Filmstill zu "Einfach Blumen aufs Dach"

Heinz Thiel

Regisseur

* 10. Mai 1920 in Magdeburg; † 9. März 2003 in Potsdam

Biografie

Heinz Thiel

Porträtfoto aus dem Jahr 1986. Foto: Sammlung Filmmuseum Potsdam, Bestand Heinz Thiel

Die Filme des Heinz Thiel gehören nicht zum Kanon der DEFA-Produktionen, an die heutzutage im Fernsehen, Archivkinos oder in der Fachliteratur erinnert wird. Dabei sind sie handwerklich gewiss nicht schlechter als die anderer Regiekollegen, mitunter sogar besser. Thiel hat ein Gespür für Timing. Seine Filme zeigen eine auffällige Sorgfalt in der Auflösung von Szenen in einzelne Einstellungen und überraschen mit ungewohnten, sehr bewusst und ökonomisch eingesetzten Kamerabewegungen, geben oft dem Visuellen den Vorrang vor dem gesprochenen Wort.

Heinz Thiel wird am 10. Mai 1920 in Magdeburg geboren. Sein Vater stammt aus einer Dessauer Bäckersfamilie, ist Süßwarenfabrikant, später Süßwarengroßhändler, seine Mutter Frieda Thiel (geb. Poekel) ist Hausfrau. Thiel besucht in Magdeburg das Realgymnasium bis zum Abitur. Er ist zunächst fußballbegeistert, dann Leistungsschwimmer. Seine Mannschaft erringt einige deutsche Rekorde. Sein Berufswunsch ist Marineoffizier, am liebsten U-Boot-Kapitän. Im Jungvolk und der Hitlerjugend entwickelt er schriftstellerische Ambitionen. Er wird Pressestellenleiter im „Jungbann“ und später im „Hitlerjugend Jungbann“. Eine Magdeburger Zeitung der NSDAP veröffentlicht erstaunlich viele von Thiels Artikeln, u.a. über eine KdF-Fahrt nach Norwegen mit dem Dampfer „Der Deutsche“. 1938 wird sogar ein Buch des Halbwüchsigen veröffentlicht: „Hier steht Magdeburg: Pimpfe und Hitlerjugend erleben Deutschland“. Im selben Jahr tritt Thiel in die NSDAP ein, laut späteren eigenen Angaben sei er automatisch von der HJ in die Partei überführt worden.

17-jährig nimmt er an einem Eignungstest für Pressetätigkeit in Berlin teil: „…das Wichtigste war, dass man wissen mußte, was in Führers „Mein Kampf“ stand (…) nach dem Abi las ich aus irgendeiner Eingebung heraus noch einmal Hitlers „Mein Kampf“ und ich wußte nun Bescheid. (…) Ich bin dort ausgebildet worden, war mit 19 fertig. Aber um (…) einen Diplom- und Schriftleiterausweis zu bekommen, musste man 21 sein, geschäftsfähig. (…) Also sind meine Eltern mit mir vor Gericht gezogen und haben mich mit 19 Jahren für mündig erklären lassen. Und damit war ich plötzlich der jüngste diplomierte Schriftleiter in ganz Deutschland.“ (Zeitzeugengespräch: Ingrid Poss mit Heinz Thiel für das Filmmuseum Potsdam, 9. August 2002, ab hier: ZZG) Am 5. Januar 1939 erhält Thiel seinen Schriftleiter-Ausweis. Im Herbst 1939 wird er zum Arbeitsdienst in der Altmark einberufen. Dort erfährt er von der Gründung einer Propagandakompanie und meldet sich freiwillig zum Militärdienst.

Filmstill zu "Zu jeder Stunde"

Heinz Thiel mit der Betriebszeitung „DEFA Blende“ während der Dreharbeiten von ZU JEDER STUNDE (R: Heinz Thiel, 1959) Fotograf: Josef Borst

Filmstill zu "Schwarzer Samt"

Heinz Thiel im Gespräch mit dem Schauspieler Erich Gerberding während der Dreharbeiten zu SCHWARZER SAMT (R: Heinz Thiel, 1963) Fotografen: Rudolf Meister, Peter Süring

Im Januar 1940 erhält er den Einberufungsbefehl. In seinem ersten Einsatz als „Wortberichter“ nimmt er an der deutschen Besetzung von Dänemark teil. Noch im gleichen Jahr wird seine Kompagnie in Bordeaux stationiert. Dort baut er, nach eigenen Angaben, die Redaktion für eine Wehrmachtszeitung auf. Am 21. Juni 1941 erhält Thiel den Einsatzbefehl an die Ostfront. Zunächst nach Ostpreußen verlegt, ist er wenig später Aufklärer in Estland. Für seinen Einsatz wird er mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse dekoriert. Nach der Belagerung von Leningrad, kommt er zurück nach Potsdam. 1943 wird Heinz Thiel an der dortigen Offiziersschule ausgebildet. Jetzt im Rang eines Leutnants, wird er Mitglied der Eliteeinheit „Großdeutschland“, und Führer eines Kriegsberichterzuges. (vgl. Ludger Tewes, Die Panzergrenadierdivision „Großdeutschland“ im Feldzug gegen die Sowjetunion 1942 bis 1945, Essen 2020) Den Divisionskommandeur Hasso von Manteuffel wird er, laut eigenen Angaben, als Ordonanzoffizier bis in die Ardennenoffensive 1944 begleiten. Im gleichen Jahr wird Thiel bei einem Empfang von 30 Kriegsberichtern in Berlin, von Joseph Goebbels ausgezeichnet, während einer Journalistenkonferenz in Wien spricht ihm Baldur von Schirach seine Anerkennung aus. Ende 1944 wird Thiel verwundet und kommt in ein Lazarett in Magdeburg, wo er seine Frau Rosemarie wiedertrifft, mit der er seit März 1944 verheiratet ist. In den Wirren des alliierten Bombenangriffs auf Magdeburg am 18. Januar 1945 gelingt dem Ehepaar die Flucht nach Calbe, wo am 18. März Tochter Sabine zur Welt kommt. Thiel erhält Befehl, sich zu seiner Einheit durchzuschlagen. Über den Harz und Bernburg gelangt er nach Tangermünde. Um nicht den sowjetischen Soldaten in die Hände zu fallen, wagt er die Überfahrt ans andere Elbufer, das von den Amerikanern besetzt ist. (Die Angaben über die Kriegsjahre beruhen auf Heinz Thiels eigenen Angaben im Zeitzeugengespräch des Filmmuseums Potsdam mit Ingrid Poss am 9./13. August 2002. Nicht alle Äußerungen konnten aufgrund fehlender Quellen überprüft werden.)

Die Kriegsgefangen werden von den Amerikanern den Briten überstellt. In später verfassten Lebensläufen (1954, 1969, Anhänge für Bewerbungen, Nachlass Heinz Thiel, Filmmuseum Potsdam, Sammlungen) wird Heinz Thiel angeben, er sei aus britischer Gefangenschaft geflohen und habe sich bei der sowjetischen Kommandantur in Nienburg gemeldet. In einer Eisenbahneruniform schlägt er sich nach Calbe zu seiner Familie durch, die er am 2. August 1945 wiedertrifft. Durch persönliche Kontakte verläuft seine Entnazifierung reibungslos. Zunächst arbeitet Thiel als Erntehelfer. Im Zuge der Bodenreform hofft er auf Zuteilung von Land. Dem Antrag wird nicht stattgegeben. Die Familie siedelt nach Nienburg um, wo Thiel in der dortigen Zementfabrik angestellt wird. Durch eine frühere Bekanntschaft mit dem musikalischen Direktor des Theaters Bernburg erfährt er, dass dort ein Dramaturg gesucht wird. Am 25. August 1947 wird zunächst ein Probevertrag mit ihm gemacht: als Dramaturg, Schauspieler und Sänger für kleine Partien und Rollen. Um Praxis in dramaturgischen Fragen vorzugaukeln, erfindet Thiel frühere nebenberufliche Tätigkeiten für die Wien-Film und die Berlin-Film vor Kriegsende, was laut späteren eigenen Angaben im Zeitzeugengespräch überhaupt nicht möglich war, da er sich bis Kriegsende ununterbrochen im Wehrmachtseinsatz befand. Wahrscheinlich ist aber, dass er im Regiment „Großdeutschland“ auf den früheren Mitarbeiter der Berlin-Film, Hans-H. Hanne traf. Außerdem hatte er sich an der Potsdamer Offiziersschule 1943 mit dem Filmregisseur Heinz Helbig angefreundet, der dort ebenfalls seine Ausbildung durchlief. Weder Hanne noch Helbig haben den Krieg überlebt, konnten also Thiels Behauptungen im Zweifelsfall nicht widerlegen. Im Januar 1948 bewirbt sich Thiel als Reporter beim Mitteldeutschen Rundfunk, Sender Leipzig. Dort ist man sehr an ihm interessiert, allerdings bleibt er in Bernburg. Nach zwei Jahren in Bernburg wechselt er ans Dessauer Theater. Bis zur Wiedereröffnung des Großen Hauses wird provisorisch im Varieté Kristall-Palast gespielt. 1951 bis 1952 ist Heinz Thiel in Dessau Chefdramaturg. 1952 wird in Halle/Saale das Kinder- und Jugendtheater „Junge Garde“ gegründet. Auf Empfehlung von Margot Feist (spätere Honecker, zu diesem Zeitpunkt Sekretärin des Zentralrates der FDJ und Vorsitzende der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“) wird Heinz Thiel dort Intendant und ehrenamtlicher Stadtrat für Kultur in Halle. Er ist ebenso Mitglied des „Deutschen Kulturtages“, ein gesamtdeutsches Gremium von Kultur- und Geistesschaffenden. In dieser Funktion setzt er sich für das Engagement von arbeitslosen Künstlern aus der BRD an ostdeutschen Bühnen ein. Bei einem Aufenthalt in Bayern 1952 wird Thiel in Bayreuth für mehrere Tage von den dortigen Behörden inhaftiert.

Filmstill zu "Im Sonderauftrag"

Heinz Thiel (rechts) mit Albert Wilkening (Mitte) während der Dreharbeiten zu IM SONDERAUFTRAG (R: Heinz Thiel, 1958) Fotograf: Josef Borst

Filmstill zu "Reserviert für den Tod"

Heinz Thiel im Gespräch mit Horst E. Brandt bei den Dreharbeiten zu RESERVIERT FÜR DEN TOD (R: Heinz Thiel, 1963) Fotograf: Peter Süring

1953 tritt Heinz Thiel in die SED ein. In späteren Lebensläufen gibt er auch 1950 und 1952 an. Wegen der Affäre mit einer Schauspielerin muss er das Theater „Junge Garde“ in Halle verlassen, aber der Absprung wird ihm leicht gemacht. Offizieller Wortlaut der Begründung: „Es hat sich als notwendig erwiesen, Heinz Thiel, den derzeitigen Intendanten des Theaters der Jungen Garde in Halle, von dieser Funktion abzulösen. Dem Genossen Thiel fehlen einige Voraussetzungen für die Leitung eines Institutes, das speziell mit jungen Menschen arbeitet. Heinz Thiel hat den Wunsch geäußert, in der Dramaturgie der DEFA tätig zu sein. Wir halten ihn dafür durchaus begabt und geeignet.“ (Brief Hauptabteilungsleiter Bork, Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten bei der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Kultur an Dr. Wilkening, DEFA-Spielfilmstudio, 1. März 1954).

Thiel geht zur DEFA und Albert Wilkening, Direktor für Produktion und Technik, heißt ihn offenbar vorbehaltlos willkommen. Die Verbundenheit bleibt bis Albert Wilkenings Tod 1990 bestehen. Am 20. August 1954 beginnt Thiel seine Arbeit für die DEFA. Er soll sich zunächst an den Vorbereitungen zum Film RAUSCHENDE MELODIEN (Arbeitstitel: OPERETTE) beteiligen. Neben Hans-Joachim Kasprzik wird er Regieassistent bei dieser Adaption der „Fledermaus“ (Regie:  E.W. Fiedler) und spielt aushilfsweise auch eine kleine Rolle beim Ball des Fürsten Orlowsky. Gemeinsam mit  Ralf Kirsten ist er bei HEIMLICHE EHEN (R:  Gustav von Wangenheim, 1955/56) Regieassistent. Es folgen DER RICHTER VON ZALAMEA (R:  Martin Hellberg, 1955/56) und DER HAUPTMANN VON KÖLN (R:  Slatan Dudow, 1956). Die erste Aufgabe mit künstlerischer Verantwortung bietet für Thiel  Konrad Wolfs Film SONNENSUCHER (1958/72). Hier ist er für die Besetzung und die Probeaufnahmen zuständig.

Auf Empfehlung wird Heinz Thiel mit Georg Honigmann, dem Redakteur und kreativen Kopf der Stacheltierproduktion bekannt. Die satirischen Kurzfilme als Beiprogramm für den Hauptfilm im Kino sind für viele angehende Regisseure die Chance für erste eigene Regiearbeiten, so auch für Heinz Thiel. 1955 inszeniert er sein erstes „Stacheltier“: DER POSITIVE HELD. Bis 1964 folgen 30 weitere Beiträge, gefolgt von sechs Episoden der Reihe „Abseits“ - Tobias Bremser (1971/72), von denen der Beitrag t. b. UND SEINE TOCHTER (Folge 2, 1971) das staatliche Prädikat „wertvoll“ erhält.

Heinz Thiels erster Spielfilm IM SONDERAUFTRAG (1958/59), eine Kalte-Kriegs-Geschichte auf See, wird ein großer Publikumserfolg. Karl-Eduard von Schnitzler kritisiert: „Der große Film über die Marine sei es noch nicht“. „Und ich sagte: Na gut, dann mache ich den nächsten Film über die Grenztruppen (…) Daraus ist dann ZU JEDER STUNDE geworden“ (ZZG 13. August 2002), eine geschickte Mischung aus Grenztruppen- und Heimatfilm. Auch dieser Film erreicht über 2,5 Millionen Besucher.

Filmstill zu "Das Stacheltier - Prometheus - Olympische Spiele mit dem Feuer"

Eine der frühen „Stacheltier“-Regiearbeiten Thiels: Werner Lierck als HO-Halbgott in PROMETHEUS - OLYMPISCHE SPIELE MIT DEM FEUER (R: Heinz Thiel, 1955) Fotograf: Eduard Neufeld

Filmstill zu "Fünf Tage - Fünf Nächte"

Heinz Thiel in der Rolle eines SS-Majors in FÜNF TAGE - FÜNF NÄCHTE (R: Lew Arnstam, Heinz Thiel, Anatoli Golowanow, 1960) Fotografin: Karin Blasig

FÜNF TAGE – FÜNF NÄCHTE (1961, Regie: Lew Arnstam, Heinz Thiel, Anatoli Golowanow) ist die erste Koproduktion der DEFA mit der Sowjetunion. „Ich sollte der deutsche Ko-Regisseur sein. Ich fühlte mich hochgeehrt.“ (ZZG 13. August 2002). Lew Arnstam, der sowjetische Hauptregisseur ist ein Freund und Studienkollege von Dmitri Schostakowitsch, der auch die Musik für diesen Film schreibt. Die holzschnitthafte und in vielen Belangen historisch nicht haltbare Schilderung der Rettung von Bildern der Dresdner Gemäldegalerie 1945 durch sowjetische Soldaten erinnert in Dramaturgie und Umsetzung an Filme aus der Stalin-Ära. Das peinliche Pathos ist den DEFA-Mitarbeitern schon während der Aufnahmen bewusst. Heinz Thiel dazu: „…wir mussten zwei Negative abliefern (…) Wir kämpften dann bei den Aufnahmen um die nicht so heroische Aufnahme, um eine gewisse Härte in dieser Zeit, was die (sowjetischen – d. A.) Freunde gar nicht wollten. Die wollten alles glorifizieren.“ (ZZG 13. August 2002)

Da Hannjo Hasse nicht pünktlich in Moskau zu seinen Drehtagen eintrifft, übernimmt Heinz Thiel die Rolle eines SS-Mannes. Das wirkt wie Ironie hinsichtlich Thiels eigener Vergangenheit im Nationalsozialismus. Und sie droht dem Regisseur zu diesem Zeitpunkt ganz real auf die Füße zu fallen: 1961 taucht im Studio ein westdeutscher Zeitungsartikel auf: „DEFA-Stern mit Schatten“ überschrieben, in dem offenbar auf die Aktivitäten Heinz Thiels in der NS-Zeit hingewiesen wird. Thiel muss sich in einem Schreiben der Betriebsparteileitung erklären. „In Hinblick auf den Verfasser des Artikels habe ich keinerlei Vermutungen, aber offensichtlich handelt es sich um einen Mann, der erst im Verlaufe des letzten Jahres unsere Republik verlassen hat. Um dennoch den Dingen auf die Spur zu kommen – denn es handelt sich ja hier klar um einen Bestandteil der Versuche, Verwirrung und Unruhe zu stiften, bzw. Angehörige der Intelligenz zur Republikflucht zu verleiten – möchte ich vorhandene Möglichkeiten ausnutzen, den Titel der Zeitung und ihren Erscheinungsort und den Urheber „La.“ ausfindig zu machen. Ich werde dann das Ergebnis der Parteileitung mitteilen.“ (Brief Thiel an Zentrale Parteileitung, betrifft Zeitungsausschnitt „Defa-Stern mit Schatten“, 7. Juli 1961). Offenbar bleibt der Vorfall für Thiel folgenlos. Allerdings wirkt Thiels nächster Film DER KINNHAKEN (1962), nach einem Drehbuch von Manfred Krug und Horst Bastian, wie ein weiteres eifriges Bekenntnis zur Partei- und Staatspolitik der DDR. In ihm wird die Notwendigkeit des Mauerbaus betont. Der einzige Grund, der diesen zahnlosen Film erinnernswert macht, ist nicht etwa Manfred Krug als Mauerschützer in Kampfgruppenuniform, sondern die äußerst reizvolle Dietlinde Greiff in der weiblichen Hauptrolle. Es sollte einer ihrer wenigen Auftritte vor der Kamera bleiben, bevor sie, im Gegensatz zu ihrer Rolle, die DDR wenige Jahre später verlässt.

TANZ AM SONNABEND – MORD? (1962) entwirft jenseits von verordnetem Aufbau- und Zukunftsoptimismus im ländlichen Raum eine beklemmende, dumpfe Dorfatmosphäre. Das verblüfft, denn der Film entstand in Zusammenarbeit mit dem Ministerium des Innern der DDR. Wurde der politische Auftrag hier (unbewusst) unterlaufen?

Trailer zu TANZ AM SONNABEND - MORD? (R: Heinz Thiel, 1962)

In RESERVIERT FÜR DEN TOD (1963) ist ein weiteres Mal Kalter Krieg auf der Leinwand. Die Produktion wird vom Ministerium für Staatssicherheit unterstützt. Der Film spielt zu etwa zwei Dritteln in einem Nachtzug von Frankfurt am Main nach Erfurt. Die konsequente Low-Key-Ausleuchtung, die Beschränkung auf Detail-, Nah-, maximal halbtotale Kamera-Einstellungen schafft eine erregende, klaustrophobische Atmosphäre, die ihresgleichen im DEFA-Film sucht. Der Nachfolgefilm SCHWARZER SAMT (1964) fällt weniger aufregend aus. Obwohl der Hauptschauplatz, das Leipziger Hotel „Astoria“, alle Möglichkeiten bietet, zerfasert die Geschichte in einem Wirrwarr von Personen und Aktionen. Verantwortlich für den bemerkenswerten Look dieser Streifen ist Kameramann  Horst E. Brandt (von 1959–1969). Die Zusammenarbeit zwischen ihm und Heinz Thiel funktioniert hervorragend. Die Partnerschaft mit Autor Gerhard Bengsch (ebenfalls bis 1969) ist hingegen keine gute Wahl. Bengsch hat keinerlei Gespür für Genre-Regeln des Thrillers oder Actionfilms: Er entwirft um die durchweg männlichen, positiv gemeinten Hauptfiguren zahllose unsympathische Personen, mit denen es für das Publikum keine Möglichkeit zur Identifikation gibt und die zum Fortgang der Story kaum beitragen. Ungeachtet dessen erfreuen sich die beiden Filme staatlicher Zustimmung: Für RESERVIERT FÜR DEN TOD (1963) und SCHWARZER SAMT (1963/64) erhält Heinz Thiel die Verdienstmedaille der NVA in Bronze.

1964 gedenkt die DEFA eine eigene 70mm-Produktions-Schiene aufzubauen, nachdem bereits seit 1963 etliche Filme aus der Sowjetunion und den USA in eigens dafür ausgestatteten DDR-Kinos zu sehen sind. „In einem enormen Kraftakt gelingt es, die komplette materiell-technische Basis für die Aufnahme, Bearbeitung und Wiedergabe von (…70mm-Filmen – d. A.) mit 6-Kanal-Magnetton zu schaffen: ein weitgehend autarkes System, das bis auf Ausnahmen wie die britische Spezial-Trick-Kopiermaschine „Oxberry“ nicht auf kostbare Devisen angewiesen ist.“ (Ralf Schenk, „Ein indisches Abenteuer“ in: „DEFA international. Grenzüberschreitende Filmbeziehungen vor und nach dem Mauerbau“, Springer VS, Wiesbaden 2013, S. 235). Als Auftakt der ambitionierten Pläne fällt die Wahl auf einen Stoff, der vom indischen Produzenten Jwala Prasad Tiwari der DEFA als Ko-Produktion angeboten wird: ALEXANDER UND CHANAKAYA, eine Legende um Alexander den Großen und den indischen Philosophen. Obwohl von indischen Filmemachern deutliche Bedenken über eine Zusammenarbeit mit dem Produzenten Tiwari geäußert werden, treibt die Hauptverwaltung Film das Projekt voran. Heinz Thiel wird als deutscher Ko-Regisseur ausgewählt, wahrscheinlich aufgrund der positiven Erfahrungen während der sowjetisch-deutschen Zusammenarbeit bei FÜNF TAGE – FÜNF NÄCHTE. Gerhard Bengsch soll von DEFA-Seite die Arbeit am Drehbuch übernehmen. Am 9. August 1964 treffen Rudolf Hannemann von der DEFA-Produktionsgruppe „Johannisthal“, Gerhard Bengsch und Heinz Thiel in Bombay ein. (vgl. Schenk, S. 240) Es kommt zur Vertragsunterzeichnung mit Tiwari. Drehbeginn ist der 19. Dezember 1964, aber bereits wenige Tage später ist der DDR-Delegation klar, dass sie einem Schwindler und Spekulanten aufgesessen sind. Thiel und Bengsch telegrafieren an die Hauptverwaltung Film, dass die Beteiligung am Filmprojekt unverzüglich aufgegeben werden soll. Rudolf Hannemann bricht erneut nach Indien auf, um die DEFA aus dem Projekt herauszulösen. Von ALEXANDER UND CHANAKAYA ist nie wieder die Rede. (vgl. Schenk, S. 246) Thiel und Bengsch wenden sich im Anschluss einem neuen, glücklosen Projekt zu:

Noch vor dem ersten offiziellen Drehtag im Dezember 1965 kommt das Aus für den Film DIE BETEILIGTEN. Lediglich einige Vorabaufnahmen in Stendal sind im Kasten. Es „… war ein Drehbuch von größter Brisanz und erregte großes Interesse. Alle fanden, dass der Film gemacht werden müsse. Das Buch schildert den Fall der Ermordung einer Frau, die von einer Buhne in die Elbe gestoßen wurde. Und der Tatverdächtige war ein Abteilungsleiter für Wohnungswesen im Rat der Stadt. Das war dann später der springende Punkt, dass die Staatsmacht angegriffen wurde.“ (ZZG 13. August 2002). Die Arbeiten werden abgebrochen. Das 11. Plenum der SED hat gerade begonnen, in dessen Folge fast die gesamte DEFA-Produktionsstaffel 1965/66 verboten wird. DIE BETEILIGTEN wird 1989 von Thiels ehemaligem Mitarbeiter Horst E. Brandt realisiert und stößt angesichts der Ereignisse in der DDR zu diesem Zeitpunkt kaum auf Publikumsinteresse.

Vorbereitungen für ALEXANDER UND CHANAKAYA: Gerhard Bengsch, Heinz Thiel, Krishan Shander und J. P. Tiwari. Foto: Sammlung Filmmuseum Potsdam, Bestand Heinz Thiel

Filmstill zu "Alexander und Chanakya"

Gerhard Rachold bei Probeaufnahmen zum Filmprojekt ALEXANDER UND CHANAKAYA. Fotograf: Alexander Schittko

Mit dem Film HEROIN (1967/68, Regie mit Horst E. Brandt), wieder in Zusammenarbeit von Thiel – Brandt – Bengsch, soll eine Art sozialistischer James-Bond-Film gelingen, allerdings schleppt sich die wenig abenteuerliche Rauschgiftjagd an der Adria humorlos und aktionsarm bis zum Finale.

Die Drehbücher der groß angelegten, epischen Filme des Teams sind weniger dem Genrekino verpflichtet und funktionieren besser: die Fernsehmehrteiler IRRLICHT UND FEUER (1966, Regie mit Horst E. Brandt) und KRUPP UND KRAUSE (1969, Regie mit Horst E. Brandt), sowie der Film BROT UND ROSEN (1967, Regie mit Horst E. Brandt, ausgezeichnet mit dem Preis des sowjetischen Journalistenverbandes). Thiel verwendet auch hier große Sorgfalt auf die filmisch interessante Ausgestaltung der jeweiligen Szenen, die verhindert, dass das Publikum nur mit „redenden Köpfen“ zu tun hat – eine übliche Gefahr bei derart ausladenden Stories. Aus heutiger Sicht scheinen diese Werke leider zu einem einzigen zu verschmelzen: Allesamt sind mit  Günther Simon in der Hauptrolle besetzt. Das hilft dem Erinnern nicht auf die Sprünge. Thiel und Simon muss zugestanden werden, dass mit zurückhaltend eingesetzten schauspielerischen Mitteln jeweils erstaunlich differenzierte, unterschiedliche Charaktere auf die Leinwand kommen und keiner davon ist ein Thälmann-Abklatsch. Allerdings ist die Botschaft dann doch lauter als die Qualität der Filme.

1966 beurlaubt die DEFA Thiel, um mit Horst E. Brandt als Ko-Regisseur beim Deutschen Fernsehfunk die Literaturadaption IRRLICHT UND FEUER nach dem Gewerkschaftsroman des westdeutschen Autors Max von der Grün zu realisieren. Für zwei Teile à 90 Minuten sind lediglich 40 Drehtage veranschlagt. Der Film wird termingerecht abgeliefert, ist ein großer Erfolg und erhält den Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er ist auch die erste ostdeutsche TV-Produktion, die von der ARD angekauft und ausgestrahlt wird (am 17./18. Juni 1968). Noch wird die Arbeitsgemeinschaft mit Horst E. Brandt als Glücksgriff geschildert. „Wir (…) kamen aus ganz verschiedenen Richtungen zum Film. Horst Brandt von der technischen Seite her, dann von der Fotografie und Kamera und ich vom Journalismus über die Theaterdramaturgie zur DEFA.“ (undatiertes Interviewmanuskript im Nachlass) Das Jahr 1969 markiert das jähe Ende dieses Teams, mitten in den Dreharbeiten zum Fernsehmehrteiler KRUPP UND KRAUSE. Heinz Thiel fühlt sich von seinen beiden Mitarbeitern Brandt und Gerhard Bengsch ausgebootet und schreibt an die Intendanz des DFF: „ (…) hat die Zusammenarbeit im Film „Krupp und Krause“ zwischen anderen leitenden Mitarbeitern des Films (…- gemeint: Horst E. Brandt, Gerhard Bengsch) eine Entwicklung genommen, die es mir leider unmöglich macht, meine Fähigkeiten dem Film in optimaler Wirkung zur Verfügung zu stellen. Maßgeblich ist dabei für mich in erster Linie ein gestörtes Vertrauensverhältnis innerhalb des Leitungskollektivs. (…) Der Vertrag „Krupp und Krause“ wird vom Deutschen Fernsehfunk von Teil I bis III voll erfüllt. In diesen Teilen wird auch bei der Sendung mein Name als verantwortlicher Mitarbeiter genannt. (…) Eine vertragliche Bindung für die weiteren Teile des Films (IV. und V. Teil, Epilog) entfällt.“ (Brief an die Intendanz des Deutschen Fernsehfunks, 12. August 1968)

Frank Obermann in HART AM WIND (R: Heinz Thiel, 1969) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich

Filmstill zu "Hart am Wind"

Regina Beyer in HART AM WIND (R: Heinz Thiel, 1969) Fotografen: Frank Bredow, Peter Dietrich

Vermutlich aufgrund dieses Vorfalls bewirbt sich Thiel im Dezember 1969 beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR als Kulturattachée, bleibt aber bei der DEFA. Heinz Thiels letzter Spielfilm HART AM WIND (1969/70, 600.000 Zuschauer nach 13 Wochen, Prädikat wertvoll) wird zum krönenden Abschluss seiner Regiekarriere. Die Produktion wird gewinnbringend in alle sozialistischen Länder und die jungen Nationalstaaten Afrikas verkauft. Wie schon sein erster Film, ist es auch hier ein Marine-Sujet, diesmal aufbereitet als befremdliche Mischung von guter Laune, Liebe, Abenteuer und Militärpropaganda.

Mit Blick auf Thiels filmisches Gesamtwerk fällt auf, dass es bis hin zu seinen Kurz- und Dokumentarfilmen – mit einer einzigen Ausnahme: DEFA-DISKO 77, Ko-Regie:  Werner W. Wallroth, 1977 – mehr oder weniger laut vorgebrachte sozialistische Parolen, Scheinkonflikte und adäquat scheinende Sujets bietet. Aus Überzeugung? Sein knappes Fazit hierzu: „Ich habe in den Filmen, die ich gemacht habe, nicht an den Grundfesten des Staates gerührt.“ (ZZG 13. August 2002)

Vermutlich um 1970 wird Heinz Thiel von DEFA-Direktor Albert Wilkening gemeinsam mit dem Regisseur  Richard Groschopp durch die DDR geschickt, um die Publikumswirkung der DEFA-Filme zu erforschen. Thiel soll auf Wilkenings Wunsch Direktor für Werbung werden. Dieser schlägt die Bildung einer Produktionsgruppe vor, die aus drei Säulen bestehen soll: Presse, Studioführungen und Trailerproduktion. Am 23. Februar 1973 wird mit Thiel ein entsprechender Vertrag unterzeichnet. Er ist nun Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Auf sein Konto gehen ungewöhnliche Trailer (auch Werbevorspänne genannt) u.a. für DER NACKTE MANN AUF DEM SPORTPLATZ (1973/74), ORPHEUS IN DER UNTERWELT (1973/74), DIE HOSEN DES RITTERS VON BREDOW (1973), die sogar den Kritikern positiv auffallen. Leider sind sie kaum im Einsatz. Aufgrund des knappen Rohfilmmaterials sind pro Bezirk nur jeweils zwei Kopien im Umlauf. Mit Werner Pfeiffer als Aufnahmeleiter entstehen etliche, so genannte kurze Magazinfilme als Beiprogramm zu unterschiedlichen Themen. Im April 1974 wird die Arbeitsgruppe „Kinowerbung im Fernsehen“ beim Progress-Filmverleih ins Leben gerufen, für die auch Heinz Thiel tätig ist. Unter dem Sammeltitel „DEFA-Treff“ stellt er Beiträge über die Sommerfilmtage, die Tage des sozialistischen Films, die Kinder- und Jugendfilmwochen und den Start der großen DEFA-Retrospektive 1976 her.

Für Filmbälle, Jugend- und Filmclubs entwickelt Thiel ausleihbares Material für ein Kino-Geräuschequiz, ein Filmmusik-Quiz und andere Gimmicks.

Trailer von Heinz Thiel zur Bewerbung der DEFA-Operettenverfilmung ORPHEUS IN DER UNTERWELT (R: Horst Bonnet, 1973)

Unabhängig davon entstehen dokumentare Arbeiten, u.a. über eine Kampfgruppenspartakiade, einen NVA-Manöverball und über die Weltfestspiele der Jugend 1973. Zum 10. Jahrestag des Mauerbaus legt Thiel den Kurzfilm DREI VON MILLIONEN (1971) vor, den das Innenministerium als Lehrfilm anfordert.

Offiziell besonders hervorgehoben wird der 9-minütige Film ...EINES FREUNDES FREUND ZU SEIN! (1968): „Im November entstand dank seiner Initiative und in seiner Regie der Dokumentarfilm „Eines Freundes Freund zu sein“, der die Rückkehr einer sowjetischen Division aus Prag in ihre Garnison im Bezirk Potsdam und ihren Empfang durch die Bevölkerung der DDR schildert. Der Film ist ein bedeutendes historisches Dokument der lebendigen deutsch-sowjetischen Freundschaft und Waffenbrüderschaft und hat sowohl in der DDR als auch in der Sowjetunion einen großen nachhaltigen Widerhall.“ (Begründung zur Verleihung des Theodor-Körner-Preises an Heinz Thiel, Franz Bruk, Hauptdirektor DEFA, 1970). Für diesen kurzen Dokumentarfilm erhält Thiel außerdem die Ehrennadel der DSF (Deutsch-Sowjetische Freundschaft) in Gold und eine Ehrenurkunde der sowjetischen Einheiten. Von welchem unrühmlichen Einsatz in Prag die sowjetische Einheit 1968 zurück nach Potsdam kommt, lässt sich unschwer erraten.

Eine Unzahl organisatorischer Aufgaben wird von Thiel gestemmt: Bei Festakten zum 10- und 20-jährigen DEFA-Jubiläum hält er die Reden. Das 25-jährige wird von ihm komplett organisiert und geleitet. Unter Thiels Regie entsteht dafür ein unterhaltsamer Kompilationsfilm aus neu gedrehtem und Archivmaterial mit Gastgeber Herbert Köfer. Das Werk wird als so gelungen angesehen, dass es der Deutsche Fernsehfunk kauft und ausstrahlt. Zum 30-jährigen DEFA-Jubläum ist Heinz Thiel an der begleitenden Ausstellung „30 Jahre Film- und Fernsehkunst der DDR“ im Deutschen Historischen Museum (April 1976) beteiligt.

Spezielle Aufgaben übernimmt Thiel von Seiten des DEFA-Studios bei den X. Weltfestspielen der Jugend 1973: Organisation und Koordinierung zentraler und bezirklicher Veranstaltungen, Organisation von Filmforen, Autogrammstunden und DEFA-Betriebsbesichtigungen für Jugendliche. Er leitet und organisiert Großveranstaltungen wie das Nationale Jugendfestival (1979) und mehrere SED-Bezirksdelegiertenkonferenzen. Er engagiert sich bei der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft als Vorsitzender der Betriebsgruppe und als Leiter der Arbeitsgruppe Film im Zentralvorstand. Er hat die künstlerische Anleitung der Arbeitsgruppe Amateurfilm der Volksmarine inne und fungiert als Chef der Filmjury beim Festival der Freundschaft (1980). Heinz Thiel ist Mitglied der DEFA-Betriebskampfgruppe (laut eigenen Angaben seit 1954) und Träger der Verdienstmedaille der Kampfgruppe. Als Mitglied der Gewerkschaft steht er der Kulturkommisssion vor und ist darüber hinaus verantwortlich für die Gestaltung der jährlichen Betriebsfestspiele.

Heinz Thiel (links) überreicht anlässlich der Verleihung des Theodor-Körner-Preises dem Minister für Nationale Verteidigung der DDR Heinz Hoffmann (rechts) ein Erinnerungsgeschenk. Foto: Sammlung Filmmuseum Potsdam, Bestand Heinz Thiel

Heinz Thiel als Vorsitzender der Interessengemeinschaft „Ufa-Stadt Babelsberg“ in den 1990er-Jahren in der Villa Grenzenlos. Foto: Sammlung Filmmuseum Potsdam, Bestand Heinz Thiel

1985 erreicht Heinz Thiel das Rentenalter. Er bittet das Studio um eine Vertragsverlängerung, der bis zum 1. Januar 1987 zugestimmt wird. Er erhält den Auftrag, die DEFA-Geschichte zu erforschen und die Betriebszeitschrift „DEFA-Blende“ auszuwerten, bei der er seit 1954 Redaktionsmitglied ist. Sein Arbeitsvertrag über 22 Wochenstunden wird noch zweimal bis zum 31. Dezember 1989 verlängert. Noch im Dezember 1989 schlägt Thiel der Studioleitung ein Preisausschreiben im Vorfeld des 45. DEFA-Geburtstages vor und erarbeitet das Konzept für eine Anthologie von DEFA-Persönlichkeiten beim Henschel-Verlag.

In den 1990er-Jahren, nach dem Ende der DEFA, übernimmt er den Vorsitz der Interessengemeinschaft „Ufa-Stadt Babelsberg“, angesiedelt bei der Villa Grenzenlos in Potsdam-Babelsberg. 1994 verlässt er die Initiative wieder, da eine Unterstützung des Vereins durch die neue Leitung des Studios und durch die Landtagsparteien ausbleibt. Eine geplante Publikation über die Babelsberger Villenkolonie kommt nicht zustande. Stattdessen veröffentlicht Heinz Thiel 1996 die Anekdotensammlung „Die nackte DEVA“.

1998 wird die „Villa Grenzenlos“ in der Sauerbruchstrasse 14 durch die Stadt Potsdam von den Alteigentümern erworben und bleibt als Begegnungsstätte erhalten. Bis Oktober 2002, vier Monate vor seinem Tod, moderiert Heinz Thiel, oft gemeinsam mit seinem früheren Aufnahmeleiter Werner Pfeiffer die Montagsrunde: „Talk bei Thiel“. Er befragt ehemalige DEFA-Mitarbeiter und gibt nicht nur den interessierten Gästen Einblicke in den Filmbetrieb, sondern schafft auch ehemaligen Kolleginnen und Kollegen einen Treffpunkt.

Am 9. März 2003 stirbt Heinz Thiel in Potsdam. Er war viermal verheiratet, hat eine Tochter (* 18. März 1945) mit seiner ersten Ehefrau Rosemarie Thiel und eine Adoptivtochter aus seiner Ehe mit Ilona Thiel. Sein umfangreicher Nachlass befindet sich im Filmmuseum Potsdam.

Verfasst von Guido Altendorf. (Februar 2024)

Literatur

  • Heinz Thiel, „Hier steht Magdeburg: Pimpfe und Hitlerjugend erleben Deutschland“, Verlag der NSDAP, Hitlerjugend, Bann 26, Magdeburg 1938
  • Heinz Thiel „Die nackte DEVA“, Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 1996
  • Ingrid Poss, Zeitzeugengespräch mit Heinz Thiel, 9./13. August 2002, Tonband, korrigiertes Transkript liegt vor, Filmmuseum Potsdam, Sammlungen

DEFA-Filmografie

Eine erweiterte Filmografie können Sie unter filmportal.de einsehen.

menu arrow-external arrow-internal camera tv print arrow-down arrow-left arrow-right arrow-top arrow-link sound display date facebook facebook-full range framing download filmrole cleaning Person retouching scan search audio cancel youtube instagram