Filmstill zu "Mein lieber Robinson"

DEFA-Chronik für das Jahr 1958

 

Ab 1958 wird Bärbl Bergmann, die seit Mitte der 1950er-Jahre im DEFA-Studio für populärwissenschaftliche Filme arbeitet, als freischaffende Regisseurin und Autorin im DEFA-Studio für Spielfilme beschäftigt. Sie wird damit die erste Frau, die bei der DEFA Spielfilme dreht. Zwischen 1959 und 1962 entstehen drei Kinderfilme: EIN UNGEWÖHNLICHER TAG (1959), Die AchatmURMel (1960) und Rüpel (1962). Ab 1964 lebt sie mit ihrem Ehemann, dem Kameramann Helmut Bergmann in Ägypten und arbeitet nach ihrer Rückkehr in die DDR wieder als Dokumentarfilmerin.
(Deutsche Filmkunst, 8/1959, S. 255; Jahrbuch des Films 1959, Berlin, 1960, S.40; DEFA-Spielfilme 1946-1964, Filmografie, Hrsg.: Staatliches Filmarchiv der DDR, 1959/S. 135, 1960/S. 140, 1962/S. 207; Klaus Wischnewski: Träumer und gewöhnliche Leute 1966 bis 1979. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 260)

Januar 1958

4. Januar

Siegfried Wagner, Leiter der Abteilung Kultur im ZK der SED, und Jochen Mückenberger, Stellvertretender Leiter der Abteilung Kultur im ZK der SED, bilanzieren in einem Beitrag für das ND unter der Überschrift „Jahr des Aufbruchs“ das Jahr 1957 in der Kultur, darunter im Film. Sie stellen einige von der HV Film kritisierte Filme als erfolgreiches Beschreiten von Neuland und als wichtigen Beitrag zur realistischen Abbildung der Gegenwart dar. Lobend erwähnen sie SCHLÖSSER UND KATEN (Kurt Maetzig, 1956), VERGESST MIR MEINE TRAUDEL NICHT (Kurt Maetzig, 1957), BERLIN - ECKE SCHÖNHAUSER... (Gerhard Klein, 1957), GEJAGT BIS ZUM MORGEN (Joachim Hasler, 1957), LISSY (Konrad Wolf, 1957) und URLAUB AUF SYLT (Andrew und Annelie Thorndike, 1957). Es zeichnet sich ab, dass die Bewertung der Filme durch die der DEFA übergeordneten Instanzen nicht homogen ist.
(ND, 4. Januar 1958, S. 8)

Februar 1958

7. Februar

Premiere des DEFA-Dokumentarfilms DIE WELT HORCHT AUF (R: Max Jaap). Der schwarz-weiß-Film berichtet über den Start des ersten künstlichen Erdsatelliten am 4. Oktober 1957 und die weltweite Berichterstattung. Dass dieser „Sputnik“, der „Trabant eines Planeten“, von der Sowjetunion gestartet wurde, eröffnet eine visionäre Perspektive, die den Film in den Kampf der politischen Systeme um die technische und militärische Vormachtstellung, insbesondere zwischen der Sowjetunion und den USA, einordnet.
(Thomas Heimann: Von Stahl und Menschen. In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 65f)

März 1958

6. März

Die erste von mehreren Parteiaktivtagungen im DEFA-Studio für Spielfilme findet statt. Anton Ackermann hält das Referat, in dem er gegen vermeintliche „revisionistische Tendenzen“ auftritt und einen grundlegenden Umschwung in der Filmproduktion ankündigt. Zu den heftig kritisierten Filmen gehört BERLIN - ECKE SCHÖNHAUSER... (R: Gerhard Klein): „Das einzig Positive, zu dem man sich hier aufschwingt, sind Volkspolizisten. Einen positiven Arbeiter als erzieherischen Faktor (…). Das kennt man hier nicht“ so Ackermann. Weiterhin nennt er den Film SONNENSUCHER (R: Konrad Wolf) den „größten Fehlschlag, den die DEFA seit ihrer Existenz aufzuweisen hat.“ Siegfried Wagner, Leiter der Abteilung Kultur im ZK der SED, sieht in der Kulturpolitik der DEFA eine „ideologische Vorbereitung des konterrevolutionären Aufstandes.“

Auf weiteren Parteiaktivtagungen am 14., 15. und 26. März sowie am 23. April wird die Kritik an Liberalisierungstendenzen noch verstärkt. Der Chefdramaturg des DEFA-Spielfilmstudios, Rudolf Böhm, wird abgelöst. Sein Nachfolger Konrad Schwalbe erklärt die Kritik der SED-Führung als berechtigt und nennt als seine Aufgabe, „im Studio (…) Schluss (zu) machen mit einer Vielfalt, die auf ein friedliches Nebeneinanderbestehen der bürgerlichen und proletarischen Ideologie hinausläuft.“ Die Filme der DEFA sollten vielmehr die „organische Verbindung der sozialistischen Ideologie, der offenen sozialistischen Parteinahme mit dem künstlerischen Realismus bei der Aneignung der Wirklichkeit“ herstellen.
(Deutsche Filmkunst, 4/1958, S. 98-100, 1/1959, S. 28-29, 4/1959, S. 126-127; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 117f; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 135)

6. März

Premiere des DEFA-Spielfilms NUR EINE FRAU (R: Carl Balhaus). Der Film erzählt nach der Romanvorlage von Hedda Zinner die Biografie der sozialkritischen Schriftstellerin, Demokratin und Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung Luise Otto-Peters (1819-1895). In bürgerlicher Umgebung aufgewachsen, geht sie ihren eigenen Weg und beginnt, anstelle zu heiraten, sozialkritische Romane und Artikel zu schreiben. Ihr Mitleid und ihre Empörung über das Elend der Weberei-Arbeiterinnen und ihrer Kinder lassen sie Partei ergreifen. Im größeren Rahmen gesehen, widmet sich der Film dem Thema der Frauenemanzipation, zu dem die DEFA auch später viele Filme beisteuern wird.
(Deutsche Filmkunst, 4/1958, S. 101-102; Filmspiegel, 10/1958, S. 3; F.-B. Habel: Das große Lexikon der Spielfilme, Neuausgabe in zwei Bänden, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2017, S. 658ff)

12. März

In Paris findet die Premiere von DIE ELENDEN (R: Jean-Paul le Chanois), einer weiteren Co-Produktion der DEFA mit Frankreich, mit Jean Gabin in der Hauptrolle statt. Eine Entscheidung über eine Zulassung in der DDR wird zunächst nicht getroffen. Die Diskussionen ziehen sich bis Oktober 1958 hin. Erst am 21. Oktober wird die Zulassung nach diversen Schnitten und Textkorrekturen erteilt.
(Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 118f)

April 1958

Filmplakat zu "Meine Frau macht Musik"

MEINE FRAU MACHT MUSIK

(R: Hans Heinrich, 1958) Grafiker: Kurt Geffers

3. April

Premiere des DEFA-Spielfilms MEINE FRAU MACHT MUSIK. Damit legt die DEFA nach vielen Jahren endlich einen modernen Revue- und Musikfilm vor. Regie führt der in West-Berlin lebende Filmemacher  Hans Heinrich, der seit Kriegsende überwiegend für die DEFA arbeitet. Die Schauspielerin  Lore Frisch, die sich aus Bayern kommend dauerhaft in der DDR niederließ, übernimmt die weibliche Hauptrolle an der Seite von  Günther Simon. Die Zulassung des Films verzögert sich. Zu „bürgerlich“, zu „revisionistisch“ und alles in allem „kein sozialistischer Unterhaltungsfilm“ lauten die Vorwürfe. Da der Start eines DEFA-Revuefilms mit Günther Simon in einer der Hauptrollen frühzeitig öffentlich angekündigt wurde, bestand eine gewisse Erwartungshaltung in der Bevölkerung und Unmut über die Verzögerung setzte ein. Davon zeugt ein Leserbrief im Neuen Deutschland vom 28. Januar 1958: „Tausende von Mark werden für diese Filme ausgegeben, und dann schmoren sie in den Schränken der HV Film oder sie werden erst so unfrisiert, dass dann bestimmt nichts Gescheites rauskommt.“
(Deutsche Filmkunst, 5/1958, S. 134-135; Filmspiegel, 9/1958, S. 3; ND, 28. Januar 1958, S. 4; Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 100, S. 133; F.-B. Habel: Das große Lexikon der Spielfilme, Neuausgabe in zwei Bänden, Schwarzkopf & Schwarzkopf 2017, S. 596ff)

Juni 1958

6. Juni

Premiere des DEFA-Dokumentarfilms UNTERNEHMEN TEUTONENSCHWERT (R: Andrew und Annelie Throndike). Nach URLAUB AUF SYLT (1957) wird von den Thorndikes damit der zweite Film aus der Reihe „Archive sagen aus“ vorgelegt. Eine polemische Auseinandersetzung mit der Karriere des ehemaligen deutschen Wehrmachtgenerals Speidel, der jetzt in der NATO dient. Der Film sorgt international für beträchtliches Aufsehen und avanciert zum Politikum. Bundeswehrgeneral Speidel wehrt sich gerichtlich gegen die aufgestellte Behauptung, er sei als deutscher Wehrmachtsgeneral an der Vorbereitung eines Attentats auf den französischen Außenminister und den jugoslawischen König 1934 in Marseille beteiligt gewesen. 1962 gibt ein Londoner Gericht Speidel Recht, da die Dokumente manipuliert sein könnten. Die DEFA bzw. die englische Verleihfirma können keine Originale, sondern nur Kopien, vorlegen.
(Deutsche Filmkunst, 7/1958, S. 196-197; Filmspiegel, 12/1958, S. 7; Filmkurier, 7/1958, S. 30, 8/1958, S. 6-7; Thomas Heimann: Von Stahl und Menschen. In: Schwarzweiß und Farbe, DEFA-Dokumentarfilme 1946-92. Filmmuseum Potsdam 1996, S. 83; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 119)

Juli 1958

Das Filmprojekt „Die Buddenbrooks“, eine geplante deutsch-deutsche Co-Produktionen zwischen der DEFA und dem Verband Deutscher Filmproduzenten e.V., scheitert.

Angestoßen wurde das Vorhaben bereits 1954 durch Walter Janka für die DEFA. Thomas Mann möchte die Verfilmung seiner Vorlage als gesamtdeutsches Vorhaben realisiert wissen. Zunächst gibt es Fortschritte. Die Behörden der DDR genehmigen 1955 2,3 Millionen Mark für das Großprojekt. Das Bonner Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen lehnt aber jede Zusammenarbeit mit der DEFA ab. Staatssekretär Franz Thedieck schreibt: dass die Defa nur daran interessiert sei, sich mit Hilfe des Namens der westdeutschen Partner-Gesellschaft in der Bundesrepublik „und darüber hinaus in Europa und in der freien Welt 'kreditfähig' zu machen“. Habe sie das erst einmal erreicht, so werde sie versuchen, diesem vielleicht originalgetreu verfilmten Stoff politische Tendenzfilme nachzuschicken. „Mit der Koproduktion würde ein neuer Weg der kommunistischen Infiltration eröffnet werden.“

Der Wunsch Thomas Manns, dass der Film zu seinem 80. Geburtstag 1955 in beiden Teilen Deutschlands zu sehen ist, erfüllt sich nicht. „Noch immer kann ich nicht glauben“, schreibt er 1955 an DEFA-Hauptdirektor Hans Rodenberg, „daß ein so vielversprechendes, künstlerisch aussichtsreiches und 'politisch' nicht nur einwandfreies, sondern - nach seinem Maße - sogar der Entspannung dienendes Projekt zu Fall gebracht werden möchte. (...) Was denn eigentlich vernünftiger und logischer Weise der Ausführung des Plans im Wege stehen könnte, frage ich mich vergebens (...) Doch kann ich warten (...)“ Thomas Mann stirbt am 12. August.

Im Juni 1956 sind die finanziellen Modalitäten zwischen beiden Seiten vertraglich gesichert, mit der Göttinger Filmaufbau GmbH unter Hans Abich ist ein neuer Produzent gefunden. Aber neue Probleme tun sich auf. 1956 wird Walter Janka, erster Ansprechpartner in der DDR für Thomas Mann und das Projekt, als vermeintlicher Staatsfeind verhaftet. Die DDR-Führung wird zunehmend dogmatischer, sodass unterschiedliche künstlerische Ansichten bei der Arbeit am Drehbuch nicht einfach auszuräumen sind. Als der westdeutsche Produzent Hans Abich noch einmal versucht, die Zustimmung Bonns für sein Vorhaben zu bekommen, da das finanzielle Risiko für ihn groß ist, wird dies im Februar 1958 abgelehnt mit der Begründung: „(...) Formell ist ein solches Geschäft (...) deswegen nicht möglich, weil es an vertraglichen Abmachungen im Interzonenhandel fehlt. Darüber hinaus ist die Defa ein staatliches Filmunternehmen der sowjetischen Besatzungszone, dessen Aufgabe es ist, die Weltanschauung des historischen Materialismus in der von Marx, Lenin und Stalin geprägten Form zu propagieren (...) Ziel der Defa-Propaganda ist es, die bürgerliche Ordnung zu zerstören und die Diktatur des Proletariats vorzubereiten.“

Das ist das Ende des Projektes. Im Juli 1958 schreibt Hans Abich der DEFA: „Die für uns zuständigen Stellen, von denen wir bei den gegebenen Verhältnissen die offizielle Zustimmung für die Koproduktion des Spielfilms 'Die Buddenbrooks' benötigen, haben diesem Anliegen zu unserem aufrichtigen Bedauern nicht entsprochen. Damit steht fest, daß der ausdrückliche Wunsch Thomas Manns, den Film in einer Koproduktion zwischen Ost und West herzustellen, unerfüllbar und somit der Zweck, den wir mit unseren (...) Verträgen verwirklichen wollten, unmöglich geworden ist.“
(Buddenbrooks - Bonner Bedenken , In: Der Spiegel 32/1959, Abruf: 7. Februar 2023; Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 90ff; Ralf Schenk: Buddenbrooks. Materialien zur Chronik eines deutsch-deutschen Filmprojekts. In: Apropros Film 2003. DEFA-Stiftung/Bertz-Verlag 2003, S. 25ff)

1. Juli

Die HV Film wird in VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) Film umbenannt und umstrukturiert. Der bisherige Leiter Anton Ackermann wechselt ins Außenministerium. Die neue VVB Film soll „ihr Hauptgewicht auf die künstlerisch-politisch-ideologische Arbeit in der Periode vor Produktionsbeginn richten.“ Die Staatliche Abnahmekommission wird aus der VVB Film herausgetrennt und als „Abteilung Staatliche Filmabnahme“ dem Kulturministerium unterstellt. Den Leitungsposten übernimmt zunächst kommisarisch Hermann Schauer. Ab 1959 wird Ernst Hoffmann als Hauptdirektor (und Hermann Schauer als Stellvertreter) eingesetzt.
(Deutsche Filmkunst, 11/1958, Beilage S. 366, 9/1959, S. 256; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 120; Günter Jordan: Film in der DDR, Daten - Fakten - Strukturen, Filmmuseum Potsdam, 2. Überarbeitete Fassung 2013, S. 81)

3.–5. Juli

In Berlin findet im Saal des Finanzministeriums die Zweite Filmkonferenz des Ministeriums für Kultur und des DEFA-Studios für Spielfilme statt. Das Hauptreferat und Schlusswort hält Alexander Abusch, Staatssekretär und Erster Stellvertreter des Ministers für Kultur zum Thema: „Aktuelle Probleme und Aufgaben unserer sozialistischen Filmkunst“. An der Konferenz nehmen circa 500 Delegierte sowie Vertreter aus Betrieben und der Landwirtschaft teil. Die Konferenz findet vor dem politischen Hintergrund des Ungarnaufstandes 1956, den Unruhen in Polen und der Suez-Krise statt, sodass SED und Regierung meinen, die Konterrevolution im Kulturbereich verhindern zu müssen.

Am Tag der Eröffnung erscheinen im ND „Empfehlungen der Kommission für Fragen der Kultur beim Politbüro des ZK der SED an die Konferenz des Ministeriums für Kultur und des DEFA-Studios für Spielfilme zur Entwicklung des sozialistischen Spielfilmschaffens, die vom 3. bis 5. Juli in Berlin stattfindet.“, die das gewünschte (und erreichte) Ergebnis vorwegnehmen:

  • Parteilicher Standpunkt der Künstler gefordert
  • Kein Opportunismus und Revisionismus
  • Keine Übertreibung der Kritik am Personenkult um Stalin
  • Keine politisch unverbindlichen Filme
  • Einprägsame, packende, parteiliche Darstellung positiver Gestalten der Arbeiterklasse
  • Darstellung des sozialistischen Kämpfers in „seinem geschichtlich notwendigen Aufstieg gegen die zum Untergang verurteilten Mächte der alten kapitalistischen Gesellschaft“
  • Anwendung des sozialistischen Realismus anstelle des italienischen Neorealismus. Der italienische Neorealismus legt die antagonistischen Widersprüche innerhalb der kapitalistischen Ordnung bloß und bringt die Menschen in Opposition zum kapitalistischen Staat. Da die Widersprüche im Sozialismus nichtantagonistisch, also lösbar sind und da der einfache Mensch nicht in Opposition zum Staat steht, ist der Neorealismus für uns ungeeignet.

Gemeint ist nahezu alles, was die DEFA in den vergangenen zwei Jahren produzierte und vorbereitet hat. Über die Folgen der SED-Filmpolitik nach den Parteiaktivtagungen und der Zweiten Filmkonferenz schreibt Slatan Dudow 1961: „Nachdem wir mit knapper Not an der Klippe des Revisionismus vorbeigesegelt sind, suchten wir Schutz in der windstillen Bucht des Schematismus. (…) Aus der windstillen Bucht des Schematismus verscheucht, sind wir jetzt im Hafen der Mittelmäßigkeit gelandet. Wir werfen schon Anker in der Hoffnung, hier lange bleiben zu können. (…) Wir sind in der Filmkunst um Jahre zurück.“
(ND, 4. Juli 1958, S. 1; ND, 6. Juli 1958, S. 2; ND, 9. Juli 1958, S. 4; Deutsche Filmkunst, 5/1957, S. 129-130, 2/1958, S. 34-37, 5/1958, S.131, 6/1958, S. 162-163, 9/1958, S. 250-251, 257-259, 261-272, 10/1958, S. 289-304, 11/1958, S. 345-376; Filmspiegel, 15/1958, S. 3; Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 133ff; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 120ff; Ralf Schenk: DEFA 1946-1992. 100 Jahre Studio Babelsberg. Filmmuseum Potsdam 2012, S. 133)

Oktober 1958

11. Oktober

Der Schriftsteller und DDR-Kulturminister Johannes R. Becher (1891-1958) stirbt. Zum Nachfolger wird am 8. Dezember der bisherige Kultur-Staatssekretär Alexander Abusch ernannt.
(Filmspiegel, 22/1958, S. 3; Meyers Universal Lexikon, Leipzig, 1980, Bd. 1, S. 24)

November 1958

Die erste Schöpferische Konferenz des DEFA-Studios für Trickfilme über ideologisch-künstlerische Probleme des Studios findet in Siebeneichen bei Meißen statt. Das Referat hält der künstlerische Leiter Johannes Hempel. Besonders kritisch diskutiert werden die Filme BLAUE MÄUSE GIBT ES NICHT (R: Klaus Georgi, 1957/58) und DIE GESCHENKE DES GRAUMÄNNCHENS (R: Bruno J. Böttge, 1957).
(Deutsche Filmkunst, 12/1958, S. 378-379, 389; Jörg Herrmann: Die ersten Schritte. DEFA-Animationsfilme der fünfziger Jahre und ihre Pioniere. In: Die Trick-Fabrik. DEFA-Animationsfilme 1955–1990. Berlin, Dresden 2003, S. 92f)

10. November

Premiere des DEFA-Spielfilms DAS LIED DER MATROSEN (R: Kurt Maetzig & Günter Reisch). Der Film über die Novemberrevolution, die sich 1958 zum 40. Mal jährt, wird durch zwei parallele Regiestäbe unter Kurt Maetzig und Günter Reisch realisiert. DAS LIED DER MATROSEN wird dann eindrucksvoll, wenn er konkrete Lebensbedingungen der Mannschaften beschreibt, ansonsten ist der Film dem Kanon der Zeit verhaftet. Entgegen der historischen Wahrheit stilisiert er den Matrosenaufstand zu einer kleinen Oktoberrevolution.
(Deutsche Filmkunst, 12/1958, S. 380-382, 9/1959, S. 267-271; Filmspiegel, 19/1958, S. 6-7, 24/1958, S. 3; Jahrbuch des Films 1958, Berlin, 1959, S. 30-34; Ralf Schenk: Mitten im Kalten Krieg 1950 bis 1960. In: Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. Potsdam 1994, S. 134; Ralf Schenk: Eine kleine Geschichte der DEFA. Daten, Dokumente, Erinnerungen. DEFA-Stiftung 2006, S. 122)

12. November

Der Heinrich-Greif-Preis 1958 wird im Rahmen einer Feierstunde im Ministerium für Kultur von Alexander Abusch verliehen:

  • I. Klasse: An die Regisseure Annelie und Andrew Thorndike für den Dokumentarfilm UNTERNEHMEN TEUTONENSCHWERT (1958).
  • II. Klasse: An Regisseur Wernfried Hübel und Kameramann Rudolf Müller für den populärwissenschaftlichen Film AN DER SCHWELLE ZUM LEBEN (1958).
  • III. Klasse: An die Regisseurin Lisa Honigmann und Autor Wito Eichel vom DEFA-Studio für Synchronisation für die vorbildliche Synchronisation sowjetischer Filme.

(in: Deutsche Filmkunst, 12/1958, S. 407; ND, 13. November 1958, S. 2)

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