei den Dreharbeiten zu ABENTEUER MIT BLASIUS (R: Egon Schlegel, 1974) Fotograf: Josef Vitek

1972 gelingt es ihm, ins DEFA-Studio für Spielfilme zu wechseln und arbeitet als Regie-Assistent bei UNTERM BIRNBAUM (1973) von  Ralf Kirsten. Erst durch Zufall erhält er 1975 die Gelegenheit, seinen ersten Spielfilm zu drehen. Er übernimmt kurz vor Beginn der Dreharbeiten die Regie für ABENTEUER MIT BLASIUS (1974), da sein Kollege  Claus Dobberke krank geworden ist. Dennoch kann er beim Drehbuch und bei der Besetzung des modernen Kinderfilms kaum etwas verändern. Auf der Leipziger Messe wollen zwei Wissenschaftler einen Roboter dem internationalen Publikum vorstellen, da aber zwei aufgeweckte Jungs Blasius für einen echten Spion halten, kommt es zu zahlreichen Verwirrungen. Die DEFA-Koproduktion mit dem Filmstudio Barrandov erzielt beim Publikum großen Erfolg, erzählt er doch seine Geschichte optisch interessant und spannend. Auch wenn der Film heute tricktechnisch nicht mehr wirklich überzeugen kann, ist es immer noch seine Fantasie und Komik, die amüsiert.

Nach dem Kassenerfolg erhält Egon Schlegel mehrere Angebote und dreht in der Folge vier weitere Kinder- und Jugendfilme. In der Umsetzung des Grimmschen Märchens WER REISST DENN GLEICH VORM TEUFEL AUS (1977) sind es besonders die humorvollen Elemente, die eine große Wirkung auf das Publikum erzielen. Es geht um Jakob, der aus Liebe zu einer Prinzessin dem Teufel seine drei goldenen Haare ausreißt. Insbesondere die Szenerie in der Hölle mit Jakob (gespielt von Hans-Joachim Frank) als Teufelsweib verkleidet und mit dem Teufel (glänzend verkörpert von  Dieter Franke) ist ein Feuerwerk an komödiantischen Einfällen. Der Regisseur offenbart ein sicheres Gespür für unterhaltsames und spannungsreiches Kino, aktionsgeladen und überaus witzig hat er die Geschichte in Szene gesetzt.

In DAS PFERDEMÄDCHEN (1979) erzählt Egon Schlegel von Irka, die vor der schweren Entscheidung steht, sich für oder gegen ihre geliebte blinde Stute Raya oder deren Sohn, einen jungen Hengst, zu entscheiden. Da nur ein Pferd im häuslichen Stall Platz hat, kann nur eines der Pferde weiter bei der Familie bleiben. Emotional nachvollziehbar und poetisch kraftvoll gestaltet der Regisseur den Wandlungsprozess des jungen Mädchens, dreht keinen kitschigen Reiterhof-Film. In der realistischen Darstellung der Beziehung zwischen Mensch, Tier und Natur, die in eine sensible Alltagsgeschichte eingebettet ist, zeigt der Film, dass auch Kinder mit schmerzlichen Lebenserfahrungen umgehen können.

Trailer zu WER REISST DENN GLEICH VOR'M TEUFEL AUS? (R: Egon Schlegel, 1977)

Eine echte Bewährung schildert MAX UND SIEBENEINHALB JUNGEN (1980). Sechs Jungen und ein Mädchen aus der 8. Klasse werden von dem antifaschisten Max herausgefordert: Mit nur fünf Mark in der Tasche sollen sie von Berlin nach Weimar reisen, ganz allein. Abenteuerlich und humorvoll inszeniert Egon Schlegel die Geschichte. In parallel verlaufenden Erzählsträngen verfolgen die Zuschauer, wie die Jugendlichen ihr Ziel erreichen. Das Roadmovie ist mit flottem Tempo in Szene gesetzt. Der Film stößt aber auch auf Kritik, da er realistisch eine Unterrichtssituation einfängt, in denen die Schüler den Lehrern nicht folgen.

Der vorerst letzte Film des Regisseurs wird DIE SCHÜSSE DER ARCHE NOAH (1982). Der 10-jährige Klaus findet sich 1945 in Berlin schwer zurecht. Erzählungen seines Vaters von der Revolution und dem Panzerkreuzer Aurora, Geschichten seiner Mutter von der Sintflut und der Arche Noah verbinden sich zu einem Fantasiegebilde. Auf sich allein gestellt, muss Klaus die letzten Tage des Krieges überstehen: auf einem Landgut in Ostpreußen und in einem Kloster. Der ernste Hintergrund der Geschichte wird mit Komik bis hin zur Groteske geschildert, ohne die tragischen Momente der Ereignisse zu verleugnen. Aus der Sicht des Kindes suggeriert offenbart der Regisseur, dass er sein jugendliches Publikum ernst nimmt.

Egon Schlegel ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er stirbt mit 77 Jahren am 22. Februar 2013 in Groß-Glienicke, bei Potsdam.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: Mai 2006, aktualisiert Februar 2013)

Filmstill zu "Max und siebeneinhalb Jungen"

MAX UND SIEBENEINHALB JUNGEN (R: Egon Schlegel, 1980) Fotografen: Jörg Erkens, Dietram Kleist

Filmstill zu "Die Schüsse der Arche Noah"

DIE SCHÜSSE DER ARCHE NOAH (R: Egon Schlegel, 1982) Fotografin: Christa Köfer

Auszeichnungen

  • 1980: DAS PFERDEMÄDCHEN - Internationales Festival für Kinder- und Jugendfilme Gijon: Bester Kinderfilm
  • 1981: DAS PFERDEMÄDCHEN - Nationales Festival für Kinderfilme in Kino und Fernsehen: Ehrendiplom für die künstlerische Gesamtleistung
  • 1981: MAX UND SIEBENEINHALB JUNGEN - Nationales Festival für Kinderfilme in Kino und Fernsehen: Goldener Spatz; Ehrenpreis der Kinderjury
  • 1981: MAX UND SIEBENEINHALB JUNGEN - Generalversammlung des internationalen Jugendzentrums in Neusiedl bei Wien: 1. Preis der Publikumsjury; 2. Preis der Kinderjury
  • 1983: DIE SCHÜSSE DER ARCHE NOAH - Nationales Festival für Kinderfilme in Kino und Fernsehen: Ehrenpreis der Jury des jungen Publikums in der Kategorie Spielfilm/Fernsehspiel
  • 1983: DIE SCHÜSSE DER ARCHE NOAH - Sonderpreis des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR; Preis der ZAG Filmclubs

Literatur

  • Egon Schlegel: Die Entwicklung der Erlebnisfähigkeit des Schönen im Kinderfilm, unveröffentlichtes Manuskript, 1980.
  • Egon Schlegel: Unser Film kommt richtig an, in: Lausitzer Rundschau 09.01.1981.
  • Egon Schlegel: Ereignis Kino, in: Film und Fernsehen 02/1981.
  • Gisela Harkenthal: Interview mit Egon Schlegel, in: Filmspiegel 25/1982.
  • Gerd Gericke: Egon Schlegel - Alltägliches in ungewöhnlicher Form, in: Rolf Richter (Hrsg.): DEFA-Spielfilmregisseure und ihre Kritiker, Henschel Verlag Berlin 1983.
  • Helmut Lange: Mein Wort zur Sache: Gespräch mit Egon Schlegel, in: Filmspiegel 20/1985.
  • Dieter Roth, Egon Schlegel: "Ritter des Regens": Drehbuch eines verbotenen Films, in: Erika Richter, Ralf Schenk (Hrsg.): apropos: Film 2001 - Das Jahrbuch der DEFA-Stiftung, Das Neue Berlin 2001.

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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