Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Roland Oehme

Drehbuchautor, Regisseur

* 27. Oktober 1935 in Grünhainichen; † 29. November 2022

Biografie

Filmstill zu "Der Mann, der nach der Oma kam"

Roland Oehme

bei den Dreharbeiten zu DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (R: Roland Oehme, 1971) Fotograf: Rudolf Meister

Mehrfach arbeitet Filmemacher Roland Oehme mit dem Autor  Rudi Strahl zusammen, gemeinsam loten sie bei der DEFA das Genre Komödie aus: Sie wollen mit ihren Filmen Spaß und Unterhaltung unter das Kinopublikum bringen. Das gelingt ihnen mit mehreren Kassenerfolgen. Das Publikum strömt in die Filme, während Kritiker sich an den Lustspielen reiben. DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) und EIN IRRER DUFT VON FRISCHEM HEU (1977) stoßen Diskussionen über das Komödiantische an.

Roland Oehme wird am 27. Oktober 1935 in Grünhainichen, im Erzgebirge geboren. 1954 absolviert er sein Abitur in Marienberg und entschließt sich, fünf Jahre bei der Nationalen Volksarmee zu dienen. Nach seinem Wehrdienst erhält er eine Studienzulassung für die Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg und studiert dort von 1960 bis 1964 in der Fachrichtung Regie. Mit seinem Diplomfilm, dem Kurzfilm ERZÄHLUNG ÜBER EINE LIEBE (1964) sowie einem Werkstattbericht über seine Arbeit an dem Film, schließt er die Ausbildung ab.

Schon während seines Studiums ist Roland Oehme als Praktikant beim DEFA-Studio für Spielfilme tätig. Einer seiner Mentoren wird Regisseur  Ralf Kirsten, bei dem er als Regieassistent tätig ist. Erste Erfahrungen sammelt er bei dessen Komödie MIR NACH, CANAILLEN! (1964). Das Genre weckt sein Interesse, er wird ihm in seiner Filmkarriere eng verbunden bleiben, denn er will „komisch über unsere Wirklichkeit reflektieren“. Ein erstes Drehbuch, welches er von der DEFA zur Verfilmung erhält, lehnt er ab. Von 1964 bis 1967 ist er weiter als Regieassistent beschäftigt und unterstützt mit seiner Arbeit Filmemacher wie Hanns Anselm Perten,  Siegfried Hartmann, Wolfgang Luderer und  Kurt Maetzig. Zudem interessiert er sich fürs Theater und inszeniert 1966 mit „Asylrecht“ von Federico S. Inclán sein erstes Stück am Kleinen Haus des Volkstheaters Rostock.

Filmstill zu "Ein irrer Duft von frischem Heu"

Roland Oehme (links neben der Kamera) und Peter Reusse bei den Dreharbeiten zu EIN IRRER DUFT VON FRISCHEM HEU (R: Roland Oehme, 1977) Fotograf: Klaus Zähler

Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Kameramann Jürgen Lenz (rechts neben der Kamera) und Regisseur Roland Oehme (mit Mikrofon in der Hand und erhobenem Zeigefinger) bei den Dreharbeiten zu EINFACH BLUMEN AUFS DACH (R: Roland Oehme, 1979) Fotograf: Wolfgang Ebert

Die Verwechslungskomödie MIT MIR NICHT, MADAM! (1968) wird seine erste eigene Regie-Arbeit, die er gemeinsam mit  Lothar Warneke, einem anderen Debütanten bei der DEFA umsetzt. Der Film spielt vor dem Hintergrund eines internationalen Modefestivals und erzählt die Verwechslungsgeschichte eines DDR-Journalisten mit einem französischen Couturier. Die Kriminalgroteske ist von leichter Hand inszeniert, bekannte Darsteller wie  Manfred Krug,  Rolf Herricht,  Rolf Römer und  Annekathrin Bürger wirken mit. Beide Jung-Regisseure probieren sich aus, experimentieren mit komischen Darstellungsformen und haben sichtlich Spaß bei der Arbeit.

Bereits sein nächster Film wird ein großer Erfolg und zieht Millionen Zuschauer ins Kino. DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (1971) inszeniert er nach dem Buch „Graffunda räumt auf“ von Renate Holland-Moritz.  Winfried Glatzeder spielt den jungen, attraktiven Erwin Graffunda, der sich auf eine Anzeige hin als Haushilfe in einer Künstlerfamilie bewirbt. Er kämpft erfolgreich gegen das Chaos in dessen Haushalt an. Als sich herausstellt, dass er als Soziologiestudent ein Feldexperiment wagen wollte, hat er die Familie schon auf seine Seite gezogen. Der Film spielt gekonnt mit traditionellen Rollenzuweisungen, ist originell und komisch, bietet Dialog- und Bildwitze. Zudem verweist er auf die alltäglichen Sorgen der Zuschauer, sodass sie sich selbst im Film wiederfinden. Die Komödie wird mit mehr als 2,7 Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres 1972 in der DDR. Der nächste Regie-Film von Roland Oehme WIE FÜTTERT MAN EINEN ESEL (1973), in dem Manfred Krug spielend und singend einen Fernfahrer verkörpert, bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zu schnell ist klar, wo die Geschichte hinführt: Der Fernfahrer verliebt sich. Der Komödie fehlen Spannung, Widerspruch und Provokation.

Filmstill zu "Mit mir nicht, Madam!"

Milan Beli, Annekathrin Bürger und Peter Dommisch in MIT MIR NICHT, MADAM! (R: Roland Oehme, Lothar Warneke, 1968) Fotografen: Peter Bernhardt, Klaus Zähler

Filmstill zu "Wie füttert man einen Esel"

Karla Chadimová in WIE FÜTTERT MAN EINEN ESEL (R: Roland Oehme, 1973) Fotograf: Klaus Groch

Zwischenzeitlich ist der Filmemacher beim Fernsehen der DDR tätig, inszeniert einen Teil der Mini-Serie „Der Sonne Glut“, mehrere TV-Spiele der Reihe „Schauspielereien“ sowie einen Fall der Reihe „Polizeiruf 110“. Aber es zieht Roland Oehme zurück zum Kino, wo er mit der Komödie EIN IRRER DUFT VON FRISCHEM HEU (1977) nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Rudi Strahl einen weiteren Kassenerfolg inszeniert. Peter Reusse ist als LPG-Bauer und Parteisekretär Mattes aus Trutzlaff zu sehen. Er besitzt das zweite Gesicht, kann das Wetter vorhersagen, verschwundene Ehemänner finden und wundersame Dinge vollbringen. Seine Fähigkeiten werden vom Vatikan sowie von der Bezirksparteileitung in Gestalt von Dr. Unglaube (Ursula Werner) überprüft. Sie erliegt letztlich dem Charme Mattes'. Der Film zählt wieder zu den erfolgreichsten des Jahres. Lustvoll und leicht wird über Gott und die Partei gefachsimpelt, wobei unterschiedlichste Arten des Dogmatismus lustvoll auf die Schippe genommen werden. Die zwei Hauptdarsteller überzeugen mit ihrem komödiantischen Talent und einem guten Gespür für Situationskomik.

Einige Projekte, die Roland Oehme der DEFA vorschlägt, kommen nicht zustande, etwa die Verfilmung von Jurek Beckers „Die Urwaldreise“ und Ulrich Speitels „Der Mann aus Dynamit“. „Es gibt meines Erachtens ein bestimmtes, unterschwellig wirkendes Misstrauen gegen die Komödie. Dieses Misstrauen ist natürlich nirgendwo formuliert, aber es ist vorhanden, man spürt es. Dadurch, dass es nie deutlich artikuliert wird, ist es auch schwierig, dagegen anzugehen. Ursachen dieser Reserviertheit gegenüber der Komödie liegen sicher in der notwendigen politischen Brisanz der Komödie. In dieser politischen Brisanz muss gesetzmäßig eine ganze Portion Provokation stecken, oder die Provokation, die zur Komödie gehört, muss sich als politisch brisant im progressiven Sinne erweisen.“

Filmstill zu "Der Mann, der nach der Oma kam"

Winfried Glatzeder mit Baby auf dem Schoß in DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (R: Roland Oehme, 1971) Fotograf: Rudolf Meister

Filmstill zu "Ein irrer Duft von frischem Heu"

Martin Hellberg und Peter Reusse in EIN IRRER DUFT VON FRISCHEM HEU (R: Ronald Oehme, 1977) Fotograf: Klaus Zähler

Der Filmemacher bleibt trotzdem bei der Komödie und kann nach fünf Jahren Vorbereitung endlich EINFACH BLUMEN AUFS DACH (1979) umsetzen. Wieder arbeitet er mit dem Autor und Schriftsteller Rudi Strahl zusammen. In EINFACH BLUMEN AUFS DACH hat eine Familie Zuwachs bekommen, ist nunmehr sechsköpfig und sucht ein neues, größeres Auto. Dank des zufälligen Erwerbs einer ausgedienten Staatskarosse Tschaika erfährt die Familie Blaschke Segen und Fluch gestiegener sozialer Akzeptanz. Neben Martin Trettau überzeugt Barbara Dittus als Hauptdarstellerin. Die Produktion wurde von der Filmkritik der DDR zur besten Komödie des Jahres gewählt.

Als skurriler Opa Otto Gratzick, Pförtner bei der DEFA und Fan von Asta Nielsen, spielt  Erwin Geschonneck in dem folgenden Roland Oehme-Film ASTA, MEIN ENGELCHEN (1980) eine Doppelrolle. Der Film lebt ganz vom Spielwitz des Hauptdarstellers. Mit MEINE FRAU INGE UND MEINE FRAU SCHMIDT (1984) inszeniert der Regisseur eine etwas ungewöhnliche romantische Komödie, die die sozialistische Scheinmoral anprangern will. Der glücklich verheiratete Karl Lehmann (Walter Plathe) wird eines Tages von seiner alleinstehenden Kollegin, Frau Schmidt ( Katrin Sass), um einen ungewöhnlichen Dienst gebeten: Sie möchte ein Kind. Lehmann ist hilfsbereit. Seine Ehefrau Inge (Viola Schweizer) und Frau Schmidt bekommen zur selben Zeit ein Kind, und da die Frauen sich sympathisch sind, treffen sie ein Abkommen: Sie teilen sich Karl Lehmann.

Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Martin Trettau in EINFACH BLUMEN AUFS DACH (R: Roland Oehme, 1979) Fotograf: Wolfgang Ebert

Filmstill zu "Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt"

Viola Schweizer und Katrin Sass in MEINE FRAU INGE UND MEINE FRAU SCHMIDT (R: Roland Oehme, 1984) Fotografen: Norbert Kuhröber, Dieter Lück, Hans-Joachim Zillmer

Wieder mit Rudi Strahl als Autor unternimmt Oehme mit einem der letzten DEFA-Filme FARSSMANN ODER ZU FUSS IN DIE SACKGASSE (1990/91) nach Erzählungen von Hermann Kant den Versuch, sich sarkastisch von der DDR zu verabschieden.  Michael Gwisdek spielt einen Buchhalter, der für die DDR ein Valutaprojekt verwalten soll. Der Film, der sich auf humoristische Weise mit der DDR beschäftigt, kommt zwar ins Kino, findet aber beim Publikum kein Interesse mehr. Andere Filmprojekte, die Roland Oehme umtreiben, kann er nicht mehr realisieren.

Neben seiner Filmarbeit ist Roland Oehme auch für die Theaterbühne tätig. Er ist für eine Bearbeitung der Saga über Leben und Tod des Seeräubers Klaus Störtebeker aus der Hand von Rudi Strahl auf der Ostsee-Freilichtbühne Ralswiek verantwortlich und inszeniert dort von 1993 bis 2002. Als freischaffender Regisseur und Autor bleibt er dem Freilufttheater treu: Von 2006 bis 2013 inszeniert Roland Oehme in Waren an der Müritz bei den Freiluftspielen die Müritz-Saga, ein Zyklus von Theaterstücken, deren fiktive Handlung in der Region spielt. Das Schauerstück „2099 oder die Chance von vorn anzufangen“ aus der Feder von Rudi Strahl inszeniert er an einem Theater in Österreich, unter anderem mit den Darstellern  Otto Mellies, Gunter Schoß und  Gerry Wolff.

Roland Oehme lebt zuletzt in Potsdam-Babelsberg. Er hinterlässt vier Kinder.

Verfasst von Ines Walk. (Stand: Januar 2015)

Kinotrailer zu DER MANN, DER NACH DER OMA KAM (R: Roland Oehme, 1971)

Auszeichnungen

  • 1960: Medaille für treue Dienste der NVA
  • 1963: Artur Becker Medaille
  • 1971: DER SONNE GLUT - Erich Weinert Medaille im Kollektiv
  • 1973: DER MANN, DER NACH DER OMA KAM - Heinrich Greif Preis II. Klasse im Kollektiv
  • 1978: Kunstpreis der DDR
  • 1979: EINFACH BLUMEN AUFS DACH - Preis der Filmkritik der DDR, "Große Klappe" für die Beste Komödie
  • 1981: ASTA, MEIN ENGELCHEN - Preis der Filmkritik der DDR, "Große Klappe" für die Beste Komödie

Literatur

  • Roland Oehme: Herausfinden, was in den komischen Genre bei machbar ist (Gespräch mit Erika Richter), in: Aus Theorie und Praxis des Films, 06/1976.
  • Margit Voss: Roland Oehme: Plädoyer für einen Praktiker oder wie schwer ist das Komische?, in: Rolf Richter (Hrsg): DEFA-Spielfilme und ihre Kritiker, Berlin 1981.
  • Manfred Behn: Roland Oehme, in: cinegraph, Loseblattsammlung.
  • Ralf Schenk: Einfach Blumen aufs Dach. Heute wird der Film- und Theaterregisseur Roland Oehme 60 Jahre alt, in: Neues Deutschland, 27.10.1995.
  • Heidi Jäger: Das Heitere im Blick. Der Regisseur Roland Oehme wird heute 70, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 27.10.2005.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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