Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Karin Gregorek

Schauspielerin

* 26. September 1941 in Wendorf; † 22. April 2023 in Berlin

Biografie

Filmstill zu "Dein unbekannter Bruder"

Karin Gregorek

in DEIN UNBEKANNTER BRUDER (R: Ulrich Weiß, 1981) Fotografin: Christa Köfer

Die Schauspielerin Karin Gregorek bleibt weniger durch ihre große Rolle auf der Kinoleinwand im Gedächtnis als durch ihre intensiv gespielten Figuren, denen sie mit sparsamen schauspielerischen Mitteln Glaubhaftigkeit verleiht. Sie gehört auf der Theaterbühne und als Film- und Fernsehschauspielerin zu den angesehenen Darstellerinnen der DDR; spielt in zahlreichen Gegenwartsfilmen junge Frauen und bietet dabei eine sehenswerte Kombination von Charme und Direktheit, Naivität und Ironie mit einer gehörigen Portion Komik.

Karin Gregorek wird am 26. September 1941 in Wendorf, Mecklenburg geboren. Ihre Mutter ist Polin und arbeitet als Schnitterin. Nach ihrer Schulausbildung beginnt sie 1961 eine Schauspielausbildung an der staatlichen Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin, die sie 1964 mit dem Diplom beendet. Nach ihrem Abschluss erhält sie ein Engagement am Landestheater Altenburg, 1965 geht sie nach Dessau, von 1966 bis 1969 spielt sie auf den Städtischen Bühnen Erfurt. Die junge Schauspielerin überzeugt bald in klassischen wie modernen Stücken. Sie mimt unter anderem die Elisabeth in „Don Carlos“ und gibt Ophelia in „Hamlet“, singt und spielt außerdem die Polly in „Die Dreigroschenoper“ von  Bertolt Brecht.

1969 folgt Karin Gregorek einem Ruf nach Berlin ans Maxim Gorki Theater. Der Regisseur Hans-Georg Simmgen engagiert sie für die Hauptrolle in „Regina B.“ von Siegfried Pfaff. Bald gehört die Darstellerin zu den anerkannten Mimen des Hauses. Sie ist unter anderem als Lisa in „Wassa Shelesnowa“ von Maxim Gorki zu sehen und spielt unter der Regie von Albert Hetterle die Franziska in „Minna von Barnhelm“ von Lessing. Besonders als Peter-Hacks-Interpretin macht sie sich einen Namen. Karin Gregorek ist die Rosvitha in „Rosi träumt“ und die Frau von Stein in „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“. Mit diesem Einpersonen-Stück steht sie Hunderte Male auf der Bühne, von 1976 bis 1993 ist es Teil des Spielplans. Am Maxim Gorki Theater arbeitet Karin Gregorek auch als Regisseurin.

Filmstill zu "Dr. med. Sommer II"

Margret Allner und Karin Gregorek in DR. MED. SOMMER II (R: Lothar Warneke, 1969) Fotografin: Waltraut Pathenheimer

Filmstill zu "Mein lieber Robinson"

Jan Bereska und Karin Gregorek in MEIN LIEBER ROBINSON (R: Roland Gräf, 1970) Fotografen: Wolfgang Bangemann, Horst Blümel

Bereits während des Schauspielstudiums tritt die Schauspielerin vor die Kamera. In der satirischen Stacheltier-Produktion UNGLAUBLICH (1963) spielt sie eine Jugendliche, die gemeinsam mit ihren Freunden nach einem Kinobesuch nur Alkohol angeboten bekommt. Erst Ende der 1960er-Jahre mit ihrem Erfolg auf der Berliner Theaterbühne nimmt die DEFA die junge Schauspielerin ernst. Karin Gregorek spielt in dem meisten Fällen kleinere Rollen. Unter dem Regisseur Horst Seemann agiert sie in ZEIT ZU LEBEN (1969), in DR. MED SOMMER II (1970) von  Lothar Warneke spielt sie die Krankenschwester Gerda, der Regisseur  Roland Gräf engagiert sie für seinen Jugendfilm MEIN LIEBER ROBINSON (1970).

Die erste Hauptrolle erhält sie von Lothar Warneke in dem Film LEBEN MIT UWE (1973), in dem Themen wie Karriere und Ehe, Gleichberechtigung und Selbstbehauptung zur Debatte stehen. Als Wissenschaftlerin Ruth Polzin entscheidet sie sich für einen ganz bestimmten Lebensweg: Sie stellt den Erfolg im Beruf vor ihr privates Glück. In dem Jugendfilm IKARUS (1975) von  Heiner Carow agiert sie als Mutter des kleinen Mathias, der über seinen Vater (gespielt von Peter Aust) enttäuscht ist, weil er sein Geburtstagsversprechen nicht erfüllt. Die Eltern sind geschieden, Mathias vermisst familiäre Geborgenheit. Karin Gregorek gibt die Mutter traurig und verbittert, rat- und hilflos; sie glaubt nicht an die Träume ihres Sohnes, der Pilot werden möchte. Der Film bietet einen intensiven Kinderblick auf die Welt der Erwachsenen, fordert von ihnen Sensibilität und Verständnis ein. Das Werk gilt den damaligen Verantwortlichen als zu kritisch und wird nach seiner Premiere nur noch sporadisch aufgeführt. In dem Gegenwartsfilm BRANDSTELLEN (1977) nach dem Roman von Franz Josef Degenhardt spielt Karin Gregorek die Terroristin Karin Kunze. Ihr alter Freund, ehemaliger Genosse und heutiger Rechtsanwalt versucht, sie aus einer Terrorgruppe herauszuholen. Der Film von  Horst E. Brandt versucht, sich der Thematik differenziert zu nähern.

Filmstill zu "Leben mit Uwe"

Karin Gregorek und Eberhard Esche in LEBEN MIT UWE (R: Lothar Warneke, 1973) Fotograf: Dieter Jaeger

Filmstill zu "Ikarus"

Karin Gregorek und Peter Aust in IKARUS (R: Heiner Carow, 1975) Fotograf: Norbert Kuhröber

In der Folge gehört Karin Gregorek zu den angesehenen Darstellerinnen des Landes. Sie spielt in zahlreichen Gegenwartsfilmen junge Frauen und bietet dabei eine sehenswerte Kombination von Charme und Direktheit, Naivität und Ironie mit einer gehörigen Portion Komik. Die Schauspielerin bleibt weniger durch große Rollen im Gedächtnis als durch ihre intensiv gespielten Figuren, denen sie mit sparsamen schauspielerischen Mitteln Glaubhaftigkeit verleiht. Mehr und mehr spielt sie auch skurrile Frauenfiguren, deren Charaktereigenschaften Dickköpfigkeit und Eigensinn sind, die aber auch über Liebenswürdigkeit und Mutterwitz verfügen. Als Evelyn Kunack überzeugt sie in der Kriminalkomödie EINER MUSS DIE LEICHE SEIN (1977) von  Iris Gusner. Der Regisseur Lothar Warneke engagiert sie für seine Georg-Büchner-Filmbiografie ADDIO, PICCOLA MIA (1978), in der Literaturverfilmung DEIN UNBEKANNTER BRUDER (1981) nach Motiven des gleichnamigen Romans von Willi Bredel unter der Regie von  Ulrich Weiß spielt sie Fräulein Fritsche. Der junge Regisseur  Peter Kahane gibt ihr die Rolle einer korrekten Beamtin vom Wohnungsamt in seiner Komödie um zwei sehr unterschiedliche junge Männer ETE UND ALI (1984). In dem Kriminalfall DIE BETEILIGTEN (1988) von Horst E. Brandt agiert sie in einer der Hauptrollen als Anna Sell und spielt überaus glaubwürdig die Mitarbeiterin eines Stadtrats, der in einen undurchsichtigen Unfall verwickelt ist.

Zu ihren erfolgreichsten Darstellungen gehört jene der Oberschwester Walburga in EINER TRAGE DES ANDEREN LAST (1987) von Lothar Warneke. Ein Volkspolizist und ein Vikar müssen in DDR der 1950er-Jahre in einem Lungensanatorium ungewollt ein Zimmer teilen. Humorvoll erzählt der Film die Geschichte einer Annäherung, thematisiert Toleranz und Anderartigkeit. Die Krankenschwester Walburga beobachtet beide voller Strenge, immer sind ihre Augenbraunen etwas hochgezogen, dieser Charakterzug erwächst aus den schweren Zeiten, in denen ein Lächeln fast unmöglich zu sein scheint. Trotzdem sorgt sie sich in jeder Minute, übt unbeirrt ihren Dienst aus. Für ihre darstellerische Leistung in dem Film wird Karin Gregorek mehrfach ausgezeichnet.

Filmstill zu "Die Beteiligten"

Karin Gregorek und Jürgen Zartmann in DIE BETEILIGTEN (R: Horst E. Brandt, 1988) Fotograf: Klaus Zähler

Filmstill zu "Einer trage des anderen Last"

Karin Gregorek und Heinz-Dieter Knaup in EINER TRAGE DES ANDEREN LAST (R: Lothar Warneke, 1987) Fotograf: Norbert Kuhröber

Wie viele ihrer Kollegen ist Karin Gregorek auch im Fernsehen der DDR präsent. Sie ist mehrmals in der Reihe „Polizeiruf 110“ zu sehen. Der Regisseur Bernhard Wicki arbeitet mit ihr bei seiner internationalen TV-Kooperation SANSIBAR ODER DER LETZTE GRUND (1985-1987) nach dem gleichnamigen Romans von Alfred Andersch zusammen. Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ist die Schauspielerin auch im gesamtdeutschen Fernsehen häufig beschäftigt. Unter anderem spielt sie in dem TV-Film DIE BERTINIS (1988) von Egon Monk sowie in JAHRESTAGE (1999/2000) unter der Regie von Margarethe von Trotta. Anspruchsvolle Fernsehunterhaltung liefert die Darstellerin sowohl in dem TV-Mehrteiler KLEMPERER - EIN LEBEN IN DEUTSCHLAND (1999), den Andreas Kleinert frei nach den Motiven der Tagebuchaufzeichnungen von Victor Klemperer in Szene setzt, als auch an der Seite von Martina Gedeck in der Brigitte Reimann-Filmbiographie HUNGER AUF LEBEN (2003).

Mehr und mehr werden die komödiantischen Fähigkeiten der Darstellerin, ihre schrullige Art in der Serienproduktion des deutschen Fernsehens geschätzt. In den 1990er-Jahren steht sie für populäre Reihen wie „Zappek“, „Unser Lehrer Dr. Specht“, „Salto postale“, „Frauen morden leichter“ und „Tierarzt Dr. Engel“ vor der Kamera. Sie überzeugt ein millionenfaches Publikum als schrullige Nachbarin in der Comedy-Serie „Mama ist unmöglich“. 2001/02 kommt sie mit der TV-Serie „Um Himmels Willen“ von Ulrich Stark ins ARD-Abendprogramm. Sie ist als Nonne Felicitas an der Seite von Jutta Speidel und Fritz Wepper zu sehen.

In Kinoproduktionen wirkt Karin Gregorek seltener mit. Sie spielt in dem erfolgreichen 23 – NICHTS IST SO WIE ES SCHEINT (1998) von Hans-Christian Schmid die Stiefmutter des jugendlichen Helden. Nochmals arbeitet sie mit Peter Kahane in dessen Tragikkomödie BIS ZUM HORIZIONT UND WEITER (1998) zusammen und ist in dem Film GRÜNE WÜSTE (1998/99) von Anno Saul als Lehrerin zu sehen.

Karin Gregorek lebt zuletzt in Berlin. Sie stirbt in der Nacht vom 21. auf den 22. April 2023.

Zusammengestellt von Ines Walk.

Trailer zu EINER MUSS DIE LEICHE SEIN (R: Iris Gusner, 1977)

Auszeichnungen

  • 1988: EINER TRAGE DES ANDEREN LAST - Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) im Kollektiv
  • 1988: EINER TRAGE DES ANDEREN LAST - Nationales Spielfilmfestival der DDR: Großer Steiger als Beste Nebendarstellerin
  • Kunstpreis der DDR

Literatur

  • Marlis Linke: Karin Gregorek, in: Renate Seydel (Hrsg.): Schauspieler, Henschel Verlag Berlin 1973.
  • Marlis Linke: Fünf Behauptungen über Karin Gregorek, in: Filmspiegel, Nr. 13/1978.
  • Margit Voß: Karin Gregorek, in: Renate Seydel (Hrsg.): Schauspieler, Henschel Verlag Berlin 1980.
  • Ursula Mewes: Eine Frau, der auf der Bühne und im Leben nichts unmöglich scheint. Begegnung mit der Schauspielerin Karin Gregorek, in: Neues Deutschland, 07.01.1989.
  • Jürgen Grubitzsch: "Wer arbeitet, ist schwierig" – Ein Gespräch mit der Schauspielerin Karin Gregorek, in: Süddeutsche Zeitung, 06.07.1994.

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

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